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Labor zu Lebensmitteltechnologie


Polypropylen

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Am Wochenende war wieder eine Präsenzphase in Ellwangen, diesmal ein Labor zu Grundlagen der Lebensmitteltechnologie. Es ging im Grunde darum zu verstehen, wie man aus dem kleintechnischen Maßstab (Haushaltskochen) auf den großtechnischen Maßstab schließen kann. Daher wurde auch viel gekocht. Wir waren 9 Teilnehmer, eigentlich sollten es 12 sein. Insgesamt wurden 3 Gruppen gebildet. Die Versuche teilten sich in 5 Themenblöcke auf: Emulsionen bei Raumtemperatur, Fermentation am Beispiel Joghurt, Getreide und Teigerzeugnisse, Emulsionen im gefrorenen Zustand und Saftherstellung.

 

Freitag 16 Uhr ging auch schon los mit der Fermentation. Dies war die einzige gemeinschaftliche Arbeit, die abschwechselnd von allen betreut wurde. Ansonsten musste jede Gruppe alle Versuche selbst durchführen.

 

Fermentation: Der Joghurt wurde in einem haushaltsüblichen Joghurtgerät mit unterschiedlichen Kulturen beimpft und bebrütet. Einen Tag wurde der Joghurt ausschließlich mit einer Milchsorte angesetzt und 3 Kulturen (es standen 3 Milchsorten zur Auswahl, von H-Milch über nicht homogenisierte, pasteurisierte Milch). Den anderen Tag haben wir uns für eine Kultur entschieden, aber mit unterschiedlichen Milchansätzen. In regelmäßigen Abständen oblag es dann den Gruppen den pH-Wert bei Raumtemperatur zu bestimmten sowie die SH Zahl. Die Säurezahl gibt an, wie "sauer" ein Joghurt ist. Dies wurde mittels Maßtitration vollzogen (man versetzt den Joghurt mit einem Farbindikator, tröpfelt aus einer Bürette eine Lauge zu - wenn der Farbumschlag vollzogen wurde, ist die Lösung neutral und anhand des Verbrauchs der Lauge, kann man die SH Zahl errechnen) Am Ende des Versuchsblocks wurden die Joghurts noch verkostet. Anhand einer Beliebheitsprüfung wurde der "beste" Joghurt anhand des Kramer'scher Rangsummenverfahrens ermittelt.

 

Emulsionen (1): Der zweite Versuchsblock befasste sich mit Emulsionen, also Öl-in-Wasser Gemischen. Wir stellten Margarine, Butter, Mayonnaise mit und ohne Ei, sowie fettreduziert her. Die Mischungen wurden gekühlt und die Fetttröpfchenverteilung unter dem Lichtmikroskop begutachtet und dokumentiert. Auch gab es am Ende eine sensorische Auswertung: die Verkostung. Was im übrigen nicht immer so lecker ist, wie es auf dem ersten Blick erscheint. Natürlich verglichen wir die selbst hergestellen Produkte auch mit gekauften Produkten.

 

Emulsionen (2): Im Versuchsblock der Emulsionen im gefrorenen Zustand stellten wir mehrere Speiseeis her. Einmal nach industriellem Vorbild (also mit Lecithin, Molkepulver), dann Rahmeis, Eis ohne Aufschlag, Eis mit Aufschlag. Auch hier stand am Ende die sensorische Verkostung an, inkl Beurteilung der Eiskristallbildung und dem "Mundgefühl" beschreiben.

 

Geräteeinfluss auf Produkt: Am Beispiel der Saftherstellung sollte nachvollzogen werden, welchen Einfluss die Geräteauswahl auf das Erzeugnis hat. Wir stellten Orangen und Granatapfelsaft mit einer Entsafter-Zentrifuge und einem Entsafter-Extruder her. Neben der obligaten Sensorik, bestimmten wir noch den Vitamin-C Gehalt in den Säften. Auch dies geschah mittels Titration, mit Kaliumioditlösung.

 

Getreideerzeugnisse: Der gefühlt aufwendigste Block war der der Getreideerzeugnisse. Verschiedene Getreidekörner, wie Weizen, Roggen und Dinkel, wurden mit zwei Mahlwerken gemahlen - mit einem Mahlgerät mit Steinmahlwerk und eines mit Stahlmahlwerk. Die Schüttdichte wurde bestimmt und die Proben wurden anschließend in einer Rüttelmaschine klassiert. Ein Rüttelvorgang dauerte 4 Minuten und war furchtbar laut, so dass die "Rüttelgruppe" in einen anderen Teil des Schulgebäudes den Versuch durchführen musste. Die Einwaagen wurden notiert, von groben bis sehr feinen Körnern. Das Reinigen der Siebe erwies sich beim 3 Durchlauf als lästig, aber hier zeigt sich wieder wie schön eine Arbeitsteilung in der Gruppe ist: Man kann sich mit unliebsamen Aufgaben abwechseln. Die Schüttgutverteilung wurde dann in einem RRSB Körnungsdiagramm aufgetragen um den Feinheitsgrad des Mehles zu bestimmen. Anschließend ging es weiter zur Station "Teigerzeugnisse". Mit unseren Weizen-Roggen und Dinkelmehl stellten wir Nudeln und Spätzle her. Auch hier stand abschließend die sensorische Verkostung an. Alle Nudeln wurde mit gekauften Fertigerzeugnissen verglichen.

 

Am Ende der Versuchstage müssen Protokolle erstellt werden, wozu noch 14 Tage nach dem Labor Zeit ist.

Unsere Gruppe war Freitag 21Uhr leider zu ausgepowert um abends noch gemeinsam Essen zu gehen. Auch machten wir kaum Pausen, also Samstag keine traditionelle lange Mittagspause. Der Zeitplan war straff - Samstag machten wir gegen 17 Uhr Schluss. Natürlich mussten wir nicht hungern, denn zu Essen gab es durch die Verkostungen reichlich.

