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5+ Jahre Studium der Wirtschaftsinformatik an der IU im Rückblick


Gast

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Es gibt ja online insbesondere zur IU inzwischen eine fast unüberschaubare Menge an Inhalten, sei es auf Bewertungsportalen, YouTube oder hier im Forum. Da die Hochschule aber gerade hier in den letzten zwei Jahren einiges an Staub aufgewirbelt hat, dachte ich mir, dass ich abschließend mal ein paar Worte dalasse.

 

Abschließend, weil ich kürzlich meinen Master eingetütet habe und damit nun erst einmal durch bin mit dem Thema Fernstudium. Etwas Kontext vorab: Ich habe von 2016 bis 2019 den B.Sc. in Wirtschaftsinformatik an der IU gemacht als sie noch IUBH hieß und mich dann nach gut anderthalb Jahren Pause mitten in der Pandemie noch einmal für den Master eingeschrieben.

 

Wichtig zu erwähnen ist vielleicht, dass ich mit dem Fernstudium keinen Karrierewechsel o. ä. beabsichtigt habe. Vielmehr habe ich für mich ganz persönlich noch einmal zwei Urkunden für das geholt, was ich schon seit 20 Jahren – durchaus erfolgreich – beruflich mache. Entsprechend habe ich doch schon einiges an Vorwissen mitgebracht. Aber natürlich habe ich währenddessen trotzdem auch viel gelernt.

 

2016–2019 B.Sc. in Wirtschaftsinformatik an der IUBH

 

Vor der Immatrikulation konnte ich damals mit einer Dame am Telefon die Liste der Kurse durchgehen, die ich mir auf Grund meiner nicht unerheblichen praktischen Erfahrung, einer Berufsausbildung und eines vorherigen Studiums anerkennen lassen wollte. Das war zwar leicht irritierend, aber irgendwo passte es auch. Warum sollte ich z.B. Java programmieren lernen, wenn ich (damals) bereits anderthalb Jahrzehnte C# gemacht hatte.

 

Die Kurse fand ich überwiegend in Ordnung, wenn auch teilweise schon leicht angestaubt. Während ich mir zu Beginn noch zu jedem Kurs das Skript in Papierform kommen ließ, ging ich irgendwann dazu über, nur noch die PDFs zu nutzen. Vom Umfang her hatten sie es schon in sich – 150 Seiten für 2 ECTS waren keine Seltenheit, vor allem in den BWL-Kursen. Die Podcasts stellten sich leider schnell als pure Audiospuren der Vodcasts heraus, und in denen wurde oft nur im Schnelldurchlauf das Skript behandelt. In manchen Kursen fanden sich noch Aufzeichnungen von Online-Veranstaltungen, die manchmal individuelle Fragerunden, oft aber auch Präsentationen der Tutoren enthielten. Ein richtiges Muster gab es aber nicht.

 

Anders als bei den Klausuren. Online-Klausuren wurden gerade erst nach und nach eingeführt, in manchen Modulen konnte die Prüfung aber bis zum Schluss nur in Präsenz abgelegt werden. Ich erinnere mich an eines, bei dem in den von Kommilitonen geführten Gedächtnisprotokollen die immer selben Fragen auftauchten. Da das Skript ziemlich schwer verständlich war und mich das Thema ohnehin nicht interessierte, lernte ich also nur mit diesen Fragen aus den Protokollen auf die Klausur – und tatsächlich war das ein Volltreffer. Das war so einmalig und sollte in der Form nie wieder möglich sein …

 

Der Prozess für die Abschlussarbeit war sehr unbürokratisch. Nach einer Hausarbeit sprach mich ein Prof an, ob ich nicht bei ihm die Thesis schreiben wolle. Da wir uns auf kein Thema einigen konnten, ging er mit meinem favorisierten Themenvorschlag in Form eines Zweizeilers zu seinen Kollegen und siehe da, ich hatte direkt meinen Betreuer. Ihm war es auch egal, wann ich die Arbeit offiziell anmeldete etc. Auch das hat sich inzwischen aber geändert …

 

2021–2023 M.Sc. in Wirtschaftsinformatik an der IU

 

Fast-forward, 2 Jahre später. Ich habe gerade entschieden, diesem inneren Drang nachzugeben und die Langeweile in der Pandemie mit einem weiteren Studium totzuschlagen. Irgendwie fühlte sich der Bachelor auch noch unfertig an, zumal viele Menschen mit Diplom (und mit Master sowieso) ohnehin auf den Abschluss herabblickten.

