Zum Inhalt springen

Vica

Communitymitglied
  • Gesamte Inhalte

    1.772
  • Benutzer seit

  • Letzter Besuch

Blogbeiträge von Vica

  1. Vica
    Kaum war der letzte Blogartikel verfasst, in dem ich mich gewundert habe, wo wohl die Studienmaterialien bleiben, da hat der Postbote sie doch klangheimlich im Treppenhaus deponiert . Das war nochmal eine schöne Überraschung zum Wochenende, denn ich liebe das Eintreffen der Studienbriefe und Materialien. Wenn man wie ich OU-verwöhnt ist, dann ist die Verpackung sozusagen der neue Minimalismus: Alles eingeschweißt in Plastik, wie aktuelle Modekataloge. Das war bei der OU schon immer wie das Öffnen einer Wundertüte, wenn der Karton ins Haus geflattert kam. Dafür muss man aber bei der FUH auch nicht tausende von Euros zahlen, und was letztlich zählt, ist bekanntlich ja das Innere  


    Es handelt sich zunächst mal um zwei Studienbriefe, denen noch einige mehr folgen werden (die aber später im Oktober starten und daher auch erst nächsten Monat verschickt werden. Hat man die Hefte aus dem Plastik geschält, fällt aber auf, dass noch einiges mehr mit dazu gelegt wurde. Es handelt um ein so genanntes "Starterpaket":
     

    Das wartet neben den beiden Studienbriefen auch noch auf den Masterstudenten:
    - Die Studentenzeitung "FernUni Perspektive" (mit gar nicht mal schlechten Artikeln!)
    - Infobroschüre
    - Ein Türschild: "Bitte nicht stören - Hörsaal der FUH" (ich besitze allerdings keinen Hörsaal  Kann man aber natürlich auch immer dann anbringen, wenn man Ruhe braucht)
    - Ein Aufsteller "Fernuniversität in Hagen"
    - Eine Ansichtspostkarte vom Campus (das wäre ggf. was für die Familie ) 
    - 5 Postkarten mit motivierenden Sprüchen schlauer Köpfe 

    Eine recht sympathische Angelegenheit, wenn man damit nicht gerechnet hat  Natürlich habe ich auch die Studienbriefe auf den Inhalt überflogen. Diese sind seitlich gelocht, so dass man sie praktisch gleich in Ordnern unterbringen kann. Ansonsten kann man sagen, dass sie sehr textlastig sind. Bilder sind mir keine begegnet, dafür aber alle Seiten mal eine Formel. Studien über Studien werden gewälzt, der Tenor hochakademisch. Für den grafischen Anteil sollen die Übungen auf Moodle sorgen - bin mal gespannt.

    Auf letzteres habe ich noch nicht uneingeschränkt Zugriff, weil es natürlich erst im Oktober losgehen wird. Bis dahin habe ich mich dort hoffentlich zurecht gefunden - finde das ganze in Verbindung mit dem Online-Studienzentrum etwas verschachtelt und kompliziert. Aber Übung macht ja bekanntlich den Meister! Finden auch die Postkarten. 
     
     
     

     
    LG,
    Vica
     
  2. Vica
    Puh, es war eine ganz schön anstrengende Woche, seitdem nun klar ist, dass es um den klinischen Schwerpunkt im Fernstudium an der PFH rabenschwarz bestellt ist (das endgültige Aus kommt vermutlich erst in einigen Wochen)  Das Dilemma dabei ist, dass der § 5 Abs. 2 PsychThG sagt, dass zur KJP-Ausbildung ein gewisser Anteil klinischer Module (optimal ist natürlich der Schwerpunkt) im Studium enthalten sein muss. Ist es nun aber leider nicht mehr. 
    Das stellt mich vor das Problem, dass die Approbationsausbildung so vermutlich nicht machbar ist. Oder nur erschwert. Jedenfalls: Unsicher. Kann natürlich zum Ende des Masters wieder anders aussehen, dennoch kann man sich hier nicht drauf verlassen, dass das schon irgendwo hinhaut. 

    Leider sind das gesetzliche Regelungen, an denen man nun erstmal nichts ändern. Ohne klinische sieht es immer düster aus (als Psychologe zumindest). Ändern kann man aber seine Einstellung zu den Dingen. 

    Ob man nun drauf hofft, dass alles gut wird, oder nicht: Ein Plan B muss eben her. 
     
    Suche nach Plan B
    Wie sieht der aus? Einige Optionen habe ich mir schon vorher immer wieder überlegt. 

    1.) Hochschulwechsel
    Natürlich könnte ich nun wieder meinen Hut nehmen und mich bei einer anderen Ferninstitution bewerben, die klinische Inhalte im Master enthält. Aus verschiedenen Gründen habe ich mich aber dagegen entschieden. Zum einen bin ich der Meinung, dass sich zu viele Uniwechsel im Lebenslauf blöd machen. Zum anderen bin ich mit der Betreuung an der PFH ansonsten zufrieden. Sie ist flexibel, nervt nicht mit Modulschranken, lässt einem da ein eigenes Tempo und die Präsenztage und Klausurtermine finde ich gut vereinbar mit meinem doch sehr vollen Alltag. Weiterhin fehlen mir woanders bis jetzt auch die Sicherheiten, ob die klinischen Schwerpunkte am Ende wirklich anerkannt werden - problemlos jedenfalls. Bislang sieht man ja leider, wie schnell es gehen kann, dass den Hochschulen da noch in die Parade gegrätscht wird. Kurzum: Es bleibt bei der PFH. 

    2.) Studienfachwechsel
    Auch darüber hatte ich kurz nachgedacht. Psychologie ist irgendwie ein wackeliges Fach. Master (ohne klinische) führen gefühlt ins Ungewisse. Der KJP ist auch mit Fächern wie Sozialpädagogik, Pädagogik, Sozialer Arbeit etc. möglich. Das wäre für mich kein Problem, weil ich selber auch aus der sozialen Richtung komme - ich denke schon, dass mir auch solche Fächer Spaß machen könnten und würden. Oder doch lieber mal was ganz anderes, z.b. Rechtswissenschaften? Meine ganze Family besteht aus Juristen. Da hat man (auch als Nicht-Jurist) einen Fuß drin. Die Überlegungen habe ich aber wieder verworfen, weil alles immer wieder zur Psychologie zurückführt. Das hat sich schnell sehr klar herauskristallisiert. 

