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Fernstudium Medizin, Jura, Lehramt ect. - Eine Utopie?


Robwood

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@Vica: In Hagen lernt man von Anfang an, Argumente und Gegen-Argumente zu finden. Bis jetzt hatte ich auch von keinem Juristen an einer anderen Universität etwas anderes gelernt.

Die Argumente und Gegen-Argumente bringt ein Anwalt auch nicht im Prozess, sondern normalerweise vorher im Briefwechsel.

Das Curriculum in Hagen unterliegt keinen Bologna-Richtlinien und wurde im Gegenteil zum Staatsexamen hin verändert, um überhaupt die Zulassung des Studiengangs zu verwirklichen.

Ob Rechnungswesen für einen Juristen eine Rolle spielt, hängt mit Sicherheit auch vom gewählten Schwerpunkt ab. Daher verstehe ich nicht, wieso du auf der einen Seite sagst, dass eine Richter- oder Staatsanwalt-Station nicht sinnvoll für jemanden ist, Rechnungswesen aber schon. Was soll ich denn als Anwalt im Strafrecht (es sei denn, ich mache Steuerstrafrecht) mit Rechnungswesen?

 

@Robwood: Die Abschlussbezeichnung hat im Grunde nicht unbedingt mit dem Bologna-Prozess zu tun. Viele Studiengänge auf Staatsexamen wurden zumindest hier in Baden-Württemberg ebenfalls modularisiert und es werden zum Teil auch alternative Prüfungsverfahren (über Modulprüfungen) angeboten - z.B. Modell-Studiengang Medizin in Mannheim oder Pharmazie in Tübingen.

Zudem zeigt die Erfahrung, dass eine Umstellung bis jetzt überhaupt nicht die Ziele erfüllt, für die sie ursprünglich gedacht war, hierzu direkt ein Beispiel aus Baden-Württemberg, wo vor 2 Jahren umgestellt wurde:

Ziele:

1. Wer während dem Lehramt-Bachelor merkt, dass der Lehrer-Beruf nicht passt, soll mit dem Bachelor problemlos arbeiten oder einen Fach-Master aufsetzen können.

2. Wer während einem Fach-Bachelor merkt, dass der Lehrer-Beruf gut zu ihm passt, soll danach problemlos einen Lehramt-Master machen können.

Ergebnis: Der Lehramt-Bachelor qualifiziert für keinen Beruf, ein anschließender Fach-Master ist nicht möglich, ein Lehramt-Master nach einem Fach-Bachelor ebenso wenig. Man hat die Lehrinhalte aus dem Staatsexamen einfach übernommen und vergibt beispielsweise im Grundschullehramt einfach 60 ECTS für das Referendariat, damit eine Regelstudienzeit von 10 Semestern für den Master eingehalten wird.

Insgesamt also ein absolut sinnloses Unterfangen, das eine Menge Geld und Nerven gekostet hat und den Studenten mehr Ärger als Freude bringt - bis kurz vor der Umstellung war rein gar nichts über das neue System bekannt, ein Drittfach kann jetzt nicht mehr im Rahmen des Studiums erworben werden, sondern muss extra studiert werden etc. pp. Trotz Bologna lassen sich aus dem Ausland kaum Leistungen anrechnen. Wunderbar verschlimmbessert.

Ähnlich wäre es wohl bei Pharmazie, da würde man statt dem Referendariat einfach das Praxisjahr nehmen und als 60 ECTS im Master anpreisen. Bei Jura wäre es dann auch ein Teil des Referendariats.

Dann wäre die Frage, ob die Komplett-Regelstudienzeit einer Bachelor-Master-Kombination überhaupt verlängert werden kann. Im Fall von Lehramt Gymnasium Musik/Kunst + x ging das und sie beträgt hier 12 Semester. Ob das auch bei anderen Studiengängen geht, weiß ich nicht. Ansonsten müsste man Medizin und Zahnmedizin verkürzen.

Funktioniert hat die Umstellung wohl relativ gut im Falle von Lebensmittelchemie.

