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Modulbericht: Business Intelligence


kurtchen

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Zur Rolle des Moduls im Studiengang


Das Modul "Business Intelligence" ist ein Pflichtmodul für Studierende im Studiengang "B.Sc. Wirtschaftsinformatik". Dort ist es auch dem Studienbereich "Wirtschaftsinformatik" zugeordnet. Studierende der "Web- und Medieninformatik" dürfen es im Vertiefungsbereich belegen. Den Wirtschaftsinformatikern wird empfohlen, dieses Modul zusammen mit "Human Resources" und einem weiteren Wahlpflichtmodul im 6. Fachsemester zu belegen. Es ist also vorgesehen, dieses Modul im gleichen Semester zu bearbeiten wie die Bachelorarbeit. Dies erklärt vielleicht den vergleichsweise niedrigeren Bearbeitungsaufwand.

 

Formale Voraussetzungen gibt es keine, so dass das Modul theoretisch auch schon im ersten Fachsemester gebucht werden dürfte. Als inhaltliche Voraussetzungen werden "Data Warehouse & Data Mining" sowie "BWL2" genannt. Dies erscheint mir sinnvoll. Business Intelligence hat eine große inhaltliche Überlappung mit dem Modul Data Mining, nimmt aber noch stärker eine betriebswirtschaftliche Perspektive ein. Mehr noch als im Modul Data Mining liegt also der Fokus darauf, wie man Methoden der Business Intelligence für den Erfolg eines Unternehmens nutzen kann. Die Implementierung dieser Methoden in einer konkreten Programmiersprache ist nicht Thema des Moduls. Es betrachtet Business Intelligence aus Anwender- bzw. Nutzerperspektive. Das Modul Data Mining ist eine nützliche Vorbereitung, weil man dadurch schon viel über die Funktionsweise analytischer betrieblicher Informationssysteme (im Vergleich zu operativen Systemen) weiß. BWL2 ist nützlich, weil es viele inhaltliche Bezüge zwischen dem Lehrbuch zur Unternehmensführung aus BWL2 und den Methoden der Business Intelligence gibt.

 

Zum Lehrbuch

 

Das Lehrbuch "Basiswissen Business Intelligence" ist von Christoph Engels und lag mir in der 2. Auflage von 2015 vor. Es hat nur ca. 150 Seiten, gehört aber zu den Lehrbüchern mit kleinerer Schrift und engerem Druck, was die Seitenzahl etwas relativiert. Der Stoffumfang erscheint mir im Vergleich zu anderen Modulen geringer. Allerdings ist das Buch ziemlich dicht geschrieben und treibt sein Thema konsequent voran. Viel Redundanz gibt es hier nicht. Es ist in drei Teile gegliedert:

  1. Die betriebswirtschaftliche Sicht
  2. Die Methoden der Business Intelligence
  3. Die Werkzeuge der Business Intelligence

 

Teil 1 beginnt mit einem Kapitel zur "multidimensionalen Perspektive". Hier geht es im wesentlichen um den Unterschied zwischen operativen und analytischen Informationssystemen. Operative Systeme sind z.B. durch häufige Schreibzugriffe und eine starke Datensatzorientierung ausgezeichnet. Sie unterstüzten die alltäglichen Geschäftsprozesse des Unternehmens. Ein Beispiel für ein operatives Informationssystem wäre z.B. ein Bestellsystem. Analytische Informationssysteme verdichten Daten aus operativen Systemen (und anderen Quellen), um Führungskräfte bei unternehmerischen Entscheidungen zu unterstützen. Sie helfen also z.B. bei der Steuerung des Unternehmens und bei der Planung.

 

Weitere Kapitel behandeln Kennzahlensystem, Performance Management, Planungskoordination, externes Rechnungswesen, Konzernkonsolidierung, Zielkostenrechnung und Kampagnen. Das Tempo in diesen Kapiteln ist hoch und der Stoff geht nicht in die Tiefe, behandelt also z.B. keine Spezialfälle. Die Intention scheint vielmehr zu sein, einem Überblick über mögliche Anwendungskontexte von Business Intelligence zu vermitteln. Um die allgemeinen Konzepte bildlicher und konkreter werden zu lassen, werden sie gelegentlich durch Beispiele aufgelockert. Diese stammen vor allem aus der Tourismusbranche. Solche Fallbeispiele werden in den folgenden Teilen des Lehrbuches häufiger und umfangreicher. Touristik bleibt dabei das gemeinsame Thema.

