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Block 3: Was ist Intelligenz?


Rumpelstilz

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Heute habe ich zwei sehr interessante Artikel über das Thema Intelligenz und das Testen von Intelligenz gelesen. Es ging darum, dass das, was als Intelligenz gemessen wird, das ist, was in der "westlichen" Mittelklasse als Intelligenz angesehen wird.

Testet man Menschen aus völlig anderen Kulturkreisen, so kann es sein, dass ein Test ihnen eine schwache Intelligenz attestiert, sie aber für ihre Lebensweise bestens gerüstet sind.

Einige Beispiele sind z.B. die Wertung von Leistung und Bemühung: So würde bei Inuit das Bemühe wesentlich höher gewertet als der Erfolg. Wird jemand gefragt, welches Teilnehmer eines Wettbewerbs diese am besten absolviert hätte, so würden wir annehmen, der Sieger sollte genannt werden. Bei den Inuit wäre es der Teilnehmer, der sich am meisten um den Sieg bemüht hat.

Für uns gilt auch ein breites Grundlagenwissen als wichtig und gut. Bei kenyanischen Nomandenstämmen wird solches als hinderlich angesehen, wichtig ist, für die auftretenden Situation das einzig richtige Verhalten zu kennen.

Auch die "Strassenintelligenz" von Kindern, die in Slums von Grossstädten aufwachsen, wurde besprochen. Sie zeigen oft schwache schulische Leistungen, aber eine sehr hohe "Alltagsintelligenz". (das ist natürlich wieder mal alles verkürzt beschrieben).

Im Kurs geht es ja um Lese- und Schreibschwäche. Eine solche ist in unserer Kultur gravierend, aber je nach Lebensumfeld kann sie auch irrelevant sein. Dazu kommt der zeitliche Aspekt: Noch vor 100 Jahren gab es auch in unserer Gesellschaft wesentlich mehr Analphabeten, aber auch wesentlich mehr Aufgaben, für die Lesen und Schreiben vergleichsweise unwichtig war.

Weiter ging es wieder mal um "nature vs. nurture", aber auch um dasZusammenspiel von Genetik, Biologie und Verhalten. Ich habe das Gefühl, das ist Hintergrundwissen, von dem wir eine Ahnung haben, es aber nicht in die Tiefe verstehen müssen (und auch nciht können mit unserer Vorbildung).

Dann ging es um die Vorstellung eines modularen Aufbaus des Gehirns, darum dass es Bereiche gibt, die für bestimmte Aufgaben zuständig sind. In einigen Dingen (z.B. Sinne: sehen, hören) lässt sich die FUnktion relativ klar abgrenzen, bei vielen kognitiven Dingen aber nur sehr schwer. Wenn ein Kind z.B. schlecht lesen kann, kann es die Symbole nihct interpretieren, die Symbole nicht Lauten zuordnen, sich die Zuordnung nicht merken, hat es Ausspracheprobleme etc.?

Weiter ging es um die Diagnose von LEse- und Schreibschwäche und wie sie von allgemeinen Entwicklungsproblemen abgegrenzt werden. Ausserdem wurden "floor" und "ceiling" Effekte beim testen besprochen. In diesem Zusammenhang ging es um den kategorischen vs. den dimensionalen Ansatz: Kinder "mit" und "ohne" Dislexie vs. Kinder, die mehr oder weniger Probleme mit lesen und schreiben haben.

Phu, das ist doch einiges. Ich schwankte zwischen "verstehe ich nicht" (vor allem die ganzen genetischen und Neurophysiologischen Erklärungen) und "ist doch eh klar" (Abgrenzungen etc.)

Wenn es Morgen eingiermassen läuft, sollte ich Topic 1 von Bock 3 abschliessen können.

4 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Ja und mit diesem Thema ist man auch schon mitten im Thema Inklusion und Exklusion. Noch vor zwei Jahren hätte ich am liebsten Heilpädagogik studiert, weil man da auch Diagnostik hat. Heute sehe ich das zunehmend kritischer. Z.T. ist Diagnostik wirklich auch Auslöser von Problemen. Und Stigmatisierung hat man damit noch lange nicht überwunden.

