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Wie systemrelevant sind Journal Clubs in der Sozialen Arbeit?


Byana

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Liebe Fernstudium-Community,

 

heute berichte ich euch über ein absolutes Novum für mich. Dieses Novum betrifft das Modul "Journal Club (JC)"und die dazugehörige Prüfung in Form einer Komplexen Übung. Aus dem Studienbrief geht hervor, dass der "Journal Club zur kritischen Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Publikationen beitragen soll, um dadurch Grundlagen für das Berichten von Studienergebnissen zu erwerben sowie qualitative Beurteilungen von klinischen Studien und Übersichtsarbeiten vornehmen zu können." Die Dozentin dieses Moduls erklärte uns die Begriffszusammensetzung. Journal  bedeutet Zeitung / Fachzeitschrift und Club ein regelmäßiges Treffen von Wissenschaftler. Ursprünglich stammt Journal Club von den Medizinern aus den angloamerikanischen Ländern. Diesbezüglich sei auch die wissenschaftliche Literatur in englische Sprache publiziert worden. An den medizinischen Fakultäten hat sich JC als ein effektives Instrument, insbesondere im Bereich der evidenzbasierten Medizin, erwiesen. International konnte sich der JC auch in artverwandten Fächern wie der Pflege oder bei den Therapiewissenschaften durchsetzen. In Deutschland bestehen in den letzten Jahren Bestrebungen, den JC in der Pflegepraxis einzuführen, allerdings würde hierbei ein hoher Nachholbedarf bestehen. Laut Mitteilung der Dozentin gibt es den JC abgesehen von der Medizin und Pflege vereinzelt noch bei den Therapeuten. Im Bereich der Sozialen Arbeit wurde in Deutschland noch kein JC gegründet, weshalb uns die Dozentin ermutigte, einen JC im eigenen Bereich zu initiieren oder was auch sehr sinnvoll wäre, einen interdisziplinären JC zu initiieren. Interdisziplinäre Zusammensetzung von Studenten war auch bei den Onlineseminaren die Regel. Wir waren eine bunt gemischte Studiengruppe aus den unterschiedlichsten Studiengängen: Pflege, Therapiewissenschaften, Berufspädagogik und Soziale Arbeit. Die Onlineseminare bei der Dozentin waren echt cool 😎. Denn dieses Modul hatte es in sich: es war ein Mix aus Wissenschaft, aus Englisch sowie den empirische Methoden. Die Dozentin verstand es jedoch sehr gut 👍🏻, uns die Angst 😱 vor den Empirischen Methoden sowie bei einigen die Angst vor der englischen Sprache zu nehmen. Inhaltlich war das Modul sehr spannend. Zum einen ging es zunächst um die Inhalte des Studienbriefes wie z. B. um die Grunprinzipien bei der Darstellung wissenschaftliche Ergebnisse, um unterschiedliche Arten der Forschung ( quantitative sowie qualitative) sowie um Qualitätskriterien und Bewertungsystematiken anhand von bestimmten Bewertungstools wie z.B. AMSTAR2, Pico, Consort, etc. Des Weiteren wurden auch diverse Studien wie z. B. die randomisiert-kontrollierte Studie vorgestellt und bearbeitet. Schwerpunktmässig haben wir uns in den Seminaren mit wissenschaftlichen Fachtexten aus unterschiedlichen Themenbereichen, wie beispielsweise:

 

- den psychischen Erkrankungen 

- unterschiedlichen Versorgungssettings bei chronischen Erkrankungen 

- einer Pilotstudie im Bereich des Aufbaus eine ehrenamtlichen häuslichen Versorgung durch geschulte Helfer*Innen,

- Entwicklung von neuen Medikamenten, der Bewertung von durchgeführten Studien an Testpersonen 

