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Biegt Weiterbildung "krumme" Lebensläufe gerade?


KanzlerCoaching

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@ soona

Mag sein, dass das bei Management-Positionen so ist. Was mir auffiel, als ich mich vor meinem Auslandssemester über meine englische Uni (auch in London) informierte, war allerdings, dass diese damit wirbt, welche Jobmöglichkeiten ihre Absolventen (in Geschichte) in den verschiedensten Bereichen haben. Viel mehr Bereiche als bei uns und dass ohne Praktika und das Glück, dabei zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Weil englischen Arbeitgebern nämlich komischerweise klar zu sein scheint, dass Uni-Absolventen nicht schon ein paar Jahre Berufserfahrung mitbringen können.

;) Nun sind es nicht die Universitäten, die über Jobvergabe entscheiden. Ich nehme an, was du meinst sind die Auszüge aus den Ergebnissen der National Student Survey - Destination of Leavers from Higher Education. Einmal jährlich werden die Absolventen befragt, wo sie hingehen, und die Ergebnisse werden den Universitäten mitgeteilt; die schreiben auf ihrer Webpage dann Dinge wie 'Absolventen dieses Studiengangs haben Karrieren in Internationalen Organisationen, Regierungsorganisationen, in NGO's, Think Tanks und im Journalismus gestartet'. Das bedeutet aber bei weitem nicht, dass das auch so klappen muss - es heisst nur, einige haben das mal gemacht. Und warum auch nicht? Auch in Deutschland hatte ich in meinen Redaktionen Leute mit Jura-, Soziologie- und Mathematikstudium, im letzten Job gab es Journalisten, Politikwissenschaftler und ebenfalls Juristen (die sind überall!). Das geisteswissenschaftliche oder sozialwissenschaftliche Studium lebt ja geradezu davon, dass es eben keinen direkten Weg vorschreibt, keine Berufsausbildung für einen ganz bestimmten Bereich ist, sondern viele Wege öffnet.

Das bedeutet aber weiss Gott nicht, dass der Weg in den Beruf in Grossbritannien oder den Staaten einfacher wäre. Schon allein weil es die 'duale Ausbildung' wie wir sie haben, hier einfach nicht gibt. Du buckelst dich hier genauso über Praktika und Traineeships nach oben, wie überall woanders auch, und Grossbritannien und die USA haben ebenso auch Arbeitslosenquoten - sorry, aber mir geht das wirklich alles zu sehr in die Richtung, es wären nur strukturelle Schwierigkeiten und Schuld hätten die deutschen Personaler und Arbeitgeber. Und das ist einfach deutlich zu einfach gedacht.

Die Angst (s.o., Risiko) vor unangepassten Mitarbeitern scheint größer zu sein als die vor unfähigen. Deshalb auch die Abneigung vieler Unternehmen gegen die Ü-30-Generation, die vielleicht nicht jeden Scheiß klaglos mitmacht.

Ganz ehrlich, ich würde niemanden einstellen (und dann ja mit ihm/ihr regelmäig zu tun haben) der so negativ denkt, und so davon überzeugt ist, dass andere daran Schuld sind, wenn er/sie nicht eingestellt wird. Das ist aber vollkommen alterunabhängig. Mir wäre es völlig egal, wie angepasst oder unangepasst Mitarbeiter sind, auch wie alt sie sind wäre mir grundsätzlich schnuppe (tatsächlich allerdings war es mir bei der erwähnten Neubesetzung meines Ex-Jobs nicht so schnuppe - der Kandidat, für den wir uns entschieden haben, war mit 28 eigentlich etwas zu jung, überzeugte aber im Gespräch). Was Arbeitgeber wollen ist dass der Job ordentlich gemacht wird - und dass das Betriebsklima weiter stimmt. Und da sollte man ansetzen.

Das bedeutet, um zu dem Bereich BIEGT DAS FERNSTUDIUM KRUMME LEBENSLÄUFE GERADE (ich schreibe das jetzt in Capitals, weil wir hier wirklich zu sehr vom Thema abkommen und das ist verdammt unhöflich gegenüber der Thread-Eröffnerin) einfach was ich schon die ganze Zeit als meine Meinung dazu rüberbringen möchte:

1.) Weiterbildung ist immer gut, aber ein Fernstudium /Studium alleine bringt es nicht

2.) Ich muss, wenn ich einen krummen Lebenslauf mit diversen Abbrüchen habe, den Arbeitgeber schon irgendwie überzeugen, dass ich jetzt aber wirklich dabei bleibe

3.) Das Projekt 'Lebenslauf geradebiegen' ist ein PROZESS, in dem ein Studium ein Mosaikstein ist - ein wichtiges, unbenommen, aber trotzdem nur ein Teilstück.

4.) Nochmal der Glaubenssatz meines Arbeitsbereichs: Es ist naiv zu glauben, dass man etwas was zehn Jahre schief gelaufen ist, in zwei Jahren richten kann

Also: Ich halte ein Fernstudium, auch ein artfremdes, nicht für Quatsch. Was ich allerdings für Quatsch halte ist die Idee, dass ich nach jahrelangem ziellosen Hin- und Hergerenne dann mit einem Studium in eine komplett neue Richtung den Karren von heute auf morgen rumdrehen kann. Ein bisschen mehr Planung sollte dasein; und dazu gehört: eine Antwort zu haben auf die Frage: Wo will ich hin. Eventuell sich schon mal an die Personalabteilungen grosser Unternehmen zu wenden um nach Möglichkeiten zu fragen: ist eine Studiumbegleitende Tätigkeit zum reinschnuppern machbar? Jobs in den Semesterferien? Würde das Unternehmen ältere Leute als Praktikanten nehmen?

