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Piaget ist wirklich Schweizer!


Rumpelstilz

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Heute habe ich mich durch über 30 Seiten Garton gekämpft. Sie macht es ihren Lesern wirklich nicht leicht. Im Grossen Ganzen ging es um die Theorien von Piaget und Vygotski, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede, Untersuchungen und Meinungen dazu.

Dabei ist sie eine grosse Kennerin des Feldes. Nur springt sie hin und her und bezieht sich in Zwischen- und Nebensätzen auf Dinge, die dem Leser meist nicht oder nur teilweise bekannt sind.

Ich habe während des Lesens Notizen gemacht, die Notizen dann noch einmal zusammengefasst. Ich hoffe, ich habe die Essenz einigermassen kapiert...

Hier knapp rekapituliert:

Vereinfach vertritt Piaget die Theorie des von innen nach aussen Lernens: Das Konzept, wie etwas funktioniert, wird im Kopf gebildet (verstehen) und dann angewendet.

Vygotsky sieht lernen von aussen nach innen: in einer interaktiven Situation wird das Verstehen "verhandelt" und setzt sich dann im einzelnen fest.

Beide betonen die Notwendigkeit von Zusammenarbeit, wobei Piaget den Konflikt, Vygotsky die Kollaboration als relevant für das Lernen sehen. Bei Piaget arbeiten die Individuen miteinander, aber voneinander unabhängig an einem Problem. Für Vygotsky entsteht das Wissen "zwischen" den Individuen, es gibt nur ein gemeinsames Wissen.

Für Vygotsky ist das soziale Umfeld und der kulturelle Hintergrund wesentlich, um das soziale Lernen zu ermöglichen: der Lernpartner (Tutor) hilft dem Lernenden, sich in dieses Umfeld "einzupassen".

Für Piaget sei der soziale Aspekt nur das interpersonale, der kulturelle Hintergrund sei nicht relevant. Das Wissen wird "eingepasst", nicht umegekehrt.

Und dies ist der Punkt, den ich anders sehe: Piaget ist Schweizer. Und unser Selbstverständnis ist genau so: Wir diskutieren und verhandeln Dinge, bis wir zu einem Konsens kommen. Aber wir respektieren dabei, dass dies nur der kleinste gemeinsame Nenner ist und dass das Wesen der Sache von beiden Seiten unterschiedlich gesehen wird. Für uns muss das Wissen nicht "zwischen uns" sein, verschiedene Perspektiven können nebeneinander existieren. Anders ausgedrückt: Das Relevante an der Schweiz ist nicht ihre Einigkeit, sondern dass man von Uneinigkeit zu Uneinigkeit trotzdem zusammen geblieben ist.

Diese individuellen "Wahrheiten" sind so typisch schweizerisch, dass ich sie als unseren kulturellen Hintergrund bezeichnen würden. Und deshalb behaupte ich, dass für Piaget der kulturelle Hintergrund genauso relevant für das soziale Lernen ist wie für Vygotsky. Nur besteht für uns dieses "Einpassen" eben eben darin, dass man Individuen ihre Eigenheiten und Sichtweisen lässt.

So, das ist jetzt sehr kompliziert und drückt leider auch nur unzureichend die Gedanken aus, die ich mir heute über mehrere Stunden gemacht habe. Ich "freue" mich schon darauf, diese meiner Tutorgruppe auf englisch beschreiben zu müssen. Aber das möchte ich eigentlich schon - denn ich finde es interessant.

2 Kommentare


Empfohlene Kommentare

also interessant ist es schon.... ich finde es spannend das ganze auf Englisch zu haben. Ich habe mich schon im Deutschen schwer getan mitzukommen:-)

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Ähem, mein Deutsch war hier auch nicht grad überragend... Wir haben in meiner Lehrerausbildung Piage meist im Original gelesen, also altmodisches Schweizer Französisch. Das war ein echtes "Schmankerl"... Ein interessanter Aspekt ist jetzt aber auch, dass ich eine etwas anderen Eindruck von Piagets Ideen habe, als es in der Britischen "Lehre" vertreten wird.

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