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Sunday Night.....


Hep2000

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Es ist 4.15 Uhr in der Nacht von Sonntag auf Montag. Meine letzte Nacht für diese Woche, und es wird Zeit. Diese Woche war keine gute Woche, weder beruflich, noch privat.

Beruflich gabs ne Menge Knatsch, unsere Teamsitzung war anstrengend und vollkommen ergebnislos, sowas macht mich mürbe, weil ich 2,5h meiner eh raren Freizeit opfern musste dafür. Und unsere Bewohner scheinen auch derzeit alle irgendwie am Rad zu drehen, was nervlich extrem belastend ist. Vor 2 Stunden wurde ich mal so richtig verhauen, das passiert mir echt selten, und es tut immer noch weh.... voll die eh kaputte Schulter mit einem gezielten Tritt erwischt. Und einmal mehr sitze ich hier, mit dem Gedanken "Mensch, seh zu dass Du weiter kommst, damit das irgendwann ein Ende hat!". Nach 23 Jahren Pflege, davon viele Jahre im Nachtdienst, sind meine Ressourcen einfach aufgebraucht.

Privat merke ich einfach, dass ich nicht so für meine Kinder da sein kann, wie ichs gern würde. Schon wieder hatten die Kinder Ferien und ich musste arbeiten. Sie haben also quasi den ganzen Tag leise sein müssen, wir konnten nix unternehmen. Klar, mein Mann arbeitet auch. Aber warum muss eigentlich immer ICH, als einzige von 3 Nachtwachen mit schulpflichtigen Kindern in der Familie, in den Schulferien arbeiten? Ich könnte Urlaub nehmen..... und hinterher gleich Privatinsolvenz anmelden. Wenn ich arbeite, mache ich 70h in einer Woche. Wenn ich Urlaub nehme, bekomme ich pro Wochentag 3,75h bezahlt (50%-Stelle). Das ist nicht mal die Hälfte von dem was ich effektiv arbeite, und so sieht dann auch mein Lohnzettel aus. Mal davon abgesehen... ich muss ja die Dienstpläne für den Nachtdienst machen... und woher nehme ich denn eine Vertretung? Eigentlich bin ja ICH immer die Vertretung für alle anderen..... Seit 3 Jahren habe ich keinen einzigen Tag Urlaub mehr in meiner Dienstwoche genommen, immer in den Wochen, in denen ich regulär frei hatte.

Ich stelle nochmal fest.... es wird Zeit, dass ich dieses Kapitel in meinem Leben abschließen kann. Nach Plan sind es heute noch 2 Jahre.... aber ob ich die schaffe?

 

Inzwischen ist auch amtlich, dass ich alleine nach Bremen fahren werde, die Freundin hats - eigentlich erwartungegemäß - nicht mehr geschafft. Also ein Hotelzimmer storniert, endlich das Zugticket gekauft. Erst habe ich überlegt, ob ich dann nicht doch erst am Donnerstag fahren soll, aber mein Mann hat mich quasi genötigt wie geplant am Mittwoch zu fahren. Der Plan: Mittwochnachmittag ankommen, irgendwo was Transportables zu essen besorgen, ins Hotel fahren, duschen und dann ins Bett. Und am Donnerstag so lange wie irgend möglich schlafen. Dann vielleicht einen Stadtbummel, und am Nachmittag hole ich dann eine andere Studentin vom Bahnhof ab, die ebenfalls zum Seminar kommt. Wir machen uns dann einen gemütlichen Abend. Einfach mal Ruhe, abschalten, meine Schulter schonen. Und dann hoffentlich nach Bremen wieder neue Kraft um weiter zu machen. Statistik besiegen, ich werde es schaffen.

 

Eventuell muss ich dann doch auch nochmal überlegen, ob die Schulter-OP nicht doch Sinn machen würde, aber das muss jetzt warten bis ich wieder Zuhause bin. 

