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Ist es irritierend, Kunde (s)einer Hochschule zu sein?


Markus Jung

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Klar ist man in technischem Sinne "Kunde" einer Hochschule: Man bezahlt Geld (mittelbar und unmittelbar) und erhält eine Dienstleistung.

Meine Irritation hat eher mit den Vorstellungen und Modellen zu tun, die hinter dieser Begrifflichkeit stecken. Stichwort: Privatisierung und Ökonomisierung von Bildung.

 

Von mir aus bin ich auch "Kunde" meines Hausarztes, der Polizei, der Schule (meiner Kinder), des Rathauses, der Bauarbeiter, die meine Straße reparieren usw. Schließlich passiert das alles mit Steuergeldern, die ich bezahle. Mir persönlich missfällt aber wie gesagt das Gesellschaftsbild, das mit diesem Begriff einhergeht.  

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vor 1 Stunde, ClarissaD schrieb:

Tatsächlich fände ich auch in der Pflege den Begriff "Kunden" für die pflegebedürftigen Personen eher unangebracht. Bei Beratung kommt es sehr auf die Art und das Ziel an.

Außerdem würde ich sagen, dass der Grad der nötigen Mitwirkung bei einem (Fern-)Studium doch noch mal viel höher ist als in diesen anderen Bereichen.

Das waren jetzt Beispiele - wenn ich Kunde eines Friseurs bin, muss ich auch mitwirken, also anwesend sein und still halten, wenn das Ergebnis taugen soll. Wenn ich Kunde (Klient) eines Consultingunternehmens bin, welches für mich individuelle Lösungen erarbeiten soll, ist der Grad der Mitwirkung wesentlich höher. Ein Mindestmaß an Mitwirkung zeichnet Dienstleistungen nun mal aus. Ob derjenige, der die Dienstleistung in Anspruch nimmt, sich als Kunde, Patient oder whatever versteht, war für mich dafür eher sekundär.

 

vor 43 Minuten, ClarissaD schrieb:

Meine Irritation hat eher mit den Vorstellungen und Modellen zu tun, die hinter dieser Begrifflichkeit stecken. Stichwort: Privatisierung und Ökonomisierung von Bildung.

Ich finde das nun gar nicht so abwegig. Im Gegensatz zu Polizei und Co habe ich bei der Bildung eine Wahl des Anbieters. Wenn private Anbieter ein besseres Angebot schaffen, als öffentliche Anbieter, dann bin ich gerne bereit, dafür entsprechend Geld auszugeben. Hier erwarte ich einen besonderen Service, der mich in meinen Lernmethoden unterstützt, je nach Studiengang auch ein gewisses Netzwerk oder eine besondere Betreuung. Teilweise sind auch die privaten Anbieter auch erst kreativ geworden hinsichtlich spezieller Studiengänge. Ob wir uns als Studierende dann bei einer privaten Hochschule einschreiben oder mit dem, was uns von öffentlichen Hochschulen geboten wird, auch in Hinsicht von Service- und Studiengangsangebot, zufrieden sind, ist dann unsere Entscheidung.

 

Ich bin sehr froh, dass wir hier eine sehr vielfältige Auswahl haben, die Bund und Länder so nicht schaffen konnten. Allerdings, da gebe ich Frau Kanzler recht, nicht der Eindruck erweckt werden, dass man an privaten Hochschulen einen Abschluss kaufen würde - dass man es ggf leichter hat hinsichtlich fortschrittlicher Konzepte, finde ich wiederum gar nicht schlimm.

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vor einer Stunde, KanzlerCoaching schrieb:

Na ja, in der Begrifflichkeit ist ja eine gegenseitige Beziehung ausgedrückt.

 

Ja, aber die Frage ist doch, ob das die Art der Beziehung ist, die zwischen Hochschule und Studierenden besteht bzw. bestehen sollte ;)

 

vor einer Stunde, KanzlerCoaching schrieb:

Und im Gegensatz zur Polizei, zur Stadtverwaltung und zur staatlichen Schule geht man diese Beziehung freiwillig ein und kann sie auch gemäß gen Vertragsbedingungen kündigen.

