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Ist es möglich, in wissenschaftlichen Arbeiten zu 100% korrekt zu zitieren?


Dadi

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Es könnte doch immerhin sein, dass der Begriff "korrekt" in verschiedenen Epochen unterschiedlich gefüllt war, oder? Heute gilt vieles als korrekt, was vor 30 Jahren noch jenseits von Gut und Böse war. Oder umgekehrt!

Das ist aber nicht bei Plagiaten so. Plagiate waren zumindest vor 20 Jahren nach meiner eigenen Erfahrung nicht mit wissenschaftlichem Arbeiten vereinbar, und nach allen ernstzunehmenden Aussage auch vor 30 oder 40 Jahren. Dieser eine Mensch, der anläßlich der Probleme von Frau Schavan erzählt hat, dass früher in den Geisteswissenschaften Plagiate gang und gäbe waren, hat es damit zwar durch den Blätterwald geschafft, ihm wurde aber von allen seriösen Fachvertretern klar wiedersprochen. Allerdings passt, man sieht das ja auch hier, dieses "früher hat das jeder gemacht" ins allgemeine Bild des Verharmlosens, und deswegen wird es lieber gehört als die Wahrheit.

Siehe z. B.

http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/wissenschaft-in-den-siebzigern-interview-mit-manfred-g-schmidt-a-913951.html

http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/fachliteratur-aus-den-siebzigern-staerkt-vorwuerfe-gegen-annette-schavan-a-881096.html

http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/plagiatsfall-chatzimarkakis-oxford-als-ausrede-a-773276.html

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Ich glaube, ich muss doch noch mal suchen, wo ich das gefunden hatte.

Gegen den Vorwurf (den ich aus Ihrem Posting herauslese), ich würde irgendetwas verharmlosen, verwahre ich mich. Ich will nichts verharmlosen, mir geht es darum, eine Angelegenheit auch im historischen Kontext zu sehen.

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Ok, sorry, aber dann ist die Diskussion beendet. Plagiate waren "früher" (d. h. in den 70er und 80er Jahren) nicht üblich, die Regeln korrekten wissenschaftlichen Arbeitens ließen ungekennzeichnete Zitate (insbesondere wörtliche) nicht zu. Das steht außer Frage.

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Ja, da kann ich mich stefhk3 nur anschliessen. Ich habe 1994 ein geisteswiss. Studium begonnen. In den ersten Semestern habe ich die Methoden wiss. Arbeitens über ein Buch kennen gelernt, das in der Erstauflage 1976 erschienen ist (ich habe gerade nochmal nachgeforscht, Gundolf Seidenspinner: Wissenschaftliches Arbeiten, http://www.amazon.de/Wissenschaftliches-Arbeiten-Gundolf-Seidenspinner/dp/3478713102/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1380551180&sr=8-1&keywords=Wissenschaftliches+Arbeiten+Gundolf+Seidenspinner%3B)

Einer der wichtigsten Begriffe war hier die "wissenschaftliche Redlichkeit", der ganz gut illustriert, wie alt diese Regeln sind, denn der Begriff "Redlichkeit" ist aus dem allgemeinen Sprachgebrauch ja längst verschwunden.

Hier möge kein Promovierter heute behaupten, diese wissenschaftlichen "Spielregeln" seien damals nicht bekannt gewesen. Wer damals eine Doktorarbeit begonnen hat, der kannte diese Regeln oder hätte sie kennen müssen, denn der Sinn einer Dissertation besteht ja gerade darin, die Fähigkeit zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit nachzuweisen (so oder ähnlich steht es wohl in den meisten Promotionsordnungen.)

Der Verweis auf den "historischen Kontext", der hier diskutiert wird, bezieht sich doch wohl eher darauf, dass man damals nicht ahnen konnte, wie einfach der Nachweis unredlichen Verhaltens durch die automatische Informationsverarbeitung später werden würde. ("Konnte ja keiner wissen, deshalb war es halt so üblich"). Das erinnert etwas an den Verbrecher, der bei der Tat vor zwanzig Jahren seine DNA hinterlassen hat und sich jetzt darüber beschwert, dass er dadurch nun doch noch überführt wird. Konnte damals ja noch keiner ahnen. Das kann aber höchstens eine Erklärung sein und keine Rechtfertigung.

