Zitat zum Gedankenklau
Neulich bin ich in einem Krimi von Hakan Nesser ("Die Perspektive des Gärtners") auf ein ganz spannendes Zitat gestoßen, das bestimmt auch für die Sachbuchautorenzunft Geltung hat:
"Natürlich wusste ich, dass unbewusste (und bewusste) Diebstähle in der Autorenwelt vorkommen, es ist schlicht nicht möglich, das, was man gelesen hat, immer von dem zu trennen, von dem man glaubt, es selbst geschaffen zu haben."
(Nesser, Hakan: Die Perspektive des Gärtners, München 2010, S. 28)
Vroni-Plag
Ich fand diese Unterteilung in "bewussten" und "unbewussten" Diebstahl geistigen Eigentums ganz spannend. Wer sind nun aber die "bewussten" Diebe? Ich denke, das sind die Leute, die ganz genau wissen, dass sie abkupfern, weil ihnen die eigenen Gedanken und eine eigene Sichtweise zum Thema abgehen. Das kann dann in solchen zusammengestoppelten Dissertationen gipfeln, wie sie derzeit auf der Plattform Vroni-Plag aufdeckt werden.
Aber neben diesem bewussten Abkupfern gibt es eine ganze Menge Themen, die ganz einfach im Trend liegen. Ich denke da z.B. an solche Dauerbrenner wie "Bewerbung" oder "Work-Life-Balance". Zu diesen Themen sind inzwischen schon viele, viele Regalmeter an Büchern verfasst worden und praktisch jeder Teilaspekt ist schon viele, viele Male durchgekaut worden. Lohnt es sich denn dann überhaupt, zu diesen Themen noch ein weiteres Buch auf den Markt zu bringen?
Immer nur dasselbe in Grün?
Bedient sich denn ein Autor, der sich mit solchen Dauerbrenner-Themen beschäftigt, nicht auch bei dem bereits bestehenden Fundus an Theorien und Ansätzen zu "seinem" Thema , die schon in 1001 Vorgängerbüchern umfassend besprochen wurden? Handelt es sich bei dem neuen Buch dann nicht im Grunde um "unbewussten Diebstahl"? Muss denn ein solches 1002. Buch zum Thema überhaupt noch verfasst und auf den Markt gebracht werden?
Ich denke, es kommt darauf an: Wer es als Autor schafft, dem an sich ausgelutschten Thema neue Aspekte abzugewinnen, und seine eigenen besonderen Erfahrungen und Kompetenzen in das Buchprojekt einzubringen der sollte es versuchen. Allerdings muss dabei klar werden, was denn eigentlich das Alleinstellungsmerkmal dieses neuen Buches ist: Immer nur dasselbe in Grün will sicherlich kein Verlag haben!
Anne Oppermann
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