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Berufsaussichten mit MSc Psychologie - Überforderung Teil II


unrockbar

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Das Berufsfestival ist vorbei und ich habe viele Eindrücke mitgenommen.

 

Angehört habe ich mir noch

 

Neuropsychologie

Derzeit ist die Weiterbildung noch möglich ohne klinische Module. Wie lange noch, schien mir etwas unklar, da viel im Umbruch ist mit den neuen Studiengängen. Ohne Approbation landet man aber immer automatisch in einer Klinik. Das ist ja wie gesagt eher nur mittelmäßig attraktiv. Aber abseits dessen fand ich das Feld mega spannend. Viel Diagnostik (genau meins) und spannende Patienten (also aus der beruflichen Sicht natürlich, persönlich alles tragisch). Tatsächlich musste ich mich kurz fragen, ob eine Niederlassung als Neuropsychologe mit einem HP Psych ginge? Eine Antwort weiß ich aber nicht.

 

Notfallpsychologie

Sehr junges Feld in der Psychologie und noch nicht wirklich etabliert. Hier und da allerdings gesucht bei der Polizei oder in Krankenhäusern/Hospizen, ehrenamtlich natürlich immer gerne auch bei Rettungsdiensten. Dabei geht es nicht nur um Einsätze direkt während des Zugunglücks oder der Geiselnahme, sondern auch präventiv (Vorbeugen und Verhalten bei Banküberfällen zb) oder auch in der Nachsorge. Als Berufsfeld zum direkten Ansteuern schwer möglich (kaum Stellen, eher freiberuflich und es sind zum Glück nicht täglich Banküberfälle selbst im größeren Umkreis), eher ehrenamtlich oder nebenbei.

 

UX

Einen etwas technischeren Zugang kann ich mir gut vorstellen. UX Research geistert mir schon etwas länger im Kopf herum, also das Planen von Studien mit Nutzern, um ein Produkt oder ähnliches zu verbessern. Die Konkurrenz ist aber recht vielfältig, da es kein originäres psychologisches Feld ist. Dafür sind die offenen Stellen aber auch reichlich vorhanden.

 

Start Ups oder Arbeiten als digitaler Nomade

Interessante Optionen wurden vorgestellt. Mobile Psychotherapie fand ich ja spannend, auch wenn das kein Feld für mich ist. Aber manche sind international unterwegs auf Weltreise und finanzieren diese durch online Psychotherapie von überall aus. Aber seit Corona sprießen die psychologischen Start Ups auch wie Unkraut, sodass mobiles Arbeiten auch ohne Therapie ganz gut möglich sein sollte.

 

Ich habe auch super viele Eindrücke für mögliche Praktikumsplätze mitgenommen und interessante LinkedIn Gruppen, Whatsapp Gruppen und Mailadressen abgegriffen. Das Praktikum ist dann ein Thema für Ende des Jahres. Wenn ich die Arbeit langsam abhake und hoffentlich einen schönen, langen, freien Dezember (sehr viele Urlaubstage übrig, die ich am Ende noch abbauen muss) mal so wirklich besinnlich begehen kann.

 

Insgesamt bin ich aber sehr hin und her gerissen zwischen:

Will ich etwas eher technisches machen, mit Möglichkeit zu Home Office und vielen Stellen, zb UX, E-Learning, Start Ups, Qualitätsmanagement o.ä. Aber dann mit viel Konkurrenz und so richtig gelohnt hätte sich das Studium dafür nicht, da das auch mit tausend anderen Qualifikationen ginge.

Oder will ich etwas so richtig durch und durch psychologisches machen, wofür man sich den ganzen Bums auch angetan hat. Wo man seine Fähigkeiten einbringen kann, die sonst nur wenige haben, zB in der Neuropsychologie oder in der Rechtspsychologie. Meist verbunden mit viel Freiberuflichkeit, Akquise, Verantwortung, Herumfahren.

Hat eben beides Vor- und Nachteile. Eigentlich lieber zweiteres, aber die Nachteile wiegen schon schwer, finde ich. Würde ich das Hinbekommen? Oder lieber den easy Exit wählen und einfach ins HR gehen oder in die Werbung, wo Psychologie ganz nett ist, mehr aber auch nicht. Das würde mich schon sehr ärgern irgendwie.

Es gibt natürlich noch einige mehr psychologische Berufsfelder, aber auch da ist die Konkurrenz gar nicht so klein (zb psychologische Beratungsstellen) oder immer mit Akquise und sich verkaufen verbunden (zB eigene Praixs zur Paarberatung eröffnen) oder Verschleißstellen (aus meiner Sicht zB bei Berufsförderungswerken oder Schulpsychologe). Die interessieren mich eher weniger. Was mich interessiert ist wiederum kaum zu bekommen, aaargh.