    3.) Schwerpunktwechsel 
    Das wäre die logischste Option. Die PFH hat zwei Schwerpunkte im Master, von denen man sich für einen entscheiden müsste. "Personal- und Wirtschaftspsychologie & Betriebliches Gesundheitsmanagement" ist sicherlich interessant, aber nicht meine erste Wahl. Obwohl ich von Leuten gehört habe, die mit dem Master in Wirtschaftspsychologie sozial gearbeitet haben, beispielsweise im Altenheim. Besser als Nichts wäre das schon. Aber ich finde es schwierig, diesen Punkt mit dem für mich wichtigen Punkt "sozial" und meiner Zielgruppe "Kinder und Jugendlichen" zu verbinden.
    Im Grunde blieb da nur eins: 
    "Psychologische Gesundheitsförderung & Sportpsychologie".
    Zu Sport hab ich eine Affinität - aber will ich wirklich z.B. die Aggressionen von Eishockeyspielern statistisch erfassen? 
    Ich habe eine Weile hin- und her überlegt, ob man vor allem letztere irgendwie mit der Arbeit mit Kindern- und Jugendlichen verbinden kann. Und da geht tatsächlich was. Beispielsweise im Bereich Sport als Intervention bei psychischen Problemen! So könnte man zB junge Sportler begleiten, die unter Druck stehen. Leistungsdruck im Verein, in der Schule oder innerhalb der Familie wäre auch so ein Punkt, den man mit diesem Schwerpunkt ins Auge fassen kann. Interessanterweise gefiel mir dieser Gedanke bald ziemlich gut. Also fing ich auch mal an, Interviews, Profile mit Psychologen mit Schwerpunkt Sport zu lesen. Ich  klapperte auch entsprechende Praxen ab und schaute mir das Online-Portfolio solcher Leute an. Es handelt sich noch um ein sehr junges Gebiet - viel Pionierarbeit ist möglich. Gesundheitsförderung und Sport sowie Leistungsdruck ist aber ein stetig wachsender Bereich mit großer Bedeutung. 

    Ein Schwerpunkt alleine reicht nicht
    Eine Ausbildung als Berater muss schon sein. Sportpsychologen sind wohl überdurchschnittlich oft in einer Coaching-Ausbildung, weil man somit Sportler besser zu Höchstleistungen anspornen kann. 

    Ich würde dennoch einen anderen Weg gehen. Ich habe mir nochmal die Ausbildung zum Systemischen Kinder- und Jugendlichentherapeuten angeschaut. Das kommt dem KJP schon sehr nahe. Der Unterschied ist natürlich, dass es keinen automatischen Kassensitz gibt - dennoch ist eine Aufnahme ist den Leistungskatalog geplant! Und es sieht sogar recht gut aus dafür: Link zum Ärzteblatt
    Damit kann sie auch Teil z.B. psychiatrischer Ambulanzen werden. Die systemische Therapie wirkt nämlich verhältnismäßig schnell und zielführend.


    Fazit
    Ich werde mal schauen, wie die Situation nach dem Master ist. Sollte der klinische Schwerpunkt kommen, würde ich ihn natürlich wählen, ggf. zusammen mit dem Sportschwerpunkt. Dann wäre auch die Approbationsausbildung möglich (aller Voraussicht nach). Ansonsten konzentriere ich mich auf oben genannte Ziele.  
    Erstaunlicherweise geht's mir mit dieser Zielsetzung richtig gut. Zum Thema Sportpsychologie habe ich schon einige Vorkehrungen getroffen. Dazu aber mehr nächstes mal. 

    LG
  3. Vica
    Es gibt in der Statistik einige Dinge, die kann selbst SPSS nicht ohne Weiteres berechnen. Dazu gehört auch die so genannte Mediatoranalyse. Was das ist, würde den Rahmen eines Blogeintrages sprengen oder zumindest sehr langweilig gestalten, aber extrem verknappt gesagt will ich damit testen, ob ein Zusammenhang zwischen zwei Variablen (zum Beispiel: Wie beeinflusst Kontakt zu Minderheiten Vorurteile gegenüber Minderheiten) eventuell doch noch durch eine dritte Variable (etwa Angst vor Minderheiten) beeinflusst wird. Ein gewisser Andrew Hayes hat ein Makro für SPSS entwickelt, welches das Berechnen von Mediationsmodellen möglich magt, sofern es einmal runtergeladen und entsprechend der Anleitung installiert wurde. Namentlich "Process" 

    So geschehen! Der Link zu "Process" von der Fernuni war zwar veraltet, aber der ist ja auch von 2014, mittlerweile gibt's sowohl neue SPSS- als auch Process-Versionen. Den ganzen Spaß heruntergeladen, nach PDF-Anleitung kinderleicht installiert und....

    ...natürlich, es klappt nicht.
    Zwar wird mir das besagte Process als erweiterte Möglichkeit in SPSS angezeigt - nach dem Auswählen passiert allerdings nichts mehr, außer dass meine Festplatte ungesund rattert.
    Irgendwo las ich dann den Hinweis, es könne helfen, SPSS erst neu zu starten. Also Programm geschlossen, neu aufgerufen, aber SPSS öffnet sich erst gar nicht. Nicht nur öffnet es sich nicht, auch sonst friert mein System ein. Also ein manueller Neustart. Nach dem Neustart aber dasselbe Problem. Mein SPSS scheint es zerschossen zu haben, und es reißt mein ganzes System mit in den Abgrund.
    Nach dem dritten Neustart dann aber die böse Überraschung: Mein System fährt gleich gar nicht mehr hoch  Daran ändert auch ein weiterer Neustart nichts. Der Bildschirm bleibt schwarz, nichts tut sich. Wow, was ist denn da schief gegangen, dass ein einfaches Makro meinen PC in die Knie zwingt?
    Leider stoße ich bei sowas schnell an meine technischen Grenzen. Leicht Panik kommt auf, weil sich zwei Monate davor schonmal die Festplatte verabschiedet hatte und ich so eine Neuinstallation und ich lange mit Kaspersky hin- und her geschrieben hatte, um meine Lizenz wieder zu bekommen, die ich gerade erst vor ein paar Tagen neu gekauft hatte. Das hatte damals zum Glück geklappt, aber jetzt nochmal so ein Ärger und Aufwand, nein danke. Im Kopf gehe ich durch, wovon ich mal wieder kein Update gemacht hatte und wie ich das für den Notfall wieder beschaffe. 
    Ich tue, was ich meistens tue - lasse den PC einfach aus.

