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Gerichtsbeschluss in Zeiten von WhatsApp Lerngruppen


polli_on_the_go

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Gerade geistert ein amtsgerichtlicher Beschluss durch das www. Es wird ausgeschlachtet von gewissen Boulevardmedien und vornehmlich einem Juristen.

 

What's App ist illegal und droht eine Abmahnwelle. Im Leitsatz 3 des Beschlusses (wohlgemerkt einer Sorgerechtssache) heißt es

 

Zitat

Wer den Messenger-Dienst "WhatsApp" nutzt, übermittelt nach den technischen Vorgaben des Dienstes fortlaufend Daten in Klardaten-Form von allen in dem eigenen Smartphone-Adressbuch eingetragenen Kontaktpersonen an das hinter dem Dienst stehende Unternehmen.

Wer durch seine Nutzung von "WhatsApp" diese andauernde Datenweitergabe zulässt, ohne zuvor von seinen Kontaktpersonen aus dem eigenen Telefon-Adressbuch hierfür jeweils eine Erlaubnis eingeholt zu haben, begeht gegenüber diesen Personen eine deliktische Handlung und begibt sich in die Gefahr, von den betroffenen Personen kostenpflichtig abgemahnt zu werden.

 

und im Tenor gibt es dann ergänzend zu lesen

 

Zitat

Die Kindesmutter wird verpflichtet, von allen Personen, welche aktuell im Adressbuch des Smartphones ihres Sohnes gespeichert sind, schriftliche Zustimmungserklärungen dahingehend einzuholen,

ob diese Personen damit einverstanden sind, dass ihr Sohn in dem Adressbuch seines Smartphones die Telefonnummer und den Namen - wenn ja, in welcher Form (Pseudonym, Kürzel oder aber Vor- oder/und Nachname als Klardatum) - der jeweiligen Person speichert und dass die Daten von dort dann regelmäßig über die von ihrem Sohn gleichzeitig genutzte Applikation "WhatsApp" an den Betreiber WhatsApp Inc. in Kalifornien/USA übertragen / hochgeladen werden, wo diese Daten zu vielfältigen Zwecken des Betreibers laut dessen Nutzungsbedingungen frei weiter verwendet werden können.

 

und weiter in der Begründung heißt es

 

Zitat

Durch die vorgefundene Nutzung der Applikation WhatsApp, wie sie hier durch das Kind Alexander laufend praktiziert und von seinen Eltern ohne weitere Vorkehrungen geduldet wird, ist eine Gefahr für das Vermögen des Kindes gegeben.

Denn es besteht bei derartiger, unbedarfter und nicht weiter rechtlich abgesicherter Nutzung von WhatsApp die konkrete Gefahr, dass das Kind als Nutzer wegen i. S. v. § 823 BGB deliktischem, rechtswidrigen Verhalten durch andere Personen abgemahnt und zur Unterlassung aufgefordert werden kann gemäß § 1004 BGB analog. Solche Abmahnungen sind insbesondere wenn hierfür noch eingeschaltete Rechtsanwälte tätig werden typischerweise mit intensiven Kosten verbunden, welche bei anwaltlicher Betätigung regelmäßig im dreistelligen Bereich zu verorten sind.

Ein deliktisches Verhalten des Kindes Alexander ist darin zu sehen, dass er als aktiver Nutzer der App "WhatsApp" auf dem von ihm verwendeten Smartphone fortlaufend Datensätze von anderen Personen an den dahinterstehenden Betreiber (WhatsApp Inc., Kalifornien / USA) über die jeweils bestehende Internetverbindung weiterleitet, ohne überhaupt dazu befugt zu sein.

Hierzu hat er als Nutzer bei der Installation und Erst-Einrichtung der App, welche er damals mit seinem größeren Bruder gemeinsam durchgeführt hat, gegenüber dem Betreiber WhatsApp Inc. durch Bestätigen der angezeigten AGB und in der Folge auch durch die fortwährende Nutzung der App zugesichert, dass er diese Befugnis zur Datenweitergabe laufend und in jeder Hinsicht aufweise, was nach den Erkenntnissen des Gerichts aus den Erörterungen mit dem Kind und seinen Eltern jedoch gerade nicht der Fall ist.

 

 

Da stellt sich natürlich die Frage, welche Auswirkungen das für What's App Lerngruppen haben kann oder sonstige Formen. Das Thema ist ja ohnehin schon des öfteren in den Medien gewesen, aber ein so klares Urteil war mir persönlich nicht bewusst. Welche Erfahrungen habt ihr mit Alternativmessengern? Ich hatte eine Zeitlang Threema benutzt, was aber einfach recht wenige tun. Und weiter habe ich mir ganz unweigerlich die Frage gestellt, ob es eigentlich ja nicht auch auf Mailanbieter bzw. die Anbieter von Betriebssystemen zutrifft. Also zurück zum Brief und Rauchzeichen ;).

 

Den ganzen Beschluss gibt es hier:


Amtsgericht Bad Hersfeld Beschl. v. 20.03.2017, Az.: F 111/17 EASO

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  • Antworten 21
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Phu, das ist ja schon knackig...