Und dazu gehört auch in den Soft Skills sich mal selbst anzuschauen - über 30-jährige haben eine gewisse Tendenz davon überzeugt zu sein, sie könnten einfach aufgrund ihres Alters alles besser. (Ich schäme mich das zu sagen, aber ich erkenne das durchaus auch bei mir, die ich mit 41 in einem Studiengang mit fast ausschliesslich 25-jährigen hocke). Da muss man auch ran, denn es ist ein Trugschluss.

Und mit all dem meine ich nicht dich, Waldorf, persönlich - ich kenne dich ja gar nicht. Das hier ist eben ein theoretischer Thread, nicht deiner, wenn es um dich persönlich und Ratschläge für dich gehen soll, solltest du wirklich einen eigenen Thread aufmachen.

Und ich bin übrigens an der LSE.

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Guten Tag Frau Kanzler,

wenn ich das so lese, werde ich wohl nie einen gut bezahlten Job, trotz Studium, bekommen (grins). Mein Lebenslauf ist krum, na und?. Dies hat viele Ursachen, Ausbildung im Ausland, Konkurse, Zeitarbeit, eigene Unreife etc..

Jedoch meine ich, das sich die Welt derzeit so schnell verändert, das es auch für 40+ Chancen gibt. Ich habe mich ganz bewusst für ein Geschichtsstudium entschieden obwohl meine Bekannten immer sagen das man damit kein Geld verdienen kann und ich nur meinem Hobby fröhne. Nun hat einer dieser Bekannten der einen sogeneannten geraden Lebenslauf hat genau die Probleme die ich als Herausfordreung ansehe. Bei einem Vorstellungsgespräch meinte der Personaler zu Ihm das sein Lebenslauf keine gerade Linie hat. Das obwohl er immer in der Industrie gearbeitet hat und er eine abgeschlossene Ausbildung + Studium (Ing.) etc. und sich in all den Jahren sich auf ein Gebiet spezialisiert hat.

In diesem Sinn

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@Waldorf

Ich finde es nach wie vor unpassend, dass Sie, Waldorf, einen fremden Strang quasi "kapern", anstatt hier hier eigenes Thema zu eröffnen.

Bitte, ich will Ihnen den Gefallen tun. Diskutieren wir also theoretisch.

Dass der Arbeitsmarkt in Deutschland so funktioniert, wie er es tut, das hängt mit vielen Dingen zusammen. Einmal natürlich mit gewachsenen Ausbildungsstrukturen gerade im handwerklichen und im Facharbeiterbereich, Strukturen und Ausbildungswege, um die uns übrigens viele andere Länder beneiden!

Das ist sicher ein Teil der Wahrheit. Auf der anderen Seite ist die Unsitte, reguläre Arbeitsplätze mit billigen Zeitarbeitern oder noch billigeren Praktikanten zu ersetzen, eine erst in jüngster Zeit gewachsene "Struktur". Darum dürften uns kaum allzu viele Länder beneiden.

Und last, but not least: Es gibt wenige Länder, in denen die Absicherung der Arbeitnehmer, wenn sie einen Job haben, höher ist als in Deutschland. Das macht es naturgemäß für ein Unternehmen risikoreicher und teurer, sich von Mitarbeitern zu trennen. Grade die hochgelobte Flexibilität des Arbeitsmarktes in Amerika wird mit einer hohen Jobunsicherheit bezahlt.

Es gibt auch nur wenige Länder, in denen die soziale Selektion im Bildungssystem so ausgeprägt ist wie bei uns. Ich sehe da einen Zusammenhang zur tief verwurzelten Risikoscheu und der deutschen Spießer-Mentalität, wonach alles so bleiben soll, wie es ist. D.h., die Kinder von Akademikern sollen studieren, die anderen schön eine Ausbildung machen. Die Leistungsfähigkeit spielt da keine so große Rolle, schließlich haben die Akademiker-Kinder ja qua Erziehung bessere "Soft-Skills". In Wahrheit geht es dabei natürlich in erster Linie um die Sorge der arrivierten Schichten, ihre Kinder könnten sozial absteigen. Wenn die Wirtschaft stagniert, kommt ja auf jeden Aufsteiger ein Absteiger. Also muss der Aufstieg um jeden Preis verhindert werden.

War jetzt vielleicht etwas zu theoretisch, bzw. ein paar Meta-Ebenen zu hoch. Gut, ich komme gleich zum Thema "Fernstudium und krumme Lebensläufe" zurück.

Zuvor nur noch eine Bemerkung zu Ihrer Unterstellung:

Wer die üblichen Verdächtigen sind? Nun, das rigide System, die deutsche Mentalität und die Personaler, die die 120%ige Passform haben wollen. Nie schuld ist im Übrigen in dieser Denkart eigene Fehleinschätzung oder mangelnde Bereitschaft, sich zu informieren.

Vermutlich haben Sie meine Stellungnahme dazu, wonach es da ein paar Zwischenstufen gibt, überlesen. Ich könnte Ihnen problemlos diverse Fehleinschätzungen meinerseits aufführen. Aber heißt es nicht immer wieder, man solle in die Zukunft blicken, statt über die Vergangenheit zu lamentieren?

Wenn ich mich nun informiere und erfahre, dass es in Deutschland als Tabu gilt, mit 40 noch mal was völlig Neues anzufangen, welchen Schluss soll ich Ihrer Meinung daraus ziehen: Aufgeben und Pfandflaschen sammeln gehen?

