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ARD: Der Arbeitsmarktreport - das Märchen vom Fachkräftemangel


Netapp

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Danke für den Link. Es ist erfreulich, dass hier durch die Studie mal tatsächliche Gegebenheiten auf Teilbereichen des Fachkräftemarktes präsentiert werden. Angemerkt werden muss, dass es hier bezüglich der Studie, vorrangig um Bereiche geht, wo keine Akademische Qualifizierung im Vordergerund steht. Das IW ist jetzt natürlich nicht die unabhängigste Institution, zudem ja die Vermarktung von ideologischen Haltungen ihrer Träger und Förderer eine zentrale Rolle einnimmt, aber ein Institut kann auch gewisse Haltungen vertreten, dass ist legitim und konstruktive Wirtschaftsinteressen haben ihre Berechtigung, zudem dienen diese ja der Stabilität der Arbeitsplatzsicherung und somit der Gesellschaft. Das IW ist zudem seriös, etabliert und hat sich immer wieder auch fachlich-inhaltlich seine Kompetenz belegt.

Ob es diese Studie konkret gebraucht hätte, um diese Mängel in Teilbereichen zu dokumentieren, darüber kann man streiten, denn ansich sind diese Umstände, sowohl in der Gesellschaft wie auch in Kreisen der politischen Akteuren bekannt.

Gerade der Bereich Soziales, Gesundheit, Pflege usw. dort kann man die Personalsituation als dramatisch bezeichnen, allerdings ist das ein Umstand, der schon seit Jahren besteht und der sich immer weiter zugespitzt hat. Die Entwicklung liegt aber auch im System begründet und die entsprechende Branche hat diese Entwicklung zu ganz großen Anteilen selbst herbeigeführt, mindestens stark begünstigt. Die Politik hat das auch alles bisher weitgehenst vernachlässigt oder ignoriert. Die Rahmenbedingungen in diesen Bereichen müssen einfach erheblich verbessert werden und es muss ein Umdenken stattfinden. Der Mensch muss dort definitiv wieder mehr in den Mittelpunkt gestellt werden, sowohl als Leistungsempfänger, oder Klient, aber ebenso auf Seiten des Personals. Die Personalschlüssel müssen geändert werden, das Gehalt sollte den Leistungen gerecht werden. Die Ausbildung und Qualifizierung sollte gegebenenfalls auch weiter evaluiert und verbessert werden. Dann sind viele Prozesse im Berufsalltag, organisatorisch sowie strukturell einfach unvorteilhaft. Man muss da also erstmal im System anfangen viele bestehenden Missstände zu beheben, dadurch wird sich das Arbeitsumfeld verbessern, was die Attraktivität der Berufe in diesem Bereich, wie Krankenpfleger usw. erhöhen dürfte. Auch die Gesellschaft bringt hier aber gewissen Berufsgruppen seit Jahren aus meiner Sicht zu wenig Anerkennung und Wertschätzung entgegen. Neben den genannten sytstemischen und strukturellen Missständen muss auch die Finanzierung des gesamten Sozial und Gesundheitsbereiches durch die Politik und die Fachinstitutionen und Verbände sowie Krankenkassen evaluiert und hinterfragt werden. Die Situation wird durch den demografischen Wandel sowie den zunehmenden Trend hin zum Studium zusätzlich verschärft.

Im Bereich Sozials ist vorallem die Finanzierung ein großes Problem, dort sind ja meist überwiegend Kommunen oder dessen Tochtergesellschaften, neben kirchlichen und Wohltätigen Gesellschaften als Träger aktiv. Ich habe den Eindruck, dass insbesondere die Berufstätigen in diesen Bereichen sich oft auch sehr stark mit ihrem Beuf verbinden und sehr motiviert sind. Aber man stößt dort vielfach an Grenzen, strukturell und quantitativ, ursächlich scheint in vielen Fällen die Finanzierung zu sein. Was ja insbesondere bei den staatlich getragenen Einrichtungen und Gesellschaften dann etwas irritiert. Zu diesem Sozialbereich zähle ich unter anderem die Kinderbetreuung, Jugendhilfe, Familienbetreuung, sowie auch Kindergärten usw.

