Das Exposé und weitreichende Überlegungen
Nachdem ich Anfang Juni meinen Entwurf für die Hausarbeit in diesem Semester verschickt hatte, sitze ich nun seit ca. 14 Tagen an der Überarbeitung. Das Feedback kam schnell und es machte deutlich, dass noch einige Dinge an meinem Vorgehen zu verbessern sind.
Der Hauptkritikpunkt war, dass mein Untersuchungsziel und dadurch auch mein Vorgehen nicht klar genug strukturiert waren. Außerdem hatte ich für einen Teilbereich meiner Hausarbeit noch keine Literaturangaben gemacht. Das war allerdings von mir so beabsichtigt, da ich damit gerechnet hatte, meinen Entwurf noch einmal überarbeiten zu müssen. Deshalb nutze ich die zweite Runde gerade dazu, die fehlende Literatur noch zu ergänzen.
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Allerdings haben mich die vergangenen Wochen mal wieder vor die Frage gestellt, ob ich mich mit dem Fernstudium nicht längst in etwas verrannt habe. Da dies ein Blog über alle Höhen und Tiefen des Fernstudentenlebens sein soll, ist es nur fair, auch über die Hürden und Probleme zu berichten. Natürlich kann man das auch als jammern bezeichnen; evtl. stelle ich mich in dieser Hinsicht wirklich etwas weinerlich an.
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Im Grunde genommen haben sich zwei Probleme manifestiert, die ich langsam nicht mehr einfach so ignorieren kann. Zuerst mal haben sich die Umstände meines Fernstudiums mit der Geburt unserer Tochter (Dez. 14) drastisch verändert. Obwohl meine Frau das komplette Jahr Elternzeit genommen hat, habe ich natürlich Abstriche bei meiner Freizeitplanung machen müssen. Zum einen teilen wir beide uns die Aufgaben im Haushalt, und obwohl sie den größten Teil des Tages für das Kind da ist, nehme ich ihr die Kleine zum anderen aber auch so oft es geht ab (ist natürlich meine geschönte Sicht, meine Frau wird das sicher relativ sehen).
Dadurch haben sich aber meine Lernzeiten stark verkürzt und auch verschoben. Die Nachmittage an den Wochenenden fallen nun weg und meistens sitze ich am Abend von 20.30 Uhr bis 00:00 Uhr, am Freitag und Samstag auch bis 02:00 Uhr vor meinen Unterlagen. Meine produktivste Zeit ist das nicht, zudem fehlen mir dadurch natürlich auch ein paar Stunden Schlaf, wenn man bedenkt, dass ich an sieben Tagen in der Woche um 06.00 Uhr aufstehe.
Mit diesem Rhythmus habe ich im vergangenen Semester eine mündliche Prüfung abgelegt. Auch eine Klausur wäre sicherlich als Prüfungsform noch drin gewesen. D. h., solange ich nur Wissen in konzentrierter Form aufnehmen muss (Stichwort: Bulimie-Lernen), sind auch weiterhin gute Noten und Prüfungsleistungen möglich. Aber bei meinem Vorhaben, eine Hausarbeit zu schreiben, stoße ich derzeit an meine Grenzen. Das Lesen von langen Texten, zum Teil auf Englisch, und die Produktion von wissenschaftlich annehmbarem Text sind wirklich ein sportliches Vorhaben.
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Das zweite Problem hatte ich in einer meiner letzten Beiträge schon angesprochen. Es stellt sich mir persönlich immer öfter die Frage, welchen Nutzen ich von diesem Studium eigentlich noch habe. Meine ursprüngliche Idee war, mit einem politikwissenschaftlichen Master im Public-Affairs-Bereich durchzustarten. Damals hatte ich noch in einer PR-Agentur gearbeitet, die diesen Bereich auch bedient. Zudem war ich zu diesem Zeitpunkt auch noch ehrenamtlich politisch aktiv und hatte somit wirklich ein paar Gründe, ein für mich fachfremdes Studium aufzunehmen.
Beide Aspekte sind mittlerweile nicht mehr gegeben. Zum einen arbeite ich seit über einem Jahr als Online-Redakteur für Finanzthemen, zum anderen habe ich meine politischen Aktivitäten aus diversen Gründen aufgegeben. Ich merke aktuell zwar, dass mir der gesellschaftliche/politische Bezug in meiner Arbeit fehlt, allerdings habe ich auch großen Spaß an meiner Tätigkeit als Online-Redakteur. Ich habe mir neue Themenfelder wie Suchmaschinenoptimierung, Bildbearbeitung und HTML erschlossen und denke, dass diese Bereiche für meine aktuelle und auch spätere Tätigkeiten von großer Bedeutung sein werden. Die Konkurrenz ist groß und viele meiner Kollegen beherrschen mindestens eines dieser Instrumente (Photoshop, Suchmaschinenoptimierung oder den Umgang mit CMS) im Schlaf.
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Vor diesem Hintergrund denke ich gerade intensiv darüber nach, wie es bildungstechnisch weitergehen soll. Eigentlich bin ich ein zutiefst rationaler Mensch und könnte mir die Antwort auf meine Frage deshalb auch selbst geben. Aber mittlerweile bin ich wohl an dem Punkt angekommen, an dem ich nur noch verbissen mein Ziel vor Augen habe und endlich diese verdammte Master-Urkunde in der Hand halten will.
Auf der einen Seite ist das verständlich, denn ich habe zwei Jahre und viel Arbeit investiert, um so weit zu kommen. Mir fehlen noch drei Module und die Masterarbeit, in Teilzeit gerechnet wären das zwei Jahre. Auf der anderen Seite aber leidet mein Privatleben derzeit unter dieser Verbissenheit, der Schlafmangel und der zunehmende Frust über die Situation verpuffen ja nicht einfach so.
