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Ein Tag im Leben einer PiA in einer Ambulanz


TomSon

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Dienstag, 7:40 Uhr: Ich schlage etwas früher auf. Eigentlich beginnt mein Dienst erst um 8 Uhr. Es gibt auch keine Patiententermine vor 8 Uhr, auch weil das Sekretariat dann gar nicht besetzt ist. Aber um 8:30 Uhr geht es direkt los mit einem Konsil, das per Video stattfindet. Da dies in einem gesonderten Raum stattfindet, der Laptop erstmal aufgebaut werden muss und ich vorher noch die Diagnostik checke (so denn eine vorhanden ist), brauche ich den Vorlauf. Und auch, um meine Frühstücksbrezel zu essen.

 

8:30 Uhr: Ich habe alles Equipment ordentlich aufgebaut, mich eingeloggt und sehe auf dem Bildschirm "Auf Patienten warten". Und dann warte ich. Manchmal klappt es gleich, die Patienten sind wenige Minuten später da. Aber manchmal ist auch nach 8 Minuten noch nichts passiert. In diesem Fall rufe ich die Patienten an, da ich den Raum pünktlich um 9 Uhr an eine Kollegin übergeben muss. Beim Telefonanruf dann: Pat: "Ich bin eingeloggt, sehe sie aber nicht." Ich: "Aber haben Sie auch auf "Raum betreten" geklickt?" Achso, nö, das wusste die Patientin nicht. 🙄Manchmal gibt es auch Sprachbarrieren und dann klappt es online eben nicht. Dann gibt es das Gespräch eben telefonisch. 🤷‍♀️ Und die Zeit tickt. In einer halben Stunde brauche ich einen ordentlichen Überblick, welche Behandlungsempfehlung ich abgebe.

 

9 Uhr: Zurück im Büro. Jetzt muss ich schnell den Befund auf der Konsilplattform eintippen und die Leistung kodieren. Gibt es eine primäre Behandlungsindikation? Ja, dann muss der Oberarzt eingeschalten werden. Gibt es eine konservative Behandlungsindikation? Dann geht eine E-Mail an die leitende Psychologin raus. Ungefähr 45 Minuten später habe ich das erledigt - wenn alles glatt läuft. 🤞 Manchmal stelle ich fest, ich kann meine Schrift nicht mehr lesen oder der Pat. hat sich unklar ausgedrückt. Das passiert leider immer noch, dass ich im Gespräch nicht gleich feststelle, wo Unklarheiten sind. Oft hört sich das, was der Pat. sagt, erstmal plausibel an. Erst später stelle ich fest: Es war doch irgendwie zweideutig. 😖

 

9:45 Uhr: Ich habe bis zur PiA-Supervision noch 45 Minuten Zeit. In dieser Zeit muss ich Patienten raussuchen, die ich besprechen möchte. Zumeist Fälle aus der letzten Woche, bei denen irgendwelche Fragen offen geblieben sind (z. B. Probleme bei der Diagnosestellung - weil viele Beschwerden und keine eindeutige Symptomatik; aber auch: welches Angebot können wir dem/der Patient:in überhaupt machen? Wenn wir nichts haben, an wen können wir weiterverweisen?). Falls noch Zeit ist, muss ich auch Pat. anrufen, die ich betreue: Ich benötige in einem Quartal pro Patient:in mind. 3 Kontakte, 5 - 6 Kontakte sind eher wünschenswert. Sobald Patient:in eine Anschlussbetreuung haben (Psychotherapie oder Station/Tagesklinik), kann ich die Betreuung beenden. Bis dahin bin ich aber verantwortlich, mich nach dem Zustand des/der Patient:in zu erkundigen.