An vielen Universitäten gibt es übrigens ein Auswahlverfahren, bei dem die praktischen und theoretischen Kenntnisse aus der medizinischen Ausbildung sehr wohl angerechnet werden und man eventuell darüber einen Studienplatz bekommt!

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vor 13 Stunden, Azurit schrieb:

@Vica: In Hagen lernt man von Anfang an, Argumente und Gegen-Argumente zu finden. Bis jetzt hatte ich auch von keinem Juristen an einer anderen Universität etwas anderes gelernt.

Die Argumente und Gegen-Argumente bringt ein Anwalt auch nicht im Prozess, sondern normalerweise vorher im Briefwechsel.

Das Curriculum in Hagen unterliegt keinen Bologna-Richtlinien und wurde im Gegenteil zum Staatsexamen hin verändert, um überhaupt die Zulassung des Studiengangs zu verwirklichen.

Ob Rechnungswesen für einen Juristen eine Rolle spielt, hängt mit Sicherheit auch vom gewählten Schwerpunkt ab. Daher verstehe ich nicht, wieso du auf der einen Seite sagst, dass eine Richter- oder Staatsanwalt-Station nicht sinnvoll für jemanden ist, Rechnungswesen aber schon. Was soll ich denn als Anwalt im Strafrecht (es sei denn, ich mache Steuerstrafrecht) mit Rechnungswesen?

 

 


Morgen Azurit :) 

Was soll ich sagen - da machen wir offenbar ganz unterschiedliche Erfahrungen. Unser Freundeskreis ist fast ausschließlich (klassisch-) juristisch geprägt (Kontakt haben wir auch noch zu einem alten Ö-Recht Prof) und alle sehen den Reformbedarf, keiner ist wirklich zufrieden.

Nun fehlt mir da auch der Vergleich bei mir selber. ICh weiß z.B. nicht, ob ich damit nicht auch zurecht kommen würde, oder nicht. 
Sind die Leute, die du kennst, denn schon mit beiden StExen durch? Denn nur am StEx kann man ja messen, wie gut die Ausbildung im Voraus war. Natürlich gibt es immer Leute, die auch gute Erfahrungen machen. Irgendwo müssen die Handvoll Prädikatsexamina auch herkommen. Wobei hier in MS der Spruch gilt: "Wer das Juraexamen bestanden hat, hat das Leuchten in den Augen verloren" :D Die Durchfallquote ist jedenfalls auch immens (öffentlich einsahbar beim Landesprüfungsamt). 

Das stimmt schon, dass man in den Schriftsätzen argumentieren soll. Das wird aber oft nicht mehr so streng gehandhabt wie im Studium. Im Gegenteil wollen sich viele Anwälte nach dem Studium von diesem Stil abheben und da hat auch keiner was gegen. 

 

Rechnungswesen war ein Punkt, der in den AGs sehr beliebt war! 
Ich vermute, dass du da richtig liegst und das am Schwerpunkt liegt. DIe meisten Mitstreiter von meinem Mann in seinen AGs wurden später Steuerrechtler oder Familienrechtler :D . Gerade mal ein Strafrechtler war dabei.
Ich denke, einem Strafrechtler könnte das Rechnungswesen dann hilfreich werden, wenn er das Dezernat alleine leiten muss. Für Kostenkalkulation mit Mandanten. Oder natürlich wenn er Kanzleichef ist.

Warum unterliegt das Studium in Hagen nicht den Bologna-Richtlinien? Der LL.B. war doch in Deutschland im Zuge der Bologna-Reform eingeführt worden, d.h.: 6-7 Semester, 180-210 ECTS und der LL.M. bei Bedarf im Anschluss. Die Hagener Seite behauptet, ihr müsst durchaus einen LL.B. machen, um zum EJP zugelassen zu werden?
Der LL.B. ist aber in Deutschland eigentlich immer aus Bologna entstanden. 