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Ich lese hier in den beiden letzten Postings nur Unterstellungen, was meine Meinung zum Thema "Korrekt zitieren" angeht. Die Betrachtung einer Sache im "historischen Kontext" ist etwas ganz anderes als das griffige, leider aber absolut nicht passende Beispiel mit dem Verbrechen und der DNA.

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Hallo Frau Kanzler,

Sie hatten ja geschrieben, dass Sie den Verweis auf den "historischen Kontext" aus einem Zeitungsartikel entnommen haben:

Ich habe vor ein paar Monaten (im Rahmen der Debatte über Frau Schavan) einen Artikel gelesen, in dem dargelegt war, dass man Dissertationen und den Umgang mit Quellen darin auch auf dem Hintergrund der Zeit sehen müsse, in der sie geschrieben wurde. So sei das, was Frau Schavan vorgeworfen wird, zum damaligen Zeitpunkt allgemeine Praxis gewesen.

(..)

Wo ich das gelesen habe, weiß ich nicht mehr so genau. In Frage kommen die FAZ oder die ZEIT.

Das habe ich gelesen und verstanden. Daher sind meine Worte auch nicht als Unterstellungen Ihnen gegenüber zu verstehen, sondern sie richten sich gegen alle diejenigen, die sich diese (für mich nicht nachvollziehbare) Argumentation zu eigen machen. In der Sache bleibe ich aber bei meiner Kritik. Auch wenn es damals "allgemeine Praxis" gewesen sein mag, ein wenig zu schummeln, ist das keine Rechtfertigung. Es ist auch allgemeine Praxis im Straßenverkehr immer knapp schneller zu fahren, als erlaubt. Wer erwischt wird, muss dann aber eben die Konsequenzen tragen und kann sich nicht darauf berufen, dass andere es auch machen. Die Regeln sind und waren eben bekannt.

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Sie legen die Regeln nach dem jetzigen Gebrauch aus und bewerten sie entsprechend. Das sagt noch nichts darüber aus, wie Begriffe vor 30, 40, 100 oder 500 Jahren gebraucht und bewertet wurden. Genau darum geht es mir, nicht mehr und nicht weniger.

Vielleicht ist das alles zu nah, um als "historisch" wahrgenommen zu werden. Dennoch muss man Bücher, Bewertungen, Gesetze, Reaktionen auf Ereignisse immer auch (!) im Kontext der Zeit bewerten, in der sie stattgefunden haben. Denn aus heutiger Sicht kennen wir den Fortgang der Ereignisse, der Technik, der Geschichte. Dieses Wissen fehlt demjenigen, der vor 30 Jahren etwas geschrieben hat.

Das hat erst einmal nichts damit zu tun, rückwirkend alles zu entschuldigen. Aber es hat viel zu tun mit der Tendenz, ganz schnell aus voller Brust "Kreuziget ihn!" zu rufen und sich damit auf der Seite des Guten und Gerechten zu wähnen.

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es gibt auch im wissenschaftlichen Schreiben mehr als schwarz und weiß: wenn jemand häufig wortwörtlich abschreibt und die Gänsefüssschen und Fußnoten "vergisst", kann man davon ausgehen, dass es sich um ein Plagiat handelt. Und wenn jemand sich ausführlichlich über eine bestimmte Theorie auslässt, und dabei in Ausdrucksweise einem anderen Autor ähnelt? wenn am Schluss, aber nicht nach jedem Satz Quellen genannt werden? Absicht = Plagiat oder "nur" Fehler?

