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Schlechte Zeiten für Psychologen?


Vica

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Erstmal zu den guten Seiten - ich bin nun durchgeimpft. Auf dem Weg zum Impfzentrum habe ich mich gleich 3x verlaufen - dass ich es zuletzt gesehen habe, ist ja auch 3 Monate her. So lange braucht ein Vektor-Impfstoff, bevor die zweite Runde starten darf.  Vom ersten Geimpften im sozialem Umfeld wurde ich so der Letztgeimpfte. An dem Tag hatte es im Impfzentrum geschlagene 32 Grad (drinnen wie draußen!) und ich hätte gedacht, dass es Methoden gibt, Sporthallen entsprechend zu kühlen. Speziell, wo die mRNA-Impfstoffe ja bei antarktischen Temperaturen aufbewahrt werden müssen.  Ein Feuerwehreinsatz zur Gebäudekühlung erklärte sich daher von selbst! :thumbup: (und ich dachte erst, dass das Impfzentrum abbrennt, Gott verhüte!)

 

Ich wurde arbeitgeberfreundlich zum Wochenende geimpft, was auch gut war: Die Nebenwirkungen fielen stark aus und ich tat mich echt schwer damit, durch den Tag zu kommen. Schmerzmittel halfen hier nur ca. 1 Stunde, danach schlug dann alles wieder mit voller Härte dazu. Dazu gehörten diesmal: Lähmungen in der linken Seite (Arm + Bein), verschwommenes Sehen, Nackenunbeweglichkeit, Fieber 39,9. Am Abend des nächsten Tages flauten sie aber lawinenartig ab, quasi innerhalb einer Stunde waren sie weg und kamen nicht wieder. Ich versuche, sowas ja immer über die Einstellung zu bewältigen: Immerhin zeigt mein Immunsystem eine Reaktion, wird also den Feind erkannt haben.

 

Die "nicht ganz so knorke" - Seiten:

 

Allerdings war meine Immunpolizei wohl auch abgelenkt, was ein anderer Eindringling genutzt zu haben scheint: Ich habe Scharlach :42_confused: Nach über 1 Jahr krankheitsfrei dank Pandemiemaßnahmen merkt man nun wieder, dass mit den Lockerungen auch wieder mehr Bakterien und Viren im Umlauf sind. (Bei so einem Scharlach würde ich gerne wieder mit den Impfnebenwirkungen tauschen btw)


Auf der Arbeit wurde indes fröhlich weiter gekündigt, aber auf anderen Stationen, mit denen ich nichts am Hut habe und die nicht mal bei uns im Haus sind. Es ist zum Mäusemelken: Unsere Berufsgruppe wird mehr gebraucht denn je, die Belegzahlen steigen, es gibt Beschwerden über ausbleibende psychologische Gespräche - aber die Psychologen und die Ärzte reduziert man, weil die Belegzahlen in 2020 schlecht waren (wie kann eigentlich eine Arztstelle in einem Krankenhaus überflüssig sein??)

 

Zuletzt war ich auch noch Krankheitsvertretung für 2 Stationen (die verbliebenen Psychologen waren gleichzeitig krank), was heißt, ich hatte 3 in einem halben Tag zu überblicken und konnte mich von Chaos und Frust dort live überzeugen. Der einzige, der dort für die Patienten noch da ist, ist der Sozialarbeiter. Ihm kündigt man aber nach zwei Jahrzehnten, was auch heißt, dass diese Station keinen Sozialarbeiter mehr haben wird.  

 

Ich dachte, es handelt sich vielleicht um ein Problem unseres Mutterkonzerns. Aber in einem anderen Klinikverbund wurde eine Kurs-Kollegin von mir nun sogar in der PT1 vor die Tür gesetzt (wohlgemerkt: uns gibt's dank Refinanzierung für die Klinik umsonst, und wir sind auch nur zeitlich begrenzt da!). Dasselbe passierte einer weiteren Kurs-Kollegin, ebenfalls PT1, in einem ganz anderen Teil Deutschlands

 

Aber immerhin: Die gekündigten Psychologen-Kollegen von uns haben immerhin neue Stelle bekommen. Teilweise ist damit ein Umzug verbunden, aber es ging dann doch fix (ca. 3 Wochen seit Kündigung) und die sind auch nicht gebunden.