13 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Also in dem Job, so wie du ihn aktuell beschreibst, würde ich es keine zwei Jahre mehr aushalten  wollen! Gibt es keine Alternativen, auch wenn es noch nicht die ganz große Veränderung bringt, bei denen es zumindest schon mal etwas besser wird mit den Rahmenbedingungen?

 

Sehr gut, dass dein Mann dich gedrängt hat, die Reise nach Bremen zumindest für ein wenig Entspannung zu sorgen. Nutze sie.

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Typisch Pflege, nichts Besonderes! Das ist der ganz normale Wahnsinn und es kommt immer noch nicht an, dass man so keine Fachkräfte halten kann. 

Selbst wenn man es LIEBT, die Arbeit dem Grunde nach gerne macht, man KANN es nicht mehr. 

 

Urlaub in der Frei Woche nehmen, das heißt der Urlaub geht im Grunde in die Überstunden, man hat ja nicht mehr frei, als sonst. Dann nur 3,75 Arbeitstsunden im Urlaub, obwohl sonst weitaus mehr gearbeitet wird. DAS sind die Sachen, bei denen man laut schreien mag wegen der Ungerechtigkeiten, der Tritte und der Verstöße gegen alle möglichen Gesetze. 

 

Es muss doch möglich sein Urlaub zu Erholungszwecken zu nehmen und keine finanziellen Verluste dabei zu erleiden. Wo leben wir denn bitte? Mich regt das maßlos auf und ist der Grund warum ich aus meiner geliebten ambulanten Pflege ausgestiegen bin.

 

Ich empfehle die Prognos Studie zum Fachkräftemangel, das wird nochmal spannend, wenn NOCH mehr Fachkräfte fehlen, als sowieso schon.

Dazu noch die fortschreitende privatwirtschaftliche gewinnmaximierend orientierte Entwicklung in der Pflege. Wo wird gespart? Richtig! An den Personalkosten ;-)

 

Liebe Stolluba, ich weiß, dass ich dir das alles nicht erzählen muss, es macht mich zuweilen nur wütend und ich hoffe, dein Blog kann das ab :-)

 

Gute Besserung für deine Schulter!

Bearbeitet von Beetlejuicine
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Beetlejuicine hat das ziemlich treffend zusammengefasst.... das ist der normale Wahnsinn in der Pflege. Ehrlich, wirklich schlecht geht es mir noch nicht mal, das geht viel schlimmer! Die Rahmenbedingungen sind noch weitgehend gut, da wo ich gerade bin. Wir haben wenigstens keine Begrenzungen was gewisse Arbeitsmittel betrifft, wir haben gute Ärzte, mit denen man arbeiten kann, wir haben ein gutes Team. Ich kenne etliche Einrichtungen, in denen es an diesen Dingen auch krankt. Den meisten Menschen sind nur nach wie vor diese Dinge gar nicht bewusst. Dass es normal ist, dass Pflegekräfte 14-16 Tage am Stück arbeiten, Urlaub in den freien Tagen genommen wird, körperliche und psychische Gewalt eigentlich immer in irgendeiner Form im Spiel ist usw. Wer ins Krankenhaus geht, der erwartet ganz selbstverständlich, dass da rund um die Uhr ausreichend Personal vorhanden ist. Aber unter welchen Bedingungen die arbeiten, das Verständnis endet fast immer an der eigenen Zimmertür.

Und die stationäre oder ambulante Pflege trifft es eher härter, denn dank der zunehmenden Zahlen hochaltriger Menschen, die meist dement und/oder multimorbid sind, werden die Bedingungen seit Jahren immer und immer schlechter. Die Ansprüche der Bewohner und Angehörigen dafür aber immer höher. Mancher meint, so ein Pflegeheim sei 5* All-inclusive. Wer soll sich da wundern, dass keiner mehr diesen Job machen will?

