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Forum DistancE-Learning reagiert mit offenem Brief auf Umfrage der Stiftung Warentest


Markus Jung

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Noch bis zum 8. Mai 2011 läuft eine Umfrage der Stiftung Warentest zum Thema Fernunterricht. Auf die Umfrage bzw. die Einleitung zur Umfrage hat der Fachverband Forum DistancE-Learning nun mit einem offenen Brief reagiert, den ich nachfolgend im Originaltext wiedergeben möchte.

Hamburg – 4. Mai 2011

Offener Brief an die Stiftung Warentest zur Online-Umfrage "Was halten Sie von Fernunterricht?"

An die Projektleitung Bildungstest bei der Stiftung Warentest

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihren aktuellen Pressemeldungen haben wir entnommen, dass Sie bis zum 8. Mai 2011 eine Online-Umfrage unter dem Titel „Was halten Sie von Fernunterricht?“ durchführen. Zum Mitmachen aufgerufen wurden von Ihnen all diejenigen, die bereits einmal einen Fernlehrgang oder einen Fernstudiengang belegt haben.

Wir begrüßen grundsätzlich den Ansatz, Teilnehmer und Absolventen nach ihren Erfahrungen mit der Lernmethode Fernunterricht zu fragen. Auch das von Ihnen beschriebene Ziel, die Ergebnisse der Umfrage in Ihre zukünftigen Untersuchungen einfließen zu lassen, ist unterstützenswert.

Gleichzeitig müssen wir jedoch mit Bestürzung feststellen, dass Ihr Aufruf zur Teilnahme an der Umfrage bereits ein derart negatives Bild von der Methode Fernunterricht zeichnet, dass wir eine Verfälschung der Ergebnisse befürchten. Nicht nur, dass Sie alles auf die Frage nach der Abbrecherquote zuspitzen, Sie stellen zudem einige Behauptungen auf, die suggerieren, dass Fernlehrgänge im Vergleich mit Präsenzveranstaltungen in verschiedener Hinsicht nicht gut abschneiden. Wir möchten auf diesem Wege auf Ungereimtheiten und unbelegte Aussagen im Vorspann Ihrer Umfrage hinweisen und Sie auffordern, die Umfrage-Ergebnisse entsprechend vorsichtig zu bewerten und zukünftig auf einseitig präjudizierende Einleitungen zu verzichten.

So monieren Sie in Ihrem Aufruf einerseits, dass es keine Daten zu Abbrecherquoten im Fernunterricht gäbe, andererseits behaupten Sie, dass viele Teilnehmer ihren Kurs nicht zu Ende führen würden. Woher haben Sie diese Erkenntnis? Und was sind in diesem Zusammenhang „viele Teilnehmer“? Auch wird unterstellt, dass sich viele Teilnehmer falsche, nämlich zu leichte Vorstellungen von der Arbeitsbelastung eines Fernlehrgangs machen. Auch hierzu fehlt jeder Beleg, dass dies tatsächlich der Fall ist.

Sie behaupten weiter, dass die Anbieter keine Abbrecherquoten veröffentlichen würden, weil sie befürchten, dass diese ihrem Geschäft schaden. Zum einen gibt es für eine solche Verweigerung keinerlei Beleg, zum anderen verlangen Sie hier von den Fernschulen Dinge, die auch Präsenzschulen oder sonstige Weiterbildungsanbieter in der Regel nicht leisten. Es wird dadurch der Eindruck erweckt, als wären falsche Erwartungshaltungen und daraus resultierende Abbrüche ein spezifisches Problem des Fernunterrichts, welches seitens der Branche mutwillig verschwiegen wird.

Leider haben Sie im Vorwege Ihrer Online-Umfrage keinerlei Kontakt zu den in Deutschland führenden Organisationen im Bereich Fernunterricht gesucht, seien es die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU), das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) oder das Forum DistancE-Learning – der Fachverband für Fernlernen und Lernmedien. Im Austausch mit diesen Experten hätten Sie im Vorwege vielerlei Informationen erlangen können, die Ihre offensichtlich negative Wahrnehmung des Fernunterrichts sicherlich relativiert hätten.

So geht aus den Akkreditierungsberichten von Fernstudienangeboten beispielsweise hervor, dass die Abbrecherquoten im Fernstudium nicht schlechter sind als in vergleichbaren Präsenzangeboten. Außerdem hätten wir Sie gern darauf aufmerksam gemacht, dass die Kündigungsbedingungen im Fernunterricht derart verbraucherfreundlich sind, dass ein schneller Ausstieg aus einem Fernlehrgang leicht gemacht wird. Wenn demgegenüber ein Ausstieg aus vergleichbaren Präsenzangeboten mit langen Kündigungsfristen erschwert wird, dann darf dies nicht den Fernunterrichtsanbietern negativ ausgelegt werden.

Wir unterstützen Sie jederzeit gerne bei dem Bemühen, mehr über die Bedürfnisse und die konkreten Erfahrungen von Fernunterrichtsteilnehmern zu erfahren. So hat zum Beispiel das Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) gemeinsam mit dem Forum DistancE-Learning in einem vergleichbaren Projekt zur Erhebung des Beratungsbedarfs von Fernunterrichtsinteressenten kooperiert, indem die Befragung des BiBB über die Mitgliedsinstitute des Fachverbandes an eine große Zahl von Interessenten und Teilnehmer kommuniziert wurde. Das Ergebnis stützte sich so auf mehrere Tausend Fragebögen und brachte sehr interessante Ergebnisse für alle Beteiligten.