-Gesundheitsförderung 

- Risiken von Erkrankungen durch Armut, Wohnungslosigkeit, Sucht

-Rehabilitation von unterschiedlichen Patientengruppen

 

beschäftigt. Bei den interdisziplinären Onlineseminaren konnte man sich fachlich sehr gut austauschen. Des Weiteren wurde in Gruppen ein JC zu einem ausgewählten Fachartikel  initiiert und kritisch analysiert. Die Zielsetzung des JC beinhaltete: den aktuellen Forschungsstand mitzuverfolgen, die Umsetzung in den klinischen Alltag zu erleichtern sowie die Fähigkeit des kritischen Lesens und Beurteilens zu fördern. Die Seminare dienten auch der Vorbereitung für die Komplexe Übung. Zur Vorbereitung für die Komplexe Übung bekamen wir ca. 4 Wochen vorher vier wissenschaftliche Fachtexte, die wir uns im Vorfeld durchlesen sollten. Am Prüfungstag  in  der komplexen Übung wurde zur Beginn dann entschieden, wer in welcher Gruppe zugeteilt wird und welcher Text von welcher Gruppe bearbeitet werden muss. Wir waren 12 Prüflinge und wurden in 4er-Gruppen zu je 3 Personen eingeteilt. Der Ablauf der KÜ gestaltete sich folgendermaßen:

 

1. Einstieg und WarmUp ca. 30 Minuten 

2. Gruppenarbeiten zum jeweiligen Fachartikel sowie Gestaltung einer PowerpointPräsentation unter Berücksichtigung eines selbst gewählten und geeigneten Beurteilungstools ca. 3 Stunden 

3. Vorstellung eines Teil der Präsentation des jeweiligen Gruppenmitglieds ( 15 Min. pro Gruppenmitglied, insgesamt pro Gruppe 45 Minuten)

4. Diskussion und Fragen von anderen Studenten sowie der Dozentin ( ca. 30 - 45 Min.)

5. aktive Mitarbeit sowie passende Fragestellung für die anderen Gruppen 

6. Zusammenfassung der Gruppenarbeiten sowie Abschlussreflexion der KÜ

 

Die KÜ war für mich in der Form ebenfalls ein absolutes Novum. Ein bisschen aufgeregt war ich schon, aber den anderen ging es ebenso. Es war eine sehr schöne und lehrreiche KÜ. Die KÜ schließt zwar mit der oben genannten Prüfungsleistung ab, allerdings nur mit bestanden oder nicht bestanden. Habe diese bestanden, hurra hurra👍🏻.

 

Aufgrund der großen Bandbreite von Themen stelle ich mir tatsächlich die Frage, ob und in weit Journal Club systemrelevant für die Soziale Arbeit und die artverwandten Fächern ist? In wie fern wäre es diesbezüglich sinnvoll, JC für die sozialen Studienfächern zu initiieren? Wie seht ihr das? Habt ihr eventuell auch an eure Hochschule Erfahrung mit Journal Club? Möchte es jemand von euch ebenfalls initiieren? Oder seid ihr eher der Meinung, dass JC nur überwiegend in der Pflege und Medizin bzw. dem klinischen Kontext angesiedelt sein sollte?

 

Freue mich auf einen regen Austausch mit euch.

 

Bis bald 

 

Byana 

 

 

 

6 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Die Idee vom Journal Club ist mir neu, hatte ich noch nie was von gehört aber es klingt interessant.

Sicher könnte man das in der Sozialen Arbeit anwenden. In der Klinischen Sozialarbeit kann ich mir das sehr gut vorstellen als Schnittstelle zur Medizin und Pflege, aber auch in der Geriatrischen Sozialarbeit, da auch hier der Schnittpunkt Pflege vohanden ist.

Auch sonst kann ich mir vorstellen dass die Soziale Arbeit davon Profitieren kann durch auseinandersetzung mit neuesten Studien und Erkenntnissen die Profession als solche voranzubringen.

Ich möchte es aber auch mal kritisch betrachten:

Ok ich finde Zeit zum Studieren, du findest Zeit zum studieren. Aber mal ehrlich schau dich in unserem Berufsfeld um, die meisten Sozial Arbeiter sind am Limit. Viele nehmen ihren Beruf in das Privatleben mit rein. Machen Überstunden wegen Personlamangel (bin aktuell schon wieder bei über  60) und sind froh, wenn sie einfach mal abschalten können.