 

Der Versuch, mir ein Modul mit Hilfe meiner Praxiserfahrung in der Geschäftsführung meines Unternehmens anerkennen zu lassen, schlug fehl. Aber weniger an formellen Kriterien, sondern eher an dem Chaos im After-Sales, oder wie auch immer die Anerkennungs-Abteilung innerhalb der Hochschule genannt wurde. Ich hatte das Gefühl, auf pure Inkompetenz gestoßen zu sein. Kurz davor, noch mal die Hochschule zu wechseln, schrieb ich mich dann aber einfach für die vollen 120 ECTS ein. Ich wollte ja auch etwas lernen …

 

Hatte ich während des Bachelors noch primär mit Zusammenfassungen gearbeitet, wechselte ich nun den Werkzeugkoffer und erledigte die meisten Skripte mit einer Mischung aus strukturiertem Lesen, Markieren und der Erstellung von (digitalen) Karteikarten. Das war nicht nur effizient, sondern auch effektiv – mein Notenschnitt war noch einmal erheblich besser als zuvor.

 

Ob bei all der Auswendiglernerei der Skripte wirklich ein nachhaltiger Effekt eingetreten ist, wage ich übrigens zu bezweifeln. Am meisten habe ich dann doch aus Hausarbeiten und anderen Prüfungsformen mitgenommen. Beispielsweise gibt es das Portfolio, in dem man in drei Iterationen ein Artefakt erstellt und dabei entsprechend auch 3x Feedback vom Prof bekommt. Das habe ich einmal in Computerkriminalität und einmal in UX machen dürfen und es war in beiden Modulen wirklich super, wenngleich natürlich aufwändiger als das Bearbeiten von Klausurstoff auf Autopilot.

 

Allgemein hatte ich in Nicht-Klausur-Kursen am häufigsten Kontakt mit den Betreuenden – und das lief so gut wie immer völlig unkompliziert und zügig über Microsoft Teams, was die Hochschule inzwischen als primären Kanal für diese Art von Kommunikation nutzt. Erwähnenswert an dieser Stelle ist vielleicht auch noch, dass viele Kurse regelmäßig nur von einer niedrigen ein- bis zweistelligen Anzahl an Studierenden gleichzeitig belegt werden. Obwohl die Hochschule inzwischen so groß ist, ist das Betreuungsverhältnis in der Praxis also oft wirklich gut.

 

Hinsichtlich der Unterrichtsformen und -Materialien war ich wohl gerade in einer Phase eingeschrieben, in der das Wachstum seinen Tribut verlangte. Regelmäßige Live-Veranstaltungen fanden nicht mehr statt, die Video-Aufzeichnungen der Vergangenheit wurden entfernt und am Ende blieben häufig nur die Skripte. Ausnahmen bestätigten die Regel – ich erinnere mich z.B. gern an Customer Relationship Management zurück, wo eine wirklich engagierte Tutorin eine Reihe wirklich nützlicher Videos erstellt hatte, die nicht einfach nur 1:1 das Skript widergaben. In dem Kurs habe ich, trotz Klausur, wirklich viel gelernt.

 

Bei den Skripten gab es einige, die ich persönlich sehr gut geschrieben fand und die mich inhaltlich wirklich weiterbrachten. Aber ich stieß auch auf ein maschinell übersetztes und eines mit teils hanebüchenen Inhalten, die mich heute noch auf die Palme bringen, wenn ich nur darüber nachdenke. Das wurde allerdings inzwischen überarbeitet. Wie überhaupt vieles von dem, was ich über die Zeit ans Qualitätsmanagement gemeldet habe, bearbeitet wurde.