Die genannte Logistikbranche wurde scheinbar ein bisschen von der massiven Marktexpansion überrascht, weil das Potenzial und das Ausmaß des E-Commerce vermmutlich etwas unterschätzt wurde. Man ist mittlerweile bemüht die Strukturen anzupassen, es wird sehr viel investiert aber der Markt wächst weiterhin relativ stark. Somit besteht da ein großer Bedarf vorallem in der Abwicklung und Zustellung.

Es wird auch der Bildungsbereich angesprochen, hier ist mir allerdings nicht so ganz klar, wo man dort einen großen Fachkräftemangel ausmacht, müsste man sich die Studie mal genauer betrachten. Wie sich die Situation im freien und privatwirtschaftlichen Bildungsbereich darstellt, kann ich nicht beurteilen, da mir hier das Hintergrundwissen fehlt und ich keinen genauen Überblick habe. Wenn man hier mit Bildung das staatliche System meint, dann ist dort ein Mangel wenn überhaupt immer nur lokal gegeben. Von einem generellen Lehrkräftemangel kann man nicht sprechen, auch wenn die Länder hier natürlich unterschiedlich verfahren. Man muss natürlich aber einbeziehen, dass sich ein Wandel im Schulsystem vollzogen hat und das Gymnasium andere Schulformen als neue Regelschule ersetzt, hier haben dann natürlich nicht alle Lehrer, je nach Gesetzt, die Lehrbefugnis für Gymnasien hier muss man also entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen durchführen. Weiterhin ist der Krankenstand und die vorzeitige Pensionierung bei Lehrern ein nicht ganz unwesentlicher Faktor. Aber wie schon erwähnt ein großer Mangel an Lehrkräften im staatlichen Bildungssystem besteht nicht. In diesem Fall, dient der demografische Wandel sogar der Entspannung, denn die Schülerzahlen werden überall zurückgehen. In einigen Metropolregionen wird sich der Effekt aber vermutlich nicht ganz so deutlich auswirken. Insgesamt aber werden die Kommunen, Landkreise und Länder als Träger, viele Schulen schließen oder fusionieren müssen. Das Interesse am Lehrerberuf seitens Schulabsolventen ist weiterhin sehr hoch.

Spannend wird sein, wie sich der IT Arbeitsmarkt zukünftig entwickelt.

Unabhängig von der Studie, was sich da derzeit im Handwerk und vielen Bereichen der Industrie im Schwerpunkt Produktion entwickelt, ist besorgniserregend und das hat Potenzial die Produktivität und Wirtschaftsleistung erheblich zu minimieren. Hier müssen relativ schnell auch Konzepte entwickelt werden, wie man das Ansehen und die Attraktivität der Handwerksberufe steigern kann. Vorallem muss man auch mal die heute bestehenden Vorzüge und Möglichkeiten deutlicher aufzeigen.

Den wenig differenzierten Lösungsansatz bzw. die generelle Erwartungshaltung, die Migranten werden die Lücken schließen bewerte ich sehr kritisch, denn man kann ja nicht einfach über diese Menschen bestimmen, dass heißt es muss ein Interesse an bestimmten Berufen bestehen sowie eine Eignung bestehen und vor der Integration in den Arbeitsmarkt, steht hier genauso die Ausbildung und Qualifzierung, die erstmal durchlaufen werden muss. Da macht man sich das aus Sicht der Wirtschaft und Politik etwas zu einfach.

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teilweise teile ich deine Meinung, teilweise bin ich anderer Meinung

im Gesundheitsbereich (ambulanter Bereich wie Ärzte etc., stationärer Bereich wie Krankenhäuser und Reha-Kliniken, und natürlich der Bereich der Altenpflege - sowohl im ambulanten wie auch im stationären Bereich) sehe ich nur teilweise einen Fachkräftemangel. Sowohl die Anzahl der niedergelassenen Ärzte als auch die Anzahl der Ärzte im Verhältnis zu den Einwohner steigt seit Jahren an. Im Pflegebereich dagegen besteht offensichtlich tatsächlich ein Mangel - weil viele ausgebildete Fachkräfte dem Beruf aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen (Arbeitsverdichtung, Arbeitszeiten, Entlohnung, aber auch Wertschätzung) nach einigen Jahren den Rücken zuwenden. Also besteht auch hier nicht das Problem nicht in einem Fachkräftemangel sondern darin, das Arbeitsbedingungen zu schlecht sind.

