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Fernlehrgang SachbuchautorIn: Sind "Betroffene" die besseren Autoren?


Fernstudienakademie

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Es gibt ja – gerade im großen Themenbereich „Gesundheit“ – jede Menge Sach- und Ratgeberbücher, die von Betroffenen verfasst sind.

Betroffenen wissen, wovon sie reden

Das hat (aus Lesersicht) manche Vorteile:

  • Die Betroffenen wissen wirklich, wovon sie reden.
  • Sie haben ihre individuellen Erfahrungen (z.B. von besonderen Therapien) gemacht und können diese an die Leser weitergeben.
  • Sie haben sich das nötige Fachwissen, um mit den Ärzten und Therapeuten „auf Augenhöhe“ reden zu können, selbst erarbeitet und können in vielen Fällen ihr Wissen auch an Menschen ohne entsprechende Vorkenntnisse in einfachen und verständlichen Worten weiter geben.

Sind die Betroffenen vielleicht schon zu „nah“ am Thema?

Diesen Vorteilen stehen aber nun auch einige (mögliche) Nachteile entgegen:

  • Mancher Betroffene sieht in „seinem“ Umgang mit der Krankheit den einzig richtigen Weg und lässt u.U. andere Ansätze zur Behandlung nicht mehr gelten.
  • Ein Betroffener hat sich zwar enorm in „sein Thema“ hereingearbeitet, aber trotzdem fehlt ihm (im Normalfall) die notwendige medizinische Ausbildung und der Zugang zu Literatur bzw. zu neueren Studien zum Thema, um auch aktuelle Behandlungsansätze richtig einordnen zu können.

Finger weg von „Betroffenen-Büchern“? Nein, nicht unbedingt!

Sollte man dann (als Leser) am besten die Finger von derartigen Ratgeberbüchern lassen, die von Betroffenen geschrieben wurden? Nein, das finde ich nicht! Diese Bücher stellen oft eine enorme Unterstützung dar für Menschen, die vielleicht mit derselben Krankheit leben: Hier spricht jemand ihre Sprache, hier kennt jemand ihre Sorgen und Nöte und hier bietet jemand Unterstützung an.

Solche Bücher können wirklich wertvoll sein. Aber: Man muss sich schon klar machen, dass die Inhalte einer peniblen fachlichen Überprüfung nicht immer Stand halten.

Zusammenarbeit als Lösung?

Meines Erachtens sollte der Weg dahin gehen, dass Ärzte und Therapeuten gemeinsam mit Betroffenen ein solches Buchprojekt schultern: So ist (einigermaßen) gewährleistet, dass auf der einen Seite die Inhalte „fachlich richtig“ sind und dass man auf der anderen Seite auch tatsächlich die Sprache der Betroffenen spricht.

Auch ein (medizinisch) vorgebildetes Lektorat kann hier angebracht sein: So gehen die Buchinhalte durch die Hände von verschiedenen Fachleuten, die überprüfen, dass alles seine Richtigkeit hat.

Allerdings findet sich in fast allen medizinischen Ratgebern ja sowieso der Hinweis, dass das Buch auf keinen Fall eine ärztliche Diagnose und Therapie ersetzen kann: Eine Haftung wird also weder von den Autoren noch vom Verlag übernommen.

Anne Oppermann

P.S.: Was haltet Ihr von solchen „Betroffenen-Büchern“? Wertvoller Input oder „Bücher, die die Welt nicht braucht“?

9 Kommentare


Empfohlene Kommentare

Ich oute mich mal als jemand, der es mit der "Betroffenenliteratur" nicht so hat. Da fehlt mir zu oft der Abstand, die Reflexion. "Mein Weg hat geholfen und damit ist er der einzig richtige!" ist da gerne der Tenor.

Dass der eigene Weg der richtige war (jedenfalls für den Betroffenen) mag ja sein, aber muss man damit die Welt beglücken? Oder daraus fast eine Religion machen?

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Für mich ist es ein Unterschied, ob ein Betroffener seinen Weg als "den einzig richtigen" darstell oder als eine Möglichkeit unter vielen bzw. als Erfahrungsbericht. Wichtig ist mir, das Fakten von Meinungen/Erfahrungen unterschieden werden.