 

Teil 2 behandelt Methoden der Business Intelligence. Hier geht es zunächst um klassisches Reporting und im Kontrast dazu OLAP (Online Analytical Processing). Für OLAP wird ein multidimensionaler Datenwürfel aufgebaut, der durch die grundlegenden Operationen Slicing, Dicing und Drill down unmittelbar erkundet und untersucht werden kann, um in den aggregierten Daten operativer Systeme unbekannte Zusammenhänge und Muster zu entdecken, die sich unternehmerisch nutzen lassen. Die verschiedenen Nutzungsszenarien stehen im Fokus dieses Kursteils. So wird beispielsweise vorgestellt, wie sich Lift Charts nutzen lassen, um bei Werbekampagnen einen effizienten Werbemitteleinsatz zu erzielen. Wichtig ist auch die Arbeit mit Szenarios. Hierbei unterscheidet man zwischen Predictive Analytics und Prescriptive Analytics. Während man mit Predictive Analytics künftige Situationen anhand bisheriger Entwicklungen vorhersagen möchte, zielt Prescriptive Analytics auf einen künftig wünschenswerten Zustand und wie dieser zu erreichen wäre. Die Fallbeispiele aus der Touristik werden nun umfangreicher und unterstüzten das Verständnis der Konzepte gut. Kapitel zur Visualisierung und zur Präsentation aggregierter Unternehmensinformation in Form von Geodaten runden diesen Kursteil ab. An diesem Punkt hat man eine Vorstellung davon, welche Methoden der Business Intelligence zu den einzelnen Anwendungskontexten des ersten Kursteils passen.

 

Im Teil 3 geht es dann stärker um die technische Seite der vorgestellten Methoden. Interessant war zum Beispiel das Kapitel über In-Memory Computing in Verbindung mit Kompressionsverfahren, über hybride Datenhaltung (mit spaltenorientierten Datenbanken) und Parallelverarbeitung. Diese Techniken beschleunigen die Analyse aggregierter Unternehmensdaten enorm, so dass man Methoden der Business Intelligence zunehmed in Echtzeit anwenden kann. In den folgenden Kapiteln wird es formaler und theoretischer, denn nun geht es z.B. um multidimensionale Datenmodelle und ihre Realisierung mit verschiedenen Datenbanktypen. Hier spielt auch formale Notation eine große Rolle.

 

In den letzten Kapiteln wird es wieder konkret. Hier wird die Arbeit mit einem OLAP-System im Text und durch Videos vorgestellt. Ein Fallbeispiel zum Data Warehouse der TUI rundet diesen Kursteil ab.

 

Einsendeaufgaben

 

Die Einsendeaufgaben erschienen mir oft recht knapp, konzentrierten sich aber das das wesentliche des vermittelten Stoffes. Man konnte mit ihnen also feststellen, ob man das jeweilige Kapitel verstanden hatte. Die Aufgabentypen waren so unterschiedlich wie der vermittelte Stoff: Konzepte erklären, unternehmerische Situationen einordnen, kleine Rechenaufgaben, Zeichnen von Diagrammen. Sie passten gut zu den Inhalten. Für meinen Geschmack hätte es aber etwas mehr sein dürfen. Interessant waren die letzten Aufgaben. Diese ergänzten die Videos zur Arbeit mit einem OLAP-System. Hier musste man Verständnisfragen beantworten. Dabei musste ich oft zurückspulen, um genauer zu sehen, was der User macht. Nicht selten habe ich bei der Bearbeitung feststellen müssen, dass ich beim ersten Zuschauen doch noch nicht ganz begriffen hatte, was dort ablief. Diese Aufgaben waren etwas umfangreicher und zwangen einen, genauer hinzuschauen. Mein Tutor äußerte in diesem Zusammenhang, dass mittlerweile auch brauchbare Open Source Werkzeuge verfügbar seien, so dass man künftig die Videos durch praktische Übungen an entsprechenden Systemen ersetzen könnte. Schade, dass das noch nicht so weit ist, denn die Idee finde ich gut.

