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Die Präsentation des Immunsystems und ein Schweizer Uhrwerk


Silberpfeil

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Gestern fand die Komplexe Übung im Modul Anatomie und Physiologie statt. Da die Masterstudiengänge weniger Teilnehmende haben als die Bachelorstudiengänge, finden die Komplexen Übungen leider nicht an jedem HFH Standort statt, und wenn man Pech hat, ist der Wunschstandort nicht dabei. Daher stand für mich also eine 400km lange Reise nach Nürnberg auf dem Zettel.

 

Dieses Modul war bis jetzt von allen Modulen, die ich bisher hatte, das aufwändigste, bis auf die Bachelorarbeit. Denn man musste sich mit den Inhalten (in meinem Fall das Organsystem Immunsystem) auseinandersetzen, sich dann überlegen, was davon auf das Poster soll, und dann das Poster selbst gestalten.

Abgesehen davon war es meine erste Präsenzveranstaltung seit der Pandemie, und es war trotz der langen Anreise schön, sich mal wieder auszutauschen. Denn natürlich hatten alle meine Mitstreiter, die jeder ein anderes Organsystem zu präsentieren hatten, ähnliche Probleme. Es war auch eine sehr angenehme Truppe, die mich sofort aufgenommen hat. Die Modulverantwortliche war da leider ein zweischneidiges Schwert: eine Medizinerin, absolut fachkompetent und mit einem sehr hohen Anspruch, die nach jeder Präsentation fachliche Rückmeldung gegeben hat. So hat man auch im Anschluss an jede Präsentation noch eine Menge gelernt.

Leider war nun die Didaktik - also wie sie uns etwas lehrt - nicht so ihr Feld, wie das eben häufig bei Medizinern der Fall ist. Mediziner kennen Vorlesungen und Klausuren, aber die Führung von Gruppen durch Präsenz und Atmosphäre ist jetzt nicht gerade "Standardausführung". 😉 So hatten wir irgendwie alle Angst vor der Präsentation und vor sehr kleinteiliger Kritik, und dass obwohl ausnahmslos alle viel viel viel Arbeit in ihre Poster und in ihre Präsentationen gesteckt haben. Andererseits gab es zwar diese kleinteilige Kritik, sie hat es dann aber selbst als "Meckern auf hohem Niveau" betitelt und uns mehr als fair bewertet. Und ich habe selten so viel gelernt.

 

Interessant für mich war, dass meine Präsentation irgendwie anders war als die meiner Mitstreiter. Alle waren sehr kompetent und sachlich und haben professionell den Aufbau und die Funktion ihrer Organsysteme vorgestellt. Ich habe neben mein Poster das Bild eines Schweizer Uhrwerks gehängt:

1301595203_InkedInkedPrsentation_LI.thumb.jpg.adbfd5b9e00187d5d855ce373b0f23cf.jpg

 

Wir sollten eine kurze Einführung in das Making Of der Poster geben, und bei mir war es so, dass ich in den blauen Blöcken den Aufbau des Immunsystems beschreibe, und in den gelben Blöcken sozusagen "Fehlsteuerungen": Allergien, Autoimmunerkrankungen, Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken und aktuelles zu Covid-19.

Dann habe ich als Einstieg erzählt, dass das Immunsystem nicht nur Menschen, sondern auch Tiere und Pflanzen vor Eindringlingen schützt und bisher kein Organismus bekannt ist, der ohne überleben könnte. Über die Entstehung der Zellen, wo sich diese aufhalten, so lange es keinen "Anwendungsfall" gibt und wie das Immunsystem eingeteilt wird, kam ich auf die neuste Forschung zu Covid-19, denn hier werden neuerdings Antikörper in der Therapie verabreicht.

Ich kann physiologische Vorgänge einfach besser verdeutlichen, wenn ich anhand von Krankheiten schildere, was hier falsch läuft.

Am Schluss kam ich zu dem Bild des Schweizer Uhrwerks (natürlich hatten sich bis dahin alle gefragt, was das soll): ich hatte lange einen Vergleich gesucht, und das hochpräzise Zusammenspiel der kleinsten Teile, die am Ende zu einem Kunstwerk werden, passen für mich sehr gut zu der Uhr, die James Bond in seinen ersten Filmen getragen hat. 🙂

 

Die Dozentin nutzte dafür in ihrer Bewertung das Wort spektakulär 😊. Außerdem sieht man auf der Präsentation die rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer T-Zelle, und dazu meinte sie, dass das jeden noch so wissenschaftsfeindlichen Menschen faszinieren wird.

Auch wenn das jetzt super klingt und auch die Note entsprechend war, war ich ganz schön schlimm aufgeregt. Teilweise war mein Herzschlag während des Vortrags so schnell, dass ich kaum sprechen konnte.🙄 Und dass, obwohl ich sonst nie Probleme habe, vor anderen zu sprechen. Im Gegenteil setze ich eigentlich Stimme, Präsenz und Ausdrucksweise sehr bewusst ein. Aber gestern konnte ich über mich selbst nur innerlich den Kopf schütteln. 

 

Alles in allem war das eins der besten Module, die ich bisher an der HFH belegt habe. Ich habe nicht nur fachliches gelernt, sondern auch, wie man Inhalte reduzieren muss, wie man sie visuell darstellen kann und natürlich auch viel in der Reflexion der eigenen Präsentation.

Das tröstet ein bisschen hinweg über die beinah 900 Euro, die mich das Modul insgesamt gekostet hat. Zusätzlich zu den Gebühren kam noch der Ausdruck des Posters (33 Euro), die Spritkosten für 800 km Autofahrt (das möchte ich wirklich nicht ausrechnen) und natürlich Verpflegung für einen Tag unterwegs. Was tut man nicht alles, um das Kultusministerium glücklich zu machen... 😋

 

Euch allen einen schönen Sonntag!