Wenn Sie also ernsthaft interessiert sind, mehr über den Fernunterricht zu erfahren, um Optimierungspotenziale zu ermitteln und so die Weiterbildungsbeteiligung in Deutschland insgesamt zu erhöhen, stehen wir für Informationen und Kooperationen gerne zur Verfügung. Die benannte Einleitung Ihrer Umfrage scheint uns hierfür allerdings nicht angemessen.

Für die Zukunft wünschen wir uns eine vorurteilsfreie Berichterstattung zum Fernunterricht – das haben sowohl die Anbieter staatlich zugelassener Angebote als auch die aktuell fast 400.000 Fernunterrichtsteilnehmer verdient.

Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass wir diesen Brief heute branchenweit veröffentlicht haben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Martin Kurz - Präsident

Peter Born - Vizepräsident

Heinrich Dieckmann - Vizepräsident

Mirco Fretter - Vizepräsident

Tilman Zschiesche - Vizepräsident

Forum DistancE-Learning –

Der Fachverband für Fernlernen und Lernmedien e. V.

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Hier im Forum gibt es ein weiteres Thema, dass sich auszugsweise mit einer Erklärung der Stiftung Warentest befasst und die Behauptung aufstellt, die privaten Bildungsinstitute würden sich gegenüber den Zwecken der Stiftung Warentest anlässlich einer von der Stiftung WT durchgeführten Datenerhebung unkooperativ verhalten.

Dieser offene Brief des FDL zeigt detailliert an verschiedenen Stellen auf, dass der Ansatz der Stiftung Warentest beim Thema Fernlehrgang/Fernstudium noch opitimierungsbedürftig ist.

Darüber hinaus stellt sich für mich die Frage, welchen Bereich des Fernstudiums die Stiftung Warentest noch mit ihren Informationen besser erklären möchte. Den fachlichen Hauptanteil deckt im Schwerpunkt die ZFU ab, indem sie zum Beispiel die Fernlehrgänge im Hinblick auf das Berufsziel und die Eignung überprüft und zertifiziert. Daneben arbeiten viele Bildungsinstitute mit ISO-Qualitätsnormen, was die administrative Abwicklung eines Fernlehrgangs anbelangt. Der verbleibende kleine Rest für den Erfolg im Fernstudium ist subjektiv und durch den Fernstudenten (mit) zu beeinflussen. Hat man genug Disziplin, in der Freizeit zu lernen, ist man aufnahmefähig für den Stoff usw usw. Eine Datenerhebung und der Versuch der Ziehung von verallgemeinernden Schlüssen ist Geschmackssache.

Mir will an der Stelle nicht recht einleuchten, weshalb die Stiftung Warentest, ausgehend von dem geringen Anteil an der Erklärungskraft ihrer Erhebung im Bereich des Fernstudiums, ihre Behauptungen durch wiederum eigens eingeführte Behauptungen, die offensichtlich eine Art von Beweisführung darstellen sollen, ins Feld führt. Was wird hierdurch tatsächlich für den Leser gewonnen, der die Schriften der Stiftung Warentest liest, ja sie vielleicht am Kiosk oder sonst wo entgeltlich erwirbt ? Es sollte nicht gewerblich durch die Stiftung Warentest mit den Ängsten derjenigen gespielt werden, die sich zu Beginn eines Fernstudiums ihrer tatsächlichen Fähigkeiten nicht bewusst sind, und infolge eines Kaufs von Testschriften der Stiftung ein Bildungsvorhaben entgültig verwerfen.

Die moderaten Kündigungsmöglichkeiten im Bereich privater Fernstudiengänge sollten hierbei ein Grund dafür sein, das Risiko einer möglichen Falschentscheidung denkbar gering zu halten. Schließlich kann man zu Beginn eines mehrjährigen Fernstudiums zur Erlangung eines Berufsabschlusses nie wissen (hier kann niemand Planungssicherheit geben), ob man durch außergewöhnliche Ereignisse in der Laufzeit nicht mehr in der Lage sein wird, das Fernstudium mit dem Abschluss zu beenden.

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Ich habe zu dem offenen Brief nochmal nachgefragt und eine weiterführende Info durch den Verbandspräsidenten Dr. Martin Kurz erhalten:

Warum wurde der Brief (erst) jetzt verschickt?

Als Verband wollten wir uns zunächst eine fundierte Meinung bilden, bevor wir mit so deutlicher Kritik an die Öffentlichkeit gehen. Wir haben hierzu Gespräche mit Experten aus der Marktforschung geführt und waren uns am Ende einig: Es ist wichtig, öffentlich kenntlich zu machen, dass hier die öffentliche Meinung über Fernunterricht und damit eventuell auch die Motivation, sich an der Umfrage zu beteiligen oder auch nicht, schon im Vorwege beeinflusst wird. Dies wollten wir deutlich machen, noch bevor die Stiftung Warentest die Ergebnisse veröffentlicht. Natürlich sind wir jetzt gespannt, wie der Öffentlichkeit die Ergebnisse "verkauft" werden. Repräsentativ sind sie in keinem Falle, nicht zuletzt weil es möglich war, an der Umfrage mehrfach teilzunehmen oder auch dann, wenn man in Wirklichkeit noch nie einen Fernlehrgang belegt hat. Selbstverständlich stehen wir der Stiftung Warentest zur internen Diskussion der Umfrageergebnisse jederzeit zur Verfügung.

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