 

Bei der Zusatzliteratur, die im Master anders als im Bachelor nun Pflicht war, wurde nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wurde. Meist waren nur ein paar Paper angegeben (bei denen ich mich manchmal fragte, ob die Verantwortlichen sie überhaupt jemals selbst gelesen hatten), ab und an auch ein paar Kapitel aus Fachbüchern. Im Zweifel konnte man aber immer zocken und darauf hoffen, dass bei den zufallsgenerierten Klausuren keine Frage dazu drankam …

 

Die Suche nach einem Betreuer oder einer Betreuerin für die Abschlussarbeit war nun weniger entspannt als noch beim ersten Mal. Es gibt nun intern eine “Betreuersuchmaschine”, bei der die vielen Professoren und Professorinnen sich und ihre Schwerpunkte vorstellen und auch kommunizieren, ob sie noch freie Kapazitäten haben. Leider bieten nur die wenigsten auch konkrete Themenvorschläge an. So musste ich nacheinander 4 Profs abklappern, bis ich mit meinem eigenen Vorschlag bei einem durchkam. Das war etwas mühsam, zumal ich beim Thema durchaus flexibel gewesen wäre.

 

Fazit

 

Ich halte die IU für eine solide deutsche Hochschule, die sich inhaltlich-qualitativ vielleicht irgendwo im unteren Mittelfeld einreiht. Basierend auf allem, was ich sonst so in den ganzen Jahren, in denen ich mich nun mit dem Thema (Fern-)Studium beschäftigt habe, gelernt habe. Die Idee der Demokratisierung von höherer Bildung ist gut, der massive Wachstumskurs kostet aber. Das merkt man an den fast immer 5 Credits umfassenden Modulen, die oft Grundlagen immer wieder wiederholen, damit sie frei kombinierbar bleiben. Das merkt man an den Skripten, die oft von irgendwem geschrieben werden, den man für geeignet hält, ohne dass es dann im Anschluss einen brauchbaren (Peer-!)Review-Prozess für die Artefakte gibt. Move fast and break things – das alte Facebook-Motto scheint hier auch zu gelten. Gleichzeitig ist aber das Anspruchsniveau der Lehrenden an die einzelnen Prüfungsleistungen nicht automatisch niedrig, eher im Gegenteil. Ich sag's mal so: An meine Masterarbeit wurden seitens der Profs höhere Ansprüche gestellt als an die eines Bekannten, der seine zeitgleich an einer Ivy-League-Uni in Zusammenarbeit mit einer deutschen TU geschrieben hat ...

 

Man muss also trotz aller Abstriche schon ordentlich buckeln für den Abschluss, geschenkt bekommt man nichts. Außer das große Maß an Flexibilität gegenüber den meisten staatlichen Programmen. Aber dafür zahlt man ja auch ordentlich Geld ;-).

 

In diesem Sinne.

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Hallo Explorer,

 

vielen Dank für deinen Bericht, ist interessant für mich, da ich im September an der IU mit dem Master Wirtschaftsinformatik starte.

Ich habe eine Frage bezüglich der Thesis! Ich habe gehört, an der IU gibt es eine Liste mit Thesis Themen und dort muss man sich dann ein Thema aussuchen. Stimmt das? Falls ja, hast du Beispiele für Themen? Sind die Themen generell mehr auf das Praktische (Programmieren/Mockup erstellen) oder mehr auf Literaturanalyse ausgelegt?

Kann ich auch eigene Ideen einbringen oder wird das eher nicht so gern von den Dozenten und Dozentinnen gesehen?

 

Danke im Voraus 😀

 

Gruß Sonic

 

 

 

 

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vor 17 Minuten schrieb Sonic2023:

Ich habe gehört, an der IU gibt es eine Liste mit Thesis Themen und dort muss man sich dann ein Thema aussuchen. Stimmt das?

