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Ist es als Migrantenkind echt schwerer?


yoshua

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Geschrieben

Würde mich interessieren wie eure Meinung denn so ist? Egal woher ihr kommt oder stammt:-)

Ich bin ein Migrantenkind. Geboren in Deutschland. In meinem Leben hatte ich nie das Gefühl schlecht behandelt zu werden. Mir fällt jedoch nun nach dem Studium auf, dass da evtl. doch was sein könnte.

Es geht dabei nicht nur um mich selbst sondern auch andere Migranten, die mit mir studiert haben. Wir haben wirklich Probleme an Praktika zu kommen. Die Noten sind ähnlich wie bei allen anderen Studenten auch. Deutsch beherrschen alle auf muttersprachlichem Niveau. Die Muttersprache elterlicherseits kann man auch.

Englisch können alle nicht schlechter als die Nichtmigranten.

Ich sprach letztens noch mit einem Kommilitonen darüber und er sagte was, was sich bei mir im Kopf festgebrannt hat. Er meinte "wir werden nicht ernst genommen".

Viele glauben einfach nicht, dass der Italiener, Türke etc. tadellos deutsch spricht und ein gutes Studium abgeliefert hat. "Da kann doch was nicht stimmen" meinen wohl viele.

Es ist sehr schwer sich aus dieser Situation zu befreien, wenn man nicht ernst genommen wird und viel lieber am Fließband gesehen wird.

Wie bereits geschrieben. An sich fühle ich mich absolut super hier:-) Hatte nie Probleme. Aber wenn es um (qualifizierte) Arbeit geht, komme ich schon manchmal ins Grübeln.

Wie seht ihr das? Was sind eure Meinungen? Was können wir alle tun, dass diese Gedanken beiderseits gar nicht erst entstehen?

Gruß

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Geschrieben

Warum sollte ein Italienischstämmiger mehr Probleme haben als ein Franzose oder Engländer? Mit der Eu hat der Austausch gerade bei den hochqualifzierten sogar eher zugenommen. Das ist die letzten 20 Jahre alles viel näher zusammengerückt.

"Migrant" benutzt man die letzten Jahre als beschönigenden Gleichmachbegriff in der Presse, meist meint man damit nämlich nicht "Migrantenkinder" wie Helene Fischer sondern "Problembären"...

hat man es da schwerer?

Klar doch, wenn der Zahnarzt nur Blondinen als Zahnarzthelferin einstellt dann landet die Bewerbung mit dem Kopftuch in der Mülltonne bei den Rothaarigen. Ist doch klar. - Weg damit... Genau wie der Bewerber der mit Glatze und Springerstiefeln ankommt.. weil er unbedingt allen Zeigen will woran er glaubt und zu welchem Verein er gehört. Kommt nicht so gut an. Und das mit dem Job bei der Bank wird auch nix mit dem Ring durch die Nase, den Löchern in der Backe und der Tribaltätowierung vom Bauchnabel bis zur Stirn.

Das ist das eine, aber was ist mit "Migrant" gemeint?

"Problem-Moslem aus der Unterschicht, bildungsfern, wenn nicht vielleicht kriminell mit Copyshop-Abschluss, Terrorist, und wenn nicht zumindest sozial inkompetent und überheblich"

Naja wie auch immer.

Wenn man es schafft von dort aus zu studieren und den westlichen Lebensstil für sich gewählt hat ist, ist die einzige konsequente Lösung um das "Problem" zu umgehen die Assimilation.

D.h ich würde konsequenterweise umziehen und meinen Namen ändern, "Felix Sturm" hatte auch keine Lust mehr als Adnan Catic zu boxen.

Die Ablehnung wird in Zukunft noch weiter zunehmen. Wer in Frankreich im Banlieu wohnt der kann sich das mit der Bewerbung auch sparen, und wenn der netteste intelligenteste Mensch wärst.

Stereotypenbildung ist nicht vermeidbar, und wenn deine Landsleute fleißig dafür gesorgt haben das du gar nicht erst eingeladen wirst weil dich jeder für ein Arschloch hält ist die einzige Lösung sich davon zu distanzieren...

Deutschstämmige in den USA haben aus Braun Brown gemacht weil man sich nicht dauernd die Kacke wegen dem Kaiser oder Hitler anhören wollte... selbst die Königsfamilie von England hieß bis 1917 "von Sachse-Coburg und Ghota".