Kindergärten zähle ich zu dem Bereich "Bildung" - auch hier besteht das Problem nach meiner Meinung vor allem darin, dass der Staat (Kommunen und Länder) seit Jahren Kosten einsparen möchte. Daher ist die Bezahlung von Erzieherinnen im Vergleich zu anderen Berufen eher schlecht.... zwar gibt es die gesetzliche Selbstverpflichtung, dass jedes Kind ab 3 Jahren einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz hat. Aber der Staat hat es versäumt, Anreize für die Ausbildung als ErzieherIn zu setzen, z. B. durch eine bessere Bezahlung, bessere Personalschlüssel oder allgemein auch ein besseres Image. Bei den Lehrern gibt es Unterschiede zwischen den verschiedenen Schulformen (Grundschulen, Haupt-/Realschulen, Gymnasien) - sowohl was die Entlohnung als auch was das Image/die Wertschätzung betrifft. Das führt dazu, dass bei den Kindergärten und in den Grundschulen vor allem Erzieherinnen und Lehrerinnen anzutreffen sind. Auch in diesem Bereich ist der "Fachkräftemangel" also hausgemacht.

Im Sozialen Bereich (dazu zählen für mich die Bereiche Jugend- und Familienhilfe, aber auch die Qualifizierung von Erwachsenen etc.) hat sich im Laufe der Zeit eine Bereich entwickelt, der von Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und Kirchen dominiert wird und von der Öffentlichkeit finanziert wird. Es sind viele Menschen dort beschäftigt, die sich mit ihrem Beruf identifizieren und hoch motiviert sind. Leider ist auch hier Entlohnung überwiegend eher schlecht. Teilweise wird auch mit Zeitverträgen bzw. mit Freiberuflern gearbeitet, um Geld sparen zu können. Außerdem frage ich mich, ob dieser Bereich wirklich effektiv ist - es gibt mittlerweile Familien, die seit Generationen auf Transferleistungen angewiesen sind (Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe, mittlerweile Arbeitslosengeld II bzw. Hartz IV oder Sozialgeld) und für die es scheinbar keinen Weg aus dieser Spirale gibt. Ob es hier einen Fachkräftemangel gibt, kann ich nicht beurteilen - aber es scheint mir auch hier eher so zu sein, dass viele sich nicht mit den Arbeitsbedingungen abfinden wollen.

In den sozialen Bereichen, bei Krankenhäusern, Pflegeheimen, Kindergärten und in der Erwachsenenbildung bzw. in der Sozialarbeit kommt ein weiterer Faktor hinzu: hier dominieren die sog. "Tendenzbetriebe" - also Betriebe die als Träger Kirchen, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und ihre Untergesellschaften haben. Hier wird verlangt, dass man sich deren Weltbild unterordnet. So kann z. B. eine Erzieherin in einem katholischen Kindergarten entlassen werden, wenn sie zum zweiten Mal heiratet. Ein schwuler Krankenpfleger in einem katholischen Krankenhaus, der heiraten möchte, müsste auch mit einer Kündigung rechnen.

Im MINT-Bereich kann ich nicht wirklich mitreden, da mir hier der Überblick fehlt. Aber ich habe den Eindruck, dass in Deutschland in den mathematisch-technischen Fächern in den Schulen ein Vermittlungs-Defizit besteht. Die geisteswissenschaftlichen Fächer werden noch immer höher bewertet. Bei den mathematisch-technischen Fächern gibt es viele Lehrer, die der Meinung sind, dass diejenigen, die Sachverhalten nicht direkt begreifen einfach zu dumm dafür sind. Im Studium setzt sich das fort - es wird von Abbrecherquoten von 40% in diesen Bereichen geredet. Dem Fachkräftemangel könnte man in diesem Bereich als mit einer besseren Lehre begegnen - angefangen in den Grundschulen bis hin zu den Hochschulen.

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Was ich nicht verstehe, warum das Problem Flüchtlinge lösen sollen, wenn es immer noch genug Arbeitslose bei uns gibt:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/zehn-jahre-hartz-iv-kampf-gegen-langzeitarbeitslosigkeit-a-1010945.html

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass es weniger Mühe macht Flüchtlinge zu integrieren, als sich um Langzeitarbeitslose zu kümmern.