    Zum Glück ist mein Mann sehr pc-affin und bekommt das System nach der Arbeit mit einigen Handgriffen wieder hin. SPSS aber ist unweigerlich tot und muss zunächst deinstalliert und schließlich wieder neu installiert werden. Zum Glück gibt's auch keinen Ärger mit der Lizenz. Alles wieder hergestellt, Glück gehabt!  

    Warum dieses "Process"-Makro so einen Psychokrieg auslöst, keine Ahnung!
    Die Version stimmt, die Installation war richtig, SPSS-Version stimmt, Systemanforderung auch.
    Irgendwas hat sich hier wohl eindeutig nicht mit was anderem vertragen. Würde ich zumindest spontan spekulieren.

    In den Moodle-Foren dazu lese ich, dass einige auch ähnliche Probleme hatten, andere meinen, dass frühere Versionen vor einigen Jahren leichter zu installieren waren, bei wiederum anderen scheint es völlig problemlos zu laufen. Woran das liegt, darauf kann sich aber auch niemand einen direkten Reim machen, auch nicht die "Techniker". 

    Nach diesem Schrecken bleibt mein PC aber definitiv process-frei, d.h. ich verfolge lediglich als Zuschauer über die Vorlesungen, was damit angestellt werden kann. Nicht mal mit der Kneifzange gehe ich da wieder ran. 
    Im Endeffekt ist mir ein laufendes System ja doch lieber.   
     
  4. Vica
    Am Montag - etwas früher als gedacht - geht es an's Eingemachte: Das Pflichtpraktikum (Psychiatrie) beginnt. Überwiegend befinden sich hier Patienten mit Persönlichkeitsstörungen und Angsterkrankungen, aber auch Verhaltensstörungen. Für 3 Monate und auch unvergütet. Vieles wird anders laufen als geplant war. In diesem Zeitraum gehen Leute ja eher ins Home Office, als dass sie neu im Betrieb anfangen.  Auch mein Aufgabenbereich ist anders. Eigentlich war vorgesehen, dass ich mindestens 50% im Einweise- und Aufnahmeverfahren tätig bin und Fragebögen auswerte. Da die komplette Diagnostik aber geschlossen ist, gibt es für mich ein anderes Angebot:

    Da die Gruppentherapien durch die Abstand- und Kontaktregelungen enorm verkleinert werden, gibt es nun nicht genügend Therapeuten oder PiAs, die diese leiten können. Kurzum: Ich erhielt die Bitte, dass ich auch Gruppen leiten soll und im Extremfall auch Einzelgespräche - schlichtweg wegen Personalmangel. Es kam auch eine Entschuldigung vorab, dass keine Zeit für eine umfassende Einarbeitung bleiben wird. 

    Das ist schon ein ziemlicher Vertrauensvorschuss, den man da bekommt - in etwa so, wie wenn man zum Hausarzt geht und dort plötzlich einem Medizinstudi gegenübersteht. Trotzdem freue ich mich auch über die Verantwortung, da ich hier etwas Praktisches leisten kann und dieser Platz gefällt mir besser als irgendwo am Schreibtisch beim Auswerten. Ich hoffe, dem auch gerecht zu werden, denn diese Leute haben Störungen, die sie in ihrer Lebensqualität stark einschränken. Da muss man liefern.

    Die Theorie sitzt durchaus noch und Therapieabläufe (auch Gruppeninterventionen) hatten wir in den Blockseminaren. Da mir die praktische Erfahrung fehlt, hoffe ich wirklich, dass ich das gut hinkriege und es wirklich einen Mehrwert für die Patienten darstellt. 

    Was da passiert, ist zwar neu und hätte es so nie gegeben. Aber zeitgleich läuft so ein Modellversuch hier auch mit den Medizinstudenten: https://www.medizin.uni-muenster.de/fakultaet/news/wwu-schult-hunderte-von-studierenden-fuer-einsatz-gegen-corona/ 

    Habe mich die letzten Tage viel mit PiAs und PPs auf meiner Freundeliste ausgetauscht, wie ich da vorgehen kann. Die eindeutige Antwort von allen war, dass es da keine Patentrezepte gibt und sie das auch in der Ausbildung nicht lernen. Das hat mich etwas beruhigt. Ideen und Konzepte hab ich tatsächlich. Aber: Es kommt natürlich anders, als man denkt.
    Ein Regelwerk für Gruppentherapien habe ich bestellt...50€ ärmer bin ich nun 😮...aber wer weiß, wann das kommt. Am Rande: Übrigens habe ich das Buch über den provisorischen Online-Shop unseres regionalen Buchhändlers bestellt. Leider gehen erwartungsgemäß viele Geschäfte und Einrichtungen gerade pleite, da zählt jede Unterstützung! 

    Was mir auch vorliegt: 
    Eine Bescheinigung zur Systemrelevanz. Das ist ein Dokument, welches darstellt, dass ich die Aufgabe wahrzunehmen habe. Hier finden sich Arbeitszeiten und Ansprechpartner. Dieses kam zum Ausdrucken per Mail zu mir. Falls es mal zu Polizeikontrollen käme, wohin ich denn unterwegs bin (was ja aber aktuell kein Thema ist?!). Ausdrucken kann ich es mangels Drucker eh nicht. Copyshops etc. sind natürlich geschlossen. Für alle Fälle ist es abfotographiert. 

    Ich nähere mich dieser Aufgabe nach dem japanischen Prinzip: mit Staunen und Zittern. Ich bin ein klein wenig stolz, habe aber auch großen Respekt davor. 