 

Daran werde ich noch eine Weile zu knabbern haben. Meine Ansprüche sind wohl nicht erfüllbar 😅

3 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Vielen Dank für deine Eindrücke. Ähnliche Erfahrungen (wenige machbare Alternativen außerhalb des klinischen Settings, dann oft auch ohne Psychologie-Abschluss), habe ich auch gemacht. Ich habe mal bei einem Psychologen ein Seminar besucht, das im Rahmen der Akademie des BDP gehalten wurde. Hier war der Augenmerk aber auf die Selbstständigkeit gerichtet und wie Psychologen sowohl mit als auch ohne Approbation (aber mit HP Psych.) Fuß fassen können.

 

Ich fand die Ausbeute mehr als ernüchternd. Klare Ansage war auch, dass man mit HP Psych oftmals sehr eingeschränkt agieren muss und eigentlich immer noch eine zweites Standbein (Dozententätigkeit, Gutachtertätigkeit, Teilzeitstelle oder ähnliches) benötigt, um davon leben zu können. Daher vermute ich, dass auch klinische Neuropsychologie mit HP Psych zwar rein rechtlich funktionieren könnte, aber finanziell nicht einträglich genug wäre, um alleine davon leben zu können. 

 

Andererseits begegne ich immer wieder Psycholog:innen, die - egal ob mit Approbation oder HP Psych - eine funktionierende Praxis am Laufen haben und keine Abrechnung mit GKV oder PKV anbieten (also reine Selbstzahler bedienen). Ich schätze, dass man hierfür einen langen Atem braucht, vermutlich zusätzlich als Dozent o.ä. arbeitet und sich auf etwas spezialisiert haben muss, das nachgefragt wird. Einer dieser Psychologen hat mehrere Bücher geschrieben, unterrichtet auch in Ausbildungsinstituten und hat in der restlichen Zeit die Praxis randvoll mit selbstzahlenden Patienten. Der lehnt es sogar explizit ab, am Kostenerstattungsverfahren mit GKVen teilzunehmen, weil er keine Zeit für das Schreiben von schlecht bezahlten, aber langatmigen Berichten hat. Steht so sogar auf seiner Homepage. 😉

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vor 12 Stunden schrieb TomSon:

Andererseits begegne ich immer wieder Psycholog:innen, die - egal ob mit Approbation oder HP Psych - eine funktionierende Praxis am Laufen haben und keine Abrechnung mit GKV oder PKV anbieten (also reine Selbstzahler bedienen). Ich schätze, dass man hierfür einen langen Atem braucht, vermutlich zusätzlich als Dozent o.ä. arbeitet und sich auf etwas spezialisiert haben muss, das nachgefragt wird. Einer dieser Psychologen hat mehrere Bücher geschrieben, unterrichtet auch in Ausbildungsinstituten und hat in der restlichen Zeit die Praxis randvoll mit selbstzahlenden Patienten. Der lehnt es sogar explizit ab, am Kostenerstattungsverfahren mit GKVen teilzunehmen, weil er keine Zeit für das Schreiben von schlecht bezahlten, aber langatmigen Berichten hat. Steht so sogar auf seiner Homepage. 😉

Eine ehemalige Kollegin hat auch eine Praxis eröffnet, aber mit Approbation. Da kein Kassensitz vorhanden nur Selbstzahler. Sie hat auch die Bude voll und hat das erst vor 1,5 Jahren gewagt. Viele Lehramtsstudenten und Lehrer schlagen bei ihr als Selbstzahler zB auf, trotz möglicher Abrechenbarkeit, weil alle Angst um ihre Verbeamtung haben. Sie gibt hier und da auch ein paar Workshops und Supervision, aber nicht weil sie müsste, sondern für die Abwechslung.

 

Der Neuropsychologe vom be-in war für die Selbstständigkeit auch Therapeut, aber quasi so vollgestopft mit neuropsychologischen Themen, dass er zum therapieren sowieso nicht mehr kommt und die alle dazu weiterschickt 🤔

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Im Prinzip steht ja erst mal die Entscheidung an, ob man in die Selbständigkeit geht oder ob man ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis anstrebt - mal ganz unabhängig von der inhaltlichen Ausrichtung einer Vertiefung.

 

Die Selbständigkeit mit all den daraus resultierenden Anforderungen und Unsicherheiten muss man wollen und sich zutrauen. Das zu klären, darauf würde ich erst mal den Fokus ausrichten.

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