Dass Sie so vehement einfordern, man solle die "Schuld" ausschließlich bei sich selbst suchen, scheint mir dem Zweck zu dienen, die scheinbare Gewissheit zu verfestigen, wonach schon alles super ist, so wie es ist. Und dass sich bloß nichts ändern soll.

Ich weiß auch nicht, wie Sie sich das vorstellen: Vor dem Studium schon mal anklopfen, ob man als alter Sack denn noch ein Praktikum bekommt. Meinen Sie, da erhält man eine ehrliche Antwort? So nach der Art: "Nee, über 30-Jährige kriegen bei uns kein Praktikum."

Zur Ausgangsfrage: Kann ein Fernstudium einen "krummen" Lebenslauf gerade biegen?

Wenn man diese Frage diskutiert, sollte man m.M.n. zunächst mal ein paar grundlegende Variablen beachten:

- wo (in Deutschland oder anderswo)

- in welcher Branche

- als Angestellter oder als Selbstständiger

- ...

Dann könnte man fragen, wie die Aussichten konkret sind, statt schwarz-weiß zu unterscheiden zwischen "bringt was" und "bringt nix".

Meine weiter oben gestellte Frage, ob "alle" Personaler zu denken, ist so zu verstehen. Z.B. könnte es ja sein, dass kleinere, mittelständische Betriebe anders auf "krumme" Lebensläufe reagieren als große Konzerne, die sich ihre Mitarbeiter, trotz "Fachkräftemangel" aussuchen können.

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Das ist sicher ein Teil der Wahrheit. Auf der anderen Seite ist die Unsitte, reguläre Arbeitsplätze mit billigen Zeitarbeitern oder noch billigeren Praktikanten zu ersetzen, eine erst in jüngster Zeit gewachsene "Struktur". Darum dürften uns kaum allzu viele Länder beneiden.

Es ist schon erstaunlich, dass heute Praktikanten ja scheinbar alles machen können, wofür früher ausgebildete Arbeitnehmer eingesetzt wurden....und Zeitarbeiter sind meist alles andere als "billiger". Ich zahle bspw. deutlich mehr des normalen Gehaltes für eine Buchhaltungskraft die für 6 Monate eine wg. Mutterschaft ausgefallene Kollegin ersetzt. Aber das ist ein völlig anderes Thema und hier damit anzufangen würden den Beitrag von Frau Kanzler endgültig zur Farce machen. Bleiben wir also doch lieber beim Thema.

Es gibt auch nur wenige Länder, in denen die soziale Selektion im Bildungssystem so ausgeprägt ist wie bei uns. Ich sehe da einen Zusammenhang zur tief verwurzelten Risikoscheu und der deutschen Spießer-Mentalität, wonach alles so bleiben soll, wie es ist. D.h., die Kinder von Akademikern sollen studieren, die anderen schön eine Ausbildung machen. Die Leistungsfähigkeit spielt da keine so große Rolle, schließlich haben die Akademiker-Kinder ja qua Erziehung bessere "Soft-Skills". In Wahrheit geht es dabei natürlich in erster Linie um die Sorge der arrivierten Schichten, ihre Kinder könnten sozial absteigen. Wenn die Wirtschaft stagniert, kommt ja auf jeden Aufsteiger ein Absteiger. Also muss der Aufstieg um jeden Preis verhindert werden.

Etwas arg pauschal - zumindest nach meinem Geschmack. Richtig ist, dass unser Bildungssystem sicherlich nicht in puncto Gleichberechtigung und Chancengleichheit glänzt sondern dringend durchlässiger werden sollte. Aber auch das ist ein anderes Thema. Da kommen wir zwar langsam zum Gebiet des "krummen Lebenslaufes" aber nicht zu dem eigentlichen Thema.

War jetzt vielleicht etwas zu theoretisch, bzw. ein paar Meta-Ebenen zu hoch. Gut, ich komme gleich zum Thema "Fernstudium und krumme Lebensläufe" zurück.

Danke.

Zuvor nur noch eine Bemerkung zu Ihrer Unterstellung:

Vermutlich haben Sie meine Stellungnahme dazu, wonach es da ein paar Zwischenstufen gibt, überlesen. Ich könnte Ihnen problemlos diverse Fehleinschätzungen meinerseits aufführen. Aber heißt es nicht immer wieder, man solle in die Zukunft blicken, statt über die Vergangenheit zu lamentieren?

Wenn ich mich nun informiere und erfahre, dass es in Deutschland als Tabu gilt, mit 40 noch mal was völlig Neues anzufangen, welchen Schluss soll ich Ihrer Meinung daraus ziehen: Aufgeben und Pfandflaschen sammeln gehen?

Es gilt nicht als Tabu aber mit 40 einen Neuanfang zu machen ist in Deutschland aber auch in anderen Ländern alles andere als einfach. Vor allem mit einem "krummen" Lebenslauf vorher. Zu glauben, dass das im Ausland einfacher ist und nur in D so schwer ist naiv. Man muss bedenken, dass gerade - zurück zum Thema - nach drei Jahren Studium es zwar für den Aussenstehenden bspw. dem Arbeitgeber, ein neuer Startpunkt sein könnte aber nicht sein muss. Auch wenn man selbst davon überzeugt ist endlich die richtige Linie gefunden zu haben brauche ich vor allem noch einmal eines: Jemand, der mir abnimmt, dass ich mein altes Leben abgestreift habe und damit ein geldliches Risiko auf sich nimmt, sich zu irren. Kurz - ich brauche in dem Moment jemanden, der mir traut und es mir zutraut.