Silberpfeil

 

P.S. Die Abbildungen habe3 ich aus urheberrechtlichen Gründen geschwärzt.

7 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Herzlichen Glückwunsch zu deiner guten Note 🥂

 

Schön, dass dir das Modul, trotz des hohen Arbeitsaufwandes und der angefallenen Kosten, so gut gefallen hat und du so viel daraus mitnehmen kannst! 
 

Für einen (Berufs-) pädagogischen Studiengang eine sehr schöne Art der Kompetenzvermittlung finde ich!

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Das liest sich doch im Ganzen richtig, richtig super! Und klar haben Sie dafür viel Geld ausgegeben, aber ich erinnere mich, dass Sie am Anfang Mühe hatten, etwas zu finden, wie Sie denn die Aufgabe "Wissenschaftsposter" lösen sollen. Und dann jetzt so ein erfolgreiches Ergebnis zu präsentieren, eine tolle Rückmeldung zu erhalten und außerdem noch dazu zu sehen, dass Sie fachlich sehr viel gelernt haben - ganz ehrlich: besser geht doch kaum, oder?

 

Ich zitiere dann man die Mastercardwerbung: "Es gibt Dinge, die kann man nicht kaufen. Für alles andere gibt es die MasterCard." Oder eben die Studiengebühren. Aber für die bekommen Sie erst mal nur den Zettel.

 

Kurz und knapp: Ich freue mich für Sie!

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Zitat

Die Dozentin nutzte dafür in ihrer Bewertung das Wort spektakulär 😊.

Besser geht‘s nicht - wie schön, das freut mich sehr für Dich! 
Und solche Vergleiche wie der mit dem Schweizer Uhrwerk bleiben hängen - daran erinnert man sich als Zuhörer auch Jahre später noch. 

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Also von einer derart kritischen Person Rückmeldungen wie "spektakulär" und "dass das jeden noch so wissenschaftsfeindlichen Menschen faszinieren wird" zu bekommen, das muss doch mega sein. 🙂

 

Und vielleicht hilft Dir diese Prüfung mit dieser Aufregung nochmal in einer anderen Situation.

 

Was mich noch interessiert:

  • Welches Format hat Dein Poster? Es wirkt riesig?
  • Du hattest Dir ja vorab viele Gedanken gemacht um die (grafische) Gestaltung. Wie war jetzt insgesamt bei euch in der Gruppe der Textanteil auf den Postern und gab es da irgendwelches Feedback zu?
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Supergut!!
Ich dachte mir aber vorab, dass du das schon rocken wirst 😁:thumbup1:
33€ Druckkosten und 800 km Anreise kommt da als Päckchen natürlich noch mit drauf :64_zipper_mouth: Alle Achtung! 

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vor 1 Stunde schrieb Markus Jung:

Also von einer derart kritischen Person Rückmeldungen wie "spektakulär" und "dass das jeden noch so wissenschaftsfeindlichen Menschen faszinieren wird" zu bekommen, das muss doch mega sein. 🙂

 

Und vielleicht hilft Dir diese Prüfung mit dieser Aufregung nochmal in einer anderen Situation.

 

Was mich noch interessiert:

  • Welches Format hat Dein Poster? Es wirkt riesig?
  • Du hattest Dir ja vorab viele Gedanken gemacht um die (grafische) Gestaltung. Wie war jetzt insgesamt bei euch in der Gruppe der Textanteil auf den Postern und gab es da irgendwelches Feedback zu?

Spektakulär habe ich eher so aufgefasst, als dass meine Präsentation eher ein Spektakel war, also viel Entertainment und weniger reine Wissensdarstellung. Kurz habe ich gedacht, wenn wir Teilnehmerinnen Fernsehsender wären, wären die anderen ARD, ZDF, ZDF neo unw., und ich wäre eine Mischung aus DMAX und RTL2. Aber gefreut hat es mich natürlich.

 

Format: mein Poster hatte das Format A0, also 118,9 x 84,1 cm. Tatsächlich riesig, und es war schwierig, sich Schriftgröße 20 in dieser Größe vorzustellen. Vorgegeben von der HFH war A0 oder A1.

 

Mit der grafischen Darstellung und dem Text-Bild-Anteil hatten wir alle Probleme, die wir ganz unterschiedlich gelöst haben. Ich hatte bei weitem den größten Anteil Text, ich habe aber zum Making Of auch gesagt, dass mein Problem mit Abbildungen war, dass es von Bestandteilen des Immunsystems eben entweder nur Zeichnungen gibt oder rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen, und dass ich daher nicht mehr Abbildungen habe. Das war für die Dozentin schlüssig.

Einige hatten ganze Sätze geschrieben, einige Stichpunkte, beides war okay. Es hing einfach vom Thema ab, wie sehr man das kurzfassen konnte  - beim Immunsystem ist das kaum möglich. 

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vor 38 Minuten schrieb Silberpfeil:

Spektakulär habe ich eher so aufgefasst, als dass meine Präsentation eher ein Spektakel war, also viel Entertainment und weniger reine Wissensdarstellung.

 

Ah okay, dann hatte ich das anders interpretiert. Auf mich wirkt Deine Darstellung schon sehr sachlich, schon alleine durch den hohen Textanteil, und die Uhr finde ich didaktisch klasse, um dennoch einen guten Erinnerungswert zu schaffen. Ein Spektakel würde ich mir da ganz anders vorstellen. 😉

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