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Fernlehrgang SachbuchautorIn: "Gebense her - wir drucken alles!"


Fernstudienakademie

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Um einen passenden Verlag für das eigene Buchprojekt zu finden, muss ein Autor ganz schön viel recherchieren: Sei es in einer Großstadtbuchhandlung, sei es in der Bibliothek oder sei es im Internet.

Wer im Internet nach Verlagen sucht, wird über Kurz oder Lang auch über Google-Anzeigen stolpern, mit deren Hilfe ein Verlag nach Autoren sucht.

Typische Google-Anzeigen

Solche Anzeigen sehen dann oft so aus:

„Traditonsverlag AB sucht Autoren“

„Ihr Buch veröffentlicht der CD-Verlag“

„Sie sind Autor – wir vom EF-Verlag veröffentlichen Ihr Buch!“

„Wissenschaftsverlag GH gibt Fachautoren eine Chance“

Aber was ist von solchen Anzeigen zu halten? Wahrscheinlich nichts!

Man will den Autoren... ans Geld

Im Normalfall suchen solche Verlage nämlich gar nicht in erster Linie nach Autoren, deren überzeugende Werke sie veröffentlichen möchten, sondern sie suchen nach Menschen, denen sie eine ganze Menge Geld aus der Tasche ziehen können – frei nach dem Motto: „Gebense her, wir drucken alles!“

Woran erkennt man solche schwarzen Schafe in der Verlagsbranche?

  • „Seriöse“ Verlage suchen im Normalfall gar nicht selbst nach Autoren – und schon gar nicht mit wohlklingenden Google-Anzeigen. Seriöse Verlage bekommen sowieso ein Überangebot an Exposés zugeschickt und müssen schauen, welche der vielen eingeschickten Titel überhaupt Chancen auf Veröffentlichung haben.
  • Vom Lektorat des „unseriösen“ Verlags bekommt man nach Einsenden des Exposés viele, viele lobende Worte ins Ohr geträufelt, wie toll, einzigartig und vielversprechend die Buchidee doch sei. Doch – leider, leider – könne der Verlag das Buch trotzdem nicht verlegen. Es sei denn – nun kommt der Haken – man sei bereit, gegen eine gaaaaanz geringe Kostenbeteilung den Druck des Buches vorzufinanzieren.
  • So gaaaaaaanz gering ist die Kostenbeteiligung dann aber nicht – dafür müssen u.U. schon mal fünfstellige Eurobeträge über den Tresen gehen.
  • Gerne werden die Buchautoren dann auch noch unter Druck gesetzt: Die Programmplätze im Verlag seien hart umkämpft, deshalb müsse man den beiliegenden Vertrag umgehend unterzeichnen, da sonst leider, leider ein anderer Autor zum Zuge komme.

Autoren sind oft „angefixt“

Wenn das erste Buch auf diese Weise veröffentlicht wurde, ist aber noch nicht unbedingt Schluss: So mancher Autor wird fast süchtig nach diesem Veröffentlichungsweg, bei dem das Verlagslektorat immer schier hin und weg ist von den eingereichten Manuskripten. Manchen entsprechend veranlagten Autoren ist diese selbst bezahlte Bauchpinselei durch den Verlag immer wieder einige Tausend Euro pro Buch wert.

In meiner entfernten Schwipp-Schwiegerverwandtschaft hat ein so „gestrickter“ Autor jetzt wohl schon sein ca. zwanzigstes (!) Werk bei einem solchen „Gebense her – wir drucken alles“- Verlag herausgebracht. Ein Ende ist nicht in Sicht...

Anne Oppermann

P.S.: Gerade frisch auf den Blogger-Tisch gekommen - eine Glosse von Zoë Beck zum Thema Bezahlverlage:

http://culturmag.de/crimemag/zoe-beck-uber-bezahlverlage/44884

P.P.S.: Das Blog macht Montag eine Pause, weil ich mit einer rotbeinigen Vogelspinne und einer Hexe (ggf. aber auch mit einer Prinzessin) zum Rosenmontagszug gehe...

7 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Also dass es da sogar Autoren gibt, die das mehrfach mit sich machen lassen erstaunt mich jetzt schon. Gerade wo es doch vermutlich ein Verlustgeschäft sein wird, je nach Höhe der Druckkostenbeteiligung und der späteren Verkaufszahlen. Und das alles für ein paar lobende Worte? Erstaunlich. Danke für diesen erneuten Einblick in die Welt der Bücher und Verlage.

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Es gibt sogar noch bemitleideswertere (etwas dusselige???) Autoren, die doppelt abgezockt werden:

Erst zahlt Autor XY, dass sein Buch überhaupt gedruckt wird.