Die Erfahrung zeigt aber leider auch, dass nur ein kleiner Teil der krummen Lebensläufe sich auch innerlich geradebiegen. Die meisten schmeißen recht schnell wieder die Flinte und als AG steht man wieder vor der nächsten Einstellung. Man kann Glück haben oder auch Pech, meist Pech. Ich hatte jetzt gerade bspw. sehr viel Glück als ich mich gegen den geraden Weg für einen etwas ungeraderen Kandidaten entschieden habe. Aber ich habe mich damit schwer getan meinem Gefühl zu vertrauen und gegen meinen Chef zu sprechen. Wäre das nach hinten losgegangen, dann wäre es auch negativ auf mich zurückgefallen.

Ich weiß auch nicht, wie Sie sich das vorstellen: Vor dem Studium schon mal anklopfen, ob man als alter Sack denn noch ein Praktikum bekommt. Meinen Sie, da erhält man eine ehrliche Antwort? So nach der Art: "Nee, über 30-Jährige kriegen bei uns kein Praktikum."

Ich glaube nicht, dass das gemeint war. Aber man sollte sich nicht der Illusion hingeben und glauben, dass nach dem Fernstudium auf einen die Welt gewartet hat. In viele Absolventenstrukturen im Unternehmen können ältere gar nicht so leicht integriert werden sondern das Risiko, dass durch diese Personen Unruhe ins Team kommt, bspw. dadurch dass ein wesentlich jüngerer Vorgesetzter das Team leitet, ist nicht von der Hand zu weisen. Allein durch die unbestrittende und in vielen Dingen gewünschte Lebenserwartung kann es zu leider auch sehr altklugem Verhalten kommen. Nicht immer ist man bereit ein solches Risiko einzugehen und dann evtl. noch Leute aus dem Team zu verlieren.

Zur Ausgangsfrage: Kann ein Fernstudium einen "krummen" Lebenslauf gerade biegen?

Wenn man diese Frage diskutiert, sollte man m.M.n. zunächst mal ein paar grundlegende Variablen beachten:

- wo (in Deutschland oder anderswo)

- in welcher Branche

- als Angestellter oder als Selbstständiger

- ...

Das ist natürlich völlig korrekt, wobei ich nicht der Meinung bin, dass sich soviele Unterschiede ergeben.

Wenn ich die Liste auch noch ergänzen darf - es ist auch eine sehr entscheidende Frage NACH dem bisherigem Lebenslauf, was man unter "krum" überhaupt versteht. Wer 20 Jahre von Aushilfsjob zu Aushilfsjob gehechtet ist und 5 verschiedene Ausbildungen und Studiengänge angefangen, manchmal u.U. sogar beendet hat, der hat andere Chancen als wenn jemand nach 10 Jahren feststellt, dass der kaufmännische Bereich nichts für einen war und deswegen noch einmal Graphik und Design studiert hat. Auch dieser Lebenslauf wäre, je nach betrachter, krum.

Dann könnte man fragen, wie die Aussichten konkret sind, statt schwarz-weiß zu unterscheiden zwischen "bringt was" und "bringt nix".

Meine weiter oben gestellte Frage, ob "alle" Personaler zu denken, ist so zu verstehen. Z.B. könnte es ja sein, dass kleinere, mittelständische Betriebe anders auf "krumme" Lebensläufe reagieren als große Konzerne, die sich ihre Mitarbeiter, trotz "Fachkräftemangel" aussuchen können.

Ich glaube niemand hat hier wirklich sich auf die Extrema gestellt. Aber ein Fernstudium oder auch ein Vollzeitstudium nach einigen Jahren des Umherirrens oder der Fehlentwicklung etc. ist eben nur der schon genannte Mosaikstein auf dem Weg zum Neuanfang. Für die Person selbst ist es der Neuanfang gewesen, für Aussenstehende aber nur der Start. Hier muss man stark zwischen Selbst- und Fremdbild unterscheiden. Aber festzuhalten bleibt, dass je verkorkster ein Lebenslauf vorher, desto schwieriger wird es sein, jemanden zu finden der einem so vertraut, dass ein Neuanfang möglich ist. Unternehmen müssen letztlich dazu tendieren ihr Geld möglichst zielführend einzusetzen, wenn sie überleben wollen. Einen Quer- oder Krumeinsteiger zu nehmen ist daher immer ein gewisses Risiko, was man nur eingeht, wenn man glaubt, dass der Gewinn das Risiko aufwiegt am besten noch übersteigt. Das ist übrigens überall in der Welt so, wo nicht andere Aspekte im Vordergrund stehen. In wie weit dabei ein gewisser kultureller Aspekt eine Rolle spielt sei mal dahingestellt.

Das der Mittelstand dem Ganzen offener gegenübersteht? Nicht per se. Das ist eher eine individuelle Frage dessen, der einstellt.

Ich denke, dass ein Fernstudium geeignet seien kann ein Startpunkt für die Begradigung zu sein. Ob es letztlich reicht ist eine völlig andere Frage. Ein "geht nicht, gibt es nicht". Falsch ist allerdings zu glauben, dass es dann die bösen Anderen sind, die mir keine Chance geben. Man kann seine Vergangenheit nicht löschen und natürlich spielt sie auch immer mit rein in die Entscheidung des Gegenübers. Worauf soll er auch seine Entscheidung stützen? Er kennt einen ja gar nicht. Erst wenn man sich bewiesen hat und beweisen konnte fängt das Studium dann an, den CV wirklich zu begradigen. Nicht eine Sekunde früher. Ob das im übrigen immer ein Fernstudium sein muss sei mal dahingestellt. Da gibt es auch noch andere Möglichkeiten.

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Es gilt nicht als Tabu aber mit 40 einen Neuanfang zu machen ist in Deutschland aber auch in anderen Ländern alles andere als einfach. Vor allem mit einem "krummen" Lebenslauf vorher. Zu glauben, dass das im Ausland einfacher ist und nur in D so schwer ist naiv.

