Zum Inhalt springen

Bedeutung des Horizon Report 2016 für das Fernstudium: Bildungstrends - Entwicklungen - Herausforderungen


Markus Jung

Empfohlene Beiträge

Das  Multimedia Kontor Hamburg hat in Zusammenarbeit mit dem New Media Consortium (NMC) die Hochschulausgabe 2016 (Higher Education Edition) der US-Trendstudie Horizon Report ins Deutsche übersetzt. Darin wird auf Bildungstrends, technologische Entwicklungen in der Lehre sowie Herausforderungen eingegangen.

 

- Trends und technologische Entwicklungen -

 

Als kurzfristige Trends (0-1 Jahre) werden die zunehmende Fokussierung auf der Messung von Lernprozessen sowie der zunehmende Einsatz von BlendedLearning-Modellen gesehen. In technologischer Sicht Bring Your Own Device (eigene Geräte für den beruflichen Einsatz bzw. das Studium nutzen) sowie Learning Analytics und Adaptives Lernen (Anpassung an die unterschiedlichen Voraussetzungen, welche die Lerner mitbringen) gesehen.

 

Alles Bereiche, die auch im Fernstudium und Onlinestudium eine große Rolle spielen, zum Teil dort bereits seit langem umgesetzt werden bzw. sich durch die besondere Lenrform gut umsetzen lassen. Wenn das Studium eh schon zum großen Teil online stattfindet, kann der Lernfortschritt auch besser erfasst und ausgewertet werden (Learning Analytics) und die Fernstudierenden sind stets eine sehr heterogene Gruppe, was Alter, Vorwissen etc. angeht - vielmehr als Präsenzstudierende, von denen ein Großteil nach dem Abitur direkt ins Studium geht. Und Blended Learning, also der Einsatz verschiedener Lernformen wie Selbststudium, Präsenzstudium, technologie-gestütztes Studium etc. ist auch schon seit langem Thema im Fernstudium.

 

Als mittelfristige Trends (2-3 Jahre) werden die Neugestaltung von Lernräumen sowie der Paradigmenwechsel zu Deeper Learning-Modellen gesehen. Deeper Learning meint damit die Anwendbarkeit des Wissens bzw. die praktisch nutzbaren Kompetenzen (siehe Wikipedia - englisch). In technologischer Hinsicht werden Augmented und Virtual Reality sowie  Makerspaces (kreative Plätze) gesehen. 

 

Hier wird sich zeigen, wie sich das auf den Bereich Fernstudium/Onlinestudium auswirkt. Was Deeper Learning angeht meine ich schon jetzt zu sehen, dass gerade neue Anbieter zum Teil mehr vom (auswendig) lernen weg gehen und mehr auf Lernformen und auch Prüfungsformen setzen, die eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Lernstoff und oft auch einen vermehrten Diskurs mit anderen Teilnehmern sowie dem Einbringen von praktischen Erfahrungen der Fernstudierenden setzen. Gerade hier sehe ich große Möglichkeiten im Fernstudium, die bisher noch viel zu wenig ausgereizt werden.

 

Langfristig (4-5 Jahre) wird die Beförderung von Innovationskulturen sowie Hochschulen neu denken gesehen und in technologischer Hinsicht Affective Computing (Wikipeadia: "systems and devices that can recognize, interpret, process, and simulate human affects") und Robotik.

 

Hier wird sich noch zeigen müssen, wie sich dies auf das Fernstudium und Onlinestudium auswirkt - gut denkbar, dass bei neu gedachten Hochschulen viele Elemente mehr Bedeutung bekommen, die jetzt bereits in der Fernlehre intensiv eingesetzt werden, gerade was das Onlinestudium angeht. Möglicherweise werden diese Lernformen mehr miteinander verschmelzen. Und gerade einige private Fernhochschulen erlebe ich zur Zeit als sehr experimentierfreudig und innovativ. Auch die staatliche FernUni Hagen verändert sich, auch wenn dort das Tempo geringer ist.

 

- Herausforderungen - 

 

Die Herausforderungen im Bildungsbereich werden in die Kategorien lösbar, schwierig und komplex eingeteilt.

