Fernlehrgang SachbuchautorIn: Wie dusselig darf ein potenzieller Leser sein?
Neulich sah ich ein Uralt-Filmchen mit Gerhart Polt, in dem ein ziemlich dusseliger Buchkäufer (= Polt) eine Buchhändlerin bis zum Abwinken nervt:
Da kam mir so die Frage: Wie dusselig dürfen Buchkäufer eigentlich sein? Wie fühlt man sich als Autor, wenn die Käufer des eigenen Buches („Leser“ kann man sie ja wohl nicht nennen...) ein Buch danach aussuchen, dass es möglichst gut zur Schrankwand des Cousins passt?
Okeee, dieses Filmchen ist überspitzt und eben Kabarett.
Sollte ein Buch nur aus „guten“ Gründen gekauft werden?
Aber man kommt dann doch irgendwann zu der Frage, ob ein Autor das Recht hat, dass das eigene Buch nur aus „guten“ Gründen gekauft wird. Vielleicht zur Unterhaltung, um den eigenen Wissensdurst zu stillen oder um neue Sichtweisen kennen zu lernen: All dies sind aus Autorensicht wohl „gute“ Gründe. Da der Autor ja einige Wochen und Monate seines Lebens in das Schreiben seines Buches investiert hat, erscheint es „eigentlich“ nur recht und billig, dass sich der Leser ebenfalls ein gewisses Maß an Zeit und Aufmerksamkeit nimmt, das Buch tatsächlich zu „würdigen“.
Eine Frage des Respekts?
Was der Autor im Grunde verlangt, ist also ein Minimum an Respekt vor ihm und seinem Werk. Diese Haltung ist zwar menschlich absolut verständlich, man befindet sich dabei aber leider auf dem Holzweg: Wenn ein Autor seinen Text, z.B. in Form eines Buches, veröffentlicht hat, dann gehört er ihm eben nicht mehr allein.
Der Buchkäufer kann mit dem von ihm bezahlten Buch im Grunde machen, was er will: Er kann es sorgfältig lesen, er kann es zum Anzünden des Kaminfeuers nutzen oder er kann es als schmückendes Beiwerk in seine Schrankwand stellen. Alles ist „erlaubt“.
Man sollte versuchen, nicht nur die „Dussel“ anzuziehen!
Um nun zur Ausgangsfrage zurückzukehren: Wie dusselig dürfen Leser also sein? Die Antwort ist ganz einfach: Sie dürfen so dusselig sein, wie sie wollen; die Kunst beim Bücherschreiben liegt darin,, dass man mit dem eigenen Buch nicht in erster Linie diese Dussel anzieht, sondern die interessierten Leser, die sich wirklich mit den Gedanken des Autors auseinandersetzen wollen.
Anne Oppermann
P.S. Ich oute mich jetzt auch mal als respektloser Dussel: Mein Sohn brauchte neulich für den Kunstunterricht getrocknete und gepresste Blumen. Als „Blumenpresse“ dienten u.a. ein Gesundheitsratgeber (ein echter Wälzer!), zwei Kinderliederbücher und mehrere dicke Bilderbücher meiner Tochter.
Habt Ihr Bücher auch schon mal anderweitig als für den „bestimmungsgemäßen“ Gebrauch verwendet?
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