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Interview: Warum ein Professor einen nicht-akademischen Fernkurs belegt


Markus Jung

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Eberhard B. Freise, freier Bildungspublizist und Pressereferent für die AFW Bad Harzburg, hat ein Interview mit Professor Dr. med. Gunter v. Minckwitz, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Neu-Isenburg, geführt. v. Minckwitz hat bei der AFW Wirtschaftsakademie einen betriebswirtschaftlichen Fernkurs absolviert und erläutert unter anderem, warum er sich genau dafür entschieden hat.

Herr Professor v. Minckwitz, Sie sind geschäftsführender Gesellschafter und alleiniger Inhaber der German Breast Group (GBG), einer kooperativen Forschungsgruppe, die Studien zur Verbesserung von Früherkennungs- und Behandlungsformen des Mammakarzinoms durchführt. Welche Ziele haben Sie der GBG gesetzt?

v. Minckwitz: Wir wollen durch unsere klinische Forschung dazu beitragen, dass Brustkrebs als häufigste Krebserkrankung der Frau in den nächsten Jahren signifikant besser behandelbar wird und die Behandlungsqualität in den Kliniken höchstes Niveau erhält. Wir erproben innovative präventive, präoperative, adjuvante und palliative Therapieansätze und unterstützen deren Einzug in die klinische Routine.

Sie sind Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und sind heute nur noch einen Tag an der Universitäts-Frauenklinik in Frankfurt tätig. Was hat Sie bewogen, nicht länger als angestellter Arzt behandelnd und heilend, sondern seit 2003 als selbstständiger Unternehmer forschend und entwickelnd tätig zu sein?

v. Minckwitz: Ich hatte schon an der Universität mit diesen Forschungen begonnen. Ich konnte das dort aber nicht im großen Stil und nicht so nachhaltig tun. Konzepte, die wir heute entwickeln, verbessern die Behandlung vieler Patientinnen, so dass die Tragweite meiner medizinischen Tätigkeit deutlich zugenommen hat.

Ihre Forschungsgruppe ist sehr schnell gewachsen. Sie beschäftigen heute bereits über 100 wissenschaftliche und administrative Mitarbeiter, leiten zur gleichen Zeit über 40 Studien, an denen rund 500 Kliniken und ärztliche Praxen und 20 000 Probandinnen beteiligt sind – und Sie bewältigen Budgets von mehr als zehn Millionen Euro. Dies alles zu moderieren und zu kontrollielieren, sprengt ärztliche Dimensionen und ist eine Management-Aufgabe par excellence. Wo haben Sie Managen und Menschen führen gelernt?

v. Minckwitz: In der Klinik-Ausbildung werden Ärzte schon mit der Menschenführung vertraut gemacht, aber mehr im Sinne von „Learning by doing“, nicht so strukturiert. Dabei wurden Defizite deutlich, und als angehender Manager musste ich versuchen, mich nebenher darin profunde weiterzubilden.

Darüber hinaus sind Sie 2006 auch noch Professor geworden, um der GBG die wissenschaftliche Reputation zu geben...

v. Minckwitz: ... die Professur ist nicht nur für die Reputation gut, sondern ist Grundvoraussetzung der Tätigkeit, denn meine Kernaufgaben bei der GBG sind medizinisch-wissenschaftlich.

....und Sie haben kürzlich ein betriebswirtschaftliches Studium bei der AFW Wirtschaftsakademie in Bad Harzburg absolviert. Welche Erwartungen haben Sie an dieses Zweitstudium geknüpft?

v. Minckwitz: Ich hatte ja nun auch administrative und betriebswirtschaftliche Aufgaben zu bewältigen und musste dabei mit nicht-wissenschaftlichen Partnern kommunizieren und folglich deren Terminologie verstehen, etwa die von Steuerberatern. Vorrangig für mich war das Erlernen von Kosten- und Leistungsrechnung und von rechtlichen Sachverhalten.

Sie haben die Fortbildung zum Betriebswirt AFW in einem berufsbegleitenden Fernstudium absolviert, also parallel zum Aufbau der GBG – wie war das zeitlich zu schaffen?

v. Minckwitz: Die Texte der Studienbriefe waren leichtverständlich geschrieben, so dass ich mich abends, am Wochenende oder während meiner vielen Zugfahrten, abgeschottet mit Kopfhörern, mühelos damit beschäftigen konnte. Und sie waren so praxisorientiert, dass ich direkt morgens in der Firma sagen konnte: Ich weiß jetzt, wie wir was besser machen können. Und das hat es spannend und reizvoll gemacht, sich mit dem Stoff auseinanderzusetzen.