Vielleicht ist es tatsächlich naiv. Zumindest glaube ich aber, dass es einen Unterschied macht, wenn in Bewerbungen das Alter nicht angegeben werden muss/darf. Dann bekommt nämlich wenigstens die Chance, zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.

Kurz - ich brauche in dem Moment jemanden, der mir traut und es mir zutraut.

Auch was die Kultur des Misstrauens betrifft, sehe ich da gewisse Unterschiede. Vielleicht auch naiv.

In viele Absolventenstrukturen im Unternehmen können ältere gar nicht so leicht integriert werden sondern das Risiko, dass durch diese Personen Unruhe ins Team kommt, bspw. dadurch dass ein wesentlich jüngerer Vorgesetzter das Team leitet, ist nicht von der Hand zu weisen.

Das ist natürlich ein Argument. Deshalb war/ist(?) mein Ziel auch eher, als Freelancer zu arbeiten. Da dürften solche Faktoren wohl eine deutlich geringere Rolle spielen. Soll im IT-Bereich ja nicht sooo einfach sein, das gleich nach dem Studienabschluss zu bewerkstelligen, aber viele schaffen es trotzdem.

Wer 20 Jahre von Aushilfsjob zu Aushilfsjob gehechtet ist und 5 verschiedene Ausbildungen und Studiengänge angefangen, manchmal u.U. sogar beendet hat, der hat andere Chancen als wenn jemand nach 10 Jahren feststellt, dass der kaufmännische Bereich nichts für einen war und deswegen noch einmal Graphik und Design studiert hat. Auch dieser Lebenslauf wäre, je nach betrachter, krum.

Sicher. Nach meinem Eindruck geht es aber gar nicht wirklich um "krumm" oder nicht krumm. Wieso ist ein Lebenslauf krumm, wenn jemand erst im kaufmännischen Bereich arbeitet und dann Design oder meinetwegen Psychologie studiert? Wenn jemand wie ich aber erst Geschichte, Soziologie, Journalistik studiert und anschließend Medieninformatik, dann ist der Lebenslauf krumm?

Der entscheidende Unterschied liegt doch wohl darin, dass eine kaufmännische Lehre als "solide" angesehen wird. Die Fähigkeiten, die man sich in einem geistes- oder sozialwissenschaftlichen Studium aneignet - sich schnell in neue Themengebiete einzuarbeiten z.B. - interessieren in Wahrheit nämlich niemanden - bei uns. Könnte auch mit der Kultur des Misstrauens und der Risikoscheu zusammenhängen.

Das der Mittelstand dem Ganzen offener gegenübersteht? Nicht per se. Das ist eher eine individuelle Frage dessen, der einstellt.

Das glaube ich auch. Ich könnte mir nur vorstellen, dass in kleineren Betrieben solche individuellen Aspekte überhaupt zum Tragen kommen können, d.h. in einigen. Oder anders herum: dass in Konzernen generell nach Schema F aussortiert wird.

Worauf soll er auch seine Entscheidung stützen? Er kennt einen ja gar nicht. Erst wenn man sich bewiesen hat und beweisen konnte fängt das Studium dann an, den CV wirklich zu begradigen. Nicht eine Sekunde früher. Ob das im übrigen immer ein Fernstudium sein muss sei mal dahingestellt. Da gibt es auch noch andere Möglichkeiten.

Das gilt aber doch in jedem Alter, oder? Ich habe mich übrigens schon darauf eingestellt, dass ich wohl mein zwar begrenztes, aber immerhin vorhandenes Vitamin B einsetzen muss, um mich zumindest mal als Werksstudent o.ä. beweisen zu können. Eine andere Möglichkeit in meinem Fall wäre, mich in 3D-Animation und -Rendering einzuarbeiten und in dem Bereich ein Praktikum zu machen (durch Vermittlung). Die Frage ist nur, was ich mache, wenn sich in zwei Jahren herausstellt, dass dieser Bereich leider tot ist. Daher bin ich bisher davon ausgegangen, dass ein einschlägiger Studienabschluss nicht schaden kann.

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Vielleicht ist es tatsächlich naiv. Zumindest glaube ich aber, dass es einen Unterschied macht, wenn in Bewerbungen das Alter nicht angegeben werden muss/darf. Dann bekommt nämlich wenigstens die Chance, zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.

Darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein. Wenn ich niemanden über 40zig gebrauchen kann, muster ich ihn eben beim Vorstellungsgespräch aus, ärger mich nur, dass ich Zeit verschwenden musste. Auf der anderen Seite besteht dann zumindest die grundlegende Möglichkeit für diese Person sich zu präsentieren. Allerdings ist es mit dem Alter Augenwischerei. Schon allein ein Blick in den CV verrät mir, selbst wenn die Stationen ohne Datum versehen sind, wie alt ungefähr der Bewerber sein muss. Ob es deswegen wirklich eine objektivere Auswahl gibt? Egal.

Auch was die Kultur des Misstrauens betrifft, sehe ich da gewisse Unterschiede. Vielleicht auch naiv.

Nein. Auch ein Amerikaner, der tendenziell eher risikofreudiger sein dürfte als der Standarddeutsche, wird jemanden mit einem krummen Lebenslauf nur eine Chance geben, wenn er sein Gewinnpotential entsprechend hoch einschätzt. Solche Typen findest Du auch hierzulande und auch in den USA würden Dich Die meisten AG zur Tür begleiten.

