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Modulbericht: Multimedia


kurtchen

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Einbettung in den Studiengang

 

Das Modul "Multimedia" ist ein Pflichtmodul im Studiengang "Web- und Medieninformatik". Es ist eines von sechs Modulen des Schwerpunktes Web- und Medien. Für Studierende der Wirtschaftsinformatik ist es nicht Pflicht, sie können es aber als Wahlpflichtmodul belegen. Formal gibt es keine Zugangsvoraussetzungen. Das Modul "Web-Design & Web-Ergonomie" wird zwar zur Vorbereitung empfohlen, aber aus meiner Sicht ist das nicht nötig. Der Studienplan ordnet "Multimedia" ins vierte Fachsemester ein. Ich habe es später belegt, meine aber, dass man es genauso gut auch schon im ersten Semester hätte belegen können, denn es ist inhaltlich nicht eng an andere Module gekoppelt.

 

Das Modul "Multimedia" ist außerdem eines von fünf Modulen des Hochschulzertifikates "Web-Frontend-Programmierer". Studierende der Web- und Medieninformatik erwerben dieses Zertifikat mit ihren Pflichtmodulen fast automatisch. Lediglich das Wahlpflichtmodul "Web-Engineering" muss noch dazu belegt werden.

 

Das Lehrbuch

 

Das Buch "Dynamische Medien" von Maximilian Eibl hat einen Umfang von ca. 340 Seiten. Da beim Thema Multimedia naturgemäß viele Abbildungen nötig sind, ist die Textmenge überschaubar. Das Buch ist von 2011, was für ein Modul zu diesem Thema schon ein stattliches Alter ist. Damit sind ein paar Probleme verbunden, auf die ich später noch eingehe. So viel sei aber an dieser Stelle schon gesagt: Von allen Modulen, die ich bei Springer Campus belegt habe, erscheint mir dieses als dasjenige, das am dringendsten überarbeitet werden müsste.

 

Multimedia wird im Buch aus drei Blickwinkeln betrachtet:

  • Technik: Hier geht es darum, wie Bild, Video und Ton codiert und komprimiert werden. Auch wenn Formate und Codecs sich ändern, bleiben doch viele Prinzipien gleich.
  • Erstellung von Medien: Bilder, Videos und Audioaufnahmen müssen irgendwie erstellt oder zumindest bearbeitet werden. Dafür gibt es Tools wie Photoshop oder Adobe Flash. Das Bedienkonzept dieser Tools und die damit verbundenen Möglichkeiten werden im Kurs vorgestellt. Solche Produkte entwickeln sich rasch weiter und hier merkt man am deutlichsten, dass die letzte Überarbeitung des Moduls schon einige Jahre zurück liegt.
  • Auswahl und Einsatz von Medien: Hier geht es um die Frage, welche Arten von Medien für welche Zwecke und welche Zielgruppe geeignet sind. Für die hier vermittelten Prinzipien ist zu erwarten, dass sie keinem so raschen Wandel unterworfen sind.

 

Kapitel: Bild

 

Ein Verständnis von digitalen Bildern und Bildformaten ist hilfreich für ein späteres Verständnis von Video und Videoformaten. Darum die nachvollziehbare Entscheidung des Autors, sich zunächst mit statischen Bildern zu befassen.

 

Es geht um Pixel, Bildgrößen, Farbtiefe, Farbmodelle, die Pixeldichte in verschiedenen Medien und insbesondere um die Datenmengen, die aus diesen grundlegenden Werten resultieren. Der Autor geht auf verschiedene Dateiformate zur Speicherung von (Pixel-)Grafiken ein und welche Vorzüge sie für welche Anwendungsbereiche haben. Beispiele sind GIF, JPEG, PNG, RAW, TIF. Hier wird auch kurz skizziert, wie verlustfreie und verlustbehaftete Kompression funktioniert.

 

Das Kapitel liefert einen kurzen Einblick in Adobe Photoshop. Mich stört hier ein wenig die ausschließliche Bezugnahme auf das Produkt eines bestimmten Herstellers, auch wenn man im Fall von Photoshop von einem Standard sprechen muss. Hier hätte man meiner Meinung nach zumindest anreißen können, dass es auch quelloffene Alternativen gibt. Das hätte das ganze etwas neutraler gemacht.