Dann verkündet der Verlag, dass das Buch leider, leider doch nicht so gut liefe, wie angenommen. Um Lagerraum zu sparen, wolle man nun die gelagerten Bücher des Autors XY einstampfen. Es sei denn, Autor XY wolle die restlichen Lagerbestände aufkaufen. :blink:

So zahlt Autor XY ein zweites Mal, um seine Bücher zu retten. Und hortet eine Auflage von 3000 Stück auf seinem Dachboden - und niemand will sein Werk lesen - und schon gar nicht kaufen.

Das ist dann schon richtig miese Abzocke. Aber mancher Autor ist wirklich so scharf auf das Lektorenlob für sein "epochales Werk", dass der Spaß dann u.U. auch noch ein zweites bis x-tes Mal los geht.

Gerade in Zeiten von Internet und Co verstehe ich das auch nicht, dass solche Zuschussverlage überhaupt noch Kunden bekommen. Man muss sich ja nur ein paar Minuten googeln, bis man von diesen Praktiken erfährt.

Irgendwie ist es ja zu hoffen, dass in Zeiten von E-Book und Co weniger Menschen auf solche Abzocke hereinfallen. Dann veröffentlichen sie halt selbst (ihr u.U. schlechtes) E-Book, das zwar dann kein Mensch kauft, aber es entsteht dabei nicht ein so hoher finanzieller Schaden.

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Also dass es da sogar Autoren gibt, die das mehrfach mit sich machen lassen erstaunt mich jetzt schon. Gerade wo es doch vermutlich ein Verlustgeschäft sein wird, je nach Höhe der Druckkostenbeteiligung und der späteren Verkaufszahlen. Und das alles für ein paar lobende Worte? Erstaunlich. Danke für diesen erneuten Einblick in die Welt der Bücher und Verlage.

Ich sitze hier auch mit einem Stirnrunzeln und frage mich, welche Kraft die warmen Worte des Verlags wohl gehabt haben, wenn der Autor zwanzig Mal Mühsal und finanziellen Aufwand auf sich genommen hat. Wobei mir zwanzig Bücher auch sehr viel vorkommen und ich mich frage, in welchem Zeitraum diese verfasst wurden. Wenn ich davon ausgehe, dass die meisten Autoren noch nebenher Umsätze generieren und das Buch "nebenher" schreiben müssen und wenn man berücksichtigt, wie enorm zeitaufwändig solch ein Buchprojekt doch ist, dann frage ich mich, wie man auf zwanzig Bücher kommen kann. Zumal man als Autor ja immer den Anspruch haben dürfte/sollte, seiner Leserschaft etwas Neues mitzuteilen und nicht bekannte Inhalte neu aufzuwärmen. In meiner Branche gibt es auch Autoren, die Fließbandarbeit leisten. Leider übertragen sie meist nur mit "Copy and paste" die fachübergreifenden Inhalte auf andere Berufsbilder, passen den Titel des Buchs entsprechend an und vernachlässigen den Kern, die Fachspezifik, total.

@ Anne: Viel Spaß beim Rosenmontagsumzug, Anne.

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@kporsch

Man nennt solche Zuschuss-Verlage übrigens auch "Eitelkeitsverlage", weil die Autoren halt so eitel sind, dass sie die Welt unbedingt mit ihren beindruckenden Gedanken beglücken wollen. Und wer eitel ist, zahlt auch ganz gerne ein paar Euronen dafür.

Zu den 20 Büchern: Es handelt sich nicht um dicke Wälzer, eher um Werke à 60 Seiten philosphischen Inhalts. Der Autor arbeitet als Lehrer und hat viele Jahre der Berufserfahrung als "Schülerbeglücker". Dem fällt deshalb immer was Neues ein, wie er die Welt beeindrucken kann. ;)

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@kporsch

Man nennt solche Zuschuss-Verlage übrigens auch "Eitelkeitsverlage", weil die Autoren halt so eitel sind, dass sie die Welt unbedingt mit ihren beindruckenden Gedanken beglücken wollen. Und wer eitel ist, zahlt auch ganz gerne ein paar Euronen dafür.

Zu den 20 Büchern: Es handelt sich nicht um dicke Wälzer, eher um Werke à 60 Seiten philosphischen Inhalts. Der Autor arbeitet als Lehrer und hat viele Jahre der Berufserfahrung als "Schülerbeglücker". Dem fällt deshalb immer was Neues ein, wie er die Welt beeindrucken kann. ;)

Danke für deine Antwort. Nun bin ich schlauer.:) Deinen Artikel fand ich heute wieder sehr informativ, weil ich nun weiß, wie es die sog. "schwarzen Schafe" es zu Zeiten von eBooks noch schaffen, sich zu halten.

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Es gibt ja den schönen Spruch "Gier frisst Hirn", der gerne mal genommen wird, wenn Leute ihr Investment verlieren, das ihnen 15% Zinsen ohne Risiko versprochen hat.

Aber offenbar frisst nicht nur Gier Hirn, sondern auch Eitelkeit. Ist dann so, kann man nix machen. Und wenn jemand mehr als einmal drauf reinfällt, dann hält sich, ehrlich gesagt, mein Mitleid in engen Grenzen.

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