Besser spät als nie: LIEBSTER-Award
Ich neige etwas dazu, Dinge aufzuschieben, die mich nicht direkt mit einer Deadline "bedrohen", wollte jetzt aber doch noch mal auf die Fragen antworten - Danke für die Normierung lernhilfentk, ich freue mich darüber, auch wenn ich ewig nicht reagiert habe.
1. Wie waren Deine Erfahrungen zum Studienstart?
Ich bin mit einer Mischung aus Neugierde und Angst an das Fernstudium herangegangen. Neugierde auf die Psychologie-Inhalte und Angst, dass es mir zu viel wird. Die Unmengen an Lesetexten für das erste Modul hat mich dann ziemlich umgeworfen, aber gleichzeitig waren die Texte gut verständlich geschrieben und leichter lesbar als die Texte in meinem Präsenzstudium. Irritierend war vor allem, die ganzen Meinungen zum Niveau der Klausur einzuschätzen - es gab ja keine veröffentlichten Altklausuren und jede Menge Leute, die davon überzeugt waren, man müsse jeden Satz der über 1000 Seiten auswendig lernen. Aber die erste Klausur hat mir dann gezeigt, dass das Niveau vergleichbar mit meinem Präsenzstudiums-Niveau ist und es folglich schon darauf ankommt, möglichst alles zu verstehen und sich auch vieles zu merken, um zwischen kleinen Details unterscheiden zu können, aber man muss nicht jeden Satz auswendig können.
2. Gab es Schwierigkeiten beim Start? Wenn ja, wie hast Du sie überwunden?
Die größte Schwierigkeit war wohl die Organisation - vor allem die parallele Organisation von zwei Studiengängen. Innerhalb kürzester Zeit habe ich dem Zeitplan extrem hinterhergehinkt. Recht bald habe ich dann gemerkt, dass mir das vorgeschlagene Konzept nicht passt - nach Zeitplan sollte man alle Studienbriefe parallel bearbeiten und ich habe schnell gemerkt, dass es für mich deutlich angenehmer ist, die Studienbriefe nacheinander zu bearbeiten. Gerade mit der Themenvielfalt, die durch das Doppelstudium reingekommen ist, war und ist es ganz angenehm sich jeweils auf ein Thema konzentrieren zu können. Am schlimmsten wurde der Aspekt der Organisation kurz vor der ersten Klausur. Innerhalb von einer Woche habe ich noch ungelesene Studienbriefe zu Ende gelesen und die 1000 Seiten Material in mich hineingestopft. Ich saß vom Aufstehen bis zum Schlafengehen da und habe gelernt, nur unterbrochen von kurzen Essenspausen und und hier und da mal 5-10 Minuten. Die Klausur habe ich dann auch erfolgreich hinter mich gebracht, aber danach ging gar nichts mehr. Ich glaube, ich habe mir eine ganze Woche zum Regenerieren genommen und war mit den Nerven am Ende. Daraus habe ich gelernt, dass es auch in den stressigsten Lernphasen unheimlich wichtig ist, sich Lernpausen zu gönnen. Und zwar echte Pausen, nicht nur 5-10-Minuten-Pausen. Mittlerweile ist das höchste an Lernzeit, was ich an einem Tag erledige etwa 5-6 Stunden - und auch das nur in wirklichen Ausnahmefällen, ich strebe eher eine Lernzeit von 3-4 Stunden in kleine Einheiten über den Tag zerstückelt an. Damit kommt man schon sehr weit, weil man sich so in der tatsächlichen Lernzeit auch sehr gut konzentrieren kann. Vor allem tut es echt gut, sich eine Pause wirklich zu gönnen und in der Pause nicht das Gefühl zu haben "eigentlich müsste ich jetzt XY machen".
3. Gab es Fächer, die eine besondere Herausforderung waren? Wie hast Du diese gemeistert?
Das trifft auf zwei Fachbereiche zu. Einerseits das Modul zur Biologische und Allgmemeinen Psychologie, das sehr viele lateinische Fachbereiche beinhaltet hat und in Bezug auf das Wahrnehmungsskript sehr schwammig war - in dem Semester war ich von privaten Problemen recht abgelenkt und habe mich nur so nebenbei durchgekämpft. Dort habe ich auch die schlechteste Note meines gesamten Studiums bekommen, war aber einfach froh es hinter mich zu bringen. Danach habe ich mich ohne Druck nochmal mit Inhalten der biologischen Psychologie beschäftigt und gemerkt, dass es doch ganz interessant sein kann.