 

Es folgen Abschnitte über die Technik von Digitalkameras. Hier geht es um Chipgrößen, die Unterscheidung von Farben durch den Einsatz von Bayer-Filtern, Sensoren, Objektive, Autofokus, Blende, Verschlusszeiten und dergleichen. Wer eine digitale Spiegelreflexkamera besitzt, nicht immer nur die Automatik verwendet sondern auch einmal selbst die verschiedenen Möglichkeiten zur Bildgestaltung genutzt hat, wird hier nicht viel Neues erfahren. Wer solche Erfahrungen noch nicht gemacht hat, bekommt eine knappe Einführung. Ganz gut gefallen hat mir die Berechnung des Bildwinkels aus Brennweite und Chipgröße, wodurch man z.B. abschätzen kann, welcher Brennweite bei Kleinbildfilm das Objektiv einer Digitalkamera entspricht.

 

Vermisst habe ich hier einen Abschnitt über 2D-Vektorgrafik, etwa am Beispiel SVG, das ja auch gut fürs Web geeignet ist. Hier hätte man auch einen inhaltlichen Bezug zum Modul "XML" herstellen können.

 

Kapitel: Audio

 

Den Anfang machen hier Überlegungen zur Physik von Schallwellen und zum Vorgang der Digitalisierung. Zur Sprache kommt z.B. das Nyquist-Theorem. Es besagt, dass die Abtastrate mehr als das doppelte der höchsten im Signal enthaltenen Frequenz betragen sollte. Für Audio werden nur zwei Dateiformate vorgestellt: Wave und MP3. Im Abschnitt zur MP3-Codierung wird immerhin skizziert, welche psychoakkustischen Erkenntnisse dieser zugrunde liegen. Interessant ist etwa der Effekt der Rückwärtsmaskierung. Eine laute Frequenz überdeckt leisere Frequenzen nicht nur im Moment ihres Auftretens sondern paradoxerweise schon bis zu 20 Millisekunden bevor sie erklingt. Das liegt daran, dass laute Frequenzen von unserer Wahrnehmung schneller verarbeitet werden. Die lauten Reize können also kurz zuvor aufgenommene leisere Reize "überholen" und diese somit rückwirkend verdecken. Wie die MP3-Codierung im Detail algorithmisch funktioniert versteht man so zwar noch nicht, aber man begreift zumindest, was diese möglich macht.

 

Der Aspekt Erstellung und Bearbeitung wird hier am Beispiel Adobe Soundbooth gezeigt. Das gibt es inzwischen gar nicht mehr (aber das Nachfolgeprodukt Audition CC). Die gezeigten Möglichkeiten hätte man meiner Meinung nach genauso gut am Beispiel des quelloffenen Programms Audacity vermitteln können.

 

Mir hätte gefallen, wenn weitere Audioformate vorgekommen wären, z.B. das freie Format OGG. Gut gefunden hätte ich auch, wenn der Autor nicht allein auf Audioformate sondern auch auf Dateiformate zur Speicherung von Musikinformation eingegangen wäre. Beispiele dafür wären MIDI und MusicXML. Da MIDI und MusicXML Notenereignisse und nicht Schallwellen beschreiben, kann man diese Dateien zum Beispiel maschinell nach bestimmten musikalischen Mustern durchsuchen. Es ist ein anderer Ansatz zur Speicherung von Musik und steht zu Audioformaten etwa in der Relation wie Vektorgrafik zu Pixelgrafik. Abgesehen von diesen offen gebliebenen Wünschen war ich mit diesem Kapitel aber zufrieden.

 

Kapitel: Video

 

Hier geht es um Codecs zur Videokompression. Man erhält eine Vorstellung, wie diese funktionieren. Die geht zwar nicht tief genug, um so etwas selbst nachprogrammieren zu können, aber im wesentlichen versteht man, was dabei abläuft. Es folgt ein sehr knapper Einblick in die Videobearbeitung mit Adobe Premiere und die Einbindung von Titeln und Ton.

