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Fernabi: Ich würde es wieder tun & was ich rückblickend anders machen würde


Mupfel

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Fernabi - ich würde es immer wieder tun. Das Fernlernen ist genau mein Ding, ich hatte aber auch noch nie Probleme mir Dinge selbst beizubringen. Die ganzen Werbesprüche ("Freie Zeiteinteilung", "Eigenes Lerntempo") waren tatsächlich alles Vorteile für mich, auch wenn ich verstehe, dass genau das für andere ein Nachteil sein kann. Insofern würde ich es auf jeden Fall wieder tun.

Klar, Motivationstiefs kennt wahrscheinlich jeder. Die werden eher abgefangen, wenn man Unterricht mit Präsenzzeiten hat.  Auch einige Behörden haben keine Ahnung vom Fernabitur und bereiten einem dadurch Zusatzaufwand. Teilweise war auch die Kommunikation mit dem Studienbetreuer schwerfällig. Alles nervige Punkte, die nicht sein müssten, aber insgesamt hat es mir das Abi nie verhagelt. An Abbruch habe ich nie gedacht.

 

Ich habe im Laufe der Fernabi-Zeit eine Menge Mitlerner kennengelernt. Einige davon haben es nicht zu Ende geführt, was ich auch vollkommen verstehen konnte. Allerdings habe ich auch die kennengelernt, die abgebrochen haben und danach aufs Übelste über das ILS und das Fernabitur generell gewettert haben ("Unschaffbar", "nur was für Oberstreber ohne Job", "Prüfungen ganz anders als Lernstoff in den Heften"...) Und da ist mir bei den meisten aufgefallen, dass Selbstreflektion quasi nicht vorhanden war. Das ILS sagt deutlich, dass man Sekundärliteratur braucht. Wenn man alle Hinweise beachtet und ehrlich zu sich selbst ist, halte ich die Externenprüfung für anspruchsvoll, aber gut schaffbar. Klar passt Fernlernen nicht in jedes Leben, aber da muss man dann auch keine Schuld suchen, nicht bei sich und schon gar nicht beim Fernabi-Konzept ansich.

 

Der einzige große Wermutstropfen war für mich, dass man als 'normaler' Schüler nicht nur auf die Abiprüfungen angewiesen ist, sondern auch viel über die normalen Klausuren, Referate etc. rausreißen kann.

 

Was ich anders machen würde

 

1. Ich neige zu  Perfektionismus und hatte immer "Angst", irgendetwas zu übersehen, was mir dann in den Prüfungen das Genick bricht. Klingt wie eine "Ich bin zu fleißig"-Antwort im Bewerbungsgespräch :D War aber wirklich ein Problem, vor allem gegen Ende. Ich wollte alles perfekt können, habe dadurch viiiiel Zeit in Details verschwendet und das "große Ganze" teilweise aus den Augen verloren (und dann fehlte die Zeit dafür).

So war ich z.B. im Themenbereich "Stammzellen" bis ins kleinste Detail fit, konnte aber Dinge wie PCR nur noch schnell wiederholen (und genau das kam u.a. dran).

Im Studium werde ich auf jeden Fall darauf achten, den "Feinschliff" am Ende zu machen und nicht andersrum

 

2. Ist eng mit 1 verbunden: Zu viele Details aufschreiben. Lernkarten sind super, aber ich habe teilweise ordnerweise Dinge aus den Heften notiert, die ich nie wieder angesehen habe. Ok, das alles nochmal selbst formulieren und aufschreiben hat auch einen Lerneffekt. Aber man kann sich damit auch arg verzetteln. Man sollte natürlich nicht ins andere Extrem verfallen und nur noch grob überfliegen.

 

3. Austausch mit anderen. Ist wichtig, hilft, es hat sich auch eine gute Freunschaft dadurch entwickelt. Rückblickend würde ich aber weniger Zeit in Facebook-Gruppen und Co. verbringen. Teilweise habe ich mich wirklich geärgert, viel Zeit und Nerven in Leute investiert zu haben, die dann absolut undankbar waren, abbrachen, alles aufs ILS geschoben haben und (das finde ich am schlimmsten), anderen Angst gemacht haben und ihnen einredeten, dass es nicht schaffbar ist.

Es klingt irgendwie fies, aber ich würde - gerade in der Anfangsphase wo viele abbrechen - im Nachhinein nicht mehr so viel Zeit in Lerngruppen investieren. Am Ende wird man dann nur noch selbst demotiviert, wenn viele Leute nur noch am motzen sind, wie schwer und unschaffbar alles ist, dass man unfair bewertet wird, dass sowieso alles blöd ist und und und - nee danke.