Der zweite Fachbereich, der eine besondere Herausforderung darstellt, ist die Statistik. Ich finde es vor allem schwer, statistische Inhalte im Selbststudium zu erlernen. Eigentlich habe ich keine Probleme mit mathematischen Aspekten, aber ich finde, dass sich diese viel besser mündlich und im Dialog erklären lassen als in einem schriftlichen Monolog. Da gab es im Statistik-Skript einige Stellen, bei denen ich ziemliche Denkknoten hatte. In dem Modul habe ich mich aber auch mit einer Lerngruppe getroffen und wir haben uns gegenseitig die Dinge erklärt und gemeinsam Übungsbeispiele durchgerechnet, das war sehr hilfreich. Die Statistik ist damit allerdings nicht abgeschlossen. Vor allem in Sozialpsychologie aber auch jetzt in der Persönlichkeitspsychologie und in der Diagnostik spielen statistische Inhalte eine große Rolle. Vor allem für das Lesen von Studien und Testreviews ist es wichtig, die Inhalte aus dem Statistik-Modul wieder abrufen zu können - das ist etwas schwierig, weil dazwischen zwei Module lagen, die nicht besonders viel Statistik beinhaltet haben (Entwicklungspsychologie und Biologische Psychologie). Für die Diagnostik muss ich auch noch Texte lesen, die sich mit statistischen Maßen zur Beurteiltung der Gütekriterien von Tests (Objektivitiät, Reliabilität und Validität) beschäftigen. Also nochmal an dieser Stelle für Mitleser*innen, die an einem Psychologiestudium interessiert sind: Statistik spielt eine zentrale Rolle und kommt immer wieder. Vor allem für die eigene Forschungstätigkeit etwa im Rahmen einer Bachelorarbeit oder Masterarbeit ist es in den meisten Gebieten sehr wichtig, statistische Ergebnisse von Studien verstehen und interpretieren zu können - selbst dann, wenn man nur anhand anderer Studien ein Thema theoretisch bearbeitet.
4. Hat Dich Dein privates Umfeld unterstützt? Wenn ja, wie?
Auf jeden Fall. Aufmunternde und ermutigende Gespräche, Gespräche in denen ich mich einfach mal auskotzen konnte mit Freund*innen und meinem Freund, er übernimmt in starken Lernstressphasen fast den kompletten Haushalt (sonst teilen wir uns den mit leichter Tendenz, dass er mehr macht als ich) und es ist auch sehr hilfreich, wenn er sich mit mir einfach mal für eine Lerneinheit aufs Sofa setzt und einfach nur da ist.
5. Was waren/sind Deine stärksten Eindrücke aus dem Studium?
Die Frage finde ich schwierig - ich beziehe sie mal einfach auf die inhaltliche Ebene: Was sich bisher durch mein Psychologie-Studium zieht ist die Beschäftigung damit, wie wissenschaftliche Psychologie sich positioniert und welche Methoden aus welchen Gründen bevorzugt werden. Ich finde die Methodenvielfalt der Psychologie erstaunlich, wenn man sich mal darauf einlässt, dass nicht nur quantitative Forschung wirkliche Psychologie ist und dennoch nicht zum anderen Extrem kippt, dass quantitativer Forschung die Berechtigung absprechen will. Psychologie hat mir die Augen dafür geöffnet, dass eine integrierende Perspektive oft am Produktivsten ist - alte widersprüchliche Modelle werden zu neuen komplexen Modellen integriert, unterschiedliche widersprüchliche Ansätze können in Relation zu je unterschiedlichen Zielen unterschiedliche Funktionen erfüllen und ein gemeinsames, breiteres Bild ergeben.
6. Wie hast Du deinen Alltag organisiert? Was würdest im Rückblick anders machen?
Zur Organisation habe ich oben unter Frage 2 eigentlich schon alles Wesentliche gesagt. Knappe Zusammenfassung: Mehr Struktur, aber vor allem auch mehr Pausen.
7. Welche beruflichen Chancen sollten sich durch den Studiengang eröffnen?
Ich bin damals weniger nach konkreten beruflichen Plänen vorgegangen, sondern eher nach Interesse am Fach. Allerdings hatte ich schon im Kopf, dass Psychologie mehr Perspektiven am Arbeitsmarkt bietet als meine Präsenzfächer. Ich dachte damals vor allem in Richtung Arbeits- und Organisationspsychologie und hatte nicht so viele Vorstellungen davon, was man da so machen könnte - Deshalb dachte ich vor allem an eine Stelle in einer Personalabteilung und hatte dabei die Personalauswahl im Kopf.
8. Welche beruflichen Chancen haben sich tatsächlich eröffnet?
Noch hat sich nichts eröffnet, aber ich habe auch noch nicht aktiv gesucht - im Moment habe mit dem Doppelstudium mehr als genug zu tun. Allerdings muss ich noch ein Praktikum machen (auf das ich mich auch schon sehr freue, obwohl ich noch nicht mal einen Platz habe). Aber mein Blickfeld für Berufsmöglichkeiten mit dem Fach Psychologie hat sich geweitet. Arbeits- und Organisationspsychologie finde ich nach wie vor interessant, allerdings reizt mich da jetzt vor allem der Bereich der Betrieblichen Gesundheitsmanagements bzw. generell eher die Personalentwicklung und weniger die Personalauswahl. Ansonsten kann ich mir noch vorstellen, in der Gemeindepsychologie unterzukommen, davon weiß ich aber noch nicht genug, um konkrete Ideen zu haben. Generell reizt mich der präventive Ansatz der Fernuni Hagen mehr und mehr.
Für berufliche Perspektiven ist es sinnvoll, auch noch den Master zu machen, aber ich kann mir gut vorstellen, erstmal zu versuchen, nach dem Abschluss des Präsenz-Masters und Psychologie-Bachelors erstmal irgendwo unterzukommen und dann berufsbegleitend den Psychologie-Master noch zu machen. Allerdings schwebt da auch noch eine potentielle Disseration nach dem Präsenz-Master im Raum meiner Gedankenspiele. Mal sehen, was die Zukunft bringt.
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