Berufsaussichten mit MSc Psychologie - Überforderung Teil I
Huhu ihr Lieben,
derzeit läuft das be-in Berufsfestival des Berufsverbands (BDP), diesmal sogar online. Das ist besonders komfortabel. Noch bis Sonntag wird es Vorträge und Live Talks geben.
Das bringt mich bis hier her zemlich ins Grübeln, wie es weitergehen soll mit einem Abschluss. Es gibt so viele spannende Möglichkeiten, die aber auch alle mit mittel bis schwerwiegenden Nachteilen verbunden sind.
Berufsmöglichkeiten, die ich mir angehört habe und grundsätzlich von Interesse wären:
beim polizeipsychologischen Dienst / sozialpsychologischen Dienst der Polizei
Super spannendes Feld, von der psychosozialen Beratung der Anwärter, Tätigkeiten in der Lehre oder bis hin zur Einsatzplanung / Notfallbetreuung bei Großeinsatzlagen, top würd ich machen. Aber die Chancen auf eine Stelle sind quasi nonexistent. Als Beispiel wurde Hessen genannt. Auf alle Polizisten des Landes (ca. 30.000) kommen 25 Psychologen für ganz Hessen. Die Leute werden verbeamtet und sitzen dort bis zum Sankt Nimmerleinstag auf den Stellen. Quasi aussichtslos, vor allem wenn man dafür nicht umziehen will.
berufspsychologischer Dienst der Agentur für Arbeit
Sicherer Job, sicheres Gehalt. Man ist den ganzen Tag eigentlich nur mit Diagnostik beschäftigt, gibt den Kunden ihr Ergebnis in die Hand und verschriftlicht im Anschluss die Gutachten. Man wird controlled und muss pro Tag, pro Woche etc eine bestimmte Menge an Gutachten schaffen. Es gibt eine 9-monatige Einarbeitungsphase, für die man quer durch Deutschland reisen muss, da man gewollt mehrfach den Standort wechseln soll. Danach wird man einem Standort zugewiesen oder man konnte sich schon auf einen bestimmten Standort vorher bewerben. Der Tag ist ziemlich überschaubar geregelt. Ich bin zwar ein Sicherheitsmensch, aber ich glaube das ist so straff durchorganisiert, hierarchisch und so starr festgelegt, dass man nach einiger Zeit eine Macke bekommt. Auch die Klientel würd ich eher schwierig nennen.
Rechtspsychologe
Ich habe mir verschiedene Dinge angehört, von familienrechtlichen Gutachtern, aussagepsychologischen Gutachtern bis zum Anstaltspsychologen in JVAs. Oh man, da dreht sich mir der Kopf von so viel Input. Also manche haben das Familienrecht geschmissen, weil die Eltern schlimmere Klientel gewesen sein sollen als die Straftäter 😅 Das Thema Gutachten zur Schuldfähigkeit und Aussagefähigkeit fand ich super spannend. Aber Selbstständigkeit per se macht mir Angst. Eine Praxis eröffnen, sich bekannt machen, unsichere Finanzplanung... da kommt das Arbeiterkind in mir durch. Ich hab mit sowas absolut keine Berührungspunkte. Das fühlt sich an wie eine andere Welt, in die man da eintreten würde. In die Welt der Steuerberater, Architekten und Zahnärzte... ich und eine Praxis, oh mein Gott. Interesse ja, aber das kann ich mir so schwer vorstellen, weil ich mir vorkomme, als gehöre ich da nicht hin. Naja zurük zum Thema Gutachten generell: man wird natürlich permament in Frage gestellt, mindestens mal von der Verteidigung, dass man inkompetent ist, befangen etc. Man darf sich bloß nicht erwischen lassen zu viel mit dem Richter oder einem Ankläger zu sprechen, um Vorwürfen der Befangenheit vorzubeugen. Auch hätte ich Angst, dass mir ein geschasster Elternteil mal ordentlich auf die Fresse haut, nachdem er/sie das Sorgerecht verloren hat. Auch beim JVA Psychologen kam die Mahnung, bloß nicht im Internet auffindbar zu sein oder zu freundschaftlich mit den Beamten im Vollzug umzugehen. Irgendwer plaudert mal. Auch trägt man immer ein Notfallgerät am Körper, falls man am Boden liegt, schlägt es automatisch direkt Alarm. Mit Gewalt muss man einfach rechnen. Nicht, dass mir das nicht bewusst wäre, aber so real drüber nachgedacht, uff...
Rehapsychologe
Man arbeitet (für mich unerwartet) viel mit Menschen, die eher aus prekären Bereichen kommen, körperlich schwer gearbeitet haben oder noch nie und auch nicht mehr werden. Menschen mit Unfällen, vorübergehenden Krankheiten etc, die dann nach der Reha wieder weiter arbeiten, sind eher weniger die Klientel. Fand ich ja persönlich einfach spannend. Es geht also viel um Funktionsfähigkeiten wiederherstellen oder erhalten, Weiterleben mit Krankheiten erleichtern, Diagnostik, auch ein bisschen Prävention. Könnte ich mir prinzipiell schon vorstellen, wobei ich aber Kliniken als Arbeitgeber generell als nicht so attraktiv wahrnehme.
In dem Zusammenhang könnte man auch über den Neuropsychologen mal nachdenken. Setzt aber eine umfangreiche Weiterbildung voraus und auch da sind die Arbeitgeber ausschließlich Kliniken. Dazu wird es aber noch Input geben, der war noch nicht dran.
In einem zweiten Teil werd ich noch von den Sachen berichten, die bis Sonntag noch thematisiert werden, zB Neuropsychologe, Wissenschaftskommunikation, arbeiten in Start Ups, UX, Notfallpsychologe. Es gibt natürlich noch mehr Vorträge zu anderen Berufsfeldern, die interessieren mich persönlich aber eher nicht (u.a. Organisationsberatung, Sexualtherapie, Sportpsychologe, Werbung/Marketing, Verkehrspsychologe). Ich hör mir manches davon vielleicht noch an, aber es wird nicht zu allem einen Bericht geben 😄
Insgesamt find ich es ziemlich überfordernd. Entweder es gibt keine Stellen dafür oder selten, oder man müsste sich selbstständig machen. Auch haben leider viele berichtet (ich höre mir ja nur Themen an, für die man die Approbation nicht braucht), dass sie die Approbation später noch nachgeholt haben, weil es sinnvoll für den Beruf war und/oder weil es sich angefühlt hat, als würde noch etwas fehlen. Das deprimiert mich jetzt... Auch gibt es immer wahnsinnig viele Fragen, was kann ich ohne Approbation machen, und da fällt leider echt viel raus.
Jetzt hat es mich gestern kurz wie einen Geitesblitz getroffen, ob ich das mit der PPT Ausbildung nicht noch mal hart überdenken sollte, solange die Übergangsfrist noch gilt. Aber der Aufwand wäre gewaltig. Erstens überblicke ich es kaum, was überhaupt noch möglich wäre (PFH?, MEU?), zweitens selbst wenn, wäre das mit Uniwechsel, viel Reisen, viel Geld und noch viele Jahre Zeitinvestition verbunden. Nachdenklich macht es mich auf jeden Fall, ob ich die Möglichkeit nicht noch nutzen sollte. Aber ein originäres Interesse an Psychotherapie besteht eigentlich nicht. Ich musste mich ganz schön durchquälen, nur um eine "Zusatzqualifikation" (die leider oft von Vorteil wäre) mitzubringen.
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