ich sehe die Unterschiede nicht nur im historischen Kontext, sondern könnte mir vorstellen, dass es auch zwischen den verschiedenen Unis und sogar zwischen den verschiedenen Lehrstühlen Unterschiede gibt: der eine Prof wird's ganz genau nehmen, der andere sieht's vielleicht nicht ganz so eng.....und wenn der Prof - vielleicht sogar auf Nachfrage - sagt, das ist ok so, wieso sollte der Doktorant es dann anders sehen? es gibt häufig auch die Kritik, dass medizinische Dissertationen im Vorbeigehen geschrieben werden können.....

die Doktorarbeit von Guttenberg war ein Plagiat - da waren sich eigentlich alle einig. Bei Schavan gab es wohl unterschiedliche Ansichten, bei Steinmeier wohl auch.

ich will hier niemanden verteidigen und ich weiß, wie wichtig korrektes zitieren ist. Aber manchmal habe ich den Eindruck, dass es sich mittlerweile um eine Hexenjagd handelt - dass man die Dissertationen nach dem Goldstandard misst. Und möchten wir wirklich in einer solchen Gesellschaft leben?

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Im konkret genannten Fall (Dissertation A. Schavan) geht es doch um die Regeln und Begriffe von vor 30 Jahren, und nicht vor 100 oder 500 Jahren. Und da galten für wissenschaftliches Arbeiten in den Geistes- und Sozialwissenschaften grundsätzlich die gleichen Regeln wie heute. Das ist aus meiner Sicht unzweifelhaft belegt. Man hat damals vielleicht noch von Hand geschrieben und die eigene Arbeit später abtippen lassen, aber das ändert doch an der Sache nichts.

Was Sie mit dem "Fortgang der Ereignisse, der Technik, der Geschichte" sagen wollen, leuchtet mir -ehrlich gesagt- nicht ein.

Und ja, ich bin sehr wohl der Meinung, dass es richtig ist, schwere Fälle des Wissenschaftsbetrugs *) auch aufzudecken und die Schuldigen zu "kreuzigen", d.h. diese Fälle ggf. durch Aberkennung der erlangten Grade zu ahnden. Wenn solche Blender wie ein Herr Guttenberg **) mal so nebenbei eine Dissertation anfertigen lassen und sich einen Doktorgrad erschleichen, ohne den Inhalt der eigenen Arbeit im Detail zu kennen, dann ist das einfach ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die ehrlich und im Sinne der wissenschaftlichen Redlichkeit arbeiten. Wahrscheinlich sind hier im Forum viele Studierende, die für ihre vergleichsweise unbedeutenden Haus-, Seminar-, Bachelor- oder Diplomarbeiten mehr Zeit und Aufwand investiert haben, als dieser für seine Dissertation.

Wo kämen wir denn hin mit dem Wissenschaftssystem, wenn wir solche Betrüger gewähren lassen?

*) Es geht hier nicht um einzelne "handwerkliche Fehler". Wer an einigen wenigen Stellen mal ein Anführungszeichen vergessen hat, ist damit nicht gemeint. Es geht hier darum, die Gedanken Dritter als die Eigenen auszugeben.

**) Im Falle Schavan kann und werde ich mir kein Urteil erlauben, mit deren Dissertation habe ich mich nicht tief genug beschäftigt.

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*) Es geht hier nicht um einzelne "handwerkliche Fehler". Wer an einigen wenigen Stellen mal ein Anführungszeichen vergessen hat, ist damit nicht gemeint. Es geht hier darum, die Gedanken Dritter als die Eigenen auszugeben.

das mein ich ja: wenn jemand eindeutig betrügt - wie Guttenberg - sollte man keine falsche Gnade walten lassen. Aber es gibt Unterschiede. Ich möchte mich hier jetzt nicht auf eine einzelnen Arbeit festlegen. Aber es gibt absichtlichen Betrug, es gibt die Einstellung "ich lass es mal drauf ankommen und mach es mir möglichst leicht" und es gibt absichtlose, versehentliche Fehler. Und die Unterschiede sind nicht immer trennscharf zu erkennen. Da kann auch die Einstellung des Betreuers/Profs eine Rolle spielen oder die Kultur an der jeweiligen Hochschule. Und ein Urteil zu treffen zwischen "Richtig" und "Falsch" ist nicht mehr so einfach

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