Das ist natürlich ein Argument. Deshalb war/ist(?) mein Ziel auch eher, als Freelancer zu arbeiten. Da dürften solche Faktoren wohl eine deutlich geringere Rolle spielen. Soll im IT-Bereich ja nicht sooo einfach sein, das gleich nach dem Studienabschluss zu bewerkstelligen, aber viele schaffen es trotzdem.

Und sehr viele scheitern früher oder später. Aus der Erfahrung von einigen selbstständigen Bekannten weiß ich, dass auch und besonders hier die Leute vielleicht gar nicht so auf einen geraden Lebenslauf wert legen aber auf einschlägige Erfahrung....die bei einem krummen Lebenslauf tendentiell eher fehlt. Aber auch hier ist natürlich nichts unmöglich und alles Toyota.

Sicher. Nach meinem Eindruck geht es aber gar nicht wirklich um "krumm" oder nicht krumm. Wieso ist ein Lebenslauf krumm, wenn jemand erst im kaufmännischen Bereich arbeitet und dann Design oder meinetwegen Psychologie studiert? Wenn jemand wie ich aber erst Geschichte, Soziologie, Journalistik studiert und anschließend Medieninformatik, dann ist der Lebenslauf krumm?

Aus Sicht eines Aussenstehenden ist der Lebenslauf nicht mit einem roten Faden versehen oder nicht geradlinig sondern auf einen Quereinstieg ausgerichtet. Von daher ist auch das Beispiel mit dem kfm. Bereich ein "krummer" Lebenslauf aus der Sicht aber für einen Einstieg vielleicht besser geeignet weil er trotzdem eine gewisse Beständigkeit zeigt - wenn man mal die Arbeitgeberbrille aufsetzt. Aber auch diese Person wird so ihre Schwierigkeit haben in Zukunft als Graphiker unterzukommen. Wenn ich jetzt aber jemanden habe - sorry wenn ich jetzt Dich als plakatives Beispiel nehme - der fröhlich in der Gegend rumstudiert und u.u. in vier Fächern einen Abschluß aber kaum Erfahrung mitbringt, dann habe ich natürlich Angst, dass diese Person nicht so genau weiß, was sie eigentlich will und mir nach zwei Jahren wieder abspringt. Diese Sorge würde sich dann noch steigern, wenn Du viele der Studiengänge abgebrochen hast. Dein Vorteil läge jetzt in einer Stelle, wo man möglichst viel der jeweiligen Studiengänge brauchen kann. Das dürfte aber nicht so ganz häufig sein.

Der entscheidende Unterschied liegt doch wohl darin, dass eine kaufmännische Lehre als "solide" angesehen wird. Die Fähigkeiten, die man sich in einem geistes- oder sozialwissenschaftlichen Studium aneignet - sich schnell in neue Themengebiete einzuarbeiten z.B. - interessieren in Wahrheit nämlich niemanden - bei uns.

Das würde ich ganz schnell bestreiten wollen. Es ist zwar in der Tat richtig, dass Geistes- oder Sozialwissenschaftler nicht unbedingt immer den geradesten Weg in den Beruf haben aber in den meisten Fällen kommen sie unter. Tendentiell müssen die vielleicht nur etwas flexibler sein in der Jobwahl. Das typische Soziologe = Taxifahrer ist ja auch mehr Vorurteil als Fakt. Übrigens kenne ich mehr BWLer mit krummen Lebensläufen als Sozialwissenschaftler. Sogar einige die es nach dem WP-Examen noch geschafft haben ihn zu verkorksen und das ist schon im gewissen Rahmem Kunst.

Das glaube ich auch. Ich könnte mir nur vorstellen, dass in kleineren Betrieben solche individuellen Aspekte überhaupt zum Tragen kommen können, d.h. in einigen. Oder anders herum: dass in Konzernen generell nach Schema F aussortiert wird.

Kommt drauf an. Auf eine typische Absolventenstelle, wo die Vorauswahl durch die Personalabteilung gemacht wird, weil 5 Stellen und hundert Bewerber daliegen, ja. Da kann es zu Schema F in einer Vorauswahl kommen. Ansonsten bei den normalen und typischen Stellen eher nicht. Was aber nicht heißen muss, dass der Stelleninhaber und -besetzer nicht nach dem persönlichen Schema F vorgeht...das allerdings ist egal ob Multinationaler Konzern oder KMU.

Eine Schema F Vorauswahl gibt es allerdings auch durchaus in den KMU - wenn die Sekretärin oder der Personaler gebeten wird eine passende Vorauswahl zu treffen.

Das gilt aber doch in jedem Alter, oder? Ich habe mich übrigens schon darauf eingestellt, dass ich wohl mein zwar begrenztes, aber immerhin vorhandenes Vitamin B einsetzen muss, um mich zumindest mal als Werksstudent o.ä. beweisen zu können. Eine andere Möglichkeit in meinem Fall wäre, mich in 3D-Animation und -Rendering einzuarbeiten und in dem Bereich ein Praktikum zu machen (durch Vermittlung). Die Frage ist nur, was ich mache, wenn sich in zwei Jahren herausstellt, dass dieser Bereich leider tot ist. Daher bin ich bisher davon ausgegangen, dass ein einschlägiger Studienabschluss nicht schaden kann.

Ja - natürlich gilt es in jedem Alter. Ist der "Beweis" da, geht es gerader und einfacher weiter. Ob ein Praktikum aber dafür ausreicht? Das ist wie das Studium nur einen Anfang.

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Es gilt nicht als Tabu aber mit 40 einen Neuanfang zu machen ist in Deutschland aber auch in anderen Ländern alles andere als einfach. Vor allem mit einem "krummen" Lebenslauf vorher. Zu glauben, dass das im Ausland einfacher ist und nur in D so schwer ist naiv.