 

Es fällt auf, dass insbesondere die genannten Auflösungen im Zeitalter von Videostreams mit 4K anachronistisch wirken. Das macht das hier beschriebene aber nicht falsch oder irrelevant. Eine Einordnung der Themen in den aktuellen Nutzungskontext würde hier als Überarbeitung durchaus genügen.

 

Kapitel: 2D-Animation mit Flash

 

Das Thema 2D-Animation wird am Beispiel Adobe Flash abgehandelt. Hier muss man unterscheiden zwischen Adobe Flash zur Erstellung von 2D-Animationen und dem Flash-Player, der früher nötig war, um Animationen im Browser abspielen zu können. Letzterer ist wegen zahlloser Sicherheitslücken in Verruf geraten. Internetnutzer brauchen ihn nicht mehr, weil HTML5 die Einbindung von Video und Audio auch ohne ein proprietäres Plugin unterstützt. Mobile Geräte von Apple unterstützen Flash schon seit längerem nicht mehr, ohne das deren Nutzer deswegen auf multimediale Inhalte verzichten müssten.

 

Aber 2D-Animationen müssen ja auch irgendwie erstellt werden. Dies wird im Kurs also am Beispiel Adobe Flash gezeigt. Der Kurstext ist tatsächlich eine Art knappes Tutorial, wie man verschiedene Arten von Animationen mit Flash erstellt. Dabei kommen z.B. Features wie Formtweening zur Sprache. Mit knapp 70 Seiten nimmt dieses Kapitel einen recht großen Raum ein. In der Lernplattform gibt es zusätzlich eine knappe Einführung in ActionScript. Flash heißt inzwischen Adobe Animate und die damit erstellten Animationen lassen sich selbstverständlich in Formaten auswerfen, die man direkt per HTML5 einbinden kann.

 

Eine Bezugnahme auf Adobe Animate wäre eine naheliegende Möglichkeit, das Modul zu aktualisieren und gleichzeitig das bisherige Konzept zu erhalten. Auch hier würde ich mir wünschen, wenn Alternativen zumindest knapp vorgestellt würden.

 

Kapitel: 3D-Animation mit VRML

 

Dieses Kapitel ist die große Baustelle des Moduls. Von VRML hatte ich noch nie gehört. Es handelt sich um eine Beschreibungssprache für 3D-Welten, die übers Internet übertragen und mittels eines Plugins im Browser gerendert werden können. Die Syntax erinnert stark an JSON. Mag sein, dass das im Jahr 2011 noch als vielversprechende Technologie erschien. Ich musste erst mal suchen, wie ich für mein System einen Viewer auftreibe, mit dem ich die Codebeispiele aus dem Kurs ausprobieren konnte.

Am Ende des Kapitels wird auf den prospektiven Nachfolger von VRML eingangen. X3D ist im wesentlichen VRML mit XML-Syntax. Auch diese Technik scheint mir nicht sehr relevant zu sein.

 

Die Behandlung von WebGL wäre eine Möglichkeit, den Kurs zu aktualisieren und zugleich des bisherige Konzept zu erhalten. WebGL wird von gängigen Browsern unterstützt.

Lieber wäre mir gewesen, man hätte eine 3D-Bibliothek einer gängigen Programmiersprache vorgestellt. Alternativ hätte man auch einen Schritt zurück gehen können, um zu untersuchen, wie 3D-Vektorgrafik grundsätzlich funktioniert. Die nötigen Grundlagen in linearer Algebra wären ja durch das Modul "Mathematik für Informatik" und auch durch das Kapitel "Grafik" im Modul "Angewandte Mathematik" vorhanden. Damit hätte man die Perspektive Technik stärker behandelt.

 

Kapitel: Einsatz dynamischer Medien

 

Im letzten Kapitel geht es um Auswahl und Einsatz dynamischer Medien für verschiedene kommunikative Zwecke und Nutzergruppen. Grundlage ist die DIN EN ISO 14915. Der Autor stellt zunächst verschiedene Informations- und Medientypen vor, um dann Kriterien für Auswahl und Kombination von Medien - z.B. in Webseiten - zu entwickeln. Dieses Kapitel hat mir sehr gut gefallen, insbesondere weil zu erwarten ist, dass die hier vermittelten Inhalte eine höhere Halbwertszeit haben, da sie nicht an bestimmte Technologien gebunden sind.

