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Die Vorgeschichte: Zu meiner Person


Frank_Boernard

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Um Euch einen Eindruck zu geben, wer hier für Euch bloggt, möchte ich kurz über meine bisherigen Erfahrungen an Universitäten berichten - von meinem Präsenzstudium in den 90-er Jahren über diverse MOOCs sowie ein nebenberufliches Bachelorstudium an einer privaten Business-School bis hin zu einem internationalen "Flying University"-Masterstudium. Wenn Ihr nicht so intensiv einsteigen wollt, überspringt den Beitrag einfach.

 

In grauer Vorzeit: Mit Hammer und Meißel

Nach meinem Abitur 1989 an einem Gymnasium im Sauerland habe ich zunächst ab 1990 an der Philipps-Universität Marburg Soziologie und Psychologie im Hauptfach, Medienwissenschaften und Skandinavistik im Nebenfach studiert.

Es war die Zeit kurz vor dem Siegeszug des Internets. Wir haben zwar nicht mehr mit Hammer und Meißel Steinplatten bearbeitet, aber Recherchieren bedeutete den persönlichen Besuch in diversen Fachbibliotheken – der oft in Frustration endete, weil Bücher vergriffen waren oder man schlicht nicht den richtigen Ansatz gefunden hatte.

Auf der anderen Seite macht Not zum einen erfinderisch – zum anderen schweißt sie zusammen. Wir Studierenden haben sehr viel Zeit miteinander verbracht, gemeinsam gearbeitet, Probleme gelöst, uns ausgetauscht. Und Party gemacht. Wahrscheinlich vor allem Letzteres.

Hoffnungslos überfüllte Hörsäle, extrem viele Studienabbrecher im Jahrgang, fehlende berufliche Perspektiven und steigende Lebenshaltungskosten bei gleichzeitig leerer Kasse waren einige Gründe, die mich damals bewegten, mit fast abgeschlossenem Grundstudium doch die Notbremse zu ziehen. Als Studienabbrecher schwang ich Hammer und Meißel, arbeitete auf der Baustelle und beschloss, den direkten Einstieg in die Arbeitswelt zu suchen.

 

In der bunten Medienwelt: Mit Stift und Feder (und Filmspulen)

Zufällig fand ich eine Stelle für ein Volontariat bei einem Anzeigenblatt in Schwaben. Man kann die Zeit wohl als "Training on the job" bezeichnen. Fast keine Theorie, dafür aber sechseinhalb Tage Praxis pro Woche. Wir haben am Ort recherchiert, selber die Fotos nicht nur geschossen, sondern auch die Filmspulen entwickelt, die Zeitungen selber layoutet, Druckplatten erstellt – der ganze Produktionsprozess von A bis Z mit einem hohen Maß an Kreativität, Engagement und harter Arbeit. Party machen gehörte damals nicht zum Repertoire. Wenn wir um halb fünf morgens heim kamen, dann aus dem Verlagshaus, nicht aus einer Kneipe.

Nach kurzer Zeit bekam ich Verantwortung für komplette Lokalausgaben des Anzeigenblattes.

Ich wechselte aber recht schnell zu einer großen Tageszeitung im Schwarzwald, welche die Kompetenz eines Generalisten suchte. Ich war kein Spezialist für gute Schreibe und tolle Fotos, sondern jemand, der nicht nur den gesamten Produktionsprozess aus eigener Arbeit kannte, sondern auch mit Kunden, Unternehmen, sozialen Einrichtungen, Leserinnen und Lesern, Politikern und vielen anderen Menschen Erfahrungen gesammelt hatte.

Auch bei der Tageszeitung ging mein Aufstieg schnell voran – ohne dass ich das angestrebt hätte. Aber die vielseitige Arbeit machte mir viel Spaß. Ich war auch bei der Tageszeitung für die Redaktion von Anzeigenblätter, Sonderveröffentlichungen ("Bauen und Wohnen", "Jugend und Berufswahl"), später zudem für den Motor- und Reiseteil sowie alle Veranstaltungskalender nebst zugehöriger Datenbank für ein Drittel von Baden-Württemberg und zum Teil die Schweiz zuständig.

