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Buchvorstellung: Entwicklungslinien und Trends des Fernstudiums


Markus Jung

Empfohlene Beiträge

Das Buch "Online-/Distance-Education: Entwicklungslinien und Trends des Fernstudiums" wurde von Prof. Dr. Harald von Korflesch und Dr. Burkhard Lehmann herausgegeben und ist im Juni 2017 im  Verlag Schneider Hohengehren veröffentlicht worden. 

 

Der Sammelband umfasst 281 Seiten und enthält 12 Beiträge verschiedener Autoren zur Geschichte des Fernstudiums, zu Formen und Konzepten, zu Organisationsformen, zu Zielgruppen, zu Medientechnologien und zur Internationalität des Fernstudiums.

 

 

Ich habe vom Verlag ein Rezensinsexemplar erhalten und nun über ein halbes Jahr gebraucht, um es zu lesen, und möchte es euch nun endlich vorstellen. Ich  bin so langsam voran gekommen, weil das Tagesgeschäft so viel Zeit in Anspruch genommen hat und auch sonst bei mir viel los war - besonders aber auch, weil die Beiträge zum Teil in die Tiefe gehen und ich mich intensiv damit beschäftigt habe. Meine Notizen zum Buch umfassen 35 Seiten - sind also eher schon eine umfangreiche Zusammenfassung, ganz wie in Zeiten des Fernstudiums.

 

Das Buch ist sehr textlastig, dann und wann findet sich mal eine Abbildung, eine Tabelle oder auch ein Foto, teilweise auch farbig. Jeder Beitrag schließt mit einem, zum Teil recht umfangreichen, Literatur-Verzeichnis ab. Am Ende des Buchs werden die einzelnen Autoren vorgestellt - allesamt Experten im Bildungsbereich und zum großen Teil auch im Fernstudium tätig.

Der Anspruch der Texte ist unterschiedlich. Teilweise lesen sie sich leicht, teilweise wird es auch komplizierter. Nur bei einem Beitrag habe ich darauf verzichtet, ihn komplett zu lesen.

 

Nachfolgend möchte ich euch einen Überblick über die Inhalte geben und werde mich dabei versuchen kurz zu halten, damit dieser Text halbwegs übersichtlich bleibt. Wenn ihr zu einzelnen Themen mehr wissen möchtet, fragt gerne nach.

 

Geleitwort/Vorwort

 

Das Geleitwort von Roman Heiligenthal, dem Präsidenten der Universität Koblenz-Landau und das Vorwort der beiden Autoren Harald von Korflesch und Burkhard Lehmann führen in das Thema ein und machen deutlich, welche Bedeutung das Fernstudium hat und welche Veränderungen sich für diese Lernform aktuell insbesondere durch die Digitalisierung ergeben. Aber auch die Wiedervereinigung und der Bologna-Prozess haben Einfluss genommen. Anlass für die Herausgabe des Sammelbandes ist der 25-jährige Geburtstag des Zentrums für Fernstudien und Universitäre Weiterbildung (ZFUW) der Universität Koblenz-Landau. Prof. Dr. Harald von Korflesch ist Vizepräsident der Universität Koblenz-Landau. Dr. Burkhard Lehmann ist Geschäftsführer des ZFUWs.

 

Beiträge zur Geschichte

 

Los geht es mit einem Beitrag von Heinrich Dieckmann, Burkhard Lehmann und Holger Zinn zur Entstehungsgeschichte des Fernstudiums in der Bundesrepublik Deutschland. Gemeint ist hier das akademische Fernstudium. Zur Geschichte des Fernunterrichts gibt es ein eigenes Buch von Heinrich Dieckmann und Holger Zinn, welches ich hier ebenfalls in Kürze vorstellen möchte (mehr dazu bei Amazon: http://amzn.to/2E46cnK - Affiliate-Link - Fernstudium-Infos.de erhält eine Vergütung). Darin wird unter anderem auf die Bedeutung des Fernstudiums in der ehemaligen DDR eingegangen und dann die Geschichte in Westdeutschland anhand von fünf Phasen von Ressentiments und Zurückweisung über die Gründung der FernUni Hagen als Initialzündung bis hin zur aktuellen Phase der Sättigung und Arrondierung beschrieben. Unter anderem geht es auch um die Entstehung der Fernstudienverbünde, die Organisationen im Fernstudium wie beispielsweise die AG-Fernstudium, den Markteintritt und die Ausbreitung der privaten Anbieter auf dem Markt sowie die aktuell Situation, die unter anderem von einem schärfer gewordenen Wettbewerb geprägt ist.