Ganz generell ist meine Meinung bei Ratgebern: Mit gesundem Menschenverstanden und genügend Abstand betrachten!

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Bei der Überschrift hatte ich erwartet, dass hier der Kreis der "Betroffenen" weiter gezogen würde als nur auf Krankheiten bezogen. Es könnte ja auch Bücher von Fernstudenten ;-), Justizopfern usw. geben.

Solche Berichte sehe ich auch eher kritisch, insbesondere dann, wenn mit Pseudo-Fachwissen geglänzt wird, das nicht wirklich fundiert ist.

Helfen können solche Berichte eher im Sinne eines Erfahrungsberichtes um zu zeigen, welche Gefühlslagen durchgemacht wurden, wie schwierig aber möglich es ist, gute Ärzte zu finden usw. und weniger als Therapieempfehlung.

Dein Vorschlag der Kooperation mit Ärzten finde ich gut - nur ist da dann auch die Frage, wie qualifiziert diese sind, denn die wirklich guten haben oft keine Zeit oder Lust Ratgeber zu schreiben.

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Danke schon mal für Euren Input!

@Markus: Ich denke, Ärzte haben schon etwas davon, ein Buch zu schreiben... Wenn ich mich richtig erinnere, gab/gibt es da sehr enge juristische Gernzen, wie Ärzte- bzw. Praxiswerbung aussehen darf. Mit einem Sachbuch wäre man da wohl auf der sicheren Seite.

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Dem Schreiber hilft es, sich gedanklich zu sortieren, neu zu ordnen und als Bewältigungsstrategie.

Dem Leser hilft es nur bedingt. Man sieht, es gibt weitere, denen es ähnlich geht.

Ob man daraus „sachkundige“ Ratschläge bzw. Hilfen erhält, bleibt offen. DEN Weg gibt es nicht, man sollte sich aus verschiedenen Quellen informieren, gerade, wenn es um den Bereich „Gesundheit“ geht.

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Hallo Werkstattschreiber,

so sehe ich das auch. Aber muss man aus einer persönlichen Aufarbeitung eines Themas (die im Wesentlichen ein Akt der Selbsthilfe ist) wirklich ein Buch, einen Ratgeber machen?

Früher hat man für so was Tagebuch geschrieben...

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Sagen wir es mal so, Frau Kanzler, die Erfahrungsberichte berühren die LeserInnen, es wird gelesen bzw. die Leserschaft ist vorhanden. Ähnlich ~ wie bei den ganzen Daily-Soaps, die keiner braucht, die aber Einschaltquoten haben. Ob diese „lebensechten Berichte“ fachlich irgendwem nutzen, bleibt nach wie vor offen, aber den Betroffenen helfen diese auf ihrem Weg, es spricht zumindest die Gefühlsebene an.

Diary is out, Blog is in. Jeder hat der Welt etwas mitzuteilen. Die Frage ist: Wer ist „die Welt“? ;)

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@Werkstattschreiber

Ich geb's zu: Dieses Blog dient im Grunde auch nur der Selbsthilfe und Ihr alle seid "die Welt"... ;)

Mal im Ernst: Ich glaube auch, dass das Schreiben eines Blogs inziwschen für "Selbsthilfe-Autoren" die üblichere Form der Veröffentlichung darstellt. Vor allem, wenn es wirklich in erster Linie um Selbsthilfe geht und nicht um den Aufbau eines Expertenstatus, den sich ja viele Autoren von einem Buchprojekt erhoffen.

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Es gibt ja durchaus auch Bücher, die aus einer Selbsthilfe heraus entstanden sind, die aber daneben literarische Qualität entwickeln und so den Leser berühren und tatsächlich Rat geben können. Das halte ich dann für einen Glücksfall.

Alles andere ...! Fast jeder Promi sondert ja in der Zwischenzeit eine Biographie ab. Je früher, desto besser, denn dann können im 5-Jahres-Rhythmus noch viele weitere Lebensbeichten folgen. Mir tut jeder Baum leid, der für so etwas sein Leben lassen muss.

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