Der Sommer vertreibt den Nebel
Erneut ist es lange her, dass ich mich gemeldet habe. Die letzten 10 Monate waren sehr turbulent, aber dies wird wegen der Pandemie vermutlich jeder sagen können / müssen.
Ergebnis direkt zum Einstieg: Betreuungsangebot meines Wunschbetreuers liegt vor, Datenerhebung ist fast abgeschlossen, Motivation weiter sehr hoch.
Der Weg dahin war allerdings nicht so einfach, wie erhofft, teilweise lag der Weg ziemlich im Nebel. Aber der Reihe nach: Mein letztes Jahr umfangreich erarbeitetes Exposé wurde Ende November 2021 ziemlich zerrissen. „Ich verstehe immer noch nicht, wo Sie hin wollen!“ und „Wie viele Jahrzehnte wollen Sie denn daran sitzen?“. Im Kern ist die große Herausforderung, zu verstehen, dass die eigene Arbeit nur einen winzigen Teil untersuchen kann und möglicherweise keine befriedigende Antwort liefern wird. Aus der Studentenzeit hat man noch die Vorstellung, eine ganz wichtige Antwort für eine drängende, bedeutende gesellschaftliche Frage zu finden – und deshalb ist der eigene Forschungsansatz in der Regel viel zu ambitioniert. Ich z.B. wollte über eine Analyse von Homepages, Stellenanzeigen und Organigrammen interessante Gesprächspartner für Interviews identifizieren. Dies ist aber a) zeitlich völlig unrealistisch und b) wissenschaftlich auch unklar, denn was bedeutet „interessant“? Außerdem blieb völlig offen, ob die interessanten Gesprächspartner dann auch für ein Interview zur Verfügung stünden bzw. ob sie vom Arbeitgeber eine Erlaubnis bekommen. Dieser Ansatz von mir war also ein Holzweg, aber zum Glück keine echte Sackgasse, denn im Gespräch mit anderen Doktoranden hat es dann irgendwann „Klick gemacht“, und ich habe meinen Forschungsansatz gefunden.
Nun werde ich „nur“ Stellenanzeigen analysieren (sog. Qualitative Dokumentenanalyse) und habe seit März systematisch und teilautomatisiert entsprechende Daten erhoben. Die Anzahl genügt bereits, um auch statistisch relevant zu sein.
Die „Verkleinerung“ der eigenen Forschungsidee (und jeder hat ja eine Idee im Kopf, wenn man sich für eine Diss interessiert) ist die erste Hürde, die man nehmen muss. Die zweite Hürde (und die ist eng mit der ersten verbunden) ist die Fokussierung auf eine spätere wirtschaftliche Verwertung, quasi den praktischen Nutzen. Wissenschaftliche Erkenntnis ist Nutzen genug, es bedarf überhaupt keiner praktischen Bedeutung.
In den letzten Jahren haben viele das Zertifikatsprogramm der LKS begonnen und durchlaufen, aber viele haben nicht promoviert, denn sie waren zu inflexibel von ihrer anfänglichen Idee loszulassen, weil es a) nicht wissenschaftlich, oder b) zeitlich zu ausufernd, oder c) nicht machbar (die besten Forschungsideen bringen nichts, wenn man nicht an die Daten oder Interviewpartner kommt) oder d) nicht betriebspädagogisch war.
Diese Hürden habe ich bisher ganz gut hinbekommen, letztes Wochenende im Schloss Engers meinen Ansatz präsentiert sowie viele wichtige Anregungen vom designierten Betreuer und anderen Teilnehmern für die weitere Forschung bekommen. War ein tolles Wochenende mit sehr bereichernden und motivierenden Gesprächen, auch ausserhalb des Themas Diss. Einer der erfolgreichen Doktoranden übernimmt nun übrigens einen Lehrstuhl an der IU in Teilzeit.
Als nächste Schritte lasse ich diese Anregungen ins Kurzexposé einfließen, dann sollte das Gerüst schon ziemlich belastbar sein. Bis Ende des Monats wird die Datenerhebung fortgesetzt, damit ich genau 6 Monate voll habe (klingt besser als eine fünfmonatige Datenerhebung finde ich). Dann geht es auch direkt los, das große Exposé zu verfassen (25-30 Seiten), welches am KIT zur Einschreibung als Doktorand benötigt wird. Parallel dazu erfasse ich die Stellenanzeigen in der Software MaxQDA, mit der ich die qualifizierte Dokumentenanalyse durchführen will.
Es geht also voran, und weiterhin versuche ich jeden Tag etwas zu machen, um auch gedanklich immer drin zu bleiben.
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