 

Der nachfolgende Beitrag Fernstudien an Hochschulen in Rheinland-Pfalz von Burkhard Lehmann beschäftigt sich mit der Geschichte eines regionalen Teilbereichs des Fernstudium. Hier werden die Entwicklungen in Rheinland-Pfalz aufgezeigt und speziell die Entstehung der ZFUWs (Zentren für Fernstudien und Universitäre Weiterbildung), die es ursprünglich sowohl in Kaiserslautern als auch in Koblenz als Studienzentren der FernUni Hagen gab und die dann später auch eigene Angebote auf den Markt gebracht haben. Das ZFUW der TU Kaiserslautern heißt mittlerweile Distance and Independent Studies Center (DISC), während es an der Uni Koblenz-Landau bei de Bezeichnung ZFUW geblieben ist.

 

Formen und Konzepte des Fernstudiums

 

Der Text Selbstreguliertes Lernen und die Implementation technologiebasierter Lernunterstützung im Fernstudium von Per Bergamin und Franziska S. Hirt beinhaltet Auszüge aus dem Mantelpapier einer Dissertation. Dabei geht es um die transaktionale Distanz im Fernstudium, die durch den Einsatz technologischer Mittel reduziert oder überbrückt werden kann. Und damit im Zusammenhang dann um Fragen zur Selbstregulierung vs. Fremdregulierung, direkter und indirekter Förderung sowie embedded (fest in die Lernaktivität integriert) und non-embedded (Nutzung freiwillig). Als ausführliche Anwendungs-Beispiele werden dann Scaffolding kollaborativen Lernens (Lerngerüste) und adaptive (sich anpassende) künstliche Tutoren zur Unterstützung selbstregulierten Lernens vorgestellt. Eines der Fazits des Beitrags: Lerntechnologien erzeugen nicht per se effizientes Lernen. Es geht darum, die Möglichkeiten im Rahmen eindeutiger instruktionaler Ziele auszuloten und die Wirkungen sowie die Effizienz der eingesetzten Mittel zu testen.

 

Der nächste Beitrag geht auf die Rolle des Studienmaterials beim Fernstudium ein. Autoren sind Henning Pätzold und Andrea Ulitzsch und im Mittelpunkt des Textes steht der Vergleich von Studienbriefen und Study Guides. Während die Studienbriefe das komplette schriftliche Material enthalten, wird den Studierenden beim Study Guides Konzept Original-Fachliteratur zur Verfügung gestellt und ergänzend dazu nur der vergleichsweise kurze Study Guide mit Informationen dazu, welche Teile der Literatur relevant sind, welche Fragestellungen bearbeitet werden sollen usw. Aus beiden Konzepten ergeben sich Besonderheiten sowie Vor- und Nachteile sowie Anforderungen an die Lehrenden, die Lernenden und die Bildungs-Institution. Eingesetzt wird das Konzept der Study Guides zum Beispiel am ZFUW der Uni Koblenz-Landau. Dort sind auch die beiden Autoren tätig.

 

Im Beitrag Geschäftsmodell für die Digitalisierung des Fernstudiums von Werner Sauter geht es darum, dass sich laut Ansicht des Autors die Geschäftsmodelle der Fernstudienanbieter radikal ändern müssen. Dieses Kapitel kann über den Blogbeitrag https://blendedsolutions.wordpress.com/2017/06/06/neuer-buchbeitrag-geschaeftsmodell-fuer-die-digitalisierung-des-fernstudiums/ kostenfrei als PDF-Datei heruntergeladen werden. Das veränderte Geschäftsmodell soll besonders auf eine (nachprüfbare) Kompetenzentwicklung bei den Studierenden setzen und viele kollaborative Elemente enthalten. Die Fernstudienanbieter werden dann zu strategischen Partnern in der betrieblichen Kompetenzentwicklung, insbesondere auch für klein- und mittelständische Unternehmen. Also eine enge Zusammenarbeit, ähnlich wie das in dualen Studiengängen der Fall sein kann. Es geht viel um Praxisprojekte, die auch einen echten Nutzen bringen, und von den Anbietern begleitet werden. 

 

Organisationsformen des Fernstudiums

 

Margot Klinkner von der ZFH hat den Beitrag Organisationsformen des Fernstudiums an deutschen Hochschulen -  Herausforderungen und Chancen in Zeiten des Umbruchs in den Sammelband eingebracht. In diesem Text wird der ZFH-Verbund dargestellt als als Beispiel für die strategische Kombination zentraler und dezentraler Strukturen, die vorher mit ihren Merkmalen sowie Vor- und Nachteilen beschrieben werden. Es geht dabei insbesondere darum, wie bei Dual-Mode-Hochschulen, also solchen die sowohl Fernstudiengänge als auch Präsenzstudiengänge anbieten, das Fernstudium organisatorisch abgebildet wird, also zum Beispiel in einem eigenen Bereich, direkt in den jeweiligen Fachbereichen oder eben auch über eine Verbund-Institution wie es die ZFH eine ist.

