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ADHS und Fernstudium


tassilop

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Als ich vor fast 20 Jahren mit Fernlehrgängen begann, dachte ich mir noch, dass ich den Kurs, damals C++-Programmierer bei der SGD, für mein berufliches Weiterkommen absolviere und mir war nicht klar, dass ich das Medium "Fernlehrgang" benutzt habe, weil der Standard-Bildungsweg, den unsere Gesellschaft bietet und auch fordert, nicht der meine ist. Als ich beispielsweise von der Hauptschule zur Realschule wechseln wollte, hieß es, dass ich das sowieso nicht schaffen würde, mit einem Durchschnitt von 3. Ich bewältigte die Realschule an der Grenze zum Scheitern, also innerhalb von 4 Jahren mit einem Disziplinarverfahren, das fast den Ausschluss zur Folge hatte. Dies wurde nicht besser. Eine spätere Ausbildung und ein Studium brach ich ab und stand dann vor den Trümmern meiner gescheiterten Ausbildung. Ich wählte den Weg des Quereinsteigers und begann den Fernlehrgang zum C++-Programmierer, den ich aber ebenfalls abbrach. Ich versuchte es ein zweites Mal bei der ILS und brach den zweiten Versuch wieder ab. Hoffnungslosigkeit und Selbstzweifel, aufgrund der schlechten Aussichten und der Einschätzung meiner Umgebung, ich sei nur "Chronisch Faul", dominierten mein Leben. 1999 führten diese Selbstzweifel dazu, dass ich mit aller Macht ein Fernstudium bei der privaten Fernfachhochschule Darmstadt zum Informatiker durchführen wollte. Das Studium dauerte bis 2005 und zeigte mir, dass ich die Selbsteinschätzung "Faulheit" in "Vermeidung von Schmerz" umwandeln musste, denn der Zwang zum Lernen, überführte die nebulöse Hemmung, die als Faulheit identifiziert wurde, in körperlichen Schmerz, den ich nicht mehr als Faulheit abtun konnte. Ich lag des Öfteren während oder nach dem Lernen auf dem Boden und krümmte mich vor körperlichem Schmerz. Trotzdem zog ich das Studium durch. Dies gelang mir aber nur, weil ich aufgrund meiner Erfahrungen als Quereinsteiger eine Software entwickeln konnte, mit der ich die Lehrbriefe schrittweise auswendig lernte, also erst den jeweiligen Absatz wortwörtlich schriftlich wiederholte und anschließend in mehreren Stufen mit eigenen Worten wiedergab, bis ich den Inhalt verinnerlicht hatte. Die Antworten ordnete ich in verschiedene Wissensstufen ein, wie "Weiß ich nicht" oder "Gewusst Stufe 1". Bei der Software handelte es sich um ein Karteikartensystem für Fernlehrgänge. So gelangte ich an den Kern der Aussagen und konnte mir dann eigene Gedanken dazu machen.

Im Moment absolviere ich wieder einen Fernkurs zum Java-Programmierer. Der Schmerz ist nicht mehr vorhanden und die Hemmung hat ein "normales" Maß erreicht.

Dies verdanke ich den Erfahrungen des Studiums und der folgenden Entwicklung eines Systems zum Wissensmanagement, welches ich auch für die Bewältigung des Kurses und vorheriger Kurse benutze und benutzt habe. Das System verwirklicht aktuelle Erkenntnisse der Informatik in Bezug auf Wissensmanagement und kann dem Themenbereich "Semantic Web" oder "Web 3.0" zugeordnet werden.

Es zeichnet sich dadurch aus, dass zu allen Informationen im System Assoziationen erzeugt werden können, zu denen wiederum Assoziationen erzeugt werden können. So entstehen nahezu endlose Ketten von Assoziationen. Diese Assoziationen sind auch für Computer zu einem bestimmten Maß verständlich, wodurch berechnet, gruppiert, gefiltert und gesucht werden kann. Dadurch entsteht eine wesentlich bessere Unterstützung bei der Erkenntnisfindung mit Hilfe von Computern, als es alle von mir bisher getesteten Methoden und Werkzeuge ermöglichten. Diese Werkzeuge waren beispielsweise Papier und Stift, Farbstifte, Gliederungen, Diktiergeräte oder Mind-Maps.