Stundenlohn.... reden wir nicht drüber, ehrlich..... und die Zuschläge retten da auch nix. 

 

Meiner Schulter gehts dann ärztlicher Versorgung inzwischen besser, die vorher schon vorhandene Grundproblematik ist durch die akut entstandene Prellung natürlich nicht weniger geworden. Aber es ist jetzt aushaltbar. Und wie gesagt, mir passiert es nicht oft, dass mich einer so erwischt, eigentlich kann ich ganz gut mit schwierigen Fällen. Aber die Nacht war eh schwierig und meine Konzentrationsfähigkeit lässt zwischenzeitlich zum Ende einer solchen Nachtschichtwoche einfach auch rapide nach

 

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Seit Jahren bekomme ich immer wieder hier im Forum und auch in meinem privaten Umfeld mit, wie miserabel es in der Pflege läuft und kann das einfach nicht verstehen, dass sich da nicht wirklich etwas ändert. Was muss denn passieren, damit etwas passiert? - Benötigt das Problem mehr Öffentlichkeit? Müssten die Mitarbeiter viel mehr auf die Barrikaden gehen? Ändert es etwas, wenn mehr in die Weiterbildung gehen und studieren und dann vielleicht auch mal in Bereiche kommen, wo sie etwas verändern und entscheiden können? 

 

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Markus, in meiner letzten Weiterbildung hat uns eine Dozentin gesagt: "Eine ganze Branche baut auf die Leidensfähigkeit ihrer Arbeitskräfte!" und das stimmt. Und die Finanzierung fährt quasi mit Volldampf vor die Wand. Wer sich mal ein bisschen mit dem Thema demografischer Wandel beschäftigen mag, der wird schnell feststellen. dass unser System so nicht mehr weiter funktionieren kann und wird. Nur.... irgendwie fehlen die Ideen wie man das ändern kann.

In erster Linie bräuchte die Pflege Geld. Geld, mit dem man das Personal besser bezahlen kann, mit dem man die Bedingungen verbessern kann. Und das Ansehen der Berufe erhöhen kann. Statt dessen passiert das Gegenteil, immer mehr alte/kranke Menschen müssen von immer weniger jungen, gut verdienenden Menschen versorgt und mitfinanziert werden. Also ist eigentlich immer weniger Geld da.

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Ich bewundere jeden, der in der Pflege arbeitet und es dort aushält!  Mir reichen schon die Erzählungen meiner Mutter. Ihr Leben lang als Krankenschwester in einem kleinen Krankenhaus, seit vielen Jahren nur noch Nachtschicht. Was sich da die letzten paar Jahre verändert hat ist erschreckend. Erst vor kurzem ist wieder eine Kollegin für 2-3 Monate krankgeschrieben worden - Überlastung, Psyche, das übliche. Wirklich erschreckend.

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Das Problem ist die Privatisierung. Pflege erwirtschaftet Renditen und das nicht zu knapp.

 

Hier nur 1 Google Fund. 

 

http://www.welt.de/finanzen/immobilien/article139642076/Mit-Pflegeheimen-laesst-sich-reichlich-Profit-machen.html

 

Es braucht Pflegeplätze, die werden von Privatinvestoren gebaut und die wollen eben Rendite haben. 

 

Hier noch so eine Geschichte. Casa reha wird übernommen. Das geschieht derzeit überall so. Ketten fressen Ketten.

 

https://www.property-magazine.de/korian-casa-reha-curanum-70787.html

Bearbeitet von Beetlejuicine
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Meiner Meinung nach ist der Staat hier viel mehr gefordert. Wenn er nicht für die Gesundheit seiner Bevölkerung verantwortlich ist, wofür dann? Gerne dürfen für die Mitarbeiter in diesem Bereich auch Steuergelder eingesetzt werden, statt sie in anderen Bereichen zu verbraten.

 

Was haltet ihr denn davon? - Könnte das wirklich etwas bringen für die Beschäftigten?

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