 

Im nachfolgenden Beitrag Management von wissenschaftlicher Weiterbildung an Hochschulen: Eine Annäherung an konzeptionelle Grundlagen für Geschäftsmodelle von Organisationen von Oliver B. T. Franken wird für eine erwachsenenpädagogisch reflektierte Gestaltung von Geschäftsmodellen für Organisationen argumentiert. Ich habe diesen Text nur angelesen. 

 

Zielgruppen des Fernstudiums

 

Denise Brückner und Uwe Elsholz sind an der FernUni Hagen tätig. In ihrem Beitrag Fernlehre zielgruppengerecht gestalten: Beruflich Qualifizierte an der FernUniversität  in Hagen wird beschrieben, dass beruflich Qualifizierte ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung eine deutlich gewachsene Zielgruppe für ein Fernstudium darstellen und von einem Gestaltungsprojekt zur Verbesserung der Studieneingangsphase für diese Zielgruppe im Hinblick auf didaktische und methodische Innovationen mit besonderem Fokus auf neuen medialen Angeboten berichtet. Dazu wird unter anderem ein "Onboarding" versucht mit Videosequenzen, einer individualisierten Lernumgebung sowie eines Zeit- und Arbeitsplans, es gibt eine "re:flext FU"-App mit unter anderem Terminen, Push-Nachrichten und der Beantwortung von Reflexionsfragen. Außerdem wird das E-Portfolio eingesetzt, um den Studienverlauf in die dabei produzierten Dateien zu dokumentieren. Bisher werden diese Tool als Pilotprojekte in verschiedenen Studiengängen ausprobiert.

 

Medientechnologien

 

Im Beitrag Blended Learning im Fernstudium - eine Standortbestimmung von von Christina Gloerfeld geht es um die exemplarische Untersuchung einiger Anbieter von Fernstudiengängen hinsichtlich der Digitalisierung des Fernstudiums. Dazu wurden die Selbstbeschreibungen von Euro-FH, APOLLON Hochschule, FernUni Hagen, Wilhelm Büchner Hochschule, AKAD University und  Hochschule Fresenius onlineplus auf Weiterbildungsportalen untersucht. Dazu gibt es viele theoretische Hintergründe zur Definition von Blended Learning und Fernstudium sowie verschiedenen Entwicklungsstufen.

 

Der nachfolgende Text von Markus Deimann geht auf Videobasiertes Fernstudium (MOOCs) ein und erläutert unter anderem die Entstehung von MOOCs, deren Bedeutung, Formate der eingesetzten Videos und gibt auch einen Ausblick, wie Videos künftig in der Fernlehre genutzt werden können.

 

Der dritte Beitrag zu den Medientechnologien beschäftigt sich mit der Entwicklung eines videobasierten Flipped Classroom Ansatzes für Entrepreneurship Education. Autoren sind Harald von Korflesch und Daniel Brylla. Hier geht es um ein Studienkonzept, bei dem sich die Studierenden (im Präsenzstudium) vorab frei zugängliche Video-Quellen ansehen und diese dann in den Veranstaltungen vor Ort diskutieren und bearbeiten. Dabei sind die Studierenden auch in die Gestaltung des Studiengangs selbst aktiv mit eingebunden.

 

Internationalität

 

Der abschließende Beitrag des Sammelbandes Open Education und Distance Learning aus internationaler Perspektive wurde von Olaf Zawacki-Richter verfasst. Hierin geht es darum, dass alle internationalen Open Universities Fern-Universitäten sind, zum Teil mit einer beachtlichen Größe mit mehr als einer Million Studierenden. Es wird ein Überblick über die Hochschulen gegeben und einige Beispiele werden genauer betrachtet, unter anderem die Entwicklung in Russland, der Türkei, Brasilien und Südkorea. Fazit ist unter anderem, dass durch den verstärkten Einsatz von Online-Lehr- und Lernformen zunehmend "mixed-mode" Universitäten entstehen, die also sowohl Präsenzstudiengänge anbieten, als auch Studiengänge für Fernstudierende bzw. Online-Studierende.

 

Fazit

 

Der Sammelband betrachtet aktuelle Entwicklungen im Bereich der Fernlehre aus ganz verschiedenen Perspektiven und in unterschiedlicher Tiefe. Er gibt eine Orientierung, in welche Richtungen die Reise gehen könnte, ohne dass die Route und die einzelnen Orte darauf genau feststehen würden. Veränderungen wird es sicherlich in den Organisationsformen geben und im Bereich der eingesetzten Technologien, aber wohl auch bei den Zielgruppen, der Öffnung und Anerkennung sowie den Zielen der Weiterbildung.

 

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