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Meine Hochachtung... (Abenteuer öffentliche Verkehrsmittel)


Forensiker

Empfohlene Beiträge

…gilt allen Menschen, die auf öffentliche Verkehrsmittel und im speziellen auf die Bahn angewiesen sind.

 

Dieses Jahr wollte ich es mit dem (Flug-)Urlaub mal richtig entspannt angehen lassen!

Hier in „hessisch Sibirien“ ist es immer eine relativ weite Anreise zum Flughafen. Bis Frankfurt etwas über eine Stunde, Köln/Bonn etwas unter zwei Stunden, Paderborn/Lippstadt etwa eineinhalb Stunden Fahrtzeit mit dem Auto.

Bis Kassel Calden könnte man es gar in 40 Minuten schaffen, aber es startet dort nur ein Flugzeug pro Woche, was meist nicht in meine gewünschte Richtung fliegt.

Bisher war das aber nie ein Problem. Mit dem Auto ist man flexibel und die Anreisezeiten finde ich noch in Ordnung. Letztes Jahr haben wir gar noch ein Hotelzimmer für eine Nacht zum Parkplatzpreis in Köln/Bonn gratis dazubekommen. Da konnte ich ganz entspannt den Vorabend-Check-in machen, die Koffer abgeben und morgens sind wir ganz entspannt vom Hotel zum Terminal gebracht worden.

 

Die höchste Stufe der Entspannung wollte ich dann dieses Jahr zünden!

Nach 16 Jahren Autoanreisen wollte ich erstmalig mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Flughafen. Gerade die Müdigkeit beim Autofahren (und der großen Gefahr des Sekundenschlafs hinterm Steuer) nach der langen Rückreise wollte ich vermeiden.

Als Flughafen stand diesmal Nürnberg auf dem Ticket. Von Haustür zur Haustür wurden rund vier Stunden von den Fahrplanauskunft angegeben.

Zunächst mit dem Bus nach Bad Wildungen zum Bahnhof, dort mit dem Regionalzug nach Kassel Wilhelmshöhe, weiter mit dem ICE nach Nürnberg. Vom Hauptbahnhof Nürnberg weiter mit der U-Bahn U2 zum Terminal.

Das klang soweit ganz easy, vor allem könnte ich auch massiv Kosten sparen. Immerhin wären mit dem Auto rund 150 Euro für Sprit und Parkplatz angefallen.

Die Fahrt mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln hingegen sei komplett kostenfrei, so laut „Rail&Fly-Ticket“, was es zu den Flugtickets gratis dazu gab.

 

Mir wurde allerdings von einigen Kollegen nahegelegt, genügend Zeit einzuplanen, da die Bahn nicht gerade als Synonym für Zuverlässigkeit stehe.

Gesagt getan, Zeitpuffer eingebaut und los ging´s - NICHT! Tatsächlich gab es den Bus auf dem angegebenen Fahrplan gar nicht wirklich. Die Route wurde je nach Bedarf von sogenannten „Anrufsammeltaxis“ (AST) bedient. Man musste das Taxi 30 Minuten vor der geplanten Abfahrt telefonisch reservieren. Allerdings wurde die tatsächliche Zeit mit +-30 Minuten vom Betreiber angegeben. Super!

 

Also mit 70 kg Gepäck (4 Koffer á 15 kg + 4 Handgepäckstücke) zur Bushaltestelle geeiert, die sich aber in unmittelbarer Wohnnähe befindet.

Bei der Reservierung wurde mir schon mitgeteilt, dass ich pro Person vier Euro AST-Zuschlag zu zahlen habe.

Immerhin kam das AST pünktlich – an uns vorbeigefahren! Mein Winken, als ich hinterherlief hat der Fahrer aber wohl gesehen, so dass er Gottseidank umkehrte. 

Und schon beim Einsteigen fiel mir mein Familienname und der Betrag dahinter auf dem Display auf: 25,60 Euro.

Tatsächlich konnte der schon deutlich betagte Fahrer mit meinem (gültigen) Ticket nichts anfangen und ließ sich auch auf keine Diskussion ein. Ein Anruf von mir in der Leitstelle konnte leider auch nichts bewirken, da der Mitarbeiter, der meine Bestellung angenommen hatte, bereits den Dienst beendet hatte.

Innerlich fluchend habe ich den Betrag schließlich gezahlt. Zwei Orte weiter (auf halber Strecke) mussten wir schließlich noch in ein anderes AST umsteigen.

