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Trotz erfolgreichem Fernstudium zu blöd für Präsenzstudium?


chriss11

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Liebe Forengemeinde,

zunächst möchte ich sagen, dass es schön ist, dass es diese Seite gibt. Ein großes Kompliment an den Betreiber, der scheinbar keine Mühe gescheut hat, hier eine umfassende und v.a. fachbezogene Informationsplattform zu schaffen.

Ich habe zur Zeit eine Art "Lebenskrise", die ich kurz wie folgt skizzieren möchte:

Ich habe einen ziemlich ungewöhnlichen Lebenslauf, da ich mit ca. 15 Jahren (d.h. als damals Jugendlicher) mit der Gründung eines kleinen IT-Unternehmens den Schritt in die Selbständigkeit gewagt habe. Das führte dazu, dass ich damals zunächst von der Realschule auf die Hauptschule wechselte und die Hauptschule dann ohne Abschluss nach der 8 Klasse verließ.

Irgendwann kam ich selbst auf die Idee, dass es nicht schaden dürfte, ein wenig in "klassische" Bildung zu investieren. Da ich für die "normale" Schule mit 20 Jahren (Grenze bei Aufnahme in die Oberstufe liegt in NRW z.B. bei 19) zu alt war und für das Abendgymnasium nicht die erforderliche dreijährige Berufsausbildung nachweisen konnte, entschied ich mich zunächst für die Abendrealschule, wo ich meinen Realschulabschluss erlangte und sodann für das Fernabitur bei ILS. Die externe Abitur-Prüfung habe ich in Hamburg mit der Gesamtnote 1,5 bestanden.

Es folgte nach dem Abitur eine weitere "Fernstudiums-Karriere":

B.A. in BWL, HFH

LL.B. und LL.M. in Rechtswissenschaften, FernUni Hagen

Alle Studiengänge konnte ich mit überdurchschnittlichem Erfolg absolvieren, wobei ich größtenteils sogar an zwei verschiedenen Hochschulen gleichzeitig studierte. Außerdem habe ich noch einige Zertifikatsstudiengänge belegt.

Zwischenzeitlich bin ich 29, zwar nicht mehr selbständig, aber im Vorstand eines größeren Unternehmens tätig. Beruflich, so könnte man meinen, habe ich (v.a. unter Berücksichtigung meiner damaligen Ausgangssituation) alles erreicht, was möglich ist. Mein Einkommen ist ebenfalls überdurchschnittlich.

Nun bin ich irgendwann an einem Punkt angelangt, an dem ich zurückblicke und mir auch oft die Frage stelle, ob ich durch die ganzen Fernstudiengänge (fehlendes Studentenleben usw.) nicht einfach eine ganze Menge in meinem Leben verpasst habe. Es blühte wieder ein Traum in mir auf, den ich schon seit meiner frühen Kindheit habe: Arzt zu werden. Dieser Traum wurde auch durch eine Tätigkeit im Krankenhaus während meines damaligen Zivildienstes gefestigt.

Ich dachte, dass ich nach meiner ganzen Erfahrung im Fernstudium sicherlich in der Lage bin, auch diese Hürde zu nehmen. Also bewarb ich mich bei hochschulstart.de als "Zweitstudienbewerber". Mit einer ca. 70 Seiten (!) langen Begründung für meinen Zweitstudienwunsch bekam ich tatsächlich einen der wenigen Studienplätze, noch dazu an meiner Wahl-Universität am Arbeitsort. Da ich in meiner Arbeitszeitgestaltung frei bin, nahm ich das Studium vor ca. 2 Jahren auf.

Von Vornherein scheiterte ich an den anstehenden Klausuren und war aufgrund der beruflichen Situation kaum in der Lage, dem Präsenzstudium in dem erforderlichen Umfang zu folgen. Mittlerweile stehe ich - während Kommilitonen bereits ihre erste ärztliche Prüfung absolviert haben - vor meinem letzten Versuch in Anatomie, Chemie und weiteren Naturwissenschaften. Dies führte im Grunde auch zu einem vollständigen Ausschluss seitens der Kommilitonen, da der Großteil hier aus hochbegabten Abiturbesten mit der Abiturnote 1,0 bestand. Teilweise haben diese Kommilitonen sogar neben dem Abitur schon mit einem "Juniorstudium" begonnen.

Jetzt stehe ich so langsam vor den Scherben meines ersten Präsenzstudiums und denke, dass ich dadurch ganze 2 Jahre meines Lebens verloren habe.

Geht es dem einen oder anderen vielleicht ähnlich und ist der UNTERSCHIED zw. Fern- und Präsenzstudium wirklich "so" groß? Ich war es immer gewöhnt, beste Leistungen zu bringen und nun bin ich an dem Punkt, an dem ich mich selbst für "zu blöd" halte. Ich habe zwischenzeitlich sogar ernsthaft an meiner Studierfähigkeit gezweifelt.