Ja Journal Clubs könten uns weiterbringen, aber wer aus dem Berufsleben hatt Zeit sich daran zu beteiligen. Studenten und Wissenschaftliche Mitarbeiter hätten Zeit und Elan dazu, aber ihnen fehlt die Praxis und genau das ist der Punkt, der in so einer Auseinandersetzung mit den Themen unbedingt berücksichtigt werden sollte. Ist der Artikel die Studie oder andere Wissenschaftliche Arbeit in die Praxis übertragbar. 

Gerade für die Thesis hatte ich es mit vielen Theorien und Arbeiten zu tun, die dann in der praktischen Umsetzung beim Aufbau der Einrichtung gnadenlos scheiterten. 

Wenn man also so einen Journal Club aufbauen sollte, dann darf bei aller auseinandersetzung mit dem Forschungs- und Theoriebestand die praktische Seite nicht verloren gehen, denn dann nützen uns die Erkenntnisse, die man aus diesem Kosntrukt erlangen kann, nichts für unsere tägliche Arbeit.

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Am 22.8.2023 um 22:01 schrieb Bazinga_2:

das finde ich eine sehr coole Art wissenschaftliches Arbeiten, Schreiben und Diskutieren zu lehren 🙂

 

Hallo Bazinga_2, 

 

Ja, das war es tatsächlich. Dadurch, dass wir Studenten zu einem hochaktuellen Forschungsthema ein Journal-Club initiieren durften, konnte man nachempfinden, wie so die Journal Clubs ablaufen. Unabhängig davon, ob diese persönlich, also Face-to-Face oder im Onlineformat erfolgen. Das war echt cool 😎! Diese Seminare haben sich echt gelohnt! Und dadurch,  dass wir eine bunt gemischte Studentengruppe waren, wurde auch vernetztes Denken geschult. Gerade vernetztes Denken im multiprofessionell besetzten Teams wird immer wichtiger!

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Am 23.8.2023 um 14:54 schrieb AZI:

Die Idee vom Journal Club ist mir neu, hatte ich noch nie was von gehört aber es klingt interessant.

Sicher könnte man das in der Sozialen Arbeit anwenden. In der Klinischen Sozialarbeit kann ich mir das sehr gut vorstellen als Schnittstelle zur Medizin und Pflege, aber auch in der Geriatrischen Sozialarbeit, da auch hier der Schnittpunkt Pflege vohanden ist.

Auch sonst kann ich mir vorstellen dass die Soziale Arbeit davon Profitieren kann durch auseinandersetzung mit neuesten Studien und Erkenntnissen die Profession als solche voranzubringen.

Ich möchte es aber auch mal kritisch betrachten:

Ok ich finde Zeit zum Studieren, du findest Zeit zum studieren. Aber mal ehrlich schau dich in unserem Berufsfeld um, die meisten Sozial Arbeiter sind am Limit. Viele nehmen ihren Beruf in das Privatleben mit rein. Machen Überstunden wegen Personlamangel (bin aktuell schon wieder bei über  60) und sind froh, wenn sie einfach mal abschalten können.

Ja Journal Clubs könten uns weiterbringen, aber wer aus dem Berufsleben hatt Zeit sich daran zu beteiligen. Studenten und Wissenschaftliche Mitarbeiter hätten Zeit und Elan dazu, aber ihnen fehlt die Praxis und genau das ist der Punkt, der in so einer Auseinandersetzung mit den Themen unbedingt berücksichtigt werden sollte. Ist der Artikel die Studie oder andere Wissenschaftliche Arbeit in die Praxis übertragbar. 

Gerade für die Thesis hatte ich es mit vielen Theorien und Arbeiten zu tun, die dann in der praktischen Umsetzung beim Aufbau der Einrichtung gnadenlos scheiterten. 

Wenn man also so einen Journal Club aufbauen sollte, dann darf bei aller auseinandersetzung mit dem Forschungs- und Theoriebestand die praktische Seite nicht verloren gehen, denn dann nützen uns die Erkenntnisse, die man aus diesem Kosntrukt erlangen kann, nichts für unsere tägliche Arbeit.