Hat dieses nicht-universitäre Heimstudium Ihnen als Vollakademiker von der Qualität des Lernstoffs und vom Niveau her genügt?

v. Minckwitz: Für das, was ich wollte, war es gerade richtig. Ich hab’ ja nicht etwas tiefgründig Wissenschaftliches gesucht, sondern Umsetzbarkeit. Ein berufsbegleitendes Fernstudium darf nie so überhöht sein, dass es Leute überfordert, es muss nebenher gut zu bewältigen sein – und das war es.

Welche Studien-Inhalte haben Ihnen geholfen, sich bei der Vielzahl der neuen Aufgaben überall persönlich einzubringen?

v. Minckwitz: Führungsstile, Personalakquise und Mitarbeiter-Motivation – das waren die Studienbriefe, die mir besonders geholfen haben. „Selbstmanagement“ hat mein Wissen nur ergänzt, denn ich hatte mich vorher schon mit Time-Management beschäftigt und empfehle dies jedem. Denn Wachstums-Schwelle ist immer das (zu knappe) persönliche Zeit-Kontingent. An der Stelle muss man zuerst optimieren!

Ist Ihnen der Harzburger Lernstoff zur Handlungs- und Führungs-Verantwortung im Fernstudium hilfreich gewesen?

v. Minckwitz: Ja, wie Sie sich vorstellen können, haben sich bei unserer GBG schon mehrere Hierarchie-Ebenen herausgebildet. Nicht nur Aufgaben zu stellen, sondern Verantwortung wirklich nach unten zu delegieren, ist ein kontinuierlicher Prozess. Den haben wir mit GBG-internen Seminaren zur Harzburger Führungslehre weitergetrieben.

In der obligatorischen Projektarbeit für Ihr BWL-Studium haben Sie sozusagen den eigenhändigen Aufbau Ihres innerbetrieblichen Rechnungswesens minuziös beschrieben. Sie haben sogar spezielle betriebliche Kennzahlen für die GBG selbst entwickelt. Das heißt, Sie konnten auch hier Ihr neues Wissen unmittelbar in Ihre Praxis umsetzen. Kann man sagen, Sie hätten heute alle betrieblichen Bezüge voll im Blick?

v. Minckwitz: Das würde wohl jeder Unternehmer gern von sich behaupten. Ja, bisher bin ich damit gut gefahren. Was ich seinerzeit, vor drei Jahren, niedergelegt habe, wird so immer noch genutzt. Aber die Anforderungen steigen ständig.

Wie bewerten Sie Präsenzseminare, die das Fernstudium begleiten und die Sie besucht haben? Inwiefern hat sich der Zeitaufwand von zehn Tagen für Sie gelohnt?

v. Minckwitz: Ich fand daran gut, dass wir einerseits den Stoff vertieften, andererseits Fragen aus der Praxis stellen konnten, was ja sonst im Fernstudium nicht möglich ist, und für fortwährendes Anrufen beim Tutor fehlte mir einfach die Zeit...

Können Sie rückblickend sagen, dass es zwischen Ihrem erfolgreichen BWL-Studium und Ihren beachtlichen Management-Erfolgen bei der GBG einen ursächlichen Zusammenhang gibt?

v. Minckwitz: Das hängt ganz sicher zusammen. An vielen Stellen im Gesundheitswesen hat der Arzt ja noch eine Verwaltung hinter sich, die Administration und BWL abdeckt. Hingegen muss ich als Geschäftsführer einer GmbH für alles selber gerade stehen. Deswegen war das Studium für mich richtig. Ich fühle mich jetzt viel sicherer, weittragende Entscheidungen beherzt zu treffen.

Fast jeder Arzt, auch als Sozius in einer Gemeinschaftspraxis, hat heute mehr und mehr betriebwirtschaftliche und Führungsfunktionen zu erfüllen. Würden Sie Berufskollegen raten, Ihrem Beispiel zu folgen und sich dafür berufsbegleitend weiterzubilden?

v. Minckwitz: Ich denke, ja. Der Trend geht aus wirtschaftlichen Gründen heute eindeutig zu Gemeinschaftspraxen und Ärztezentren. Da ist immer mindestens einer die zentrale Figur, die sich in BWL qualifiziert, und andere, die sich medizinisch spezialisieren und so effektive Partnerschaften eingehen. Das Problem ist: Viele Ärzte haben noch Schwierigkeiten zu akzeptieren, dass gute Medizin heute ohne Ökonomie nicht mehr möglich ist.

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