Geschrieben

Danke für deinen Beitrag:-) Mit Migrant meinte ich Einwanderungskind (von Gastarbeitern). Ich dachte Migrant wäre der korrekte Begriff. Oder "mit Migrationshintergrund"?

Ich möchte meinen Nachnamen nicht ändern ;-) Bin ja auch Europäer und angepasst etc. Trotzdem wird einem Menschen mit ausländisch klingendem Namen weniger zugetraut. Auch wenn es nur im Unterbewusstsein geschieht.

Wir hatten das Thema auch mal mit einer Professorin. Aber da wollte ich es nicht so ganz glauben...

Sie sagte, dass die Einwanderer mehr leisten müssen damit sie beruflich auf einer Stufe mit Nichteinwanderern gesehn werden. Dies sei wohl auch erwiesen.

Sowas glaubte ich vorher nie in meinem Leben. Aber so langsam, wo es um einen qualifizierten Job geht kommen mir Zweifel auf.

Geschrieben

Ich bin ein Migrantenkind. Nein, ist vermutlich auch falsch. Ich bin nicht hier in Deutschland geboren und bin vergleichsweise "kurz" hier, sprich, im Teenageralter her gekommen - also wohl eher ein waschechter "Migrant".

Ich kann deine Erfahrungen nicht bestätigen. Auch mit einem deutlich ausländisch klingelnden Namen werde ich ernst genommen, manchmal zu ernst, aber das liegt m.M.n. eher am Charakterlichen, als am Migrationshintergrund. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es eventuell je nach Nationalität unterschiedlich sein könnte - jede Nation hat nun mal mit bestimmten Vorurteilen zu kämpfen.

Ich drücke dir jedenfalls die Daumen.

Geschrieben

Ich hab auch Migrationshintergrund nach der Statistik und dank der EU sogar seit ein paar Jahren eine zweite Staatsbürgerschaft ohne je eine beantragt zu haben...

Rassistisch beleidigt und benachteiligt werd ich immer nur wegen meiner Deutschen. :tongue_smilie:

Geschrieben

Wenn man aussortiert wird, dann sucht man nach Gründen. Der Grund KANN der Migrationshintergrund sein. Oder die Tatsache, dass man eine Frau im gebährfähigen Alter ist. Oder dass man ein Fernstudium und kein Präsenzstudium gemacht hat.

Ich habe gerade einen neuen Kunden über 50, der der festen Überzeugung ist bzw. war, dass es an seinem Alter liegt. Nach dem ersten Blick auf seine Unterlagen habe ich ihm gesagt, dass es in erster Linie an seinem Lebenslauf liegt. Der ist nämlich so was von dünn und nicht aussagefähig - auf gut deutsch: grottenschlecht.

Aber der Mensch ist nun mal so gestrickt, dass er gerne nach Gründen sucht, die beim anderen Menschen, Unternehmen etc. liegen.

  • 2 Monate später...
Geschrieben

Ich bin inhaltlich der Meinung von Frau Kanzler. Vermutlich hat jeder so eine "Schwachstelle", die man hernehmen kann für die Nichterfüllung der eigenen Erwartungen.

Ich bin z.b übergewichtig und glaube manchmal fest daran, dass ich Nachteile habe, wenn ich ein Foto mitschicke. Und mit den Lebensgrundsätzen (mir fällt das Wort gerade nicht ein, wenn man etwas fest programmiert hat) ist es manchmal so eine Sache. Der Kopf weiß genau, dass es quatsch ist und dennoch fühlt man es so.

Grundständig bin ich davon überzeugt, dass Migranten und co gute Chancen hier haben.

Geschrieben
Grundständig bin ich davon überzeugt, dass Migranten und co gute Chancen hier haben.

Genau das ist auch die Aussage von Unternehmern und Personalern, die eine Bärbel oder eine Hertha gegenüber einem Ali oder einem Mohammed bevorzugen. Machen wir uns nichts vor. Grundsätzlich ist nichts gegen die Aussage von Fr. Kanzler einzuwenden. Aber pauschal zu sagen "Migranten haben hier gute Chancen" und die suchen nur einen Grund für ihren persönlichen Misserfolg, ist an den Haaren herbeigezogen.