Kleine Anekdote: Eine dieser Bekanntschaften war durchgefallen, 0 Punkte in einem Fach obwohl angeblich "fast alles gewusst". Ich hatte ihr mein Bestehen möglichst vorsichtig mitgeteilt, um bloß keine Wunden aufzureißen. Daraufhin durfte ich mir anhören, dass ich es mir ja auch extrem einfach gemacht hätte und es in Hamburg wirklich unschaffbar sei - :rolleyes: Was soll man dazu noch sagen...

 

4. Noch früher Original-Aufgaben rechnen. Ich habe in Mathe etwa 2 Jahre vorher angefangen (allerdings mit Hamburger Aufgaben), in den anderen Fächern aber erst in den letzten Monaten vor den Prüfungen. Das würde ich auch anders machen, die Aufgaben wiederholen sich ziemlich oft in leicht abgewandelter Form, wenn man da mit den Original-Aufgaben mehrerer Jahrgänge übt, ist man schon "gut drin" und weiß, wie man die Aufgaben zu lösen hat. An meiner Prüfungsschule wurde mir auch gesagt, dass die meisten Externen am Methodischen scheitern.

 

 

 

Würde ich es auch wieder im eigenen Bundesland tun?

 

Wahrscheinlich auch das. Schriftlich denke ich, kann man sich mit den Kerncurricula gut vorbereiten, die sind sehr ausführlich. Zusätzlich war ich ja in der "Endphase" auf den Dreh gekommen, mit Skripten von "echten" Schülern zu lernen. Damit habe ich zu knapp angefangen, aber ansich ist man damit relativ sicher.

Mich wurmt nur das Mündliche ein bisschen, da ich an einigen Punkten gemerkt habe, dass ich Beispiele wusste, die aber in Niedersachsen im Unterricht offenbar kaum behandelt werden. In den ILS Heften wurde z.B. Eugen Drewermann ausführlich besprochen, meinem Prüfer sagte nur der Name was, weiter drüber sprechen konnten wir dann aber nicht. Sowas wäre in Hamburg wahrscheinlich nicht passiert.
Es waren alle super nett zu mir, genauso wie bei den ILS PKs. Also hier sehe ich keinen Nachteil. Ungewohnt ist es sowieso, plötzlich Prüfungen zu schreiben und zwischen Fremden zu sitzen.

Mein Bestehen war letztlich nicht knapp, insofern würde ich es auch wieder tun.

 

 

So, ich glaube das war es auch zum Fernabi. Vielleicht fällt mir noch was ein, was ich loswerden muss. Aber eigentlich bin ich soweit durch :D

Bleibe dem Forum trotzdem treu, mich interessiert dieses ganze e-Learning-Ding nach wie vor, mir fehlt es jetzt schon irgendwie :)

8 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Zitat

2. Ist eng mit 1 verbunden: Zu viele Details aufschreiben. Lernkarten sind super, aber ich habe teilweise ordnerweise Dinge aus den Heften notiert, die ich nie wieder angesehen habe. Ok, das alles nochmal selbst formulieren und aufschreiben hat auch einen Lerneffekt. Aber man kann sich damit auch arg verzetteln. Man sollte natürlich nicht ins andere Extrem verfallen und nur noch grob überfliegen.

kann ich nur bestätigen! Ich habe während der "Schulzeit" auch irre viel aus den Heften mitgeschrieben, und klar lernt man dadurch... aber viele der Mitschriften hab ich mir nie wieder - bzw. höchstens in Vorbereitung auf die EA - angeschaut.

Wirklich problematisch wurde das viele Mitschreiben bei mir dann aber erst im Studium - da ist die Stoffmenge so viel höher, dass es zeitlich einfach nicht schaffbar ist, alles mitzuschreiben. Habe es dann zuerst reduziert, und im letzten Semester dann ein Fach komplett ohne Mitschreiben gelernt - stattdessen die Lehrbücher immer und immer wieder gelesen. Und ich war sehr erstaunt, dass diese Lernmethode auch sehr gut funktioniert (und wesentlich zeitsparender ist).

 

Also es kann sich durchaus lohnen, mal "mutig" zu sein und was anderes auszuprobieren ;)

 

 

Zitat

.Daraufhin durfte ich mir anhören, dass ich es mir ja auch extrem einfach gemacht hätte und es in Hamburg wirklich unschaffbar sei

ich würd ja eher das Gegenteil behaupten, dass es für die Leute, die in HH schreiben, etwas einfacher ist...

 

 

Ich wünsch dir auf jeden Fall ganz, ganz viel Erfolg und Motivation für dein Studium!! Und auch ganz vielen Dank, dass du deinen Blog zuende geschrieben hast, habe mich immer gefreut, was Neues von dir zu lesen!