    Wünsche allen, die ebenfalls während der Kontaktsperre ihren ersten Arbeitstag haben, einen guten Einstieg. Z.B. @TomSon und @Silberpfeil (ich hoffe, ich hatte das richtig auf dem Schirm 🙈 ) & dem Rest vor allem: Gesundheit!

    LG

    Feature Foto: Erkan Utu| pexels.com
     
     
  5. Vica

    Theorie-Ausbildung
    In unserer Lerngruppe kriselt es. Ja, noch schlimmer: Drei unserer fünf Mitglieder sind zu Gespenstern geworden...
    Kurzer Exkurs: 
    Lerngruppen, das sind  Arbeitsgruppen, die den theoretischen Inhalt jedes Seminars nacharbeiten. Das ist kein freiwilliger Zusatz für Ehrgeizige, sondern Pflicht und wird auf die Ausbildungsstunden angerechnet. Dazu müssen Protokolle geschrieben werden - die werden hinterher geprüft und bewertet. Da wir über ganz Deutschland verteilt sind, geht das Treffen nur über Zoom, was durch die Pandemie auch vom Institut abgesegnet ist (ausnahmsweise, vor Corona war Präsenztreffen Pflicht). Die Sitzungen kann man selbst gestalten. Sie gehen so 45 Minuten bis 2 Stunden und gleichen Study with me oder auch mal angeregten Diskussionen über den Lernstoff. 

    Unsere Gruppe besteht aus 5 Leuten. Das ist Minimum, darunter geht nicht. 
    Wir sind zu fünft und haben uns immer prima verstanden. Person 1-3 kennen sich seit dem Bachelor, seitdem waren sie immer zusammen. Ich + Person 5 sind sozusagen von außen dazugekommen. Es hat nie Probleme gegeben und man hat sich gut verstanden. Doch dann fingen Person 1-3 von heute auf morgen an, nicht mehr mit Person 5 und mir zu reden. Es gibt keine Antworten mehr in WhatsApp. Ein Haken, zwei Haken, zwei blaue Haken: Keine Nachricht.
    Person 5 und ich haben dann folglich einiges versucht: Kontaktaufnahmen, Nachfragen, ob alles ok ist, Terminvorschläge bishin zur Bereitschaft, dass wir alle Protokolle schreiben. Keine Reaktion. Sie lesen zwar, was wir schreiben, erwidern aber nichts - beteiligen sich aber demonstrativ in anderen Gruppen an anderen Themen. Also an mangelnder Zeit liegt es nicht. Auch andere Kontaktwege, E-Mails oder Anrufe liefen wenig überraschend ins Leere.

    Letztlich muss man das Ganze beim Namen nennen: Wir werden geghosted. 

    Anfangs denkt man noch, dass das Zufälle sind oder vielleicht gerade privat was schief läuft bei den anderen oder dass man irgendwie überinterpretiert. Nach einigen Wochen wird aber klar: Das kann nur persönlich gemeint sein. Auch dann will man es nicht glauben. Schon in der Unterstufe macht man ja die Erfahrung, dass man in Gruppenarbeit manchmal drüber weggehen muss, dass ich Fritzchen oder Lieschen nicht so gerne mag. Am Ende muss das Ergebnis stimmen. Ausgerechnet Leute, die Therapeuten werden, sollen das jetzt nicht hinkriegen?

    Es gab viel Kopfzerbrechen, Erklärungsversuche und Kontaktaufnahmen von Person 5 und mir. Jedoch wurde uns irgendwann klar: Die wissen, wo wir sind, falls sie reden woll(t)en. Klar ist das ein Scheißgefühl. Das macht ja auch etwas mit einem, man zerbricht sich den Kopf. Besprachen das Ganze mit Außenstehenden. 
    Ghosting kennen vielleicht einige von euch im Zusammenhang mit (idR vielversprechenden) Vorstellungsgesprächen, nach denen sich der AG nie mehr meldet. Besonders viel Aufmerksamkeit bekommt es im Bereich Dating. 

    Letztlich halte ich aber nichts davon, sich stets über Zustände oder was nicht ist zu beklagen und suche doch lieber Lösungen, mit denen man gezielt was verändern kann. Zu akzeptieren, dass man wohl keine Erklärung für das oben gewählte Verhalten bekommen wird, ist da schonmal ein wichtiger Schritt. Letztlich müssen wir auch vorankommen und den Rückstand aufholen. 
    Letztlich kann man dazu vielleicht auch nur sagen: Wenn die Tür nicht aufgeht, war es vielleicht nicht unsere. 

    Wir hatten das Glück, von einer anderen Lerngruppe "adoptiert" zu werden, die noch Platz für uns hat. Mit der neuen Gruppe haben wir ein total gutes Gefühl. Ob das ganze offiziell möglich ist, müssen wir jetzt mit dem Institut abklären.  Denn sowas kommt nur selten vor. Und eigentlich sollen die Arbeitsgruppen bis zum Ende zusammen bleiben. Hoffen wir das Beste. 🙂

    LG

    Feature Foto: Monstera/pexels.com
  6. Vica
    Momentan kann ich noch nicht so ganz abschätzen, wie viel Fernlehrbriefe der BWL- und der Jurakurs so mit sich bringen wird. In unserer Mini-Wohnung (wovon 2/3 schon vom Nachwuchs unwiederbringlich annektiert wurde) stellt man sich die Frage natürlich schon mal. Wenn man die hohen Semesterwochenstunden bei Jura bedenkt (das ist die Zeit, die man zum Arbeiten benötigt), scheint der Aufwand ja höher zu sein - demnach vermutlich auch mehr Hefte. Bei BWL stelle ich mir das ähnlich vor. 
     Ich hoffe zumindest nicht, dass ein Großteil der Studienmaterialien nur online zugänglich wäre, was ich mir aber nur schwer vorstellen kann, weil beide Fächer von ihrer Natur her ja sehr textintensiv sind. 
    Als mein Mann noch Jurastudent war (allerdings Präsenzuni), waren wir hier jedenfalls bis unter die Decke voll mit Schönfeldern, Kommentaren und Unmengen an kopierten Texten, Arbeitsblättern etc. Sie lagen überall - am, im, unterm Schreibtisch, in der Küche, im Wohnzimmer, am und unterm Bett und sogar auf dem Lokus. Allerdings ist das auch schon wirklich laaange her und zudem war es ein volles Studium, nicht bloß ein Rechtsgebiet wie bei mir. 