 

Tjoah, demnächst wird im Oktober Bilanz gezogen. Bis dahin läuft ja noch viel Wasser den Rhein runter. Aber dann werde auch ich erfahren (spätestens!), wie es bei mir weitergeht. 

Jedenfalls war es echt ein Irrglaube, dass nach dem Erreichen des großen Ziels (PP-Ausbildung!) keine Hürden mehr kommen, die noch schwieriger sind. 

 

Ich habe erstmal zwei riesige Projekte mit zwei Vorträgen, einer davon ist für das Fortbildungscurriculum der Ärzte. Ist denke ich ein Zeichen von Wertschätzung, dass man eine Berufsanfängerin von 3 Monaten Einstellung damit betraut, doch setzt es mich auch etwas unter Druck, dass ich das besonders gut hinbiegen muss. 

 

Morgen und am Wochenende noch Seminar. Zwar noch im HomeOffice, aber mit Scharlach, puh...

Bleibt optimistisch & haltet zusammen,

LG 

 

Feature Foto: Quan_Nguyen_Vinh/pexels.com

Bearbeitet von Vica

6 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Zitat

Der einzige, der dort für die Patienten noch da ist, ist der Sozialarbeiter. Ihm kündigt man aber nach zwei Jahrzehnten, was auch heißt, dass diese Station keinen Sozialarbeiter mehr haben wird. 

 

Das ist echt heftig. 😟 Ich bin überrascht, dass die finanzielle Situation so prekär ist in den Häusern, dass man diese drastischen Maßnahmen durchführen muss.

 

Ich habe auch den Eindruck, dass es mehr Leute gibt, die Unterstützung benötigen. Auch bei uns auf der Arbeit landen immer mehr Leute, die gar nicht in Arbeit vermittelbar sind, weil es ihnen psychisch sehr schlecht geht  bzw. die soziale Situationen herausfordernd ist. Ganz oft versuchen wir, diese Leute dann aufzufangen, aber eben nicht so, wie der Kostenträger sich das vielleicht gedacht hat. Momentan klappt das noch, aber wie lange? 🤷‍♀️

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Dann erst einmal gute Besserung! Dieser "Doppelschlag" ist ja wirklich heftig!

 

Oh Mann, da kann ich Dir nur viel gute Nerven wünschen. Solche Geschichten kenne ich aus Wirtschaftsunternehmen, das aber so auch in Kliniken agiert wird, ist für mich wieder ein Stück Desillusionierung... 

... Aber letzlich sind die Kliniken letztendlich ja auch doch nur Wirtschaftsunternehmen, also wundere ich mich doch nicht...

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Erst einmal wünsche ich dir eine gute Besserung. 
 

Es ist wirklich sehr traurig wie bei einigen Unternehmen mit Mitarbeitern umgegangen wird. Ständig mit der Angst leben zu müssen, den Job zu verlieren, ist kein schönes Gefühl und mit Sicherheit demotivierend. Ich drücke dir auf jeden Fall die Daumen, dass sich alles zum Besseren verändern wird. 

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Weißt du, was auf der anderen Seite seltsam ist. Die Oberärztin, die mich behandelt hat grade genau das andere Problem. Ihr ist psychologisches und ärztliches Personal plötzlich weggefallen wg. Krankheit und Beschäftigungsverboten (Stichwort Maske und Schwangerschaft) und sie war frustriert, wie sie die Löcher "stopfen" soll. Ob diese besagte Klinik, der einem größeren westfälischen Landschaftsverband angehört deswegen aber einstellt, weiß ich nicht.

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Eigentlich müsste so eine Überschrift aktuell doch "Goldene Zeiten für Psychologen" heißen, wo fast wöchentlich Berichte über die psychischen Auswirkungen der Pandemie auf alle Bevölkerungsgruppen erscheinen und ich das auch in meinem Umkreis an einigen Stellen mitbekomme.

 

Aber wahrscheinlich werden dann auch bald Pflegekräfte abgebaut, um die hohen Kosten durch die Pandemie zu reduzieren. Macht mit wütend sowas. 😡

 

Dir gute Besserung und ich drücke die Daumen und bin sehr zuversichtlich, dass Du für Dich persönlich weiter gute Wege finden wirst.

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Gute Besserung 🍀 Ich hatte vor vielen Jahren Scharlach mit meinen Kindern zusammen, das war gar nicht schön.

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