Allein der von DustyPink eingebrachte Punkt mit der Sprache und dem "Verstehen einer anderen Kultur" ist schon wieder ein pauschalisierendes Vorurteil. Es gibt in der BRD genügend Menschen mit ausländisch klingendem Namen oder Aussehen, die diese Punkte in keinster Weise erfüllen. Ich denke da an Adoptivkinder aus dem Ausland oder Kinder in Deutschland temporär stationierter US-Soldaten. Die Liste ließe sich beliebig erweitern. Auf der anderen Seite haben wir oft bereits vor dem ersten persönlichen Kontakt ein bestimmtes Menschenbild im Kopf, das sich nicht so einfach revidieren lässt. Das kann positiv oder negativ sein und sogar durch vorherige Erfahrungen begründet, ohne das man die Person, die man auf einem Foto sieht oder dessen Namen man gelesen hat, jemals persönlich gesprochen hätte.

Damit will ich ebenfalls nicht pauschal sagen, dass es Menschen mit Migrationshintergrund auf dem Arbeitsmarkt bedeutend schwerer hätten als Herkunftsdeutsche (wie man es auch immer nennen mag). Allerdings werden diese Menschen sicher auch in Bewerbungsprozessen mit Problemen und Fragen konfrontiert, die sich ansonsten nie stellen würden. Und manchmal zählt nicht der erste Eindruck, sondern eine Bewerberin/ein Bewerber muss sich viel Mühe geben, mit dem ersten Eindruck gängige Klischees und Rollenbilder zu revidieren.

Geschrieben

Ich kenne die Diskussion seit Jahren aus allen möglichen Zusammenhängen. Sicher ist, dass Migranten - wie andere Teilnehmer am Arbeitsmarkt auch! - manchmal Probleme haben. Gar keine Probleme hat eigentlich nur ein kleine Gruppe von Jobsuchenden: diejenigen, die eine gesuchte und sehr aktuelle Qualifikation haben, gerade das richtige Maß an beruflicher Erfahrung, dazu das passende Alter und den Wohnort in der richtigen Region. Oder unbeschränkte Umzugsbereitschaft und ggf. eine Familie, die ihnen widerspruchslos überall hin folgt.

Geben Sie zu: Das ist nie und nimmer die Mehrheit!

;)

Geschrieben

Mit welchen Fragen und Problemen werden denn deiner Meinung nach "Migrantenkinder" konfrontiert, mit denen andere nicht konfrontiert werden?

Schreib doch mal ein paar Beispiele.

Persönliche Beispiele: Ich bin adoptierter und assimiliserter Asiate. Bei einem Telefoninterview für ein studienbegleitendes Praktikum kam einmal heraus, dass man mich nur wegen meines Geburtsortes (und meines Aussehens) berücksichtigt hatte. Das Unternehmen wollte den koreanischen Markt erschließen und hatte deswegen gehofft, ich könnte ihnen v. a. sprachtechnisch bei diesem Plan helfen. Als ich dann erklärte, dass ich kein koreanisch spreche und auch sonst keine Beziehung zu diesem Land habe, fragte mich der Interviewer nur schroff, warum ich mich dann auf die Stelle beworben hätte. Als ich dann sagte, ich wolle doch nur ein Praktikum in der Presseabteilung machen, bekam ich die Antwort, das sei keine Ausrede für mein Verhalten.

2. Beispiel: In gefühlt jedem dritten Gespräch werde ich gefragt, ob ich den dt. Namen meiner Frau angenommen hätte. Normalerweise schreibe man ja in Deutschland seinen Geburtsnamen hinzu. Wenn ich dann sage, dass meine Frau meinen Namen angenommen hat, stifte ich nur Verwirrung.

Beispiel aus dem Freundeskreis: Ein Bekannter von mir ist schwarz und hier geboren etc. Als er beim Career Center seiner Uni nach Angeboten für einen Nebenjob fragt, bekommt er nur einfache Helfertätigkeiten in der Produktion angeboten. Als er dann fragt, ob es auch Bürotätigkeiten oder Jobs im Medienbereich gebe (weil Studium der Publizistik bzw. Medienwissenschaften), bekommt er gesagt, dafür müsse man aber schon Muttersprachler sein. Solche Jobs seien ja kein Sprachschulenersatz o. ä.

Ich denke, das reicht erst mal. Ansonsten hilft auch googeln. Es gibt genügend Berichte von People of Colour, die auf dem Arbeitsmarkt die ein oder andere Kuriosität erlebt haben.

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