    Der Studienplatz hier zu Hause ist verplant mit meinen Psychologiesachen, die sich hier schön ausbreiten. Meine Zusatzlektüre brauch sogar ein Extraregal.  Je nach Menge der kommenden  Kurs-Hefte werden sie wohl ziemlich zusammenrücken müssen. Oder mir fällt noch etwas ein, wie ich ihnen einen kleinen Bereich hier extra einrichten kann. Ich hasse nämlich nichts zu sehr, wie Unterlagen, die sich vermischen. Insbesondere Notizen, Karteikarten etc.  Am liebsten wäre mir ein kleiner Extra-Schreibtisch, weil der bereits vorhandene nicht nur zum Psychologiestudium, sondern auch von meinem Mann und mir generell zum Arbeiten und auch für die Freizeit verwendet wird (das ist schon recht suboptimal). Ein Besuch im Möbelhaus um nach innovativen, raumsparenden Ideen diesbezüglich zu schauen, blieb zunächst mal erfolglos. 
    Ein Umzug ist natürlich geplant, in dem es ein eigenes Arbeitszimmer geben soll. Leider ist das hier in der Stadt extrem schwer, was Wohnungen angeht muss man sich hier anstellen, selbst die Reichen stehen Schlange. Ich hoffe aber, dass der Makler bald positive Nachrichten hat  

    Wenn das so weitergeht, brauche ich ohnehin bald eine eigene Wohnung für meine Studienmaterialien  

    Euch ein schönes Wochenende

     
  7. Vica
    Oh man, Leute - ich frage mich ernsthaft, wie man es hinbekommt, bei diesen Temperaturen, davon konstanten 31 Grad Raumtemperatur (Dachgeschosswohnung!) sich einen grippalen Infekt einzufangen. 
    Am Mittwoch wollte ich die Anzeichen noch verdrängen.
    Am Donnerstag ging es dann aber so richtig los: Unerträgliche Halsschmerzen, Husten, Fieber, Kopfweh. 
    Wieder mal vor einer Prüfung. Die ist morgen! 
    Wären wir nicht alle hier betroffen, würde ich schon fast denken, ich ticke nicht mehr richtig.  
    Leider bin ich jetzt "genau drin" und der Infekt hat schon Bergfest. Könnte morgen noch schlimmer sein. Im Prüfungsstoff müsste ich eigentlich fit sein, aber mir graut vor der Fahrt mit dem Takka-Tukka-Zug dorthin. 
    Au man. Wenigstens kann man sich immer darauf freuen, wenn man eine Klausur hinter sich hat - das ist der einzige Antrieb gerade. 
    Finde das Thema "Infekte im Studium" echt furchtbar. Fällt bei mir ständig mit einer Deadline zusammen und auch wirklich nur dann.
    Hoffentlich wird es morgen nicht so super heiß, wie prognostiziert. Die Kombi Grippaler Infekt + Affenhitze ist ja nun per se auch nicht so prickelnd. Aber die Kachelmannwetter-App lässt schon durchblicken, dass ich mir meine Stoßgebete an Petrus sparen kann.
    Nun ja - Kräfte mobilisieren und eine Fahrkarte besorgen.
    Und Tempos.
    Und Kopfschmerztabletten.
    Gegen krankheitsbedingte Motivtionstiefs gibt's vermutlich nichts von ratiop.... .  

    LG 

    Bild: Pixabay.com | Pixabay License
  8. Vica
    Liebe Leser. Bis zur Masterarbeit ist es zwar noch eine Weile hin - vor Januar kann ich mich damit eigentlich nicht befassen. Allerdings kann ich mich ab August für die Fallarbeit anmelden, die ich ab Oktober schreiben kann. Will ich sie im klinischen Bereich schreiben (was ich natürlich vorhabe), wird das Thema der Fallarbeit an das Thema der Masterarbeit gekoppelt. Heißt, die Fallarbeit ist sowas wie deren Einleitung.
    Das wiederum bedeutet, dass man sich schon recht früh sicher sein muss bezüglich der Themenwahl der Masterarbeit. 
    Die Handhabung gefällt mir so eigentlich ziemlich gut, da man damit einen roten Faden bei den schriftlichen Arbeiten im Studium behält und sie nicht bunt aus allen Disziplinen zusammengewürfelt sind. 

    Andererseits tue ich mich etwas schwer mit der Themenfindung - nicht, dass ich keine Idee hätte, ich bin da mehr für "alles offen". Eine Handvoll Ideen habe ich auch schon, aber ich konnte mich noch nicht zu einer durchringen. 

    Mal in die Runde gefragt: Sind meine Ansprüche hier einfach zu hoch?
    Ich hätte gerne:
    - Ein Thema, das mich selbst sehr interessant!  
    - Die Art Masterarbeit, die ein aktuelles, allgemein-interessantes Thema aufgreift, welches auch Otto-Normalbürger lesen würde
    - Etwas, was man auch seinem Arbeitgeber vorlegen könnte
    - Ein Thema mit aktueller klinischer Relevanz/Brisanz oder ein Bereich, in dem noch Bedarf an Erhebung besteht

    Ich habe mit Freunden gesprochen, die ihre Masterarbeit schon hinter sich haben und keiner davon hat sich solche Gedanken gemacht. Die Devise war da eher, sich da bloß keinen Kopf zu machen und dass "die im Grund ja eh keinen interessiert". Ich weiß nicht, aber das kann ich mir nicht vorstellen 

    Mein Eindruck ist, dass es leichter sein könnte, wenn man schon im klinischen Umfeld arbeitet - da müssten sich einem die Ideen ja regelrecht aufdrängen. Leider lässt sich aber das klinische Praktikum bei mir nicht vor der Masterarbeit terminieren. 
    Viele meiner Ideen, die auch obige Punkte erfüllen würden, lassen sich leider eher der Sozialpsychologie zuordnen und wären damit weit ab vom Schuss. Sie gehen eher in die Richtung Reaktionsweisen von bestimmten Personengruppen.