Liebe Grüße,

Christian

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Hallo Aliud,

ich habe das Studium in Hagen nicht mit "1" bestanden, sondern lediglich - wie oben auch ausgeführt - überdurchschnittlich. Das ist bei den Juristen idR. bereits bei einem "vollbefriedigend" der Fall. Ansonsten finde ich es schade, wenn mein Beitrag nicht den Eindruck der Ernsthaftigkeit vermittelt.

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Ich denke, es ist nahezu unmöglich Vollzeit zu arbeiten und Medizin zu studieren. Medizin ist ein Vollzeitstudium und verlangte allen Ärzten die ich im Freundeskreis habe im Studium deutlich mehr als eine 40 Stunden Woche ab. Eine gute Freundin hatte ihre 40 Stunden "Woche" in der Prüfungsphase an zwei Tagen abgerissen und kam so insgesamt auf eine 140 Stunden Woche. Natürlich nicht dauerhaft, aber zeitweise. Sie selbst bezeichnet sich als "nicht übermäßig intelligent" und aus Schulzeiten kann ich sagen "stimmt" ;) - aber sie kann mit einer Ruhe und Ausdauer auswendiglernen wie ich es noch nicht erlebt habe.

Ehrlich gesagt glaube ich, dass Du ein wenig das Studium der Medizin unterschätzt hast - oder Dich überschätzt.... gerade Personen denen es ansonsten immer leicht gefallen ist, sind überfordert, wenn sie plötzlich "das erste Mal" (überspitzt gesagt) lernen müssen und mit Niederlagen zu kämpfen haben und nicht mehr der Klassenbeste sind. Das muss nicht auf Dich zutreffen, ist aber gerade in Medizin keine Seltenheit.

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Vielen Dank für deinen Beitrag, den ich im Gegensatz zum vorigen für hilfreich erachte.

Ich denke, dass du mit dieser Einschätzung schon ziemlich richtig liegst. Allerdings ist das auch gerade das Problem. Man hat sich selbst überschätzt und fängt dann auch irgendwann an, an sich selbst zu zweifeln. Hinzu kommt bei mir, dass ich in das Medizinstudium im Grunde komplett ohne naturwissenschaftliche Kenntnisse eingestiegen bin.

Dennoch ist der Vergleich zw. Fern- und Präsenzstudium nach diesen Erfahrungen für mich wie Tag und Nacht.

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Hmm ... an der Ernsthaftigkeit des Berichtes habe ich nicht gezweifelt ... aber ich wohne auch nicht "in den Wolken" ;-)

Meiner Meinung liegt der Unterschied zwischen Fern- und Präsenzunterricht vorwiegend an zwei Merkmalen:

  1. Du bekommst nicht nur ein Skript, anhand dessen Du lernst, sonderen Du musst auch die Übungen und Vorlesungen aufmerksam verfolgen
  2. Die Kommilitonen sind anders: weniger Lebenserfahrung, bringen lebenslange Übung im schulischen Lernen mit, die Grundlagen der Naturwissenschaften sind noch nicht so lange her

Außerdem hatten Deine vorherigen Abschlüsse nicht viel mit Deinen jetztigen Hürden zu tun. In Anatomie wirst Du vermutlich viel auswendig lernen müssen, in Chemie und anderen Naturwissenschaften, musst Du die Regeln verstehen und anwenden können. So wie ich Dich verstanden habe, hattest Du bisher nicht die Notwendigkeit gehabt, wirklich für eine Klausur zu büffeln und auswendig zu lernen. Genauso wirst Du vermutlich viel Lernstoff aus dem naturwissenschaftlichen Bereich nicht bereits in der Schule (in einem deutlich geringeren Tempo) gelernt haben.

Entsprechend glaube ich einfach, dass Du Dich auf gar keinen Fall mit Deinen Kommilitonen vergleichen darfst - das demotiviert Dich, sondern versuch Dich auf Deine Stärken zu besinnen und diese für Dich arbeiten zu lassen. Und such Dir Hilfe. In jeder größeren Universitätsstadt gibt es speziallisierte Nachhilfeinstitute, die den Jura-, Psychologie- und Medizinstudenten durchs Studium helfen.

Ich hoffe, dass ich Dir einwenig helfen konnte.