 

Das stimmt natürlich, es sollten auch eher überspitzte Beispiele sein. Allerdings sehe ich den Unterschied hier eher graduell, denn z.B. bei Schulen oder Ärzten habe ich ja auch eine gewisse Wahlmöglichkeit. Ich könnte mein Kind ja auch auf eine private Schule schicken - und ich kenne tatsächlich staatliche Schulen, die mittlerweile wirklich um Neuanmeldungen kämpfen müssen. Aber, klar, die Freiheit, diese gar nicht in Anspruch zu nehmen, besteht hier im Gegensatz zur Universität nicht.

 

vor 32 Minuten, Splash schrieb:

Wenn private Anbieter ein besseres Angebot schaffen, als öffentliche Anbieter, dann bin ich gerne bereit, dafür entsprechend Geld auszugeben. Hier erwarte ich einen besonderen Service, der mich in meinen Lernmethoden unterstützt, je nach Studiengang auch ein gewisses Netzwerk oder eine besondere Betreuung. Teilweise sind auch die privaten Anbieter auch erst kreativ geworden hinsichtlich spezieller Studiengänge. Ob wir uns als Studierende dann bei einer privaten Hochschule einschreiben oder mit dem, was uns von öffentlichen Hochschulen geboten wird, auch in Hinsicht von Service- und Studiengangsangebot, zufrieden sind, ist dann unsere Entscheidung.

 

Es ist aber nicht für jeden eine freie Entscheidung, weil nicht jeder die nötigen finanziellen Mittel für eine private Hochschule zur Verfügung hat. Wenn die Entwicklung privater Hochschulen dazu führen würde, dass Studiengänge mit guter Betreuung und der Möglichkeit, Netzwerke zu knüpfen, nur noch für entsprechend betuchte Leute zur Verfügung stehen, würde ich das schon kritisch sehen. 

 

vor 32 Minuten, Splash schrieb:

Ich bin sehr froh, dass wir hier eine sehr vielfältige Auswahl haben, die Bund und Länder so nicht schaffen konnten.

 

Dagegen habe ich auch gar nichts. Wobei ich mich bei einigen Spezialstudiengängen schon frage, ob die nicht eher kluge Marketingschachzüge der privaten Hochschulen sind, ohne, dass dafür eine entsprechende Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt besteht.

 

vor 32 Minuten, Splash schrieb:

 

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vor 4 Minuten, ClarissaD schrieb:

Es ist aber nicht für jeden eine freie Entscheidung, weil nicht jeder die nötigen finanziellen Mittel für eine private Hochschule zur Verfügung hat. Wenn die Entwicklung privater Hochschulen dazu führen würde, dass Studiengänge mit guter Betreuung und der Möglichkeit, Netzwerke zu knüpfen, nur noch für entsprechend betuchte Leute zur Verfügung stehen, würde ich das schon kritisch sehen. 

 

Auch auf den Verdacht hin, dass ich mich damit wirklich unbeliebt mache, habe ich dazu schon eine Meinung:

1. Besonderer Service kostet eben auch Geld und ich froh, dass es die Vielfältigkeit gibt. Richtig drastisch finde ich da bei Studiengängen dann die Eliteschulen, insofern bin ich der Meinung, dass die üblichen, privaten, Anbieter ein gutes Angebot in der Mitte darstellen. Auch wenn ich gerne Maserati fahren möchte - wenn ich die finanziellen Mittel nicht habe, tut es ggf auch Golf (was ja kein schlechtes Auto ist).

2. Man sollte sich vor Beginn eines Studiums Gedanken darüber machen, ob sich das Studium am Ende auch rechnet. Wenn sich ein ROI ergibt, sollte man sich dann Gedanken um die Finanzierbarkeit machen. 

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Ich studiere über den privaten Anbieter Springer Campus für einen Bachelor in Web- und Medieninformatik. Springer Campus arbeitet in seinen Studiengängen grundsätzlich mit staatlichen Hochschulen zusammen. Ich bin an der staatlichen FH Dortmund eingeschrieben. Die wird auch am Ende meinen Abschluss verleihen. Gleichzeitig habe ich einen Studienvertrag mit Springer Campus. Die stellen mir eine Online-Lernplattform zur Verfügung, mit der ich in der Lage bin, Web- und Medieninformatik so weit wie möglich unabhängig von den zeitlichen und räumlichen Zwängen einer Präsenzhochschule zu studieren. Das ist die Leistung, für die ich bezahle. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass ich für meinen Abschluss zahle und kenne auch keine Studierenden, die solche Ideen äußern.