 

Nein! Gab es in meiner Zeit nie und mir ist auch nicht bekannt, dass es Pläne in diese Richtung gibt.

 

vor 18 Minuten schrieb Sonic2023:

Sind die Themen generell mehr auf das Praktische (Programmieren/Mockup erstellen) oder mehr auf Literaturanalyse ausgelegt?

Kann ich auch eigene Ideen einbringen oder wird das eher nicht so gern von den Dozenten und Dozentinnen gesehen?

 

Siehe oben. Es gibt nur wenige Betreuer:innen, die eigene Themengebiete vorschlagen. Du hast also freie Wahl, musst aber jemanden davon überzeugen. Dafür ist die Erstellung eines Exposés vorgeschrieben. Es gibt aber ein Handbuch, das die Details erklärt.

 

Hinsichtlich der Methodik bist du frei, ich habe bspw. Design Science Research gewählt und unter anderem auch einen Prototypen programmiert. Es zählt aber der Text, für den es auch feste Seitenvorgaben gibt (im 120er Master sind etwa 80 Seiten gefordert).

 

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vor 6 Minuten schrieb Explorer:

 

Nein! Gab es in meiner Zeit nie und mir ist auch nicht bekannt, dass es Pläne in diese Richtung gibt.

 

Alles klar, ich habe das mal in irgendeinem Forum bzw. Bewertungsportal gelesen. 

Kann auch sein, dass ich es mit einer Seminararbeit verwechselt habe, da werden ja zumindest laut Modulhandbuch die Themen vorgegeben.

 

 

vor 8 Minuten schrieb Explorer:

Siehe oben. Es gibt nur wenige Betreuer:innen, die eigene Themengebiete vorschlagen. Du hast also freie Wahl, musst aber jemanden davon überzeugen. Dafür ist die Erstellung eines Exposés vorgeschrieben. Es gibt aber ein Handbuch, das die Details erklärt.

 

Hinsichtlich der Methodik bist du frei, ich habe bspw. Design Science Research gewählt und unter anderem auch einen Prototypen programmiert. Es zählt aber der Text, für den es auch feste Seitenvorgaben gibt (im 120er Master sind etwa 80 Seiten gefordert).

 

Super, das hört sich gut an! Ich mag es lieber eigene Ideen einzubringen als vorgegebene Themen zu bearbeiten! Die Seitenzahl ist bei staatlichen Hochschulen auch auf Mindestens 80 Seiten für die Master Thesis festgelegt. Das mit dem Überzeugen kenne ich auch, musste ich auch schon machen. 

 

 

Danke dir für die schnellen Antworten!
 

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vor 2 Stunden schrieb Muddlehead:

Zu sehr kompromiert. Daher verbringe ich oft eher viel Zeit mit Inhalten von externen Quellen. Daher nivelliert sich das mit "minderer Qualität", an staatlichen Einrichtungen dürfen oft auch externe Bücher durchwühlt werden...so hört ich zumindest.

 

ist an staatlichen Hochschulen nicht anders. Die Skripte bestehen aus Seiten von Papern und Fachliteratur die man einfach reinkopiert hat, die Folien bestehen aus Stichworten die mit ein paar Sätzen und Grafiken erklärt werden, zusätzlich gibt es Verweise auf Fachliteratur und Paper.

Zum Bestehen der Klausuren reicht es in der Regel aus Skript und Folien durchzugehen, um wirklich in die Materie einzutauchen muss/sollte man die Paper und Bücher (Kapitelweise zumindest) lesen.

 

 

vor 2 Stunden schrieb Muddlehead:

gibt in der Tat keine explizite Liste, aber abgesteckte "Forschungsbereiche" bei den einzelnen Betreuern, Die schon eine Anregung darstellen. Was Explorer unter "Schwerpunkte" erwähnte - wobei die Betreuersuchmaschine schon mir seit 2021 bekannt ist. Da war es bereits "streng". Wenn du dich in den Schwerpunkten bewegst, ist das sicher keine große Hürde.

okay, danke. Also alles wie an staatlichen Hochschulen auch.

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