Aber vielleicht klärt mich mal ein BWL/VWL'er auf.

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nun ja, eine Meinung einer BWLerin kannst du oben lesen :)

es sind ja nicht die Asylbewerber, die die Fachkräfte-Lücke füllen sollen, sondern gut ausgebildete Migranten

durch die Einwanderer wird das Angebot an Fachkräften steigen - nach der Theorie wiederum führt ein steigendes Angebot bei gleicher Nachfrage zu fallenden Preisen - wobei ich zugeben muss, dass diese Sichtweise etwas zynisch ist :confused::blushing:

die Meinung eines konservativen, prominenten Wirtschaftswissenschaftlers zum Thema Migration kannst du hier nachlesen: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/ifo-chef-sinn-migration-ist-verlustgeschaeft-fuer-deutschland-13344263.html

und hier die Antwort von SPON: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/hans-werner-sinn-im-faktencheck-wo-die-migrantenrechnung-falsch-ist-a-1010741.html

und hier nochmals die Antwort von Sinn:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/ifo-chef-sinn-warum-die-zuwanderung-die-staatskasse-belastet-13349123.html

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durch die Einwanderer wird das Angebot an Fachkräften steigen - nach der Theorie wiederum führt ein steigendes Angebot bei gleicher Nachfrage zu fallenden Preisen - wobei ich zugeben muss, dass diese Sichtweise etwas zynisch ist :confused::blushing:

Das wollte ich nicht hören, weil ich das schon befürchtet habe :)

es sind ja nicht die Asylbewerber, die die Fachkräfte-Lücke füllen sollen, sondern gut ausgebildete Migranten

Aber es heißt doch in dem Artikel "Flüchtlinge sollen die Lücke schließen". Und weiter:

"Der deutsche Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer verlangt deshalb Erleichterungen und ein begrenztes Bleiberecht für ausbildungswillige junge Flüchtlinge in Deutschland. Viele der zuletzt aus dem Irak oder Syrien gekommenen Menschen brächten ein großes praktisches Geschick mit."

Das sind doch Asylbewerber, heißt nach dem Kriegsende gehen doch die meisten wieder zurück.

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es sind ja nicht die Asylbewerber, die die Fachkräfte-Lücke füllen sollen, sondern gut ausgebildete Migrante

Komisch ist es schon. In Europa sind viele gutausgebildete arbeitslos. Darum könnten einfach welche aus Spanien, Griechenland, Italien, Frankreich oder Portugal herkommen.

Edit: In England lernen Kinder in der Grundschule schon programmieren mit Scratch.

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Was die Tätigkeit von Migrantinnen und Migranten angeht, finde ich insbesondere eine sprachliche Qualifizierung wichtig. Zum Beispiel ist im Bereich (Alten-)Pflege die Pflegeperson mitunter fast der einzige Sozialkontakt, den diese Menschen haben. Wenn mit diesem dann sprachlich kaum ein Austausch möglich ist, hat dies negative Auswirkungen auch auf den Gesundheitszustand. Oder im Bereich der Ärzte weiß ich durch Gespräche mit Ärzten und Patienten, dass heute bereits die Qualität der Versorgung leidet - nicht weil die Ärzte fachlich schlecht ausgebildet wären, sondern weil die Kommunikation der Ärzte untereinander und mit den Patienten deutlich erschwert ist und regelmäßig zu Missverständnissen und Mehraufwand führt.

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Nochmal geht es bei der Zeit um den Fachkräftemangel im Ingenieurbereich. Die Kommentare sehen das realistischer. Danach liegt es häufig an den Personalern, die eine Eierlegendewollmilchsau suchen. Praktisch alles verlangen, aber selbst nichts bieten.

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  • 2 Monate später...

Nochmal was zu Fachkräftemangel. Reporter haben erst Abiturienten gefragt. So richtig was wissen die auch nicht. Lernen in der Schule ist viel auswendiglernen. Echt Schade, wie bereits in der Schule wenig passiert.

http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/vier-abiturienten-des-jahrgangs-2015-ueber-ihre-generation-13469521.html

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