Und noch eine Interessensfrage: Wie geht's für euch bezüglich des 2.StEx weiter?
Ich erinnere mich nur noch ganz dunkel daran, dass das mit der Alma Mater gar nichts mehr zu tun hatte und man sich dann irgendwo beim Land (?) angemeldet hat und dann wie wir auch einem ganz anderen Kreis zugeordnet wurde (jeden Morgen 100 km pendeln). 



LG
 

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Meine Schwester und mein Schwager sind Juristen. Haben in Göttingen, Köln und Marburg studiert. Beide 1x durchgefallen, zig Repetitorien gemacht. Furchtbares Studium. Hatte auch irgendwie nicht richtig was mit Wissenschaft zu tun (wie das Medizinstudium auch nicht unbedingt was mit Wissenschaft zu tun hat, sorry :wink:).

Jedenfalls kann ich da Vicas Erfahrungen voll und ganz bestätigen.

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Am 27.9.2017 um 07:46 , Vica schrieb:

Das wäre in etwa so, als müsste ein Arzt noch die Krankenpfleger- und Klinikleitungsstation mitmachen. Sicher öffnet das Perspektiven, dauert aber lange, wenn man definitiv weiß, dass man nicht in die Richtung.

 

OT: Kein schlechter Ansatz. Das würde sicherlich so manch einem in einer Klinik tätigen Arzt gut tun, und einen gewissen Grundrespekt (Ehrfurcht) vor der Tätigkeit eines Alten- und Krankenpflegers lehren. Vielleicht sollte diese Ausbildung auch eine Grundvoraussetzung für die Aufnahme eines Medizinstudiums sein;).

 

Das dürfte allerdings auch für viele weitere akademischen Berufe gelten...

 

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Jetzt, SirAdrianFish schrieb:

 

OT: Kein schlechter Ansatz. Das würde sicherlich so manch einem in einer Klinik tätigen Arzt gut tun, und einen gewissen Grundrespekt (Ehrfurcht) vor der Tätigkeit eines Alten- und Krankenpflegers lehren. Vielleicht sollte diese Ausbildung auch eine Grundvoraussetzung für die Aufnahme eines Medizinstudiums sein;).

 

Das dürfte allerdings auch für viele weitere akademischen Berufe gelten...

 


Das stimmt! ;) 
So manche soziale Ausbildung würde manchem Akademiker gar nicht schlecht stehen. 
Interessant wäre das auch bei der Beziehung Lehrer - Erzieher (dort, wo die beiden zusammenarbeiten gilt nämlich oft: Ich alles - du nichts). Soziale Pflicht-Stationen wären mal was. Aus praktikablen Gründen müsste es nicht mal lange gehen, denn solche Erfahrungen sind recht intensiv.

LG 
 

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Jus: So weit ich weiß hatte Hagen einmal ein Fernstudium Jus.

Die Uni Linz, beide betreiben ein Fernstudium, hat auch eines. Im präsenzstudiumversessenen Österreich das reinste Wunder. Wenn ich sage, dass man früher bei Vorlesungen und oft genug bei Proseminaren und Übungen nicht anwesend sein musste, und aus Büchern, Skripten, Vorlesungsmitschriften anderer Studierender lernen konnte und das noch ohne moodle etc. und dass das ja auch Gesetz und die Uni-Wien-Satzung vorsieht, dann steche ich an der Uni Wien seit 15 Jahren in Killerbienennester.

Dr. Roland wollte angeblich einmal eine österreichische Fernuni schaffen. Angeblich wurde das blockiert.

Da alle Fernunis auch ihre Präsenzphasen haben, ist Lehramt auch möglich. Die WU hat z. B. eine Berufstätigenschiene. außerdem geht sehr viel über die Lernplattform, was die notwendige Präsenz auf ein Minumum reduziert.

Medizin und Pharmazie haben viele Praktika, da geht das nur bei Vorlesungen.

Jus und Lehramt: Gar nicht utopisch oder es gibt Lernformen, die einem Fernstudium in die Nähe kommen.

Medizin und Pharmazie: wegen vieler Praktika nur teilweise.

Die Art des Abschlusses sollte keine Rolle spielen, sondern nur praktische Erwägungen.