 

Die Korrekturen kamen schnell, was die zügige Bearbeitung des Moduls erleichterte. Die Rückmeldungen durch meinen Tutor hätten zum Teil ausführlicher ausfallen dürfen. Aber wenn ich einmal etwas nicht verstanden und konkret nachgefragt hatte, bekam ich stets Antworten.

 

Präsenzklausur

 

Die Klausur hatte 10 Aufgaben, die Stoff aus allen Kursteilen abdeckten. Die Aufgabentypen waren dabei recht unterschiedlich. Es gab reine Wissenfragen, Aufgaben, bei denen man etwas erklären sollte, Zuordnungsaufgaben, Aufgaben zur multidimensionalen Modellierung und kleinere Rechenaufgaben. (Bei der Klausur ist kein Taschenrechner erlaubt.) Insgesamt war es eine recht abwechslungsreiche Klausur, die gut zum Modul passte.

 

Fazit

 

Wirtschaftsinformatik ist ein Thema, mit dem ich nicht sofort warm geworden bin. Ursprünglich hatte ich das Modul Data Mining belegt. Dabei hatte ich mir erhofft, in erster Linie etwas über mathematische und statistische Grundlagen des Data Minings und ihre Implementierung in Code zu erfahren. Stattdessen nahm das Modul aber eine betriebswirtschaftliche Perspektive ein, was mir anfangs gar nicht gefiel. Im Laufe der Zeit merkte ich aber, dass die Wirtschaftsinformatik eine eigene fachliche Perspektive hat, die auch interessant ist. Darum war ich damals neugierig, auch noch das Modul Business Intelligence zu belegen, das noch einen Schritt weiter in diese Richtung geht.

 

Meine Leidenschaft für Wirtschaftsinformatik habe ich noch nicht entdeckt, aber es war bereichernd, hier noch einmal einen Blick über meinen persönlichen Tellerrand werfen zu können. Gleichwohl vermute ich, dass angehende Web- und Medieninformatiker dieses Modul seltener wählen werden. Für die Wirtschaftsinformatiker ist es ja ohnehin Pflicht. Für die Zukunft wäre es wünschenswert, interaktive Übungen mit einem freien OLAP-System in das Modul aufzunehmen.

1 Kommentar


Empfohlene Kommentare

Mein Klausurergebnis zu "Business Intelligence" ist nach ca. 3 Wochen gekommen. Es war erfreulich. Überrascht war ich darüber nicht, weil ich in der Klausur den Eindruck hatte, dass die im Kurs vermittelten Inhalte in einem angemessenen Verhältnis zu den gestellten Aufgaben standen. Hat Spaß gemacht.

 

Zur Zeit bearbeite ich das Modul "Text Mining". Man kann die Module "Data Mining", "Business Intelligence" und "Text Mining" als Gesamtpaket betrachten, das den Bereich Datenanalyse aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Data Mining hat am ehesten die Perspektive Wirtschaftinformatik. Business Intelligence schaut noch ein wenig mehr durch die betriebswirtschaftliche Brille. Text Mining liefert nun die Perspektive, die ich mir eigentlich vom Modul Data Mining erhofft hatte. Hier geht es tatsächlich darum, wie die Verfahren mathematisch und statistisch funktionieren.

 

Das bringt mit sich, dass das Modul anspruchsvoll ist. Cool ist allerdings, dass man versteht, die die Verfahren funktionieren, und nicht nur, wie man sie nutzen. Interessant ist, dass einiges davon auf den Stoff von Data Mining übertragbar ist.

 

Text Mining ist kein Pflichtmodul und wird anscheinend eher selten belegt, was ein bisschen schade ist. Eine Herausforderung ist, dass es sich im Grenzbereich zwischen Informatik und Sprachwissenschaft bewegt. Man schaut also einerseits durch eine mathematische Brille. Mengen, Graphen, Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik spielen keine geringe Rolle. Andererseits schaut man durch eine linguistische Brille, was für einen Informatiker zumindest ungewohnt ist. Ich mag interdisziplinäre Verknüpfung von Wissensgebieten sehr, darum finde ich das Modul toll, auch wenn es nicht einfach ist.

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