Hallo Miteinander,
Coronabedingt wollte ich die Lockdowns für eine Weiterbildung nutzen und bin dabei auf den MSc Data Science an der IUBH gestoßen. Vor ein paar Tagen ging das Studium auch schon los - ich werde aber das Studium noch im Probemonat abbrechen.
Kurz zu mir: Ich habe einen Master in VWL von einer staatlichen Uni und arbeite in einem "Data Science"-nahen Bereich. Deshalb hatte ich Interesse an einer praktische Ausbildung in DS mit formalen Abschluss (im Vgl zu Udemy, edx, etc.).
Erster Eindruck: Die IUBH möchte die DS und AI Hype Welle reiten - absolut nicht verwerflich. Zur Zeit schießen an vielen Hochschulen die DS Master wie Pilze aus dem Boden. Allerdings ist das IUBH Curriculum doch recht ernüchternd und eher oberflächlich. Die wichtigsten Fakten werden behandelt, dafür gibt es wenig Beispiele, keine ausführlichen Erklärungen und oft fehlt einfach der Kontext. Irgendwie wirken die Skripte und die Videos lustlos, so als würde man knappe Zusammenfassungen lesen. Potentielle Fragen und Probleme, die der Leser haben könnte, werden maximal in einem Nebensatz behandelt. Wie gesagt, der Fokus liegt auf Faktenwissen, ohne allzuviel Diskussionen oder Herstellung vom Kontext.
Über den Webreader hat man an der IUBH Zugriff auf alle Skripte, hier mal ein paar Beispiele und Kommentare, um sich ein Bild machen zu können:
Advanced Mathematics: Integrieren und Differenzieren ist auf Abitur Niveau, gute Wiederholung. Von da an, geht das Skript ziemlich schnell bergab. Vektoren, Vektorfelder, Fouriertransformationen werden halbwegs verständlich erklärt und mit Beispielen aus der Physik motiviert - der Bezug zu Data Science fehlt. Der lineare Algebra (Matrixalgebra) Teil ist knapp und die Formeln hingeklatscht, ohne Beispiele und Anwendung. Bsp: Tensoren (wichtig für Deep Learning) werden definiert, aber kein Bezug zu Machine learning hergestellt, zB 5d Tensor = Video Daten.
Machine Learning: Die traditionellen ML Algorithmen werden durchgekaut. Klassische Algorithmen wie Lineare Regression, Logistische Regression, Clustering, etc. werden anschaulich erklärt. Python Code ist dabei, allerdings in Schwarz-Weiß ohne Syntax Highlighting. Zu Decision Trees, Random Forest und Gradient Boosting Machines hätte ich mir mehr Inhalt gewünscht, weil da nur an der Oberfläche gekratzt wird – obwohl diese ML Algorithmen in der Praxis besonders gut performen. Xgboost wird gar nur in einem Satz erwähnt, Code Beispiele fehlen. Kontext, wie man welches Model wählt, ein Vergleich von Methoden, oder Diskussion über AutoML fehlt. Die Themen werden aber zum Teil in anderen Kursen behandelt, zB Use Case Evaluation oder der Case Study.
Deep Learning: Definitiv eines der besseren Skripte. DL ist die Königsdisziplin und wird stark gehypt. Die relevantesten theoretischen Konzepte werden behandelt (Minibatch, Epochs, Stochastic Gradient Descent, Overfit, Activation Function…) und diesmal steht der Code im Vordergrund. Als Framework wird Tensorflow und Keras genutzt. Auch diesmal gibt es kein Code Highlighting, sondern nur Monoschrift. Bei manchen Beispielen ist die typischen Python Einrückung (Tabs) komisch. Praktischere Themen sind auch dabei, zB vor-trainierte Modele nutzen, Dropout Layer um overfitting zu vermeiden, CNNs für Bilder, etc. Alles in allem ein solides einführendes Skript (94 Seiten). Wer sich für stark für DL interessiert, der sollte den AI Master machen, da ist NLP und Computer Vision dabei, die auf Deep Learning basieren.
Fazit: Wer berufstätig ist, die Flexibilität braucht und gute Vorkenntnisse hat (Kaggle, Selbststudium), kann hier sehr schnell einen formalen Abschluss erhalten. Das Studium kann ich auch empfehlen, für alle, die nicht unbedingt als Data Scientists arbeiten möchten - aber trotzdem ein Überblickswissen brauchen. Mir persönlich fehlt die inhaltliche Tiefe für den recht hohen Preis, insofern passt das Preis-Leistungsverhältnis nicht ganz. Auf jeden Fall empfehle ich einen Probemonat zu machen, bevor man sich entscheidet. Und hoffentlich verbessert die IUBH ihr Curriculum.