Selrsamerweise geht es in anderen Ländern tatsächlich einfacher. Da kann man in Amerika noch mit 50 gute jobs bekommen, während hier vorher schluß ist. Auch mit ungraden Lebenslauf geht es da leichter.

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Selrsamerweise geht es in anderen Ländern tatsächlich einfacher. Da kann man in Amerika noch mit 50 gute jobs bekommen, während hier vorher schluß ist. Auch mit ungraden Lebenslauf geht es da leichter.

Jedi - woraus schliesst du das bitte - hast du da eine Statistik? In den USA liegt die Arbeitslosenquote bei 8, 3 Prozent, das sind 12, 8 Millionen Menschen. Seit Jahren ist Arbeitslosigkeit ein Nummer eins Thema in den Staaten, das Schlagwort von 'poor, though working', also von Leuten die zwei oder mehr Jobs annehmen müssen um überhaubt irgendwie durchzukommen, ist in den USA geboren worden. Ich habe wirklich Schwierigkeiten da zu glauben, dass man ausgerechnet da mit einem krummen Lebenslauf eine Chance auf 'gute Jobs' hat.

Ganz davon abgesehen, dass das ja jemandem, der nicht im Besitz der US Staatsbürgerschaft oder einer Green Card ist, also wahrscheinlich den meisten hier, ja auch nichts hilft.

Oder verstehe ich falsch und du meinst: in den Staaten mit über 50, aber jenseits der eingangsfrage 'krummer Lebenslauf'? Das stimmt tatsächlich. Wenn man eine gute Ausbildung, plus Berufserfahrung, langjährige, hat, dann geht das. Ich behaupte aber, dass das in der Preisklasse auch in Deutschland geht. Mit krummen Lebenslauf und über 50 ist es in den Staaten genauso schwer wie überall.

Ich hatte im letzten Job einiges mit US-Soldaten zu tun. Offizieren, die sich während ihrer aktiven Dienstzeit via Fernuni weitergebildet haben - die US-Army ist da sehr gut drin, es gibt finanzielle Hilfen fürs Fernstudium und so weiter. Und es gibt Anreize von Staatsseite, Veteranen einzustellen. Und trotzdem klappt das nicht so einfach und so gut.

Ich fürchte einfach, das Land, wo jobmässig die Zitronen blühen - das gibt es einfach nicht. Was nach wie vor nicht heissen soll, das Jobwechsel nicht drin sind, Weietrbildung quatsch ist und man sich nur die Kugel geben kann. Im Spiegel ist gerade ein Artikel über 'Wechsel nach vierzig'. Natürlich kann es klappen. http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/0,1518,820220,00.html

Wichtig sind aber eben: gute Planung. Eine Idee, was man will und wie man da hin kommt. Mut. Und im Zweifelsfall Ausdauer.

Was sicherlich nicht hilft (beim Jobwechsel so wenig wie sonstwo im Leben): Nörgeln, warten bis Dinge von selbst passieren und glauben, dass immer die Anderen / die Umstände schuld sind. Man darf mal jaulen. Man darf auch mal aufs 'System' schimpfen, sicherlich. Aber das Problem, was ich sehe, wenn ich 'den Anderen' die Schuld gebe ist, dass ich mir dann ja wirklich nur die Kugel geben kann. Wenn ich an 'den Umständen' scheitere, dann scheitere ich ja immer weiter, denn die Umstände, die kann ich nun mal nicht ändern.

Mich aber schon.

(Gott, ich wusste gar nicht, wie optimistisch ich eigentlich bin!!! :ohmy:;) )

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Darüber kann man unterschiedlicher Meinung sein. Wenn ich niemanden über 40zig gebrauchen kann, muster ich ihn eben beim Vorstellungsgespräch aus, ärger mich nur, dass ich Zeit verschwenden musste.

Natürlich wird der Einfluss von Faktoren wie Alter, Geschlecht, Religionszugehörigkeit, Nationalität nicht völlig ausgeschaltet. Einen Effekt gibt es trotzdem. Das hat erst vor kurzem eine Studie in Frankreich (?, meine ich) ergeben, wo man einen Modellversuch dazu gestartet hat. Die Bewerbungen für diverse Großunternehmen gingen an eine zentrale Stelle, wo sie dann anonymisiert wurden. D.h., auch bei den Einstellungen gab es letztlich einen Effekt, also weniger Diskriminierung.

Nein. Auch ein Amerikaner, der tendenziell eher risikofreudiger sein dürfte als der Standarddeutsche, wird jemanden mit einem krummen Lebenslauf nur eine Chance geben, wenn er sein Gewinnpotential entsprechend hoch einschätzt. Solche Typen findest Du auch hierzulande und auch in den USA würden Dich Die meisten AG zur Tür begleiten.

O.k., es ist spekulativ, ob man in den USA mehr solcher Arbeitgeber findet. Ich glaube schon. Aber belassen wir es dabei.

Wie gesagt, ich kann es gut nachvollziehen, dass Arbeitgeber sich Sorgen um das Betriebsklima machen, wenn ältere Mitarbeiter sich in einem jüngeren Team unterordnen sollen. Ich bezweifle nur, ob die Einschätzung des Gewinnpotenzials wirklich immer so objektiv erfolgt. Wie ebenfalls schon gesagt, ich halte die in Deutschland verpönten Eignungstests da für mindestens genau so hilfreich wie die hier so beleibten, teils esoterisch angehauchten Psychotests.

Zur Ermittlung des Gewinnpotenzials ein Beispiel: Ein guter Bekannter von mir, der ebenfalls einen recht krummen Lebenslauf hat.

