Fernlehrgang SachbuchautorIn: Bringen Schreibkurse wirklich etwas?
In den Feuilletons der Zeitungen ist derzeit so etwas wie ein „Creative-Writing-Bashing“ im Gange. Vor einiger Zeit fand ich dazu eine ganz spannende Rezension über einen neuen englischsprachigen Schreibratgeber in der Süddeutschen Zeitung vom 19. Oktober 2011 unter der Überschrift: „Wie unoriginell! Wider die Schwemme formelhafter Romane aus dem Seminar. Kenneth Goldsmith lehrt ‚unkreatives Schreiben’. Hier der Link zum von der SZ besprochenen Buch:
(Leider kann ich die Rezension der SZ nicht verlinken...)
Creative-Writing-Bashing
Die Grundannahme dieser Buchrezension, und der „unkreativen“ Schreib-Seminare allgemein, ist folgende: Inzwischen gibt es so viele Creative-Writing-Kurse, die im Prinzip den angehenden Autoren das immer gleiche Handwerkszeug, die immer gleichen Schreibregeln und die immer gleichen Metaphern an die Hand gäben; so könnten in diesen immer gleichen Seminaren auch keine wirklich originellen und einzigartigen Texte mehr entstehen.
Uuuups – das sitzt! Mein Sachbuchautorenlehrgang hat zwar nichts mit dem Thema „Creative Writing“ zu tun (da geht es ja um belletristische Texte), aber was ich mit „meinem“ Lehrgang erreichen möchte, ist ja trotzdem vergleichbar: Ich möchte die späteren Autoren dazu befähigen, ein Sachbuch zu schreiben. Und auch bei „meinem“ Lehrgang geht es um jede Menge Handwerkszeug.
Rechner aus?
Sollte ich deshalb nicht am besten gleich meinen Rechner ausschalten, die Lehrhefte dieses Lehrgangs löschen und mich lieber anderen Themen zuwenden? Sicherlich ahnt Ihr es schon: Das mache ich nicht!
Warum bleibe ich also dabei, diesen Lehrgang unbedingt auf den Markt bringen zu wollen? Im Prinzip glaube ich, dass es „sone“ und „solche“ Schreibkurse gibt. Bei der Vorbereitung dieses Sachbuchautorenlehrgangs habe ich mir so einige Regalzentimeter an Fachliteratur zum Thema „Creative-Writing“ angeschaut. Ich wollte einfach wissen, wie Belletristik-Kurse (in Buchform) aufgebaut sind.
Wie erwartet geht es dabei immer wieder um dieselben Tipps und Tricks: Arbeitet an einem überzeugenden Spannungsbogen! Hübscht Eure Metaphern auf! Achtet auf die Personenkonstellation! Schreibt nicht zu viele Adverbien hintereinander! Vermeidet Passivkonstruktionen und Schachtelsätze! Und so weiter, und so weiter, und so weiter ....
Alle diese Tipps und Kniffe sind natürlich nicht rundum falsch und haben insofern schon ihre Berechtigung. Aber sie sorgen eben auch am Ende dafür, dass die daraus resultierenden Texte sich immer mehr ähneln.
Methoden
Bei „meinem“ Fernlehrgang gibt es natürlich auch praxiserprobte Tipps und Tricks. Aber ich möchte erreichen, dass die Teilnehmer dieses Kurses sich vor allem darum bemühen, ihren eigenen Stil zu finden. Das soll durch verschiedene Methoden erreicht werden:
- Die Teilnehmer sollen sich z.B. darüber klar werden, welche (Sachbuch-) Texte sie eigentlich gut finden. Es geht also um die Suche nach möglichen Vorbildern.
- Dabei sollen die angehenden Autoren (z.B. in den Einsendeaufgaben) genauer analysieren, was genau sie an diesen Texten so toll finden.
- In den Einsendeaufgaben werden die Teilnehmer außerdem immer wieder auch aufgefordert, einen bestimmten Inhalt aus ihrem Buchprojekt in verschiedenen Fassungen, in verschiedenen Stilrichtungen und aus verschiedenen Blickwinkeln zu verfassen.
- Der Kursbetreuer wird dann diese verschiedene Fassungen kommentieren und gemeinsam mit dem jeweiligen Teilnehmer besprechen, welche Wirkung sein Text eigentlich auf den Leser haben könnte.
- Die Teilnehmer müssen sich außerdem sehr viele Gedanken über ihre Zielgruppe und den Zweck ihres Buches machen. Nur wenn es z.B. hinterher auch tatsächlich eine Leserschaft (oder besser: eine Käuferschaft!) für ein Sachbuch gibt, lohnt sich der gesamte Aufwand.
Es ist also nicht das Ziel, dass hinterher alle Teilnehmer im immer gleichen Stil der Fernstudienakademie vor sich hin „dichten“, sondern dass sie ihre individuelle Ausdrucksweise finden. So ist jedenfalls der Plan!
Texte Wort für Wort abschreiben
Einen Tipp der Schreibseminare zum „unkreativen Schreiben“ fand ich allerdings klasse und überlege nun, ob ich das nicht auch einmal in einer Übung von den Teilnehmern machen lasse:
Die Teilnehmer sollen – am besten stocktrockene – Texte einfach einmal Wort für Wort abschreiben (!), so z.B. Wettermeldungen oder Gebrauchsanweisungen für Geräte. Was das bringen soll? Dazu ein abgeschriebener (!) Satz aus der vorliegenden Buchrezension: „Wer einen Text mühsam abschreiben muss, liest ihn auf ganz andere Weise.“
Schreibt doch einfach mal diesen Blogbeitrag ab, dann wisst Ihr, was ich meine...
Anne Oppermann
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