Ein Psychologe hat mir mal gesagt: Intelligent ist man, wenn man im Alltag zurechtkommt. Das fand ich eine sehr schöne Definition. Man ist z.B. im Autismusbereich ja auch immer wieder mit dem Phänomen konfrontiert, dass die Eltern der Meinung sind, dass das eigene Kind hochbegabt sei. Das mag stimmen, es kommt aber nicht im Alltag zurecht. Da hilft dann einfach alles nichts. :blink:

LRS ist auch spannend, ich frage mich ja immer, ob die Zunahme der Fälle nicht auch mit Veränderungen in der Didaktik zu tun hat? Oder liegts daran, dass es jetzt eine anerkannte Diagnose gibt;)

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Mir hat mal ein Bekannter gesagt: Intelligenz ist, Wesentliches von Unwesentlichem unterscheiden können. Das finde ich auch nicht schlecht, ist ebenfalls individuell und führt dazu, dass man im Alltag zurechtkommt.

Bei LRS bin ich auch etwas zwiegespalten: Zwar beruht die Diagnose darauf, dass es eine klare Diskrepanz gibt zwischen der Intelligenz (sic!) und der Fähigkeit in Lesen und Schreiben. ABER was mich im Alltag doch immer wieder stört: Bei diesen Kindern "zählen" Rechtschreibefehler nicht und sie bekommen in Prüfungen länger Zeit. Wenn ein anders Kind halt ein bisschen langsamer arbeitet, aber dafür gründlich - dann bekommt es eine schlechtere Note. Könnte man von diesem nicht sagen, es gib eine "klare Diskrepanz zwischen Intelligenz und Arbeitstempo"? Warum "zählt" die eine Schwäche nicht für die Note, die andere aber schon? Ich kann mich damit schlecht arrangieren, muss ich ganz ehrlich sagen.

ÜBer Stigmatisierung haben wir ein paar Interviews mit "mildly retarded" Menschen aus den 70er Jahren gelesen. Da ist seither wirklich viel passiert, ich war recht erschrokenn, wie die Zustände da z.T. noch waren.

Ich stimme dir zu, Diagnostik ist manchmal Auslöser von Problemen, vor allem wenn danach undifferenziert Massnahmen ergriffen werden. An der heilpädagogischen Schule, wo ich oft als Vertreterin gearbeitet habe, hat man mir bewusst nicht primär die Diagnosen der Schüler genannt, sondern eher die Bereiche beschrieben, in denen man zur Zeit primär arbeitet. Das war für mich eine gute Herangehensweise.

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Ich finde den Nachteilsausgleich an sich okay, fragwürdig ist aber, wer den bekommt (hats noch keinen Namen, gibts noch keinen Nachteilsausgleich), und wie Du schon beschrieben hast, welche Nebeneffekte das möglicherweise hat. Da werden ja auch Herangehensweisen für das spätere Erwerbsleben mitgeprägt. Und da muss sich der Gesetzgeber schon mal prinzipiell fragen, was man eigentlich haben will. Da kann man aber auch über Noten an sich diskutieren, und die Frage, warum bestimmte Noten nicht automatisch eine Überprüfung des Lehrers nach sich ziehen.

Bei den Interviews musst miteinberechnen, dass die sicher aus dem angelsächsischen oder amerikanischen Raum kommen. Da war die Situation gerade in den 70ern verheerend. Dafür haben sie ganz clever mit dem "Mainstreaming" und der Inklusion angefangen. Das wird bei der Diskussion hier in Deutschland leider häufig vergessen.

Die Herangehensweise, die Diagnosen bewusst außen vor zu lassen, kenne ich gut und wende sie auch im Berufsalltag immer wieder ganz bewusst an. :thumbup: Ist aus meiner Sicht echt das Beste.

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Ja, ich staune auch immer wieder, wie stark in den USA die "mainstream culture" das Alltagsleben prägt und wie schwierig es ist, wenn jemand davon abweicht. Das beginnt in den Schulen, wo z.B. Mobbing oft ganz andere Dimensionen hat als hierzulanden (natürlich gibt es hier wie dort Beispiele für das Gegenteil).

Das Notenproblem kenne ich aus Lehrersicht, ich hattel teilweise wirklich Mühe damit, einem diagnostizierten LSR-Kind eine bessere Note zu geben als einem sich sehr bemühenden, aber eben langsamen oder fremdsprachigen Kind. Und es kommt ja leider vor, das 'clever'e Eltern, die die Diagnose herkriegen... das ist dann wiederum ruinös für die Diagnostik an sich.

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