 

10:30 Uhr: PiA-Supervision. Erstmal werden organisatorische Fragen geklärt. Ich muss hinweisen, dass ich am kommenden Donnerstag wegen einer Supervision im Forschungsprojekt später komme. Und auch, dass ich die Woche darauf Urlaub habe. Dann geht es um ganz unterschiedliche Fragen: Wie gebe ich irgendwas in unser Klinikprogramm ein? Wie unterscheide ich Diagnose X von Y? Was mache ich bei technischen Problemen? Und dann stellt jeder der mag einen oder mehrere Patient:innen vor und stellt Fragen. Ich nutze diese Supervision gerne, weil es mehr Unklarheiten gibt, als man denken möchte. Zum Beispiel auch, wie ich mit sozialen Problemen der Patient:innen umgehe, für die wir sonst nicht zuständig wären.

 

12 Uhr: Normalerweise hätte ich jetzt ein Erstgespräch in Präsenz - also keine Mittagspause. Heute fällt das aus, weil ich mit einer anderen PiA zusammen eine Gruppe betreue, aber erst abends. Manchmal kann ich in einer naheliegenden Cafeteria ein belegtes Brötchen kaufen. Aber meistens nutze ich diese Pause, um weitere Patient:innen anzurufen, die ich betreue, oder auch, um Briefe zu überarbeiten, die mir meine Vorgesetzte mit Kommentaren zurückgegeben hat. Findet um 12 Uhr aber ein Gespräch statt, schreibe ich ab 13 Uhr den zugehörigen Arztbrief. Aktuell schaffe ich das ganz gut in ca. 45 Minuten. Manchmal dauert es auch deutlich länger - vor allem bei Patient:innen, die sehr komplexe Vorgeschichten. Momentan habe ich einen unvollständigen Brief in meiner Dokumentenliste, der seit Anfang Dezember dort hängt. Es fehlen wesentliche Angaben der Patientin, sie hat alle wichtigen Daten in etwaigen Vorbefunden geschwärzt. Jetzt muss ich mühsam alle Infos bei den unterschiedlichen Behandlern zusammensuchen.🙈

 

16 Uhr: Die andere PiA, mit der ich die Gruppe betreue, möchte sich mit mir wegen des Gruppentermins abstimmen. Sie mag das Manual für dieses Gruppenprogramm nicht, ob ich noch Ideen hätte, was man anders machen könnte oder ich eine Übung umgestalten möchte. Die Gruppe beginnt um 17 Uhr und nein, ich habe so kurzfristig keine Ideen und gehe eigentlich ganz konform mit dem Manual. Man muss es nicht wortwörtlich so machen und wenn sie was anderes machen will, kann sie das gerne tun. Sie findet das unbefriedigend und findet auch, ich tue zu wenig für die Gruppe. Wir einigen uns auf ein paar Punkte, die ich übernehme, und wieder einmal denke ich mir: "Vielleicht ist das hier doch zu viel für dich. Ob das eine gute Idee war, neben der Tätigkeit im Forschungsprojekt in der Ambulanz zu arbeiten?" 🤔

 

17 Uhr: Die Gruppe beginnt. Wir machen eine kurze Blitzlichtrunde, fragen den aktuellen Stand der Therapeutensuche ab und stellen dann das heutige Thema vor. Die verschiedenen Übungen werden durchgeführt und im Anschluss besprochen. Um 18:30 Uhr ist die Gruppe zu Ende. Falls es jemandem in der Gruppe sehr schlecht geht, wird noch ein kurzes Gespräch angestellt (vielleicht 10 Minuten) und ein Gesprächstermin am nächsten Tag vereinbart.

 

18:45 Uhr: Ich verlasse die Ambulanz. Normalerweise endet meine Arbeitszeit um 15 Uhr. Aber alle zwei Wochen ist Gruppe, dann komme ich erst um diese Zeit raus und bin entsprechend spät zu Hause. Das Abendessen lasse ich dann auch ausfallen, weil es mir einfach zu spät ist und ich auch sehr müde bin. Am nächsten Tag wartet wieder die Arbeit im Forschungsprojekt, mal sehen, welche Überraschungen da auf mich warten. 🎁

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