    Von Zeit zu Zeit versuche ich auch, andere Themenbereiche, die ich sehr mag, mit der klinischen zu kreuzen. Leider kann man das Thema Weltall & Sterne schlecht mit Psychologie kreuzen. Da landen wir fast immer bei Stressmanagement für Astronauten oder künftige Marsmissionen. Abgesehen davon, dass ich die Erhebung da schwierig finde, interessiert es mich nücht und es fällt auch eher in die Gesundheits- oder Sozialpsychologie. *schulterzuck*. 

    Momentan durchkämme ich die Seiten unserer Psychiatrien und schaue mir da die Forschungsprojekte an. Das ist in der Tat schon mal hilfreich. 

    Mich würde echt interessieren, wie ihr zu eurer Themenfindung gekommen seid. 

    LG


    Feature Foto: Bild von Lars_Nissen_Photoart auf pixabay.com/
  9. Vica
    Zwischen dem Studenten- und dem "echten" Leben, dem ich hier wirklich entgegen lechze, steht nur noch eine Kleinigkeit: Die Masterarbeit  Das ECTS-Konto ist voll, für die Zukunft ist ebenfalls vorgesorgt (siehe Blog-Einträge davor). Ein kleiner Schritt noch, der die Welt bedeutet. Müsste eigentlich von selbst laufen. Oder?!

    Die Master-Thesis war natürlich schon bei meiner Einschreibung in den Master das große Ziel, auf das alles hinausläuft. Dafür schlägt hangelt man sich von Arbeit zu Arbeit und freut sich, wenn man endlich die ECTS für die Anmeldung zusammen hat.

    Aber...
    Als es so weit war, kam alles etwas anders. 
    Ich fand erstaunlicherweise nicht so recht rein. Dem Gefühl nach schrieb ich einen schlechten Schulaufsatz. Als hätte ich die Fähigkeit zum Schreiben verloren: Wissen, was man sagen will, aber nicht, wie. Verstanden habe das nicht, denn über Literatur zu spannenden Thesen bis zur Motivation (da vom Thema selbst betroffen) war alles an Zutaten vorhanden. 
    Eine gigantische Kohorte von gerundeten 3.000 Teilnehmern, da macht SPSS anwerfen auch richtig Spaß! 
    Statt aber mit Feuereifer in die Tasten zu hauen, entwickelte ich Schreibblockade um Schreibblockade. 

    Wann kommt der Flow?
    Wonach ich mich gesehnt habe, war das, was Csíkszentmihályi Flow nennt, und das definiert sich so:
     

    Das ist sozusagen mein Motor hinter all meinen schriftlichen Arbeiten, und wenn ich in diesem Zustand bin, läuft alles wie von selbst. 

    Irgendwie kam aber kein Flow, stattdessen kämpfte ich mich von Satz zu Satz und fand, dass die Abschnitte sehr steif klangen. Es kam, was kommen musste:
    Prokrastination, Schuldgefühle, schlechter Schlaf. 

    Aber ich studiere ja nicht erst seit gestern, sondern schon insgesamt seit 2012. Ich stand häufig vor solchen Problemen und weiß, dass sie dazu gehören und es immer eine Lösung gegeben hat, sonst wäre ich ja nicht am Ende der Fahnenstange Studium angekommen. 
    Tatsächlich zog ich mich einige Wochen vom Schreiben raus und betrieb dafür eben weiter Literaturrecherche, las noch mehr Studien und begab mich auf Ursachenforschung. 

    Mentale Spurensuche nach dem Problem 
    Wenn ich prokrastiniere, umschiffe ich meistens das Ausgangsproblem, das mir nicht gleich bewusst ist - oft nervt es mich. Wenn ich nicht drauf komme, brauche ich oft etwas Abstand zur Sache. 
    Mit der Zeit kam ich drauf, bzw. das Bewusstsein kam zu mir.
    Das Problem kann häufig banal sein: Von idealisierten Vorstellungen, wie so eine Arbeit abläuft, bis hin zur schmerzlichen Erkenntnis, das Masterarbeit-Zeit oft auch Einsamkeits-Zeit ist zwischen Fast Food und Einsiedlerkrebsleben (was so ziemlich das exakte Gegenteil der letzten Monate darstellt) ist alles möglich. Sogar tabuisierte und daher nicht eingestandene Ängste vorm Fertigwerden können eine Rolle spielen. 

    Wichtig finde ich ja, dass man sich nicht unter Druck setzt, solche Nüsse zwangsläufig zu knacken. Sondern nur zu akzeptieren, dass sie halt da sind - wie gute, alte Kumpels, die auf einen aufpassen wollen, dass man keine Fehltritte macht (tut man schon nicht). 
     
    Ich bin jedenfalls froh, dass meine Form so halbwegs zurück ist und ich vieles aufholen konnte  Die ,,Kumpels" Einsamkeit, Zweifel und Schreibblockade sitzen als Zaungäste quasi rund um die Uhr daneben. Nicht schlimm, so lange sie zuschauen. Sie sind ja auch nur temporäre Gäste. 

    Unabhängig von der Note freue ich mich auf vieles, was mit der gebundenen Masterarbeit zu tun hat. Endlich mal etwas im schicken Einband von sich selbst in der Hand halten. Arbeitgeber, Familie und einige Freunde, die auch ein Exemplar haben möchten. 

    Euch frohes Tüfteln. Bleibt gesund & haltet zusammen.

    LG

    Feature Foto: Pixbay auf pexels.com  
     

     
     
  10. Vica
    Nach einer ungefähren Kostenaufstellung, die schon vor einiger Zeit im Briefkasten lag, ist nun auch der offizielle Gebührenbescheid für Modul 1 und Modul 2 eingetroffen, in welchen ich zur Kasse gebeten werde. 

    Insgesamt schlägt das das Semester (Vollzeit) mit

    251 € 

    zu Buche. 

    Zahlbar bis zum 6.10.

