Stationsschließung
Aus dem Urlaub und prompt Endzeitstimmung auf Station. Es sieht so aus, als würde man unsere Station schließen. Grund dafür ist der extreme Personalmangel in der Pflege und dadurch mangelhafte Versorgungsqualität. Bewerbungen gibt es zudem auch nicht. Die Stimmung ist gereizt und gekennzeichnet von Sündenbocksucherei. Da der Pflegedirektor nicht direkt greifbar ist (offenbar antwortet er nicht oder ist immer irgendwie unpässlich), wird die Wut stellvertretend auf andere gelegt. Zwar gab es schon mehrere Betriebsratinterventionen; geändert hat sich aber wohl nichts. Leider konzentriert die Pflege insgesamt die Energie des angestauten Frust nicht auf Dinge, die Fakten schaffen: Überlastungsanzeigen etwa, auf die man rein rechtlich reagieren MUSS. Nein, stattdessen haben sie mittlerweile ein Mobbingnetz ausgebaut. Es gibt da zwei Lager. Das Mobbing richtet sich hauptsächlich gegen das andere Pflegelager und ansonsten gegen unsere beiden Assistenzärzte.
Ein großes Problem ist, dass wir seit einem Jahr keinen Kapitän mehr haben, denn unser Chefarzt wurde ja gefeuert. Alle Jubeljahre gibt's auch mal eine Bewerbung auf die Chefarztstelle, aber kein einziger nimmt sie an. Mittlerweile hat man aufgegeben. Der kommissarische Unterschriftenleister ist kein Ersatz für eine Führung,
Durch die nun fehlende Hierarchie kommt es zu Kommunikationsproblemen, Deutungsspielräumen und falschen Entscheidungen. Das hat fatale Folgen: Übergriffe von Patienten auf das Personal (ich habe auch was abbekommen), zuletzt auch ein sehr schwerer Zwischenfall bei einem Patienten.
Darum ist die Stationsschließung offenbar ein probates Mittel - anders ist der Personalmangel nicht zu bewältigen. Das bedeutet natürlich nicht, dass das Personal entlassen wird. Aber es wird auf andere Stationen aufgeteilt, ebenso wie die Patienten. Auch für mich würde das eine neue Station bedeuten. Da ich ohnehin über einen Versetzungsantrag nachgedacht hatte (der aber idR 3 Monate und länger bis zum Bescheid braucht), ist das für mich selbst eine gute Lösung.
Nicht davon berührt ist die Leitung meines kleinen Arbeitsteams, weil das stationsübergreifend ist.
Ich nehme für mich aus der Sache mit, dass der Pflegekräftemangel etwas ist, das auch die Arbeit als Psychologe beeinflusst und auch stark behindern kann. Wenn auch nur indirekt, durch sehr schlechte Stimmung. Das sind Faktoren, die man nicht ändern kann und darum auch nicht immer auf dem Schirm hat. Das ist im Mittel für den Patienten auch sehr beschissen.
Mal sehen, wie es weitegeht. Innerhalb eines zerstrittenen "Teams" zu arbeiten, ist jedenfalls auch für die Patienten nicht das Gelbe vom Ei. Ich kann sagen, dass ich froh darum bin, dass ab Herbst/Winter meine Klinikzeit hier zu Ende geht.
Bleibt gesund und haltet zusammen,
LG
Feature Foto:
Etienne_Marais/pexels.com
Bearbeitet von Vica
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