Multitasking is not disrespectful!
Im nächsten Teil des Moduls geht es um Sprache und Technologie.
Einer der ersten Texte, die wir gelesen habe, ist ein Buchauszug, in dem es um Web 1.0 und Web 2.0 und damit einhergehenden "mindsets" geht.
Der Autor unterscheidet "digital natives" von "digital immigrants". Zweitere sehen die technologischen Entwicklungen der letzten Jahre als Weiterentwicklung der Technik der letzten Jahrhunderte: es gibt tiefgehende Änderungen, aber grundsätzlich ist es eine Fortsetzung dessen, was schon seit des Altertums an Entwicklung passiert.
Die "digital natives" hingegen sehen laut dieses Autors die technologischen Entwicklungen, die von der Computertechnik ermöglicht werden, als eine komplett "neue Welt" an, die ihnen aber vertraut und für sie alltäglich ist. Diese Welt, hier als "cyberspace" beschrieben, besteht im Gegensatz zur physikalisch fassbaren Welt aus Inhalten, die durch Bits beschrieben werden.
"Digital immigrants" wenden Computertechnik weitgehend so an, dass sie das, was sie schon immer gemacht habe, immer noch machen, aber einfacher, schneller und besser. Als Beispiele werden Powerpointpräsentationen statt Overheadprojektor, e-mail statt Brief etc. genannt. Das Internet wird als Medium, das Informationen zu Verfügung stellt wahrgenommen.
"Digital natives" hingegen sehen es als selbstverständlich an, Inhalte durch Teilnahme zu verändern. So kann man z.B. ein Buch auf amazon kaufen, lesen und bewerten. Durch den Kauf und Bewertung bekommt das Buch einen anderen Status: Durch das eigene Kaufprofil wird es in Kontext zu anderen Büchern gestellt und anderen Lesern vorgeschlagen und erreicht so eine "Hörerschaft". Durch eine Bewertung wird es eingeordnet, es entsteht ein System, wo das Buch im Vergleich zu anderen Büchern steht. Solche Systeme gibt es nicht nur bei Büchern, sondern auch bei journalistischen Artikeln, Websites, Bildern, Filmen,... Das Phänomen wird "Folksonomy" (im Gegensatz zur Taxonomie) genannt.
(Natürlich waren mir Begriffe wie cyberspace und digital natives schon vorher bekannt. Sie stehen deshalb in Anführungszeichen, weil der Autor sie teilweise anders definiert als es meiner Erfahrung nach gängig ist bzw. wie ich sie kenne.)
Weiter wird auf das Phänomen des Multitasking eingegangen. Es wird eine ethnologische Studie beschrieben, wo Schüler im Unterricht einen Laptop dabeihaben und stets Internetzugang haben. Das war erst mal sehr eindrücklich: Es gab Protokolle einer Schülerin, die Weblogs liest, ihren Blog schreibt, mit einer Mitschülerin chattet, das Layout ihres Blogs verändert und gleichzeitig dem Unterricht folgt. Es ist nicht etwa so, dass sie dem Unterricht nur oberflächlich folgt, sondern sie beteiligt sich und versteht die Inhalte.
Ich habe mich erst mal in die Rolle des Lehrers versetzt: Natürlich kenne ich es, dass Schüler nicht bei der Sache sind. Es passiert ständig, dass ich sie etwas frage und sie keine Ahnung haben, wovon ich spreche. Als Lehrer habe ich erst mal Bedenken, dass genau das passiert.
Aber ist das so? Das Beispiel dieser Schülerin zeigt ein anderes Bild.
Und ich habe mich an meine eigene Gymnasialzeit erinnert. Es gab Lektionen, die waren einfach unendlich langweilig, unfassbar langweilig. Gerade Englisch zog sich ins Unendliche. Ich habe damals im Unterricht gezeichnet, mir das Morsealphabet beigebracht, Gitarrengriffe 'trocken' geübt, mit der rechten Hand geschrieben, damit es länger dauert. Durfte dem Lehrer natürlich alles nicht auffallen. Und ich behaupte, ich konnte dem Lehrer problemlos folgen.
Ich selber merke, dass ich mich nicht mit Text befassen kann, weil ich dann nicht beim Unterricht bleiben kann. Aber muss das für alle Schüler zutreffen?
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass eine neue Generation Schüler weit multitaskingfähiger ist als ich es war. Die Frage ist: sind es alle Schüler? Was ist meine Rolle als Lehrer, welche Aufmerksamkeit soll ich sinnvollerweise fordern, damit die Unterrichtszeit genutzt wird?
In der Studie wurde auch gezeigt, dass viele Lehrer, die meist "digital immigrants" sind, dieses Multitasking als respektlos empfanden: Die Schüler schenken ihrem Unterricht zuwenig Aufmerksamkeit. Die Schüler aber empfanden dies nicht so, ihr Verhalten war für sie normal und selbstverständlich.
Das sind interessante Themen, ich hoffe, es gibt mehr davon!
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