Der Arbeitsplatz - Vorstellung und Wirklichkeit
Ein lichtdurchfluteter, weißer Raum. Der große, feinsäuberlich organisierte Schreibtisch aus edlem Holz steht direkt vor dem Erkerfenster, welches den weitläufigen Garten preisgibt. Die Kinder schaukeln in der Abendsonne, im Nebenraum spielt ein Cello und mir erschließen sich nach und nach die Systemtheorien der großen Soziologen …
So in etwa war mein Anspruch als ich begann, den Arbeitsplatz für das Studium zu planen. Leider stellte ich schnell fest, dass ich nicht in einem viktorianischen Sommerhaus im Süden Englands, sondern mit fünf Personen in einer Vier-Zimmer-Wohnung in der Vorderpfalz wohne (immerhin Fachwerk). Auch hätte ich gerne die letzte Dividendenausschüttung meines erfolgreichen Start-Ups dazu genutzt, neue Büromöbel und vielleicht einen portablen Laptop zu kaufen. Leider habe ich kein Start-Up, sondern einen Halbtagsjob und die Pflicht, bis Mitte September eine recht hohe Steuervorauszahlung zu leisten -> 😊
Ok, wie auch immer. Ich arbeitete also mit dem was schon da war. Und das war eigentlich ne ganze Menge. Aus meiner Schul- und Ausbildungszeit hatte ich noch einen dunkelbraunen, ramponierten Schreibtisch und mehrere Ablagefächer. Im Flur stand außerdem ein Regal, das eigentlich für Deko und Fotos gedacht war.
Das Problem bei der ganzen Sache war folgendes: Ich bin nicht so der Typ „Ich-suche-mir-Tipps-einer-japanischen-Aufräumexpertin-um-meinen-workflow-zu-optimieren“, sondern eher der Typ „Wenn-ich-mal-studiere-bin-ich-bestimmt-so-ein-68er-Rebell-der-auf-ner-Matratze-in-ner-Altbauwohnung-zwischen-seinen-Büchern-schläft“. Das bedeutete: Entrümpelung!
Ich habe zuerst zwei Säcke Papier, wie alte Texte aus der Erzieherausbildung („die brauche ich bestimmt mal“), weggeworfen und alles was wirklich wichtig war, in neue Ordner eingeheftet. Jetzt konnte die Ablage wieder als Ablage dienen. Ich habe Ganesha und Buddha vom Flurregal verbannt und es stattdessen für Fachbücher reserviert. Der Schreibtisch, der bisher meine Musikanlage und etwas Aufnahmeequipment, sowie ein kleines Keyboard beherbergte, wurde wieder in den Zustand versetzt, seinem eigentlichen Zweck dienen zu können.
Nun hatte ich immer noch das Problem der Vier-Zimmer-Wohnung. Ich entschloss mich auf keinen Fall dort zu arbeiten wo ich schlafe, auch nicht dort wo ich koche und schon gar nicht in den schwarzen Löchern die alle wichtigen Dinge aufsaugen (auch Kinderzimmer genannt), sondern stellte den Schreibtisch ins Wohnzimmer - dahin, wo bisher der Fernseher stand. Schließlich gehören wir jetzt zum Bildungsbürgertum.
Was ich mit all dem sagen möchte: Klar, es geht immer irgendwie besser und, frei nach Nik Kershaw, "the grass is always greener over there". Aber selbst mit beschränkten Möglichkeiten, lässt sich immerhin mal ein Anfang machen. Ich finde, mein Ergebnis ist garnicht mal so schlecht geworden. Wie ist es euch bei der Gestaltung eures Arbeitsplatzes ergangen? Standet ihr vor ähnlichen Herausforderungen? Habt ihr euren Traum vom perfekten Lernort schon verwirklicht?
Feature Foto von Felix Seuffert (https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/rezept-gegen-unordnung-simplify-your-office-11527408/ziemlich-schraege-titel-wenn-s-11528433.html)
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