Die Vielfalt hatte einen Preis: die meiste Arbeit habe ich organisiert, delegiert, unterstützt, aber nicht mehr selber geleistet. Zudem wurmte es mich, dass ich "Studienabbrecher" war. Der fehlende akademische Titel hatte mich nicht am Aufstieg gehindert, aber ab und an fühlte ich mich ganz ohne Abschluss unwohl. Und ich merkte, dass mir auch dringend benötigte persönliche Kompetenzen fehlten.

 

Im Schoß der Steinbeis-Familie: Studium mit Rundum-Sorglos-Paket

2011 bewarb ich mich für ein Studium der Betriebswirtschaft an der privaten Business-School Alb-Schwarzwald, die ein einzigartiges Konzept hatte. Dozenten umliegender Universitäten unterrichteten kleine Jahrgangsgruppen von Freitagnachmittag bis Samstagabend. Begleitend kümmerten sich die Direktoren und ihr Team um wirklich alles:

  • ausgedruckte Skripte in vorbereiteten, beschrifteten Ordnern
  • Catering vom Frühstück übers Mittagsbüffet bis zum Vesper am Abend
  • Gummibärchen, Süßkram und Getränke als "Flatrate" in der Studiengebühr enthalten
  • ständige Verfügbarkeit von Beratung und Hilfe
  • Workshops, Repetitorien zur Klausurvorbereitung, Zusatzseminare, Trainings, Studium Generale

 

In meinem Jahrgang haben alle Studierenden dennoch selber hart gearbeitet, denn es ging kaum jemandem um den Abschluss allein. Die meisten waren in verantwortlicher Position oder selber Unternehmer*innen. Sie wollten daher sich selbst und ihre Firmen voranbringen.

Ein Vorteil war, dass die Business-School zum Steinbeis-Netzwerk gehört. Es bietet viele Perspektiven und Möglichkeiten, unter anderem des Austausches und der Weiterbildung.

Ein möglicher prinzipieller Nachteil dieser Business-Schools schien mir, dass sie sehr von den Vorstellungen der "Macher*innen" abhängen. Geht es den Verantwortlichen nur darum, Menschen zum Titel zu bringen, dann schleusten sie die Studierenden mit (für sie) minimiertem Aufwand durch und "verkauften" ihnen den Abschluss. In meinem Fall ging das Engagement der Verantwortlichen aber weit über dieses Minimalziel hinaus.

Dennoch kann ich nachvollziehen, dass diese Business-Schools inzwischen nicht mehr weiter betrieben werden können. Denn ihnen fehlt eben der Aspekt der Forschung, und auch moderne Medien, Plattformen, Bibliotheken und so weiter waren nicht so verfügbar wie an einer konventionellen Universität.

Ich bin jedenfalls weit über mein persönliches Ziel, irgendwie an einen akademischen Abschluss zu kommen, hinausgeschossen – und wurde als ehemals eher unterdurchschnittlicher Gymnasiast und schlechter Student zum Jahrgangsbesten.

 

Zwischendurch was zum Knabbern: MOOC around the world

Nach dem Bachelor wollte ich eigentlich weitermachen. Aber für den Master fehlte mir das nötige Kleingeld – und mein Arbeitgeber wollte auch keinen Zuschuss geben. Was macht man, wenn man noch neugierig ist? Massive Open Online Courses – Online-Kurse an den unterschiedlichsten Universitäten rund um die Welt.

Internet-Sicherheit am Hasso-Plattner-Institut, Marketing am Massachusetts Institute of Technology... es kamen etliche Kurse zusammen, die ich größtenteils (bis auf die ganz dämlichen, die es auch zuhauf gibt) erfolgreich abschließen konnte.

Ich merkte, dass ich trotz meiner miesen Englisch-Abiturnote und völlig fehlender Praxis mangels Auslandsaufenthalten ganz gut zurecht kam. Die Sprache eröffnet so viele Möglichkeiten, sich fortzubilden und zu vernetzen. 

Durch die Kurse beschäftigte ich mich außerdem stark mit der Frage, was ich im Leben noch erreichen wollte. Weshalb ich nach fast zwei Jahrzehnten den Job wechselte.