Mir hilft das System beim Lernen, aber auch beim Arbeiten oder beim Verwalten meiner Fotos und mp3s, weil es erlaubt, die scheinbar unumstößlich Wahrheit zu umgehen, dass man sich bei der zielorientierten Erkenntnisgewinnung, wie dem Lernen, auf das wichtige konzentrieren muss. Das System erlaubt, alle Assoziationen, die in einem bestimmten Zusammenhang entstehen, zu "notieren" und hilft teils automatisch dabei, den "roten Faden" nicht zu verlieren, unterstützt mich also im Nachhinein bei der Trennung von Wichtig und Unwichtig.

Das Format "Fernstudium" erlaubt die Anwendung solcher Werkzeuge und Methoden, weil sie im allgemeinen Zwischenmenschlichen Umgang nicht akzeptiert werden und damit nur im "Stillen Kämmerchen" möglich sind. Diese Erfahrung muss ich leider immer noch bei der Arbeit mit dem System machen. Wenn ich die Arbeit mit dem System nicht weitgehend verberge, wird mir Zeitverschwendung oder Eigennutz vorgeworfen.

Das beschriebene Phänomen nennt sich ADHS und wird landläufig als Krankheit bezeichnet. Ich bezeichne es als Symbol für eine Gesellschaft, die nicht in der Lage dazu ist, über Ihren Horizont hinaus zu denken und deshalb Integration hier nur über Medikamente und Psychotherapien betrieben werden kann, also in Form der gewaltsamen Anpassung des Individuums an diese Gesellschaft. ADHS ist für mich eine andere Art zu Denken und erfordert deshalb andere Werkzeuge für zielorientierte und komplexe Erkenntnisgewinnung!

Wer mehr wissen will, hier ein Blogeintrag meines Blogs zu den Erfahrungen mit diesen neuen Werkzeugen der Erkenntnisgewinnung:

Ontologischer Zwischenbericht meines Fernkurses “Geprüfte/r Java-Programmierer/in (ILS)”

Um jetzt Missverständnisse zu vermeiden. Das System hat keinen kommerziellen Grad erreicht, sondern befindet sich noch im Vorstadium und erfordert noch viel Arbeit, bis ein kommerzieller Grad erreicht ist. Ich will also hier kein kommerzielles Marketing betreiben. Auch bin ich völlig alleine, weil ich bis jetzt niemanden gefunden habe, der an der Weiterentwicklung solcher Werkzeuge interessiert ist.

Falls aber jemand interessiert daran ist, diese Art der Erkenntnisgewinnung zusammen mit mir zu erkunden, hier meine Email-Adresse:

tassilok@gmx.de

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Hallo tassilop,

schön, wieder von dir zu lesen und es freut mich, dass du für dich einen Weg gefunden bzw. ein System entwickelt hast, mit dem du gut lernen kannst.

Ich habe mir deinen Beitrag hier ausführlich durchgelesen und den verlinkten Blogbeitrag auch angeschaut. Ich habe verschiedene Module gesehen, die zum Beispiel die Struktur der Studienbriefe wiedergeben, ein Feedback zum Lernstand, zu den bearbeiteten Einsendeaufgaben oder auch zu den Lernstunden ermöglichen.

Insgesamt ein Paket, dass viele Funktionen und Informationen zusammenfasst, die sonst vermutlich an verschiedenen Stellen verstreut erfasst oder erledigt werden.

Noch nicht ganz klar geworden ist mir, wie du jetzt eigentlich lernst bzw. was da die Besonderheit deiner Methode ist. Vermutlich verbirgt sich das in dem Ontology-Module, das in dem Blogbeitrag nur sehr kurz beschrieben wird? Wenn du möchtest, erläutere das doch noch etwas ausführlicher, wie du zum Beispiel beim Lernen eines Kapitels aus einem Studienbrief konkret vorgehst bzw. durch die Software unterstützt wirst.

Viele Grüße

Markus

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Hallo Markus,

Mit dem Ontology-Module liegst du richtig, es ist einer der großen Unterschiede zu klassischen Informationssystemen. Mit ihm und der darunter liegenden Datenbank, einer ontologischen Graphendatenbank, entstehen ganz neue Möglichkeiten.

