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APOLLON-Vortrag: Rumination - raus aus dem Grübelkarussel


Markus Jung

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Die APOLLON Hochschule hatte ihre Studierenden und auch externe Gäste letzte Woche zu einem kostenlosen Online-Vortrag mit Dr. Alena Kröhler zum Thema "Raus aus dem Grübelkarussell" eingeladen, an dem ich als Gast teilgenommen habe und euch heute über die Veranstaltung berichten möchte.

 

Dr. phil. Alena Kröhler ist für die Abteilung für Klinische Psychologie und Neuropsychologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz tätig Letztes Jahr hat sie zum Thema "Einfluss dysfunktionaler Gedanken auf die sportliche Leistung im Kontext des (Hoch-) Leistungssports - Ein sportartübergreifender Überblick" promoviert.Weitere Infos: https://www.klinische-psychologie-und-neuropsychologie.uni-mainz.de/dr-alena-kroehler/

 

An der Online-Veranstaltung haben rund 65 Besucher teilgenommen, die im Chat ihre Fragen stellen konnten. Nachfolgend ein paar Stichpunkte zu meinen Notizen, die ich gerne mit euch teilen möchte. Vielleicht sind ja ein paar hilfreiche Tipps und Erläuterungen für euch dabei. Die Notizen erheben weder den Anspruch vollständig, noch korrekt zu sein. Insgesamt ging das Event über rund 75 Minuten und die Teilnehmer wurden mit Abstimmungen und Fragen immer wieder mit eingebunden und hatten auch zahlreiche Fragen, auf die ausführlich eingegangen wurde.

 

Wie ist es denn bei euch - ist bei euch Rumination auch ein Thema, zum Beispiel vor oder nach Klausuren? Wie geht ihr damit um und welche Tipps habt ihr vielleicht noch?

 

  • Grübeln ist wie schaukeln - man bewegt sich, kommt aber nicht von der Stelle - ruminare = wiederkäuen
  • Einstiegsfrage: Wer von Ihnen hat schon nachts wach gelegen, weil Gedanken im Kopf waren?
    > 95 Prozent ja!
  • Nachdenken ist sinnvoll und kann zu Lösungen finden. Unkonstruktive Nachdenken hingegen sind kritisch. Sie verbrauchen viel Energie und Zeit und führen zu nichts.
    • Aktion bleibt aus
    • Auswirkung auf die Stimmung
    • Wird schnell abstrakt und verallgemeinert 
      (Wieso? Warum? - Oft nicht konkret
    • Teufelskreislauf Gedankenspirale - macht depressiv
    • pessimistisch, schicksalsergeben
    • Problemlösefähigkeit beeinträchtigt
    • Soziale Unterstützung kann verloren gehen > Isolation
    • Response Style Theory:  https://en.wikipedia.org/wiki/Rumination_(psychology)
    • Depression und Co-Morbiditäten - große Bandbreite
  • Auslösende Faktoren können persönliche Faktoren sein, die mit den eigenen Zielen und Erwartungen zusammenhängen und insbesondere damit, wie etwas begründet wird, wenn Situationen anders verlaufen als erwünscht. Dies kann zu Zweifeln führen, der Selbstwert wird in Frage gestellt und es kann zu negativen Emotionen kommen. Das Gehirn bewertet eigentlich neutrale Situationen durch Vorerfahrungen und auch abhängig vom jeweiligen Typ. Die Informationsverarbeitungsprozesse entscheiden dann für die zukünftige Herangehensweise, die zu Denkfehlern (kogntiven Fehlern) führen können. Es kommt zu Grundannahmen, selbst ohne oder mit gegenteiligen Beweisen.

Auslöser für Rumination

  • Einflussfaktoren:
    • Leistung gefordert, Termine etc.
    • Eigene Balance
    • Gespräche, Sozialkontakte
    • Stimmung, Alter, Krankheit
  • Denkfehler
    • Alles-oder-nichts - Schwarz-Weiß-Denken
    • Übergeneralisierung/Verallgemeinerung
    • Selektive Wahrnehmung
    • Gedankenlesen
    • Labeling (extreme Form der Übergeneralisierung)
    • Personalisieren
    • Du musst, du sollst... (keine Fehler machen)
    • Katastrophisieren (Fliege > Elefant)
    • Willkürliche oder emotionale Schlussfolgerungen
    • Kontrafaktisches Denken (Was wäre, wenn...)
    • Nicht-Akzeptanz der Realität
    • Ungünstige Glaubenssätze
    • Übertreibung
    • Ungeprüfte Projektion
    • Reduktionistische Gedanken
    • Warum-Fragen ohne sinnvolle Antwortmöglichkeiten