 

Praktische Anwendung: Grundstücke verkaufen, Kunstaktionen organisieren, weiter studieren

Ich wechselte in die Stadtverwaltung meiner Wahlheimat Sulz am Neckar. Dort bin ich für die Vermarktung von Gewerbegrundstücken verantwortlich und mit meinem kleinen Team (zwei Kolleginnen und eine Studentin) auch für die Bereiche Kultur, Sport, Tourismus, Öffentlichkeitsarbeit, Online, soziale Medien und Digitalisierung. Aber hier geht es ja ums Studium – und das wurde mir dankenswerter Weise gewährt und unterstützt.

2017 konnte ich mein Master of Business Administration-Studium an der University of Bolton beginnen. In Form einer "Flying University": statt dass ein halbes Dutzend Studierende nach England zur Universität reist, werden die internationalen Professoren nach Deutschland geflogen und unterrichten auf Englisch an deutschen Hochschulen. Ein tolles Modell, weil sehr effizient und stressfrei. Auch wenn die akademische Arbeit rein in einer Fremdsprache natürlich eine große Herausforderung darstellt.

Die Zusammenarbeit mit Studierenden und Dozenten aus aller Welt bringt ganz neue Impulse, viele Erkenntnisse (meine Güte, wie viel wichtiger die Vorteile und Chancen der Diversität im Vergleich zu den damit verbundenen Belastungen und Risiken sind!), Spaß und Selbstreflektion.

Schade, dass diese Studiengänge in Deutschland im Vergleich zu vielen asiatischen Ländern relativ unbeliebt und damit in der Existenz gefährdet sind.

Obwohl ich meiner Frau versprochen hatte, dieses Studium mit weniger Verbissenheit und Aufwand zu betreiben, ihr ahnt es, schloss ich es mit Auszeichnung ab und bekam einen Preis für meine wissenschaftliche Arbeit. Hier nochmal der Hinweis: Ich war ein mieser Gymnasiast, im ganzen privat- wie Berufsleben kein Überflieger, aber mich packte das Studium einfach.

 

Dr. No: Ein weiterer Master (?)

Mein betreuender Prof. und Studiengangsleiter fragte mich, ob ich nicht promovieren wollte. Ja, aber... Finanziell hat sich bis dato keines meiner Studien ausgezahlt. Also fehlt mir (auch dank zweier gefräßiger Hunde) das nötige Kleingeld für den Doktortitel. 

Trotzdem möchte ich weiter studieren. Da man immer an Organisation und Kommunikation arbeiten kann (selber und in seiner Firma, Organisation oder Institution), entschied ich mich für eine Master im gleichnamigen Fachbereich. Darüber demnächst mehr auf diesem Kanal.

 

Das Foto zeigt mich als typischen Motorjournalisten – in Babelsberg durfte ich auf Einladung von Jeep an einem Filmdreh mitwirken. Zum Glück wurde der Clip nie veröffentlicht...

 

 

 

 

 

 

7 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Das ist ja mal eine Lebensgeschichte! Toll geschrieben, sehr spannend zu lesen, und ich freue mich schon was, du noch so zu berichten hast.

Willkommen hier!

Bearbeitet von Anyanka
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Hey, viel Spaß hier :thumbup:

 

Zitat

Mein betreuender Prof. und Studiengangsleiter fragte mich, ob ich nicht promovieren wollte. Ja, aber... Finanziell hat sich bis dato keines meiner Studien ausgezahlt. Also fehlt mir (auch dank zweier gefräßiger Hunde) das nötige Kleingeld für den Doktortitel. 


Das ist doch mal spannend! Und eine große Ehre, wenn man so direkt drauf angesprochen wird. :)  

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Ein sehr spannender Berufs- und Bildungsweg. Danke, dass du ihn mit uns teilst und ich freue mich auf weitere Beiträge zu deinem Studium.

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Schöner Beitrag, ich bin gespannt. Gevernt hat mich das Gendersprech an sich, welches aber nicht konsequent gemacht wurde.

Bearbeitet von firefly
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