Master und dann? Ich habe Angst.
Es gibt hier wirklich so viele motivierte und aktive Fernlernende, die ich massiv bewundere. Ich sehe das lebenslange Lernen als essentiell an und meine Arbeit verlangt immer wieder Neues. Trotzdem bin ich eigentlich keine "fleißige" Studierende. Wenn ich viele Dinge konsequenter machen würde, hätte ich heute schon ein bedeutend größeren Wissensschatz. Das Studium lief, wie schon in der Schule, nach dem Optimierungsprinzip. Habe ich Anspruch an einen gute Note? Ja. Gebe ich dafür alles was möglich wäre? Nein. Ich habe zwar im Master bis auf ein Modul (3,0 in Prozessmanagement, der Dozent war ein ...) überall eine 1,0-1,7 erreicht, aber da hätte mehr gehen können! Und die Masterarbeit? Hab ich was gemacht? Ja. Hätte ich bis heute, nicht einmal 100 Tage vor Abgabe, mehr machen können? Definitiv! Habe ich nach 6 Jahren die Schnauze voll vom Lernen und Schreiben? Aber sowas von. Und trotzdem.. Trotzdem denke ich darüber nach, was ich als nächstes machen könnte.
Welche Möglichkeiten gäbe es denn?
- Promotion: Für den Job irrelevant, wäre aber eine innerliche Genugtuung - notwendig sind Kontakte und es ist viiiieellll Arbeit.
- Noch einen Master: Nach einem "Business" orientierten Master, hätte ich Lust auf was richtig technisches (z.B. Digitale Technologien an der FH Bielefeld) .
- Zertifizierung: Den PMP möchte ich definitiv noch nachholen. In der Vorbereitungsphase wurde ich krank. Es gäbe aber noch ein paar andere interessante Scheine.
Doch warum nicht einfach die Freizeit genießen und nichts mehr tun? Vielleicht das Geld etwas ansparen? Nun, das Studium war in erster Linie ein Versuch ein bisschen Boden auf der Arbeit zu gewinnen und in einem hoch akademisierten Bereich zumindest ein bisschen in Augenhöhe zu geraten. Ich glaube aber nicht, dass das etwas gebracht hat. Das Problem ist, ich habe in dem Unternehmen gelernt, bin dort groß geworden und dem Fachbereich (Forschung) treu geblieben, wenn auch die Tätigkeit eine völlig andere ist (von der instrumentellen Analytik zur IT). Genau da ist das Problem. Keiner kann einschätzen was wir leisten, da alle Chemiker, Biologen oder Verfahrenstechniker sind. Noch schlimmer, ich muss mir laienhafte und falsche Tipps geben lassen zu teils hoch komplexen IT Themen! Das "Ich habe gelesen.." oder "Ich habe mit anderen [nicht ITlern] gesprochen.." hängt mir zum Hals raus. Alle wissen es besser.. Der Computer macht doch alles von alleine, wo ist das Problem? Was ist daran so schwer? Wir müssen AI machen, das ist wichtig. Macht da mal was. 😡😡😡
Mein (promovierter) Büronachbar - Chemiker - ist ein Jahr jünger als ich und leitet zwei Labore mit knapp 10 Mitarbeitern. Immer putzig (und nett) wenn er mir Tipps gibt und mich unterstützen will - ich bin seit 15 Jahren in dem Bereich tätig, er seit 2. 😂 Bezahlt werde ich als "Laborant", was sicherlich als Ausbildungsberuf sehr gut vergütet wird! Trotzdem erhält mein Kollege als studierter Informatiker (und als Mann) > 1.000 € mehr im Monat. Im Grunde kümmere ich mich um die meisten koordinierenden Tätigkeiten, die Konzeptualisierung und Strategieentwicklung. Ich leite die meisten Projekte in der Gruppe. Mein Chef leitet eigentlich die gesamte Analytik und hat keinen Plan von IT. Die zentrale IT interessiert sich eher für sich selbst und lässt uns agieren. Bei all den Aufgaben, den Druck und das Unverständnis aus dem Management, werde ich auch am "schlechtesten" in der gesamten Gruppe bezahlt. Natürlich gönne ich es den anderen, keine Frage, wichtiger als Geld wäre mir einfach die Anerkennung meines Fachwissens und meiner Leistungen. Statt mehr "Titel" zu sammeln, müsste ich eine andere Konsequenz ziehen. Das ist mir bewusst, nur nicht so einfach..
Mein derzeitiger Alltag besteht inzwischen nur aus Arbeit, dem Studium und VoD Anbietern. Früher war ich aktiv, jedes zweite Wochenende sportlich auf Lehrgängen unterwegs. Heute bin ich fett, faul und alleine. Wenn ich die Wochenende eben nicht mehr mit Recherchieren oder Schreiben verbringe, was mache ich dann!? Noch mehr Netflix, noch mehr abliegen und rumgammeln? Oder doch wieder nur Arbeiten? Ganz ehrlich, ich habe davor Angst! Angst mich noch mehr gehen zu lassen. Das Studium hat mich zumindest etwas abgelenkt. Ich bin Mitte 30, andere sind inzwischen schon Jahre verheiratet, haben Kinder. Ich habe mich zu sehr auf die Karriere konzentriert und im Grunde doch keine erreicht. 😞
Doch ich bin (halbwegs) gesund, mir geht es derzeit gut. Ich habe liebevolle Eltern mit 3 süßen Katzen und selbst 7 Vögel. Und Freunde auf die man sich verlassen kann. Das ist wichtiger als alles andere! ☺️
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