Denkfehler.jpg

  • Warum wird ruminiert?
    • ist einfach
    • fühlt sich vertraut an
    • ist ein Bewältigungsversuch
      > fühlt sich wie problemlösen an
    • bringt kurzfristige Erleichterung
    • Mangeln an besseren Strategien
      (Probleme lösen - Stimmung verbessern)
  • Grübeln...
    • macht passiv (Fragen, die kaum zu beantworten sind > wieso/warum)
    • verbraucht kognitive Energie, die verloren ist
    • verfolgt kein konkretes Ziel ("Was könnte ich anders machen?")
    • verstärkt negative Gefühle
    • ist uns vertraut (Gewohnheit)
    • breitet sich aus uns beeinflusst
      • Motivation
      • Selbstvertrauen
      • Leistungsfähigkeit
    • führt zu reduktionistischen Gedanken
      > reduziertes Gesichtsfeld
      > Fokus nur auf einen Einflussfaktor
    • Rumination ist immer unkonstruktiv
      (konstruktiv ist intensives, gezieltes Nachdenken mit einer Lösung)
  • Praktische Tipps, um aus der Rumination raus zu kommen
    • Laut sprechen - alleine oder mit anderen
    • Verhaltenstherapie
    • Sport
    • Coaching
    • Gedanken-Stopp (stop wasting time)
      • Stoppschild vorstellen oder auch malen und sich vor Augen führen
      • ggf. ergänzend in den Arm zwicken
      • Stopp und Pause
      • Dann direkt in eine andere Aktivität gehen, zum Beispiel singen, Sport, tanzen
    • Anti-Grübel-To-Do-Liste
      • vorbereitet haben, so dass ein direkter Start möglich ist
      • aufräumen, sortieren, Haushalt, Telefonate, Termine
      • sollte nicht länger als 10 Minuten dauern, so dass es zwischendurch rein passt
      • auch: Spaß-Aktivitäten für gute Laune
    • Distanzübungen
      • beobachten ohne bewerten
        • wahrnehmen - bemerken, dass ruminiert wird
        • zulassen
        • "Ah, ich denke gerade, dass..." - es sind nur Gedanken
      • Gedanken aufschreiben
        • zeitlich begrenzt: 10-15 Minuten pro Tag
        • maximal eine halbe DIN A4-Seite - zwingt zur Struktur
        • Fragen:
          • Was war der Auslöser?
          • Was macht das mit mir?
          • Gibt es eine Art Fazit oder Ausblick?
      • Dritte-Person-Perspektive: Markus Jung denkt gerade darüber nach, ob... Er fragt sich...
      • Danach dann wieder aktiv werden
    • Ablenkung
      • kann kurzfristig helfen, aber die Gedanken kommen zurück
      • daher einen konstruktiven Weg finden, um zu Lösungen zu gelangen
  • ACT (Akzeptanz und Commitment):
    • Dinge ändern, die geändert werden können
    • das akzeptieren, was sich nicht ändern ist
    • gut zwischen beidem unterscheiden
  • Es ist wichtig immer häufiger zu bemerken, dass ruminiert wird und das Ruminieren dann zu verlernen, indem es immer häufiger gelingt aus diesen Gedankenschleifen heraus zu kommen - das ist durch die Neuroplastizität des Gehirns immer möglich.

2 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Ich bin froh, dass ich vor einigen Jahren, noch vor dem Start meines Bachelors, mit Hilfe eines Coachings aus diesem pathologischen Grübelverhalten herausgefunden habe :). Das war ein krasser Befreiungsschlag, nicht nur beim Thema Lernen, sondern - ungeahnterweise! - auch im Privatleben ein Quantensprung. 

Ursächlich war wohl falsches Modell-Lernen bei mir, da schon das Umfeld nie so wirklich aus Gründen der Selbstbestimmung vorankommen wollte, sondern eher aus Zwängen, Ängsten, Schuldgefühlen anderen gegenüber. 


Ich weiß es momentan nicht anders auszudrücken, aber es war im Grunde schon eine Abführtablette für's Oberstübchen. 

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@VicaSpannend, dass du das kennst und herausgefunden hast.

 

Hat es bei dir gereicht, dass du dir die Ursachen klargemacht hast und das Verhalten ist dann verschwunden? Oder hast du auch andere Techniken angewendet, um dort raus zu kommen, zum Beispiel auch welche der oben erwähnten?

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