In Kurzform: Abi, Studium zum Übersetzer (FH) mit geringem Einsatz und mäßigem Abschluss, danach keinen Bock mehr drauf; mehrere Jahre Jobben auf dem Golfplatz (gute Bezahlung), im Winter Statsknete; dann kurz vor der Y2K-Euphorie Weiterbildung zum IT-Fuzzi (von vielem ein bisschen Ahnung, von nichts wirklich); zwei, drei Jahre als Programmierer gearbeitet und dabei nach eigener Aussage viel Mist gebaut; anschließend in derselben Firma etliche Jahre als Übersetzer technischer Dokumentationen tätig.

Vor einem halben Jahr oder so bewirbt er sich bei einer anderen Fa. als Übersetzer. Die versuchen ihn zu überreden, ob er sich nicht vorstellen könne, doch noch mal zu programmieren. Er: eher weniger. Der Personaler: vielleicht überlegen Sie es sich noch. Dürfen wir Sie später noch mal anrufen? ...

Wäre es für dieses Unternehmen nicht schlauer, einen ein oder zwei Jahre jüngeren Informatik-Absolventen (mich z.B., wenn ich denn schon fertig wäre ;) ) zu verpflichten, als jemanden, der ausdrücklich sagt, dass ihm Programmieren nicht liegt und der das schon seit zehn Jahren nicht mehr gemacht hat?

O.k., vielleicht ein Einzelfall. Ich vermute allerdings, dass es mehr darum geht, dass mein Bekannter nun schon etliche Jahre scheinbar zielstrebiger Berufstätigkeit nachweisen kann. Umgekehrt ist es ja so, dass Leute, die länger als ein oder zwei Jahre arbeitslos sind, quasi als nicht vermittelbar gelten. Als Ausschuss. Mit einer rationalen Einschätzung des Gewinnpotenzials hat das wenig zu tun.

Ach ja, nur damit wir nicht aneinander vorbeireden: Ich habe bisher "nur" zwei Studiengänge absolviert und beide abgeschlossen, einer davon ein Magister mit drei Fächern (von denen ich nur zwei erwähnt habe).

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Natürlich wird der Einfluss von Faktoren wie Alter, Geschlecht, Religionszugehörigkeit, Nationalität nicht völlig ausgeschaltet. Einen Effekt gibt es trotzdem. Das hat erst vor kurzem eine Studie in Frankreich (?, meine ich) ergeben, wo man einen Modellversuch dazu gestartet hat. Die Bewerbungen für diverse Großunternehmen gingen an eine zentrale Stelle, wo sie dann anonymisiert wurden. D.h., auch bei den Einstellungen gab es letztlich einen Effekt, also weniger Diskriminierung.

Hier dazu ein eher ernüchternder Artikel, den ich für meine Xing-Gruppe gefunden und übersetzt habe und den ich hier mal einstelle:

Hallo!

Vielleicht interessiert es ja: Im Osterurlaub in Frankreich habe ich einen Artikel im "Observateur" gefunden mit der Überschrift "Muss man den anonymen Lebenslauf begraben?"

Hier eine private Übersetzung:

Er war im Prinzip die absolute Waffe gegen Diskriminierung. Die Wirksamkeit des anonymen Lebenslaufes schien selbstverständlich. Die Sozialisten schrieben ihn in ihr Programm und sebst rechts plädierten einige Stimmen - die von Yazid Sabeg, Commisaire à la Diversité, oder die graue Eminenz des Arbeitgeberverbandes, Claude Bébéar.

Jedoch kamen Zweife auf. Dieses Werkzeug des anonymen CV benachteiligt die Bewerber mit Migrationshintergrund oder aus sozial schwierigen Stadtteilen. Ohne ihren Namen, Adresse, Alter oder Geschlecht in ihrem Lebenslauf hatten sie weniger Chancen, ein Vorstellungsgespräch zu bekommen. Das zeigen zur allgemeinen Überraschung die ersten Ergebnisse einer breit angelegten Erhebung durch die Crest (statistisches Amt), die l'École d'Economic de Paris und der Pôle Emploi, an der 1000 freiwillige Unternehmeh teilgenommen haben.

Es ist jedoch nicht gesagt, dass diese Untersuchung endgültig diese Form der Bewerbung verwirft, die schon von mehreren großen Arbeitgebern und einigen Mittelständlern angewendet wurde. Luc Behaghel, einer der Wissenschaftler, mahnt zur Vorsicht. "Die Unersuchung wurde nur mit Unternehmen geführt, die freiwillig teilgenommen haben. Man könnte denken, das sie - sensibilisierter als andere über die Bedeutung von Diversifizität bei der Rekrutierung - offener gegeüber Kandidaten mit Migrationshintergrund oder schwierigem Wohnumfeld sind. Nicht aus Gutmütigkeit, sondern auch, weil sie denken, dass Bewerber, die viele Hindernisse überwinden mussten, besser seien."

Es ist ebenfalls wahrscheinlicher, dass diese Firmen toleranter mit "zusammengestoppelten" Lebensläufen mit Lücken sind, wenn man den Ursprung der Bewerber kennt.

Und dann zeigt die Untersuchung doch die Nützlicheit dieses Werkzeuges "anonymer CV" gegen wenigstens eine Tendenz beim Recruiting: die Tendenz nämlich, Menschen zu rekrutieren, die einem selbst ähnlich sind. Männer wählen Männer aus, Frauen wählen Frauen, Wenn nur dieser eine Grund bleiben würde, dann würde der genügen, nicht zu schnell den anonymen CV aufzugeben, für den man 2006 gestimmt hat, der aber immer noch auf seine Ausführungsbestimmungen wartet

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