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Also ich persönlich fand es immer schon schade, dass sich Deutschland gebeugt hat und das Studium überhaupt aufgeweicht und aufgeteilt hat.

 

Es war doch früher perfekt mit den Diplom-Studiengängen. Man musste nur einmal ran und war am Ende fertig.

Und jetzt? Muss man teilweise alles doppelt machen. Erst die ganzen Abschlussarbeiten für den Bachelor

und das das gleiche nochmal für den Master nur als Beispiel.

 

So hatte man ein festes Konzept und wusste nachher alles was für den jeweiligen Studiengang notwendig ist.

Und jetzt das Bachelor/Master-System, nur weil man Leute so schnell wie möglich an den Arbeitsplatz bringen möchte. Und am Ende kann man lesen, dass es den Unternehmen dann wieder nicht passt, weil man dann am Ende 22 Jährige sitzen hat die auch nur die Hälfte wissen.

 

Und gerade bei Medizin finde ich den Widerstand richtig gut. Ein Arzt muss halt das ganze Spektrum wissen, damit er Krankheiten zuordnen kann und da bringt eine Light-Version nichts. Wieso das also auch noch aufweichen.

Auch ist ein Fernstudium hier nicht zielführend, weil Medizin einfach mit Praxis zu tun hat.

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  • 2 Wochen später...

Dass ein Medizinstudium Praxisanteile enthielte, ist nun wirklich ein Null-Argument gegen ein Fernstudium. Als enthielten nicht auch alle anderen Studiengänge ihre Praxisanteile.

In denen wird dann eben der theoretische Anteil fernunterrichtet und der praktische Anteil in Praxisseminaren.

 

Tatsächlich ist der weit überwältigende Anteil eines Medizinstudiums genauso ödes Bücherauswendiglernen wie in einem Psychologie- oder BWL-Studium.

 

Nur hat Medizin immer noch für alle Nichtmediziner die Aura des Geheimnisvollen und Räselhaften und irgendwie muss der Arzt ein Halbgott in Weiss bleiben, damit man keine Angst hat, sich unter sein Messer zu legen.

Vor diesem irrationalen Hintergrund kann die Ärztelobby weiterhin jeden Ansatz abwürgen, den Zugang zum Beruf zu verbreitern, was für mehr Ärzte und mehr Konkurrenz sorgen würde. Im Interesse der Allgemeinheit und in ihrem Nichtinteresse.

 

So bleibt alles weiterhin schön dabei, dass der Sohn einer Krankenschwester natürlich wieder Krankenpfleger wird und die Tochter des Chefarztes wieder Arzt wird.

 

Das ist ganz simpel der wirkliche Grund, warum es in jedem anderen Fach ein Fernstudium geben kann und wird, aber in der Medizin natürlich nicht :)

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Das sehe ich leider ähnlich wie Nutzer - da spielt in großen Teilen Strukturfunktionalismus eine Rolle, der meines Erachtens von gewissen Interessenvertretern auch so gewollt ist. 

Wobei man vielleicht hoffen kann, dass sich etwas tut, weil die Regularien für Jura sich ja geändert haben (siehe den StEx-Abschluss der FU Hagen) und weiterhin die allmählich kommenden klinischen Schwerpunkte in Psychologie.

Außerdem ist mir bei meinem Zahnarzt gestern aufgefallen, dass er einen jungen Kollegen eingestellt hat, der ebenfalls Zahnarzt ist, allerdings mit M.Sc. aus England!
Dachte, das kann ja im Grunde nicht sein. Aber wenn man sich mal umschaut, scheint es das durchaus zu geben und das sogar im Fernstudium:
https://www.healthcarestudies.de/MSc/Zahnmedizin-Zahntechnik/Europa/Fernstudium/
Und wie man sieht, ist das hier auch anerkannt.

Weiß jemand was, ob es da große Umwälzungen gab zuletzt?
Ich dachte zumindest, dass Zahnmedizin auch so ein "unantastbarer" Studiengang ist (die universitären NCs hier sind auch astromomisch). 

LG
 
 

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