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Zitat

Kleine Anekdote: Eine dieser Bekanntschaften war durchgefallen, 0 Punkte in einem Fach obwohl angeblich "fast alles gewusst". Ich hatte ihr mein Bestehen möglichst vorsichtig mitgeteilt, um bloß keine Wunden aufzureißen. Daraufhin durfte ich mir anhören, dass ich es mir ja auch extrem einfach gemacht hätte und es in Hamburg wirklich unschaffbar sei - :rolleyes: Was soll man dazu noch sagen...

 

Das nennt man in der Psychologie Attributionsfehler. ?

Das eigene Versagen und der Erfolg anderer wird gerne an äußeren Umständen festgemacht, während eigener Erfolg und das Versagen anderer an inneren Faktoren (Persönlichkeit, Fleiß, Mut usw.) festgemacht wird. 

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@abitierchen Dankeschööön!Freut mich wenn sich User die langen Beiträge gerne durchlesen. Ich war bei deinem Blog richtig enttäuscht, als er vorbei war :D Mittlerweile müsstest du schon im 3. bis 5. Semester sein, oder? Wie die Zeit vergeht....

Neue Lernmethoden werde ich auf jeden Fall ausprobieren. Noch mehr Mitschriften wären fatal :D

 

@psychodelix Da hatte ich immer sehr gemischte Eindrücke. Da waren mal Jahrgänge dabei, da fand ich die Aufgaben relativ einfach, dann gab es wieder welche, die ich sehr viel schwerer empfand.
Unter'm Strich halte ich es mittlerweile mit guter Vorbereitung überall für gut machbar. Man kann eben Pech oder Glück mit den Aufgaben haben und dadurch den Schnitt hochziehen oder runterreißen, aber einfach nur Bestehen sollte klappen, wenn man die Vorgaben genau durchgegangen ist und geübt hat. Und nicht gerade nen totalen Blackout oder sonstwie Ultrapech hat. Finde ich als Fazit für nachfolgende Fernabiturienten eigentlich ganz beruhigend, nachdem man über Google soooo viele Horrorberichte findet (die mich eine Weile auch super verunsichert und runtergezogen haben).

 

@TomSon Interssant, wieder was gelernt :D

Bearbeitet von Mupfel
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Nachtrag, weil mich gestern noch jemand aus einer Facebook-Gruppe darauf angesprochen hat, wie schwer es denn nun sei...:

Ich finde es doch immernoch schwer, anderen eine Einschätzung zu geben. Das Problem (naja, eigentlich ist es nicht mein Problem, aber ihr wisst schon... :D) ist, dass man ja nie weiß, wer da vor einem sitzt.

Ich kenne super fleißige Fernabiturienten, von denen ich weiß wie intensiv sie sich vorbereiten, dass sie nix auslassen, alles ganz genau lernen. Da kann ich locker sagen "Du schaffst das, stell es dir nicht sooo schwer und schlimm vor!".

Dann gibts aber auch wieder welche, die aus derselben Aussage rausziehen "Ist nicht schwer, lest die Hefte durch und macht die Prüfung" - und dann ist die Überraschung groß, weil es so simpel eben auch nicht ist.

 

Also "Wie schwer ist es?" ist mittlerweile eine meiner Hassfragen, die man so bekommt, wenn man schon relativ weit oder fertig ist und sich Leute an einen wenden, die noch am Anfang stehen :D

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vor 22 Stunden, Mupfel sagte:

Mittlerweile müsstest du schon im 3. bis 5. Semester sein, oder?

Noch im 4., ab Oktober dann im 5. ;) Ist echt unheimlich, ja, ich hab doch grad erst Ersti-Einführungswoche gehabt und jetzt soll schon die Hälfte rum sein...

 

Ich wollt ja immer mal auf meinem Blog ein "Update aus dem Leben einer Ex-Fernabiturientin und Studentin" schreiben, aber irgendwie hab ichs nie gebacken gekriegt... naja, und jetzt ists schon so lange her, das Abi... Hm, vielleicht mache ichs trotzdem irgendwann noch mal^^

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Am 14.9.2016 at 20:13 , abitierchen sagte:

Hm, vielleicht mache ichs trotzdem irgendwann noch mal^^

 

Ist doch jetzt eine gute Gelegenheit, wo du dich gerade wieder etwas mit dem Thema beschäftigst ?. Gerade so einen Rückblick mit etwas Abstand stelle ich mir sehr interessant vor.

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@Mupfel - Ja, die Frage wie schwer ein Fernstudium allgemein oder speziell das Fernabi ist, finde ich auch immer schwer zu beantworten, vor allem wenn ich nur wenig über denjenigen weiß, der diese Frage stellt.Oft geht meine Antwort dann in die Richtung, dass es anspruchsvoll, aber machbar ist. Und dass man sich nicht zu sehr von Horrorgeschichten und Abbrecherquoten einschüchtern lassen soll ?.

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