 

Als lösbare Herausforderungen werden die Zusammenführung von formellem und informellem Lernen sowie die Verbesserung der Digital- und Medienkompetenz angesehen.

 

Wie schon erwähnt, sehe ich hier im Fernstudium, welches primär von Berufstätigen genutzt wird, große Möglichkeiten, das formelle Lernen im Studium mit informellem Lernen zum Beispiel im Betrieb zu kombinieren. Das Fernstudium und gerade das Onlinestudium vermittelt zwangsläufig Medienkompetenz. Wichtig ist hier, dass die Anbieter diese nicht voraussetzen, sondern die Studierenden, gerade vielleicht auch die schon etwas älteren, hier heranführt, unterstützt und Hemmschwellen langsam abbaut, zum Beispiel was Online-Liveveranstaltungen angeht.

 

Als schwierige Herausforderungen werden konkurrierende Bildungsmodelle sowie die Personalisierung des
Lernprozesses
gesehen.

 

Was die Bildungsmodelle angeht, wird sich zeigen müssen, wo das Fernstudium/Onlinestudium seinen Platz finden bzw. wo es sich überall in anderen Modellen wiederfinden wird. Eine Personalisierung erscheint mir durch das in vielen Fernstudienkonzepten eh schon sehr flexible und individuelle Lernmodell leichter als in anderen Bildungsformen umsetztbar, auch wenn es sicherlich auch hier besonderer Anstrengungen bedarf, wenn es auch um die Individualisierung der Lerninhalte für den einzelnen Lerner geht, zum Beispiel angepasst an sein Vorwissen und seine berufliche Situation. Auch hier gibt es aber selbst heute schon gewissen Ansätze, wie zum Beispiel Vorkurse, Anrechnung von anderswo erbrachten Leistungen etc.

 

Als komplexe Herausforderungen werden das Ausbalancieren unserer Online- und Offline-Leben sowie die Erhaltung der Relevanz von Hochschulbildung gesehen.

 

Die Verschmelzung von offline und online erfasst ja alle Lebensbereiche und ich denke, dass sich das immer weniger voneinander abgrenzen lassen wird - auch im Bereich des Fernstudiums. Deshalb halte ich auch den Begriff Onlinestudium für zwar "modern", aber eigentlich gar nicht so passend. Weil auch hier eben nicht nur online gelernt wird, sondern (in unterschiedlichen Anteilen) auch offline, wie zum Beispiel bei der praktischen Anwendung. Zumindest hier in Deutschland sehe ich es zur Zeit so, dass die Hochschulbildung sich zwar verändert, jedoch aktuell nach meinem Eindruck eher noch an Bedeutung zunimmt. Hier wird sich zeigen müssen, wie sich das verändert und wie es den Hochschulen gelingt, sich an die heutigen Anforderungen anzupassen. Auch hier sehe ich das Fernstudium im Vorteil gegenüber dem klassischen Präsenz-Hochschulstudium, weil sich Veränderungen oft leichter umsetzen lassen und ein Fernstudium eh ein sehr mediengestütztes Lernen ist, welches an neue Medien leichter angepasst werden kann.

 

Die Überlegungen zur Bedeutung für das Fernstudium sind jeweils meine eigene Meinung und gehen nicht aus dem Horizon Report hervor. Sehr gerne würde ich diese weiter mit euch diskutieren.

 

Hier steht der Horizon Report als PDF zum Download zur Verfügung:

http://www.mmkh.de/fileadmin/dokumente/Publikationen/2016-nmc-horizon-report-he-DE.pdf

 

Und die nachfolgende Grafik aus dem Report gibt eine sehr übersichtliche Zusammenfassung:

Horizon Report.jpg

 

Bibliografische Angaben zum Horizon Report:
Johnson, L., Adams Becker, S., Cummins, M., Estrada, V.,
Freeman, A., und Hall, C. (2016). NMC Horizon Report: 2016
Higher Education Edition: Deutsche Ausgabe (Übersetzung:
Helga Bechmann, Multimedia Kontor Hamburg). Austin, Texas:
The New Media Consortium

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Anzeige: (wird für registrierte Benutzer ausgeblendet)

Archiviert

Dieses Thema ist jetzt archiviert und für weitere Antworten gesperrt.




×
  • Neu erstellen...