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Einsendeaufgaben: Nur das Wissen zählt


Markus Jung

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Elke Meurer ( www.eMeurer.com ) ist seit vielen Jahren für verschiedene Fernschulen aus der Klett-Gruppe als Tutorin und Autorin tätig. Exklusiv für Fernstudium-Infos.de berichtet sie in einer kleinen Beitragsreihe über ihre Erfahrungen als Fernlehrerin ganz allgemein und speziell über die von ihr betreuten Lehrgänge zum Qualitätsmanagement.

Die Situation des Fernstudiums ist eine besondere. Fernstudenten sitzen an ihrem privaten Platz und erarbeiten den Lernstoff, beantworten die Fragen der Einsendeaufgaben und warten gespannt auf das Ergebnis. Auf der „gegenüberliegenden“ Seite sitzt ein Fernlehrer, so wie ich, und korrigiert die mühsam erdachten Zeilen.

In meinem Fernlehrgang „Qualitätsbeauftragte/r TÜV“ bestehen die Aufgaben aus Multiple-Choice-Fragen und offenen Fragen. Die Multiple-Choice-Fragen sind dabei, weil auch die Abschlussprüfung nur aus diesem Fragetypus besteht. Das Studium soll jedoch mehr Möglichkeiten bieten, denn Multiple-Choice-Fragen sind nicht jedermanns Sache.

Wenn ich die Ergebnisse bewerte, habe ich nur Papier oder eine Datei vor mir. Ich sehe den Namen des Teilnehmers und aus welchem Ort er kommt. Hin und wieder stellt sich ein Teilnehmer persönlich vor und ich erfahre ein wenig über seine Motivation zum Studium und seinen beruflichen Hintergrund. Mehr weiß ich nicht. Ich sehe also kein Gesicht vor mir, höre keine Stimme, sehe keine Mimik oder Gesten. Der Fernstudent wird in diesem Moment auf seine Fragen und Einsendeaufgaben reduziert. Das hat natürlich einen hohen Neutralitätswert. Wenn man das Fernstudium mit einem Präsenzseminar vergleicht, so fällt das Persönliche, Sympathie und Antipathie weg. Es gibt nur extrem wenige Fernstudenten, die bei mir Abneigung erzeugen.

Kann ich als Fernlehrerin trotzdem persönliches Herauslesen? Ja, das kann ich. Oft muss ich auch schmunzeln. Es gab schon so manche Einsendeaufgabe, auf der sich 2-Jährige verewigt haben und Vater oder Mutter ein paar entschuldigende Zeilen mitschickten, weil der Nachwuchs keinen Respekt vor dem Fernstudium gezeigt hat. Andere haben bei Fall-Aufgaben die ganze Familie namentlich involviert, wo dann der vermeintliche Auditbericht von Papa vom Geschäftsführer Sohn unterzeichnet war. Das sind seltenere, aber sehr nette Einsendungen.

Erkennen lässt sich auf jeden Fall wie viel Mühe sich der einzelne gibt. Besonders bei den offenen Fragen gibt es keine Zeilenvorgabe oder -begrenzung. Die einen schaffen es in Kürze auf den Punkt zu kommen, die anderen erläutern gerne ausführlich an einem Beispiel. Wiederum andere tun sich sehr schwer über diesen Weg zu kommunizieren oder stehen unter extremen Zeitdruck, so dass Antworten „dahingeworfen“ wirken. Was ich auf jeden Fall erkennen kann ist, ob jemand die Aufgabenstellung gründlich gelesen hat. Denn manche geben eine Antwort mit der sie an der Frage vorbeischreiben.

Manchmal stelle ich mir vor, welcher Typus der Fernstudent sein könnte, wenn es ein Präsenzseminar wäre. Da ich bereits sehr viele Seminare in der Erwachsenenbildung gegeben habe, verfüge ich über eine große „Typensammlung“. Und da erkenne ich sie wieder: die einen erfassen das Thema schnell und geben es wortgewandt wieder, die anderen sind wortkarg, wiederum andere wissen nicht so richtig, wie sie ihr richtiges Wissen einsetzen sollen.

Viele Fernstudenten kämpfen gegen das Vorurteil, dass ein Fernstudium wohl leicht sei, weil man über Internet Ergebnisse austauschen und immer gute Ergebnisse erzielen könne. Natürlich gibt es auch unter Fernstudenten diejenigen, die lieber den leichteren Weg wählen – sie sind aber Ausnahmeerscheinungen. Die meisten Teilnehmer des Lehrgangs „Qualitätsbeauftragte/r TÜV“ stehen im Berufsleben und möchten diesbezüglich ihr Wissen erweitern. Abschreiben wäre für sie kontraproduktiv. Außerdem steht am Ende – wie bei vielen anderen Lehrgängen auch – eine offizielle Prüfung, die bestanden werden muss. Da gibt es keinen Internet-Joker.

Es geht im Fernstudium sicherlich weniger persönlich zu als in Präsenzlehrgängen. Dennoch ist niemand nur eine Studiennummer. Kontakte können geknüpft werden – zu anderen Kollegen und zum Fernlehrer – wie in anderen Lern-Situationen auch. Auf dem Schriftweg kann man eben nur die deutschlandweit verteilten Akzente nicht hören.

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Hallo

Danke für den Bericht. Ich glaube schon, dass es (manchmal) schon persönlicher in einem Fernlehrgang zugeht, als man dies aus Präsenzunterricht kennt. Nicht immer, aber schon gelegentlich.

Die Teilnehmer bekommen ja im Prinzip "Einzelunterricht". Gerade bei offenen Fragen ist es ja oft nötig, dass die Teilnehmer in einer Fachfrage "Flagge bekennen" und ihre eigenen Lösungsansätze suchen. Da lernt man die Teilnehmer schon recht gut kennen.

Bei uns ist das z.B. bei einer ganz bestimmten Frage aus unserem Dozentenkurs der Fall, wo die Teilnehmer überlegen müssen, ob eine vorgegebene "esoterisch angehauchte" Lehrveranstaltung im Programm einer katholischen Weiterbildungsstätte Platz hätte.

Das ist immer wieder toll zu sehen, wie sehr sich manche Teilnehmer in diese Frage hereinfuchsen und so auch ab und an von ihren eigenen Überzeugungen berichten. Das müssen sie natürlich nicht, aber es ist immer wieder spannend, welche Gedannken sich die Teilnehmer machen.

So gibt es immer wieder Stellen, wo Teilnehmer ihre ganz individuellen Projekte mit uns besprechen und sie dann später 1:1 in der Praxis umsetzen können. Das ist dann schon wirklich "Einzelunterricht". ;)

Viele Grüße

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