Kolloquium ... so liefs
Kolloquium? Studiumsende? Bachelor of Science? War da was? Irgendwie ist das Gefühl der Erleichterung noch nicht eingetroffen. Falls jemand eine Packung Euphorie findet, das ist meine, die habe ich irgendwo unterwegs verloren.
Stressige Wochen auf Arbeit brachten meinen Versuch, die Kolloquiumsvorbereitung koordinierter anzugehen als die Thesis, rasch zum erliegen. Am 7.4. bekam ich einen Brief der WBH mit dem Kolloquiumstermin am 23.4. Da stand drin, dass der Vortrag ca. 20 Minuten dauern soll. Unter dieser Prämisse stellte ich einen Grobentwurf zusammen und bekam eine Mail mit Feedback von meinem Betreuer. Die Mail überflog ich kurz und las sie dann erst am Abend vor dem Kolloquium gründlich. Mein Betreuer verwies mich auf Punkt 10 des Bachelorleitfadens. Dort steht, dass der Vortrag maximal 10-15 Minuten dauern soll. Da es der Abend davor war, konnte/wollte ich meinen Betreuer nicht darauf ansprechen. Also habe ich schnell eine gekürzte Version zusammengeklöppelt. Wie gut, dass ich bis dahin eh nur 15 Folien mit Überschriften und ein paar Notizen hatte.
Jeder schreibt, dass man sofort nach der Thesis anfangen soll, sonst vergisst man zu viel. Ich kann dies leider bestätigen. Ich konnte mich teilweise nicht mal mehr an die getesteten Tools erinnern, noch an deren Features.
Am nächsten Tag bin ich rechtzeitig zu Uni gefahren und habe dort in der Cafeteria den Durchlauf geprobt. Ergebnis bei sehr langsamen Sprechen: 15 Minuten. Perfekt! ... unter den gegebenen Umständen. An dem Tisch neben mir saß eine Projektgruppe in einheitlich grünen Hemden, die anscheinend auch ihre Präsentation durchgingen. Ich war also in guter Gesellschaft.
10 Minuten vor meinem Termin begab ich mich zum Seminarraum. Da kam just eine mir unbekannte Kommilitonin heraus, um ihre Bewertung abzuwarten. Wir tauschten uns etwas aus. Ihre Hauptprüferin war meine Zweitprüferin und hat sie gerade zum Wasserfallmodell & Co ausgefragt. Ich hoffte inbrünstig, dass sie bei mir andere Fragen stellen würde. Abgesehen von dem Wissen der Existenz dieses Modells könnte ich nämlich nicht viel erzählen.
Herr Otten, Vizepräsident der WBH, als Beisitzender von der Uni anwesend, rief mich dann in den Raum und verkündete, dass mein Prüfer 30 Minuten Verspätung habe und entschuldigte sich für die schon vorhandenen 15 Minuten Verspätung. Bei der Prüfung vorher liess sich der Laptop nicht einschalten. Ich erfuhr, dass die Uni für solche Fälle ein Ersatzlaptop vorhält. Es wurden dann doch 45 Minuten Verspätung wegen einer Autobahnsperrung. Wir nutzten die Zeit zu einem netten Plausch und ich hatte wahrlich genug Zeit mein Equipment aufzusetzen und zu prüfen. Ebenso erfuhr ich, dass meine Zweitprüferin noch anschließende Prüfungstermine hat. Nämlich die Gruppe in grünen Hemden und einen Kandidaten zur mündlichen Führung & Kommunikationsprüfung.
Als mein Erstprüfer eintraf, legten wir so schnell es ging mit den erforderlichen Formalitäten los. Name, Thema, ob ich mich in der Lage fühle geprüft zu werden und schon ging es los. Ich spielte etwas auf Zeit und hielt einen 19 minütigen Vortrag. Anschliessend stellt mein Erstprüfer noch einige Fragen zu meiner Arbeit. Wie ich die Tools ausgewählt habe? Wie es nun weiter geht, gibt es einen praktischen Nutzen? An alles kann ich mich nicht erinnern. Dann stellte er mir noch eine fachliche Frage. Welche Attributionsmodelle ich kenne? Das ist quasi tägliches Brot auf Arbeit, war also auch kein Problem zu beantworten. Dann gab er das Wort an meine Zweitprüferin, die feststellte, dass in zwei Minuten ihre nächste Prüfung anfängt. Sie stellt mir die sehr berechtigte Frage, warum Tools statt Excel. Da konnte ich auch nur schwammig darauf antworten. Denn außer fehlenden Kompetenzen bei den Kollegen und dass ich verdammt nochmal ein Thema für die Thesis brauchte, gibt es eigentlich keinen plausiblen Grund.
Dann wurde ich auch schon herausgeschickt, damit sich meine Prüfer beraten können. Wenige Minuten später wurde ich hereingerufen und mir wurde zu meinem Abschluß gratuliert. Die Note erfuhr ich auch und wie sich die Note begründet. Zu wenig wissenschaftlich gearbeitet (Quellenanzahl; zu praxisnah argumentiert) und die unstrukturierte Toolauswahl waren die Hauptkritikpunkte. Alles sehr nachvollziehbar. Herr Otten erzählte mir noch kurz, wie es weitergeht ... Urkunde, Exmatrikulation, Abschlussfeier. Da jetzt niemand mehr dem Vorwurf der Bestechlichkeit ausgesetzt war, überreichte ich allen dreien noch ein kleines Präsent bestehend aus einem Streßball mit unserem Agenturlogo und Pralinen (ohne Logo ).
Am Abend habe ich noch mit ein paar Freunden angestoßen. Geniessen konnte ich es nicht recht. Ich war zu fertig. So ein Eintages-Wochenende zerrt ziemlich an meiner Substanz. Urlaub kann ich leider nicht nehmen. Immerhin nur noch ein Tag und dann Wochenende! Ab und zu glimmt so ein kleiner Funken der Freude auf, dass ich ohne schlechtes Gewissen auf der Couch faulenzen kann, nicht unbedingt heute Wäsche waschen muss, weil sonst der Lernplan durcheinandergerät oder ein Abend sich im Internet verlieren völlig okay ist. Vielleicht klappts ja doch noch mit dem Freuen!
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