 

Es ist nicht schwer zu differenzieren: Ich zahle für Lehre und Unterricht. Lernen muss ich selbst.

 

Das ist für mich auch kein befremdlicher oder irgendwie neuer oder ungewöhnlicher Gedanke. Ich habe früher z.B. Gitarrenunterricht genommen. Da habe ich natürlich nicht erwartet, mir die Fähigkeit des Gitarrenspiels zu kaufen. Eines meiner früheren Hobbys war auch das Training eines Kung-Fu-Stils. Da wäre ich auch nicht auf die Idee gekommen, dass ich durch die Überweisung meines Monatsbeitrages meine Technik verbessere. Auch für berufliche Weiterbildung habe ich in meinem Leben viel Geld ausgegeben.

 

Natürlich wäre es schön gewesen, wenn der Staat mir das bezahlt hätte. Wäre auch schön gewesen, er hätte meinen Führerschein bezahlt. Wäre auch schön, wenn der öffentliche Nahverkehr gratis wäre. Und wenn ich es mir recht überlege, empfinde ich wohnen als ein viel grundlegenderes und wichtigeres Bedürfnis als Bildung. Das würde ich schon gut finden, wenn mich mein Staat dabei unterstützen würde, bezahlbaren Wohnraum zu haben. Aber solche Träumereien nützen mir nichts.

 

So, wie die Dinge liegen, habe ich zwei Möglichkeiten:

- Entweder meine Berufstätigkeit aufgeben, um mit den zeitlichen Zwängen einer Präsenzuni zu studieren.

- Oder für den zusätzlichen Aufwand einer an meiner Lebenssituation ausgerichteten Lehre zu zahlen.

 

Die zweite Option ist für mich die billigere. Meine Partnerin und meine Kinder legen auch wert darauf, dass ich arbeite und Geld verdiene. Und abgesehen davon gehe ich im großen und ganzen gerne arbeiten und möchte das auch während meines Studiums weiter tun.

 

Ja, es gibt Leute, die sich ein berufsbegleitendes Studium nicht leisten können. Mein schlechtes Gewissen darüber, dass ich es kann, hält sich in Grenzen. In bin Kindergärtner.

 

Natürlich würde ich mir eine Gesellschaft wünschen, in der Bildung für Menschen jedes Alters und in jeder Lebenssituation auf jedem Niveau möglich ist, ohne dass ihr Erwerb mit unnötigen finanziellen Hürden verbunden ist. Als Empfänger staatlicher Leistungen denke und fühle ich sozialistisch.

 

Auf der andere Seite finde ich auch, dass ich ganz schön viel Steuern und Sozialabgaben zahle und würde mir von diesem Geld lieber etwas schönes kaufen. Als Steuerzahler fühle ich mich auf einmal nicht mehr ganz so sozialistisch.

 

Und wenn ich mich dann auf der Welt so umschaue, muss ich zugeben, dass es mir hier unterm Strich ziemlich gut geht. Und das mein Staat eine Menge dafür getan hat, dass ich eine vernünftige Bildung bekommen habe, und immer noch eine Menge dafür tut, dass ich mich auch in Zukunft bilden kann. Es könnte wesentlich schlechter sein.

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Also ich persönlich habe kein Problem mit dem Begriff und sehe es auch als Dienstleistung.

 

Gebäude, Personal, Dozenten, Materialen, Ausrüstung, Strom. Alles muss ja auch beglichen werden.

 

Wenn man einen Führerschein erwirbt, ist man ja auch sozusagen Kunde, auch bei normalen Weiterbildungen..

 

Bei "normalen" Studenten übernehmen die Kosten halt die Steuerzahler.

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vor 5 Minuten, Ida_Pfeiffer schrieb:

@ClarissaD sind also Folglich für dich Präsenzler an staatlichen Hochschulen keine Kunden? Denn vielleicht wird nur die Sozialabgabe fällig aber such da entsteht mit der Immatrikulation doch ein Vertrag.

 

"Kunde" ist man nur dann, wenn ein individuelles Vertragsverhältnis vorliegt. Schulen, Verwaltung, Universitäten sind Teil der öffentlichen Infrastruktur, zu deren Nutzung man berechtigt ist, wenn die Zugangsvoraussetzungen vorliegen.

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