Ich habe mich auf jeden Fall erst einmal für das kommende Semester zurückgemeldet. Ich werde auch versuchen, die Hausarbeit in diesem Semester so gut wie möglich abzuschließen. Es wäre fahrlässig, jetzt einfach alles hinzuschmeißen, ohne sich vorher Gedanken über Alternativen gemacht zu haben. Nach langen Überlegungen habe ich mir ein paar Szenarien für die Lösung meines Dilemmas überlegt. Nicht zu Diskussion steht dabei mein Job, da werde ich mich in absehbarer Zeit nicht verändern.
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Szenario 1: Scheiß Auf Verluste
Meine erste Überlegung ist, erst mal so weiterzumachen wie bisher. Das hieße, eine Modulprüfung pro Semester, wobei noch zwei Hausarbeiten anstehen (inklusive der aktuellen). Die Gefahr ist, dass ich am Ende zwar meine Urkunde habe, aber keinerlei Profit daraus schlagen kann. Da ich mittlerweile kaum noch etwas mit Politik am Hut habe, wäre die realistischste Möglichkeit, als Junior-Consultant oder als Redakteur/Texter in eine PR-Agentur mit politischem Schwerpunkt einzusteigen.
Der Junior würde wahrscheinlich Gehaltseinbußen bedeuten (da ich ja eigentlich wieder eine Art Berufsanfänger wäre); für eine Redakteursstelle bräuchte ich meiner Meinung nach keinen politikwissenschaftlichen Master. Anschreiben an Politiker/Verbände, Argumentationspapiere und alle Arten von journalistischen Texten habe ich auch so schon konzipiert und verfasst (bzw. tue dies immer noch).
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Szenario 2: Kunstpause
Meine zweite Überlegung führte mich zu dem Entschluss, eine schöpferische Pause von ein bis zwei Semestern einzulegen. Das Problem an dieser Variante ist, dass ich danach wohl nur noch wenig Motivation hätte, noch einmal quasi neu einzusteigen. Dinge können sich sehr schnell ändern und evtl. hätte sich dann unsere Situation (die meiner Frau und mir) so sehr geändert, dass ein Wiedereinstieg keinen Sinn mehr machen würde.
Eine Kunstpause von einem Semester halte ich derzeit aber für die beste Lösung.
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Szenario 3: Geordneter Rückzug und Neuformation
Ausgehend von meinen Ausgangsüberlegungen wäre eine dritte Möglichkeit, erst einmal eine Pause zu machen und sich dann neu zu orientieren. Ich bin ein ambitionierter Mensch und beruflich möchte ich natürlich früher oder später den nächsten Schritt machen. Irgendwann wird dann das Thema Master auch wieder im Raum stehen, denn es gibt einfach Positionen bzw. Stellen, in denen dieser Abschluss zwingend vorausgesetzt wird (z. B. Referentenstellen im öffentlichen Dienst).
Da für mich aber eh nur ein berufsbegleitendes Fernstudium infrage kommt, müsste ich ein paar Jahre Pause machen, um die Kriegskasse aufzubessern. Das wäre auch eine gute Möglichkeit, eine fundierte Wahl zu treffen. Nach meinen bisherigen Erfahrungen wären ein PR-/Kommunikationsmanagement-Studiengang oder ein wirtschaftswissenschaftlich/kaufmännisches Fach die beste Wahl. Allerdings wäre es mir auch lieb, wenn ich ein paar Creditpoints aus dem Governance-Studium mitnehmen könnte, damit ich nicht das Gefühl hätte, zwei Jahre meines Lebens vergeudet zu haben.
Ich habe mir auch bereits grob ein paar Studiengänge angesehen, zwischen denen ich mich entscheiden müsste. Allerdings sind die Kosten von bis zu 12.500 Euro einfach zu heftig. Deshalb wäre eine Pause von mindestens zwei bis drei Jahren unumgänglich.
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Szenario 4: Scheiß auf den Master
Die letzte Möglichkeit wäre es, über den eigenen Schatten zu springen und auf den Master in absehbarer Zeit zu verzichten. Dafür spricht, dass ich mittlerweile fast drei jahre Erfahrung als PR-Assistent und Online-Redakteur habe und mir fehlende bzw. unzureichende Kenntnisse mit Fortbildungen und Fernlehrgängen aneignen könnte. In Betracht kämen u. a. der Social Media Manager nach dem PZOK-Modell, eine Weiterbildung zum Thema Online-Marketing insb. Suchmaschinenoptimierung und natürlich journalistische Fortbildungen (z. B. zu Themen wie redigieren, journalistisches Schreiben, Storytelling usw).
Billig wären diese Seminare und Schulungen auch nicht, aber sie hätten einen unmittelbaren Nutzen würden mich handwerklich weiterbringen. Hier liegt allerdings auch die Gefahr, denn wie gesagt möchte ich langfristig auch Aufgaben übernehmen, die über die reine Produktion von Content hinausgehen. Aber zur Not könnte ich ja auch in fünf bis sechs Jahren noch einmal die (Hoch-)Schulbank drücken, wenn ich bis dahin an einem Punkt angelangt bin, an dem ein Master (zwingende) Voraussetzung ist.
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In den kommenden zwei Tagen verschicke ich erst mal meinen Entwurf für die Hausarbeit. Aber meine Überlegungen zeigen ja eigentlich, wie sehr mich das Thema derzeit beschäftigt. Evtl. werde ich mir im Juli dazu auch noch mal professionelle Hilfe holen. Zumindest sind die Chancen derzeit gering, dass ich von allein auf das Masterstudium und damit die heißbegehrte Urkunde verzichte.
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