Am Bahnhof in Bad Wildungen angekommen, gab es auf den Ärger erst einmal einen kleinen Snack.

Nach rund einstündiger Wartezeit kam endlich der Regionalzug. Die Umsteigezeit zum ICE sollte rund 20 Minuten betragen. Dazu mussten lediglich drei Gleise über/unter-quert werden.

 

Doch einige Haltestellen später blieb der Zug unverhofft stehen. Nach kurzer Zeit kam eine Durchsage vom Lokführer: Der entgegenkommende Zug habe Steine auf unserem Gleis gesehen und die Bundespolizei werde die Strecke abfahren. Eine Aussage zur voraussichtlichen Weiterfahrt könne nicht gemacht werden. Ich wurde nervös, als klar wurde, dass wir den ICE verpassen würden. Aber was will man machen? (Ich als Kontrollfreak fühlte mich ausgeliefert, so wie ich mich auch im Flugzeug immer ausgeliefert fühle, weil ich nicht selbst am Ruder sitze) Letztlich hatte ich ja einen Puffer eingebaut. Doch was nützte dieser Puffer, wenn es gar nicht weiter geht. Langsam wurde mir bewusst, dass wir so auch den letzten Not-ICE nicht erreichen würden. Das war auch der Moment, wo meine Kinder anfingen, bitterlich zu weinen.

Was also tun? Die erste Idee war, meine Schwägerin anzurufen, die uns abholen und nach Nürnberg fahren sollte. Gesagt, getan. Doch beim näheren Betrachten der Umstände war klar, dass es von der Zeit nicht mehr passte. Nächste Möglichkeit: Taxi rufen. Hier war die „Google Now“ Funktion erstmals wirklich hilfreich, das nächste freie Taxi zum ICE zu erwischen. Doch auch hier war es eigentlich schon zu knapp.

 

Erfreulicherweise kam das Taxi extrem zügig herbei, nachdem wir mit dem schweren Gepäck einige Treppen laufen mussten. Für rund 30 Euro schafften wir es gerade noch rechtzeitig zum bereits einfahrenden (letzten) ICE nach Nürnberg.

Wobei allerdings dieser ICE eigentlich schon zu spät zum Check-in ankommen würde.

Ein freundlicher Herr hatte die Diskussion mit meiner Frau mitbekommen und gab uns den Tipp, in Würzburg auszusteigen, dort in einen anderen ICE zu wechseln, da man so noch einmal 20 Minuten Zeit sparen könne. Allerdings sei die Umsteigezeit mit drei Minuten sehr knapp.

Was sollten wir also tun? Sitzenbleiben und hoffen, dass die Zeit noch reicht, oder den ICE wechseln, Zeit sparen oder gar das Risiko durch den Umstieg beide ICE zu verpassen?

 

Kurz vor Würzburg musste eine Entscheidung herbei – erschwerend kam eine Verspätung von zwei Minuten unseres ICEs hinzu, der die Umsteigezeit auf eine Minute schrumpfen ließ.

Schon bei der Einfahrt in Würzburg konnten wir den wartenden ICE sehen. Also raus mit allen Koffern und Kindern, wieder eine Treppenunterführung runter- und hochgelaufen (jeder mit rund 35 kg Gepäck) und zack in den Zug gesprungen. Unmittelbar danach gingen auch schon die Türen zu. Puhhh. Glück gehabt. Jetzt durfte nichts mehr passieren!

 

Völlig fertig beobachteten wir den Streckenverlauf. An Ausruhen war nicht zu denken, da das rechtzeitige Eintreffen zum Check-in ja immer noch fraglich war.

In Nürburg angekommen, hieß es nun die richtige U-Bahn zu erwischen. Doch leider war der Weg mit den Koffern beschwerlicher als gedacht und wir sahen nur noch die wegfahrenden Rücklichter der U2.

 

Jetzt lagen meine Nerven völlig blank. Zehn Minuten später kam die nächste U-Bahn und hielt an einer nicht mehr enden wollenden Anzahl von Haltestellen.

Am Flughafen angekommen, hasteten wir schließlich zum Check-in-Schalter und schafften es gerade noch kurz vor dem Schließen.

Uff. Mein Adrenalin für die nächste Zeit war restlos verbraucht. Von wegen – die höchste Stufe der Entspannung bei der Anreise zünden! War was das denn, ey?

Immerhin verbrachten wir einen schönen Urlaub und unser Rückflug wurde zu unseren Gunsten nach hinten verschoben – dachte ich zumindest. Denn bei der Rückkehr um 0.45h in Nürnberg musste ich feststellen, dass nachts keine Züge fahren.