 

Ich blieb am Samstag noch eine extra Nacht in Ellwangen und konnte somit wieder einen angenehmen Abend unter Einheimischen verbringen bei Gulasch und Rotochsenbier. Die Leute sind wirklich sehr gastfreundlich, so dass ich die anstrengenden Labortage gleich wieder vergessen hatte ^_^ Ich erfuhr übrigens, dass Ellwangen im Film "Die Feuerzangenbowle" mit Heinz Rühmann zu sehen ist. Außerdem gab es hier den ältesten Bundeswehrstützpunkt Deutschlands. (heute beherbergt die Kaserne Flüchtlinge) Aufgrund des netten Abends, freue ich mich schon, trotz der langen Anreise, auf die nächste Präsenz im November. Ich hoffe auch, dass meine "Lernfreundin" aus Bayern dabei sein wird, denn eigentlich waren wir zum Labor verabredet, doch wurde sie überraschend krank. Dennoch ist man ja heute durch ständige Vernetzung nicht völlig alleine.

 

Als nächstes steht nun erstmal eine Präsenz in Berlin an, die ich mit einem dienstlichen Seminar verbinde.

 

Bis zum nächsten Mal!

 

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7 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Du hast das Labor sehr ausführlich beschrieben, so dass mit jeder Zeile mein Interesse gesteigert wurde.
Zum Schluss wollte ich mich sogar zum Studium der Lebensmitteltechnologie anmelden - fast zumindest. ;)

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:) Das freut mich zu hören! Es ist wirklich ein interessanter Studiengang - aber mal abwarten, ob ich nach dem nächsten Labor (Lebensmittelmikrobiologie) immer noch optimistisch bin ?

Bearbeitet von Polypropylen
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Geräteeinfluss auf Produkt:Entsafter-Zentrifuge und  Entsafter-Extrude. Was ist hier besser?

Was schmeckt man heraus? Wo ist mehr oder weniger Vit-C dann enthalten? 

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Beim Extruder war der Vit C Gehalt geringer - was allerdings den Professor verwunderte, wenn ich es noch recht im Ohr habe, denn es sei eigentlich andersherum (das aber ohne Gewähr, ich warte mal die Auswertung ab)

Das Geschmack war hier allerdings viel besser als bei der Zentrifuge. (Gerät von Braun, also haushaltsüblich) Saft aus dem Extruder wies ein samtiges Mundgefühl auf, war milder. Der aus der Zentrifuge war viel saurer und hatte herb-bitteren Nachgeschmack.

Bearbeitet von Polypropylen
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Danke für die Rückinfo. Saft aus dem Extruder war also sensorisch besser. Woran kann das liegen? Enzmatische Aufspaltung durch Druck/Hitze während des Pressvorganges?

Im TV werden die Zentrifugensäfte als superlecker angeboten...Ist nunmal Werbung..
Jetzt wissen wir es also besser hier im Forum. ;)

Kann ich so einen Extruder auch im Haushaltswarengeschäft kaufen oder ist das ein reines Industriegerät?
War für ein Anbieter ist das?

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Ah, die aggressiven Homeshopping Kanäle, oder? Ich schaue seit Jahren gar kein TV mehr, daher bin ich nicht uptodate, was nun wieder als Alleskönner Maschine beworben wird.

Wir hatten ja hauptsächlich die Orangen als Testfrüchte, da die Ausbeute besser zu bestimmen ist. Beide Geräte waren reine Haushaltsgeräte. Muss nicht heißen, dass eine Saftzentrifuge 'schlecht' ist. Man stopft das Gut einfach rein und wartet. Also auch die weiße Haut, die Kerne. Bei einer normalen Hand Zitrusfrüchte Presse, quetscht man ja nur die Hälten aus.

Die Zubereitung in der Zentrifuge dauerte kurz (12 s), die Ausbeute war etwas höher, Vit C Gehalt war höher - nur der Geschmack des unverdünnten Saftes war herb bitter und sehr sauer. Vielleicht hatte die nächste Gruppe auch süßere Orangen erwischt, das weiß ich nicht, da wir uns kaum austauschten.

Der hier in dieser Stichprobe schlechter wegkommende Saftextruder war von der Marke Greenstar. Die Walzen mussten korrekt zusammengesteckt werden, sonst zerstört man das Teil. Der Zusammenbau des Greenstar verwirrte aber viele - kein Plug&Play. 

Ich meine nicht, dass die Enzyme hier gespalten werden, beide Entsaftungsvorgänge sind rein mechanisch, es kommt kaum zur Wärmeentwicklung (die Säfte waren direkt nach dem Pressen weiterhin auf Zimmertemperatur). Der Extruder hatte noch zwei Siebeinsätze unterschiedlicher Maschenweite. Wir entschieden uns für das feine Sieb. Vielleicht rührte daher diese Samtigkeit des Saftes. Der Pressvorgang dauerte 70 s länger und der Trester (Rückstände nach dem Pressen) verstopfte das gesamte Innenleben des Extruders. Diese feinen Siebe wieder zu reinigen, kostete allein Minuten. Beim Granatapfel war die Beschaffenheit des Trester natürlich anders als bei den schleimig-fädigen Orangenrückständen.

 

Fazit: Ich werden mir nie einen Extruder kaufen, aber auch weiterhin lieber Fertigfrischsäfte aus den hiesigen Supermarkt Ketten kaufen, als denn Saft selbst herzustellen- das ist mir zu aufwendig und platzraubend ob des zusätzlichen Gerätes! ?

Bearbeitet von Polypropylen
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