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Modul: Web-Design und Web-Ergonomie


kurtchen

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Das Modul "Web-Design und Web-Ergonomie" ist für das 3. Semester vorgesehen. Die W3L hält es für wünschenswert, zuvor "Web-Programmierung" belegt zu haben. Formal nötig ist das aber nicht. Ich meine, man könnte dieses Modul auch gute als erstes im Fachbereich Web-Informatik belegen. Viele Kommilitonen halten es für vergleichsweise leicht zu bewältigen. Allerdings haben auch sehr viele Studierende beruflich mit Web-Technologien zu tun. Das relativiert diese Einschätzung natürlich.

 

Basis ist ein Lehrbuch von Heide Balzert und Uwe Klug. Herr Klug hat auch die Lehrbücher zum Modul "SQL und realationale Datenbanken verfasst". Die fand ich didaktisch sehr gut aufgebaut und auch gut verständlich geschrieben, so dass ich mit der Erwartung in den Kurs ging, hier wieder gut durch den Stoff geführt zu werden. 

Auch dieses Kursmodul entwickelt parallel zum Stoff ein Fallbeispiel: Die Gestaltung eines Web-Auftritts für einen Ökostromanbieter. Diesen Auftrag übernimmt die fiktive Firma Websoft, die mehrere Mitarbeiter hat, die sich in unterschiedlichen Berufsrollen an der Planung der Webseite beteiligen. Diesen Ansatz kannte ich schon aus anderen Modulen der W3L. Man bekommt so nicht nur  das Fachwissen vermittelt. Man entwickelt auch eine erste Vorstellung davon, wie es in einer Anwendungssituation genutzt wird. So wird deutlich, dass die Entwicklung einer Webseite in der Regel ein kollaborativer Prozess ist, in dem verschiedene Akteure in unterschiedlichen Rollen intensiv kommunizieren müssen, um ihr gemeinsames Ziel zu erreichen.

 

Ich hatte mir vorgestellt, in diesem Modul in erster Linie etwas über Gestaltungsregeln zu erfahren. Was für Farben zusammenpassen, ein bisschen Typographie, wie man eine Seite aufteilt, so dass die Proportionen gefällig wirken. So etwas ist durchaus auch Thema dieses Moduls, aber eigentlich geht es um etwas anderes. Eine der hier vermittelten Thesen ist, dass man an der reinen Anmutung einer Seite nicht beurteilen kann, ob das Design etwas taugt. Man muss Webdesign im Hinblick auf die Ziele bewerten, die ein Kunde mit seinem Web-Auftritt verfolgt. An wen will er sich richten und wozu?

 

Dementsprechend geht es in den ersten Kapiteln vor allem darum, sich Gedanken über die Nutzer einer Website oder eine Web-Anwendung zu machen. Was für Aufgaben haben die zu bewältigen und was für Vorkenntnisse und Erfahrungen bringen sie mit. Eine der ersten Aufgaben beinhaltet daher die Entwicklung einer "Persona", also eines fiktiven Charakters der einen typischen Nutzer oder eine Nutzergruppe der geplanten Web-Anwendung repräsentieren soll. Dieser Charakter soll so konkret beschrieben werden, dass ein Team, das eine Web-Anwendung plant, am Ende eine gemeinsame Vorstellung von diesem Menschen hat. Man entwickelt auch Kontextszenarien: Beschreibungen von Situationen, in denen die Persona eine Web-Anwendung nutzt, um ein bestimmtes Problem zu lösen. Und schließlich entwickelt man Nutzungsszenarien, kleinschrittigere Beschreibungen von Nutzungssituationen, bei denen einzelne Handlungsschritte des Nutzers beschrieben werden und wie das geplante System darauf reagiert.

 

Auch wenn der Kurs "Web-Design und Web-Ergonomie" heißt, lassen sich meiner Meinung nach viele Konzepte z.B. auf Desktop-Anwendungen übertragen. Das Modul ist auch ein Kurs über Software-Ergonomie.

 

Eine große Rolle spielen verschiedene Methoden, Entwürfe zu evaluieren oder Inhalte in einer Weise zu strukturieren und kategorisieren, wie sie für die Nutzer einer Web-Anwendung intuitiv und einleuchtend ist. Dabei kommt oft etwas anderes heraus als Fachleute, die Web-Anwendungen erstellen, für plausibel halten. 