 

Hallo AZI,

 

recht herzlichen Dank für deine ausführliche Antwort. Auf der einen Seite hast du Recht, es gibt in allen Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit einen Personalmangel und bei den allermeisten Sozialarbeitern stehen Überstunden an der Tagesordnung. So gesehen arbeiten die meisten Sozialarbeiter am Limit, genauso wie übrigens auch die Pflegekräfte. Habe aktuell sehr viele Klienten*Innen aus Pflegeberufen, die psychisch fix und fertig sind. Die waren schon vor Corona am Limit, während der Coronazeiten sind viele über ihre physischen und psychischen Belastungsgrenzen gewesen und jetzt geht es einfach nicht mehr. Die Sozialarbeiter*Innen haben in etwa vergleichbare Arbeitsbelastung und sie sind wahrscheinlich die nächsten, die ausfallen könnten. Deshalb wäre es umso wichtiger, die Rahmenbedingungen so zu verändern, dass diese zur Gesunderhaltung aller sozialen Fachkräfte beitragen. Die psychischen Erkrankungen haben in den letzten Jahren stark zugenommen und zwar unabhängig von den sozioökonomischen Faktoren, egal ob Pflegefachkraft, Lehrer, Arzt, etc. Von daher sehe ich die Notwendigkeit, sowohl als Praktikerin wie auch als Studierende, danach zu fragen, ob und welche neue Studien es zur Behandlung von (psychischen) Erkrankungen gibt und wie man eben die Rahmenbedingungen in den Handlungsfeldern verbessern kann? Die meisten sozialen Berufe haben leider keine starke Lobby und gerade vor dem Hintergrund steigende Anforderungen (demografischer Wandel, globale Krisen und Kriege, Flüchtlingswellen, Pandemien, neuen Gesetzen, wie z. B. dem Bundesteilhabegesetzes, etc.) wären starke Stimmen für den sozialen Bereich dringend erforderlich. Das geht zum einen durch Gründung von Journal Clubs und zum anderen durch gewerkschaftliche Mitbeteiligung. Natürlich sollten bei den Journal Clubs nicht nur die Wissenschaftler*Innen, sondern insbesondere auch erfahrene Praktikerinnen und Berufsanfänger vertreten sein. Eine ausgewogene Mischung, damit man viel voneinander lernen kann und praxisbezogene Theorien und Forschung erfolgen kann. Auch im Hinblick auf die  Schaffung von neuen Strukturen und Systemen ist ein neues und vernetztes Denken gefragt. Denn aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung passen die alten Strukturen einfach nicht mehr. Die Bildung von neuen Strukturen wird uns jedoch nur gemeinsam gelingen, was letztlich unsere Profession zugute kommen wird.

 

 

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Da hast du recht und wenn man das zustande bringen könnte Theoretiker und Praktiker an einen Tisch zu bekommen wäre das toll. 

Ich frage mich nur wie das die Praktiker noch zusätzlich stemmen können. 

Es läuft also auch auf die Frage hinaus, wie solche Journal Clubs Organisiert werden sollen, damit die Beteiligung von Praktikern Möglich ist ohne die Arbeitsbelastung unnötig hoch zu schrauben. 

 

Welche Konzepte gibt es denn da?

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Ganz lieben Dank für diesen tollen Threat

Die Idee eines Journal Clubs finde ich nicht nur spannend, sondern eigentlich sogar elementar wichtig hierbei allerdings unter Einbeziehung von interdisziplinäre Fachrichtungen. Denn insbesondere die soziale Arbeit oder auch die Psychologie arbeiten grundsätzlich interdisziplinär (mit Medizinern, Ergotherapeuten, Logopäden und Physiotherapeuten, etc.).

Aufgrund dieser Interdisziplinarität wäre gerade in diesen Berufsgruppen ein interdisziplinärer JC sehr sinnig. So wären alle Berufsgruppen, welche involviert sind. Auf dem gleichen Kenntnisstand und zu denen könnten alle voneinander profitieren.
funfact: viele Mediziner können bis heute noch keine vernünftige Studio erkennen 🙈

Ein JC wäre somit sowohl in der eigenen Berufsgruppe als auch interdisziplinär ein großer Zugewinn

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