 

Nur kurz erwähnt wird das Thema behindertenfreundliche Gestaltung. Ich freue mich, dass es überhaupt den Weg ins Modul gefunden hat, aber für eine Neuauflage würde ich mir wünschen, dass es ein wenig mehr Raum bekommt. Dies ist dann allerdings auch meine einzige Kritik an dem ansonsten gelungenen Kapitel.

 

Die Einsendeaufgaben

 

Die Einsendeaufgaben im Modul zielten mir insgesamt zu stark auf Wissensreproduktion und ich fand sie auch zu leicht. Die Rückmeldungen meines Tutors kamen sehr zügig, was bei den Aufgabentypen allerdings auch nicht überraschend war. Lediglich die Online-Klausur war ein bisschen fordernder. Hier sollte ein Konzept für eine multimediale Präsentation zu einem technischen Vorgang erstellt werden. Dies bezog sich natürlich in erster Linie auf das Kapitel 7 zur Auswahl und Mischung von Medien. Hier durfte man ein bisschen kreativ sein. Ansonsten hätte es schon schwieriger sein dürfen.

 

Die Präsenzklausur

 

Da ich von den Kapiteln zu Flash und VRML nicht so begeistert war, ging ich diesmal mit geringeren Ambitionen in die Präsenzklausur. Der Prüfer hat seine Sache aber gut gemacht. Die Mehrheit der Fragen bezog sich auf Grundlagenwissen, das nicht an bestimmte Technologien und Produkte gebunden ist. Auch das Kapitel zur Auswahl und Mischung von Medien spielte eine große Rolle. Hier musste man wieder ein Konzept erstellen, um mittels Medien bestimmte Inhalte zielgruppengerecht zu vermitteln. Dazu gehörten auch kleine Skizzen. Die Klausurfragen haben viel dazu beigetragen, dass ich am Ende durchaus das Gefühl hatte, aus diesem Modul noch einiges mitgenommen zu haben..

 

Zu erwähnen ist, dass dies eine Klausur ohne Hilfsmittel ist. Man darf einen einfachen Taschenrechner benutzen. Eine Formelsammlung wird zur Verfügung gestellt.

 

Fazit

 

Insgesamt bleibt es bei meiner Einschätzung: Von allen Modulen, die ich bei Springer Campus belegt habe, müsste dieses am dringendsten überarbeitet werden. 

Man könnte das Pferd natürlich auch mal komplett anders aufzäumen. Warum nicht ein Modul zur Grafikprogrammierung mit engen Bezügen zu den Modulen Mathe2 und Mathe3? Oder wie wäre es mit einem Modul zur Datenvisualisierung (etwa mit JavaScript) mit enger Anbindung an die Inhalte des Moduls Statistik? Ich finde, beides würde gut ins Gesamtkonzept des Studienganges passen.

 

Den Studienbereich "Web- und Medieninformatik" habe ich mit diesem Modul nun jedenfalls abgeschlossen und es gibt in diesem Bereich auch keine Wahlpflichtmodule mehr, die ich belegen könnte. Als nächstes steht das Pflichtmodul "IT-Recht" an, dass ich laut Studienplan eigentlich schon im ersten Semester hätte belegen sollen. Außerdem müsste ich allmählich mit meiner Projektarbeit beginnen.

1 Kommentar


Empfohlene Kommentare

Ein interessantes Thema, bei dem ich für mich auch einiges mitnehmen könnte, wenn ich mich damit beschäftigen würde - aber da würde ich mir dann schon auch wünschen, dass es zumindest halbwegs auf dem aktuellen Stand der Technik ist, auch wenn grundlegende Verfahren etc. weiterhin gültig haben.

 

Und wie du fände ich es auch sinnvoll, alternative Programme wie GIMP oder Audacity zumindest zu erwähnen - zumahl diese ja eine wirklich große Verbreitung haben und frei verfügbar sind.

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