Der nächste Zug fuhr erst wieder am Morgen gegen 6 Uhr. Na vielen Dank auch!

 

Bahn? Nein Danke!

 

Tatsächlich wird das mein letztes Mal mit der Bahn gewesen sein. Nächstes Jahr fahre ich wieder mit dem Auto zum Flughafen. Wenngleich die Züge sehr komfortabel und sauber gewesen sind. 255 km/h im ICE? Merkt man gar nicht!

 

Bordrestaurant? Wollte ich nutzen und gemütlich eine Cola trinken – kam mir aber unter den genannten Umständen gar nicht mehr in den Sinn.

 

Ich ziehe den Hut vor den Fernstudenten (auf dem hoffentlich pünktlichen Weg zu den Prüfungsleistungen) und Pendlern, die auf den ÖPNV angewiesen sind. Mögen sie Nerven wie Drahtseile und Beine wie Usain Bolt haben.

 

 

 

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Da hast du wirklich schlechte Erfahrungen gemacht. Viel umsteigen ist oft problematisch. Besonders, wenn es um eher schlecht versorgte und angeschlossene Bereiche geht.

 

Ich fahre sehr viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln und habe auch schon manche Abenteuer, aber auch schon viele sehr entspannte Fahrten erlebt, gerade im ICE und dann vielleicht noch erste Klasse (ist mit Sparpreis und BahnCard oft kaum oder gar nicht teurer als 2. Klasse) ist das schon sehr angenehm und ich kann mich während der Fahrt um andere Dinge kümmern, wie zum Beispiel um Fernstudium-Infos.de ?.

 

Das du nach diesen Erlebnissen wohl künftig wieder auf's Auto setzen wirst, kann ich allerdings verstehen...

 

Wie seid ihr denn dann nach Hause gekommen? Habt ihr bis morgens um sechs Uhr gewartet?

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Oh je, da kommen Erinnerungen hoch... :(

 

Ich hatte dieses Jahr eine ähnliche Erfahrung gemacht, als ich von einer Präsenzveranstaltung aus Hagen Heim fuhr. Es fing schon mit einem ausgefallenen Zug in Hagen an und endete damit, dass ich vollkommen übermüdet und mit voller Blase von Gleis 15 zu Gleis 2 rennen musste (Gepäck nicht zu vergessen), um den letzten Zug nach Hause gerade noch so zu erreichen.  

 

Zum Glück mache ich das nur selten, ich hätte da auf die Dauer zu wenig Geduld. 

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Ohje, so würde ich die nächsten 20 Jahre auch nicht mehr fahren wollen ?

 

Ich fahre seit 8 Monaten mit ZUg und S-Bahn zur Arbeit, sollte ich länger hier arbeiten werde ich wieder auf das gute alte Auto umsteigen und die Mehrkosten in Kauf nehmen... ich brauche am Tag 30-50 Minuten länger mit dem Zug als mit dem Auto. Den größten Vorteil im Zug sehe ich nur im Winter bei schlechtem Wetter, ansonsten ist es recht stressig und viel Gedränge gerade in der S-Bahn, das kostet einen immer wieder Nerven.

 

 

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Endlich mal jemand, der offen ausspricht, was ich hier im Stuttgarter Raum TÄGLICH erlebe. Das Semesterticket hier kostet 200 Euro und dafür bekommt man - absolut nichts! Ein halbes Jahr vorher meldet man sich zur Pflicht-AG bei der FernUni an, um dann zwei Tage vorher feststellen zu müssen, dass man dort niemals ankommen wird, da der Zug dank Bauarbeiten nicht hält. Zu meinem Präsenz-Studium gehe ich kaum noch, da es sich nicht lohnt. Regulär dauert die Fahrt schon 1 Stunde. Normalerweise dann schon eher 2. Wenn ich überhaupt irgendwann irgendwo ankomme...

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Die tolle Idee mit der Bahn zum Flughafen zu fahren hatten wir auch vor 4 Wochen. Am Ende saßen wir vollgeschwitzt im Taxi und waren 50 € ärmer.

 

Meiner Erfahrung nach sind sowas Einzelfälle. Ich fahre jeden Tag mit der Bahn und kann normalerweise nicht klagen. Hier im Raum Düsseldorf/Duisburg ist es für mich die einfachste und güstigste Möglichkeit zur Fortbewegung.

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