Eigentlich wäre es nicht schlecht, wenn alle (!) aufgrund solcher Urteile nun davon ausgehen, dass solche Einwilligungen eingeholt werden müssen und deshalb zu einem anderen Anbieter, bsp Threema wechseln. Denn genau das ist ja das Problem: es hilft nichts, wenn ich Threem nutze, wenn nicht "alle" anderen das auch tun.

 

Nur: wie soll das faktisch aussehen? Soll ich jetzt heute WhatsApp löschen (was aushaltbar wäre), aber es auch meiner 13jährigen Tochter verbieten (das gäbe wirklich Ärger...)?

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Sehr "schön" ist auch:

Zitat

Verfügen die Eltern selbst bislang nicht über hinreichende Kenntnisse von 'smarter' Technik und über die Welt der digitalen Medien, so haben sie sich die erforderlichen Kenntnisse unmittelbar und kontinuierlich anzueignen, um ihre Pflicht zur Begleitung und Aufsicht durchgehend ordentlich erfüllen zu können.

 

Das wäre ja ein Vollzeit-Job ;)

 

Ich halte es für wichtig, mit seinen Kindern darüber zu reden, welche digitalen Angebote diese nutzen, was da mit dran hängt und entsprechend Rahmenbedingungen der Nutzung zu vereinbaren. Aber immer über jede (neue) Funktion aller genutzten Apps informiert zu sein, das stelle ich mir schwer vor, sofern man sich nicht aus anderen Gründen eh regelmäßig mit solchen Medien beschäftigt - und selbst dann...

 

Zitat

Nur: wie soll das faktisch aussehen? Soll ich jetzt heute WhatsApp löschen (was aushaltbar wäre), aber es auch meiner 13jährigen Tochter verbieten (das gäbe wirklich Ärger...)?

 

Im Grunde würde das ja für alle Apps gelten, die auf die Kontaktdaten des Handys oder auch PCs zugreifen, wie zum Beispiel auch die Telefon-App oder die Mail-App auf dem Smartphone...

 

Ich denke, um vor Abmahnungen wirklich sicher zu sein, müsste auf die Nutzung des Internets in jedweder Form komplett verzichtet werden. Ich möchte auch gar nicht wissen, wie viel Urheberrechtsverletzungen da täglich durch Profilbilder, die Weiterverbreitung von Memes etc. passieren.

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So ein Urteil von einem "Dorfgericht" (nichts anderes sind Amtsgerichte) hat keine besondere Relevanz.

Außerdem geht es hier um eine konkrete Familiensache, wo der Mutter Dinge auferlegt wurden. Das berührt jetzt erst mal niemand anderen. Und Threema nützt auch nix... das stand ja auch im Text.

 

Bevor so Sachen nicht beim OLG landen, braucht man gar nicht weiter zu lesen. Es gibt ganz obskure Urteile von Amtsgerichten. Da macht der Richter was er will. Kammerurteile sehen da schon ganz anders aus. 

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Ich stecke nicht tief genug in solchen Themen, dafür gibt es ja schließlich Anwälte.

 

Aber ist es speziell bei WhatsApp nicht so, dass nur ausschließlich die Kontaktdaten derjenigen kommuniziert werden können, welche selbst WhatsApp nutzen? Erklärt man sich mit der Nutzung dieses Dienstes nicht automatisch damit einverstanden? 

 

 

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Das mag sein... Das Problem aus Elternsicht ist halt: Es ist völlig unklar, wozu man aus rechtlicher Sicht verpflichtet ist. Es ist mE schlichtweg nicht möglich, immer zu kontrollieren, was man bei den Kindern noch alles überprüfen müsste. Die einzige funktionierende Lösung wäre vermutlich, den Kindern Internet (egal ob über Smartphone oder andere Medien) komplett zu verbieten. Dies halte ich aber auch nicht für sinnvoll, um den Umgang damit zu erlernen.

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Hi man hibt wohl zum Abgleich der Nutzung einverdtändnis zur Übermittlung aller Daten. Wie bei amderen Dingen auch.

 

Zur Bildungsarbeit der Nutzung und da musste ich etwas schmunzeln muss die Muttwr sich ja auch bei Click Safe weiterbilden.

 

Natürlich ist das erst mal nur eine Amtsgericht Sache. Aber auch im Hinblick auf die Weiterleitung zu nach Facebook gab es ja auch schon oder?

 

Ich persönlich habe überlegt ob es nicht such so etwas wie stillschweigendes Annhemen ist.

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Hier ein Video von Rechtsanwalt Christian Solmecke zu dem Thema, das ich sehr informativ finde.

 

Es ist wohl so, dass alle Daten aus dem Adressbuch an WhatsApp übermittelt werden - auch von denen, die selbst WhatsApp nicht nutzen.

 

Und wenn diese Verknüpfung gelöscht wird, wird WhatsApp quasi unbrauchbar, da man selbst auch keine Kontakte mehr hinzufügen kann.

 

 

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