In diesem Kurs geht es also um mehr als den schönen Schein. Er hat mehr mit sozialen Prozessen zu tun, als ich im Vorfeld für möglich gehalten hätte. Auch mit den sozialen Prozessen in den Teams, die Web-Anwendungen entwickeln.

 

Eine interessante Nebenwirkung des Moduls: Bei privater Internetnutzung merkte ich immer häufiger, dass mich bestimmte Aspekte des Designs einer Seite störten. Da war zuvor nur eine leichte Irritation. Oder vielleicht auch nur eine gewisse Unlust, eine Seite weiter zu nutzen. Oder auch ein spontaner Impuls, eine begonnene Aktion abzubrechen oder einen Tab zu schließen. Ich fing an, solche Reaktionen an mir wahrzunehmen. Oft habe ich mir dann gedacht: "Das hat mich schon länger gestört." Viel seltener aber immerhin immer häufiger dachte ich: "So wäre es wahrscheinlich besser gewesen." Natürlich kann man nicht erwarten, nach einem Modul von 5 ECTS ein Experte in UI-Design zu sein. Aber es trägt auf jeden Fall dazu bei, ein Problembewusstsein zu entwickeln und mit etwas anderen Augen auf Web- und Benutzeroberflächen zu schauen.

 

Natürlich geht es auch um Layout, Navigation, um Farben und Typographie, um multimediale Elemente, um Formulargestaltung und ganz zum Schluss auch ein bisschen um barrierefreies Web-Design. Aber es gab auch Themen, die für mich überraschend waren, zum Beispiel über die Aufbereitung von Texten für das Lesen im Web. Und hier ist eben nicht die Schriftgestaltung oder das Layout gemeint. Es geht tatsächlich darum, dass es vorteilhaft ist, Texte für's Web anders zu formulieren und zu gliedern als für den Druck.

 

Dies ist ein Modul über das WAS und nicht über das WIE einer Web-Anwendung. Dementsprechend habe ich für die Einsendeaufgaben vor allem Texte geschrieben und Entwürfe mit Papier und Bleistift gezeichnet. Die technische Umsetzung der Entwürfe z.B. mit HTML, CSS, client- und serverseitigen Sprachen ist nicht Thema dieses Kurses. Davon handeln andere Module.

 

Insgesamt kam ich mit dem Modul gut zurecht und war auch mit meiner Note zufrieden. Die Rückmeldungen durch meinen Tutor kamen sehr zügig, was es mir erleichterte, schnell im Kurs voran zu kommen.

 

"Web-Design und Web-Ergonomie" ist ein Modul für Web-Informatiker, nicht für Kommunikations-Designer. Es bleibt das einzige Modul im Studiengang, dass UI-Design so in den Mittelpunkt stellt. Gemessen an diesem Platz im Gesamtkonzept dieses Studiengangs finde ich es sehr gelungen. Leider befürchte ich, dass UI-Desing nicht meine Stärke werden wird. Ich finde es interessanter, was für eine Verarbeitungslogik im Hintergrund arbeitet. Insofern habe ich mich am Ende auch gefreut, mich wieder anderen Themen zuwenden zu können.

 

Auf jeden Fall hat dieser Kurs meine Wertschätzung für das gesteigert, was ein guter Software-Ergonom leistet. Und es macht Spaß, wenn man im Alltag etwas wiedererkennt. Wenn man sich erinnert: "Hey, das kam doch im Modul Web-Design vor."

 

Dieser Effekt des Moduls scheint nachhaltig zu sein.

2 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Und wie kommt Fernstudium-Infos.de da bei dir weg bzw. nach den Kriterien, mit denen du dich jetzt beschäftigt hast?

 

Software-Ergnonomie ist ein spannendes Thema - habe ich meine Diplomarbeit zu geschrieben. Allerdings ging es da um Großrechner-Anwendungen.  

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Offensichtlich nutze ich diese Seite gern.

 

In einem Forum wie diesem gehört dazu natürlich viel mehr als gute Usability. Es muss ja fortlaufend betreut werden und nicht in erster Linie technisch. Das hat eine redaktionelle Komponente. Aber so, wie anonyme Kommunikation im Netz leider oft abläuft, muss natürlich auch jemand die Diskussionen als Moderator betreuen und für die Einhaltung gewisser Spielregeln sorgen. Damit Menschen, die divergierende Meinungen sachbezogen und mit respektvollem Grundton austauschen wollen, das auch können. Da geht es darum, einen sozialen Prozess langfristig zu begleiten. Das finde ich hier gut gelöst.

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