Dadurch wird es möglich, Verknüpfungen zwischen Informationsbestandteilen zu generieren, die die Informationen in meine persönliche Lebensrealität besser integrieren. Ich benutze beispielsweise Begriffe der Klasse "Allgemeine Softwareentwicklungselemente", die den einzelnen Abschnitten in den Lehrbriefen zugeordnet sind auch in meiner täglichen Arbeit als Entwickler. Damit entstehen einheitliche Terminologien im täglichen Arbeiten und eine Verknüpfungen mit anderen Teilen meines Lebens. Die Inhalte der Lehrbriefe werden optimaler in meine Lebensrealität integriert. Ich hab das beispielsweise auch schon bei einem Kurs zum Ernährungsberater gemacht. Die Begriffe aus dem Kurs habe ich beim notwendigen Monitoring der Ernährung meiner Tochter (Frühgeburt) wieder benutzen können und so einen viel engeren Bezug zwischen beiden Bereichen herstellen können, was zu einer leichteren persönlichen Disziplinierung führte. Es entstehen Themenübergreifende persönliche Assoziationsketten.

Über das Ontology-Module sind diese Assoziationsketten direkt im Zugriff und das Modul ist in jedes andere Modul integriert. Damit entstehen Suchmechanismen, die einheitlich, wesentlich genauer aber auch umfassender und vor allem der eigenen Lebensrealität angepasster sind.

Eine dieser Suchmechnismen, die möglich wird, ist die Navigation in Assoziationsketten. Oft erinnert man sich an etwas, das mit etwas anderem in Bezug steht und scheinbar nichts damit zu tun hat, beispielsweise einer Farbe, wenn man an eine Person denkt. Mit meinem System kann ich eine Assoziationskette zwischen einem Objekt mit dem Namen der Person und der Farbe herstellen. Diese Assoziation ist in der Suche sofort und in jedem Modul nutzbar. Diese Assoziationsketten können beliebige Längen annehmen, was ein weiterer großer Unterschied ist.

Da jedes Modul Zugriff auf das Ontology-Module hat, wird die innere Logik, die während dem Arbeiten entsteht, quasi von Modul zu Modul weiter gereicht. Damit entsteht eine wesentlich größere Integration von Anwendungen in die täglichen Arbeit. Letztendlich werden alle Suchmechnismen, also normale Begriffssuche, Filter, also das Ausblenden von Informationen und auch die beschriebene Navigation in alle Module gleichermaßen integriert.

Außerdem kann ich wie gesagt, eigene Assoziationspfade erzeugen, die auch Wege verkürzen und damit unnötiges Abschweifen verringern. Ich kann einer neu generierten Liste "Will ich nächste Woche Lernen" die Kapitel zuordnen, die ich nächste Woche lernen will. Diese Zuordnung kann ich als Filter benutzen und durch die Integration der Kapitelstruktur finde ich das Kapitel auch schneller. Ich kann auch ein Informationsobjekt "Belohnung für die Abarbeitung der Liste >>Will ich nächste Woche Lernen<<" erzeugen. Diesem Informationsobjekt ordne ich zum Einen die erste Liste zu. Zum Anderen kann ich ihr Belohnungen zuordnen, also beispielsweise einen Link zu etwas, das ich mir zur Belohnung kaufe. Ich komm dann beim Erreichen des Ziels über die Navigation zur Belohnung, ohne beispielsweise nochmal im Internet suchen zu müssen oder im Dateisystem nach der Liste. Hier sieht man schön das Potential der Bruchfreieren Integration in die Lebensrealität, als mit klassischen Informationssystemen.

Besonders beim Lernen ist eine solche Themenübergreifende Integration von großer Bedeutung, weil die Inhalte in eigene vorhandene Wissensstrukturen bruchfrei eingeordnet werden können und damit ein wesentlich schnelleres und einfacheres Lernen möglich wird. Ich hab dies gemerkt, als ich in einem Projekt innerhalb von einigen Wochen, mehrere tausend Seiten durcharbeiten musste, um das Thema, dass mir völlig neu war, zu verinnerlichen und innerhalb dieser Zeit auch noch eine Lösung zu erarbeiten. Durch die Einordnung des gefunden Wissens in schon vorhandene Wissensstrukturen und noch dazu direkt in die Planung der Lösung, ging dies viel leichter und schneller. Ich musste wesentlich weniger durchlesen, weil ich schneller einen Überblick entwickelte und damit früher Teile gezielter auslassen konnte, als mit einer anderen Vorgehensweise. Die Lösung orientierte sich viel enger an gegebenem Wissen, als ich es früher bei solchen Projekten geschafft hätte. Für diese Art des Lernens habe ich die gleichen Module benutzt, wie für das Lernen der Lehrbriefe.

Tassilo.

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