    Auf ein Fernstudium gerechnet ist das ein absoluter Schnäppchenpreis. Bei der OU beispielsweise lag der Preis für ein 60 CP Modul bei guten 2000€ (umgerechnet), was allerdings auch der alte "Sparpreis" für alle Vor-September-2012-Starter war. In einem Semester habe ich teilweise 90 oder 120 CPs belegt, die Gesamtsumme kann man sich entsprechend ausrechnen.
    Da ist Hagen wirklich sehr gut machbar!   
  11. Vica
    Liebe Leute, gestern stand meine erste Klausureinsicht ever an. Wer nicht weiß, was das ist: Bei schriftlichen Klausuren erhält man nur die Note, aber kein Feedback, wie es zu dieser Note kam. Um die Korrektur einzusehen und nachzuvollziehen, muss man innerhalb einer Frist (idR bis 6 Wochen nach Korrektur) einen Antrag stellen, diese einzusehen und muss dann einen Termin und Ort wählen, wo das passiert (idR euer Studienzentrum). 

    Da das Studienzentrum leider nicht um die Ecke ist und einer Zugreise bedarf, wollte ich sowas nur im absoluten Notfall machen. So wie bei der letzten Klausur im Fach Sozi. Das ist eigentlich ein Bereich, der mir ziemlich liegt - wie auch die Klausurfragen dazu. Es lief sehr gut. Umso weniger nachvollziehbar, wie bei der Bewertung dann eine 3,7 (= 4!!!) herauskommt. Das kratzt am Ego, auch wenn die Note nicht wesentlich in den Schnitt einfließt (sie verändert ihn auch nicht).
    Ich hatte hierzu schon das Schlimmste angenommen: 1) Dass meine Klausur vielleicht unvollständig angekommen ist, weil die Antwortbögen nicht zusammengeheftet wurden 2) Eine Verwechslung im System/Falsche Note eingetragen, 3) dass ich sowas von daneben gelegen habe, was in dem Fall aber schon gruselig gewesen wäre.

    Über das Thema Einsichtnahme habe ich viele gespenstige Sachen von anderen gehört: Dass man ruhig in einem sterilen Raum unter Aufsicht sitzt und mit dieser nicht reden darf. Dass man eigene Notizen nicht mit eigenem Stift machen darf. Dass Reüssieren nicht zum Erfolg führt. Dass vor Ort dann keine Erläuterungen auf der Klausur waren oder der Bewertungsbogen leer war etc. Ich bin also fast schon mit hochgekrumpelten Ärmeln hingegangen. 

    Nix davon traf zum Glück auf mich zu  Ich saß mit Aufsicht und 2 weiteren Einsichtnehmenden in einem Räumchen. Es gab ein breites Getränkeangebot, alles, was ein Getränkeautomat in der Regel beinhaltet samt Kaffee stand auf einer Fläche bereit. Die Aufsicht war total locker und bei jeder Frage rief sie in Göttingen an. Auch eine Standleitung zum bewertenden Prof konnte sie ohne Weiteres direkt herstellen. 

    Auf jeden Fall muss ich leider nach Canossa gehen: Die Note ist korrekt. 
    Der korrigierende Prof hat sehr viel Wert drauf gelegt, dass die Dinge exakt beim Namen genannt werden. Beispiel: Wenn z.B. nach verschiedenen Punkten des auditiv orientierten Zuhörens gefragt wurde, und ich statt "Erwerb, Verarbeitung und Speicherung von Informationen im interpersonalen Kontext"  "Erwerb, Verarbeitung und Speicherung von Informationen im zwischenmenschlichen Kontext" geschrieben habe, war die Sache schon falsch, obwohl in der Erklärung richtig (<- Keine Klausurfrage, nur Beispiel zur Verdeutlichung!). Das finde ich angesichts eines Lernstoffes von 300+ Seiten, der nicht eingegrenzt war, echt hart...dennoch gibt es aber eben auch Klausuren, die hart sind und das ist tatsächlich auch mal legitim. 

    Mit den Kommentaren des Profs auf der Klausur konnte ich tatsächlich viel anfangen! Sie waren wertschätzend und wohlwollend und echt inspirierend. Lob fand sich ebenfalls an vielen Stellen und sogar Smileys. 
    Wie zu OU-Zeiten, wo man seine Hausarbeiten immer zurückbekam mit passgenauen Kommentaren des Tutors, was man verbessern kann -> so konnte man sich am Ende echt zu Höchstleistungen steigern. 

    Fazit: Ich ging fröhlich und absolut zufrieden mit meiner schlechten Note nach Hause und hatte viel Feedback mitgenommen, mit dem ich echt was anfangen kann. Ich hätte nicht gedacht, dass mir Feedback so gefehlt hat. Ich weiß genau, was er meint und wie ich es in anderen Klausuren umsetzen könnte -> Schade nur, dass ich nur noch 1 habe und dann Feierabend ist. Da finde ich es fast schon schade, dass ich nicht früher mal Einsicht genommen habe, man hätte echt was daraus lernen können. Oder dass es korrigierte Klausuren nicht generell zurück gibt! Auch nebulöse Regularien wie z.B. die 6-Wochen-Frist braucht keiner  

    Darum: Geht auf jeden Fall auch zur Einsicht, wenn euer Bauchgefühl es euch sagt, lasst euch von Horrorstories anderer nicht abhalten und seid offen dafür, was ihr so erfahrt   

    Euch ein schönes Wochenende!

    Feature Foto: Annemone123 | pixabay.com 
  12. Vica
    Wahnsinn, Leute, es ist Sylvester und
    ✭2019✭
    neigt sich dem Ende zu. In der Rückschau war es ein wahnsinnig farbenfrohes, ereignisreiches und forderndes Jahr. Jeder Monat hatte es in sich und es blieb kaum Zeit, lange über die Dinge zu grübeln. 2019 umfasst bei mir Teile des 3., 4. und 5. Semesters. Im ersten Teil des Jahres dachte ich noch, dass ich den Master gar nicht in Regelstudienzeit abschließen können würde (kein Kitaplatz), im zweiten ergab sich die Möglichkeit dann doch und ich gab Gas.
    ...Das kann man ja über jedes Jahr sagen?? 
    Hier ein Querschnitt des scheidenden Studienjahres 

    Januar
    Das Jahr startete Ende Januar mit dem Highlight, dass 15 ECTS aus einem nachgeholten Pflichtmodul klinische Psychologie auf dem Weg zu mir waren. Diese waren u.a. Voraussetzung zur Zulassung zum klinischen Masterschwerpunkt. Ich habe quasi auf dem gepackten Koffer gesessen, denn schon im Februar stand die erste Präsenzwoche an. Als es klappte, war ich furchtbar hibbelig.  