Inés

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Und noch zu dir Aliud:

Ich bin mit der Abendrealschule nicht im Alter von 20 begonnen, sondern mit dem Fernabitur bei ILS. Bevor du grundlos irgendwelche Beiträge kritisierst, solltest du sie vielleicht genauer lesen. Ich habe geschrieben, dass die Grenze bei Eintritt in die Oberstufe in NRW bei 19 liegt! Ich habe damals den "3. Einstieg" gewählt und habe meine Abiturprüfung in Hamburg mit 22 abgelegt. Während des LL.B.-Studiengangs in Hagen habe ich auch BWL an der HFH studiert - hier wurden insbesondere sämtliche wirtschaftswissenschaftlichen Vorleistungen aus Hagen angerechnet. Den LL.M. habe ich mit 27 abgeschlossen. Was daran so ungewöhnlich ist, weiß ich nun wirklich nicht...

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Vielen Dank Inés für dein Feedback!

Es stimmt natürlich, dass die vorigen Studiengänge nicht wirklich viel mit Medizin tun haben. Vielleicht gelten meine Fähigkeiten auch eher dem geisteswissenschaftlichen Bereich, an Stelle der Naturwissenschaften.

Nur irgendwie war das Medizinstudium auch das, womit ich mir vielleicht selber beweisen wollte, dass ich zu irgendwas "Normalem" in der Lage bin. Ein Beweis, dass ich auch in einem Präsenzstudium mithalten kann... irgendwo auch der Versuch, eine Berufstätigkeit anzustreben, die sinnvoll ist und mit der man in der Lage ist, Menschen zu helfen. Ich begreife meinen jetzigen Job nur noch als Aufforderung, dafür Sorge tragen zu müssen, dass "genug Geld" verdient wird - damit bin ich zeitweise sehr unzufrieden.

Bei dem Studium der Rechtswissenschaften in Hagen ist es leider so, dass damit nicht der Zugang zum juristischen Staatsexamen und damit z.B. zu einem der klassischen juristischen Berufe wie Rechtsanwalt & Co. eröffnet wird. Hier fühle ich mich trotz des erfolgreich absolvierten Studiums immer noch nicht wie ein richtiger "Jurist". Ich habe eher das Gefühl, dass ich immer nur alles so halb erreicht/geschafft habe und nie auf einem "normalen" Weg...

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Dennoch ist der Vergleich zw. Fern- und Präsenzstudium nach diesen Erfahrungen für mich wie Tag und Nacht.

Du vergleichst hier zwei Dinge, die man nicht vergleichen kann. ;) Ein Vergleich der "Studienart" wäre nur unter gleichen Bedingungen, also dem gleichen Fach, sinnvoll. Ein Vergleich Jura-Fernstudium mit Medizin-Präsenzstudium ergibt für mich nicht wirklich viel Sinn. Ich glaube der Unterschied wäre bei Jura-Präsenzstudium und Medizin-Präsenzstudium ähnlich gravierend, wie von Dir geschildert und erlebt.
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Nur irgendwie war das Medizinstudium auch das, womit ich mir vielleicht selber beweisen wollte, dass ich zu irgendwas "Normalem" in der Lage bin. Ein Beweis, dass ich auch in einem Präsenzstudium mithalten kann... irgendwo auch der Versuch, eine Berufstätigkeit anzustreben, die sinnvoll ist und mit der man in der Lage ist, Menschen zu helfen. Ich begreife meinen jetzigen Job nur noch als Aufforderung, dafür Sorge tragen zu müssen, dass "genug Geld" verdient wird - damit bin ich zeitweise sehr unzufrieden.

Also, ich persönlich finde nicht, das dass Fernstudium "unnormal" wäre. Vielmehr bin ich der Meinung, dass ich beim Fernstudium deutlich mehr machen musste, weil mir z.B. oftmals der Kontakt zu Studenten fehlte und so nicht mal das gerade in der Vorlesung gehörte Thema wiederholt wurde. Ich persönlich finde es total bewunderswert, was Du alles bereits "nebenbei" geschafft hast. :thumbup:

Ich glaube wirklich, dass Du mehr Lernzeit für die naturwissenschaftlichen Fächern benötigt hättest. Und Du bist nun an einem Punkt an dem Du entscheiden musst, ob Du Dein bisherigen Traum weiter verfolgen willst oder ob Du Dich neu orientieren möchtest. Ich empfehle Dir eine Auszeit zunehmen, sprich ein Urlaubssemester einzureichen und diese Zeit zu nutzen, um Dir über Deine Wünsche klar zu werden.

Du kannst an einer Präsenzuni auch etwas anderes studieren, wie z.B. Jura (vermutlich kannst Du Dir einiges anrechnen lassen) und Dich dann in Richtung Medizinrecht orientieren. Oder Du entscheidest Dich für VWL oder BWL oder oder oder ...

Just my 2 cents ...

Inés

PS. Oh, Aliud wohnt nun nicht mehr "in den Wolken" ...

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