    Februar 
    Im Februar war dann besagte erste Präsenzwoche in Göttingen und ich war stolz, als sei ich irgendwo zu einem Komitee für Auserwählte unterwegs. Das erste Seminar war das Merkwürdigste, was ich (und alle anderen inklusive des Teams) wohl je erlebt haben - die Dozentin kannte sich in der Materie gar nicht aus (was man angesichts ihres Doktors erstmal nicht erwartet). Es war so ein Trauerspiel, dass sie in Tränen ausbrach und das Seminar abbrechen wollte. Die Zeit in Göttingen war cool, aber das erste Seminar ein Knall vor den Bug. Dennoch herausragend, wie wir das als Gruppe gemanaged haben und die eher labil wirkende Dame trösteten und ermutigten, nicht aufzugeben. Rückblickend frage ich mich, was aus der Ärmsten geworden ist - sie ist nirgendwo mehr aufzufinden, auch bei ihrer Alma Mater nicht.   

    März 
    Im März standen ein paar Verhandlungen mit den Fachbereichsleiter an, weil im Seminar nichts rübergebracht worden war, worüber man eine Klausur hätte füllen können. Die Verhandlungen zogen ein paar "Klassensprecher" der Gruppe durch, deren Mut in der Hinsicht echt bewundernswert war. Sie setzten nicht durch, dass wir nochmal klarer gebrieft wurden, sondern auch, dass die Kosten des Seminars für jeden rückerstattet wurden. Weiterhin stand im März an, sich einen Partner aus der Gruppe zu suchen, mit dem man eine PowerPoint Präsentation in der zweiten Präsenzwoche vorbereiten sollte. Diese fand dann Ende März statt. Zunächst war etwas misstrauische Stimmung, zumal das erste Seminar noch nachhallte. Im zweiten Seminar gab es zwei neue Dozenten und es wurde phänomenal gut. 

    April
    Ein Klausurmonat für mich - ich war froh, dass ich sie abhaken konnte. Damals gab es noch die Schnellstrecke zwischen Münster und Dortmund, die nun leider (für den Rest meines Studiums) gesperrt sein wird. Ein ziemlicher Luxus, dessen ich mir damals gar nicht bewusst war, so eine Direktverbindung! 

    Mai
    Im Mai wurden von der PFH weitere Goodies für das verkorkste Seminar 1 angekündigt (ein Webinar zu KiJu Psychologie, welches ich mir gerne angeschaut habe). Insgesamt schien man da echt bemüht, die Wogen zu glätten. Und: Es gab Klausurergebnisse zurück. Ich war zufrieden, merkte aber auch allmählich deutlich, dass sich so langsam Ermüdungserscheinungen einstellten - während das Thema zu Hause sitzen, Theorien pauken und Klausuren schreiben mir immer weniger zusagte, freute ich mich hingegen sehr auf die praktischen Teile des Studiums (Leute treffen, Seminare vorbereiten, Studieninhalte vor Ort besprechen usw.)

    Juni
    Es war bereits sehr heiß (oh, wie vermisse ich das gerade!), doch ich hatte eine ziemlich fiese Erkältung - die einzige in diesem Jahr - und fuhr zur Klausur, bloß um sie abzuhaken. Bedenken hatte ich trotz Infekt nicht, weil ich gut vorbereitet war. Aber: Komplette Blackouts während des Schreibens irritierten und beängstigten mich gleichzeitig. Ich fragte mich, ob das etwas mit der im Mai festgestellten Studienmüdigkeit zu tun haben könnte. Also beschloss ich, den Rest des Studiums schnell durchzuziehen. 

    Juli
    Die dritte Präsenzwoche stand an, darüber eine Facharbeit, die in Partnerarbeit geschrieben wurde. Die Woche war wie immer sehr gut, tolle Dozenten und klasse Themen im Bereich psychotherapeutische Interventionen, alle aus erster Hand von echten (Psycho)therapeuten. Es kamen sehr neue Verfahren dran, auch interkulturelle Psychotherapie mit Sprachbarrieren oder z.B. tiergestützte Therapie mit Hund. Ich genoss diese Zeit sehr. Zurück daheim ließen meine Prüfungsnoten erstmals deutlich nach gegenüber früher. Das Ergebnis der Facharbeit wurde aber eine phänomenale 1,00. Ich bin so stolz drauf, dass ich sie mir nochmal privat habe binden lassen und ab und zu durchblättere oder interessierten Freunden/Familienmitgliedern gebe. Ich befasste mich erstmals mit möglichen Themen für die Masterarbeit, was mich erleichterte, weil damit die Zeichen auf Schluss standen. 

    August
    Da wir gegen jede Annahme via Losverfahren einen Kitaplatz für den Mini bekommen haben (auch noch in der, die er bei den Besichtigungen so unendlich gerne hatten), konnte ich mich erstmals mit Praktikaplatzsuche befassen. Leider an den Verhältnissen in der klinischen Psychologie gemessen, recht spät, denn 6 Monate Vorlaufszeit kann dies benötigen. Design für den Lebenslauf, Bewerbungsbilder machen lassen...sowas ist ehrlich gesagt gar nicht mein Ding, aber es war dann doch weniger schlimm, als gedacht. Dazu bald ein eigener Blog-Beitrag. Wir hatten eine Affenhitze, die mir sehr zu schaffen machte und ich versank bald wieder im Motivationstief, da ich noch für einige Klausuren zu lernen hatte, was mich annervte . Gefühlt blieb nichts hängen. Das äußerte sich somatisch in Verspannungen der übelsten Art, die eine tolle Thaimasseurin wieder komplett eliminierte. Viele wollen Reisen, Häuser und Shoppingtouren, gewönnen sie im Lotto. Ich würde garantiert jede Woche zur Thaimassage gehen! Schade, dass mir das finanziell kaum möglich ist. 
    Danach hakte ich noch einen Angstgegner ab, die Testtheorie-Klausur, die ich nicht hätte fürchten müssen. Auch mit dem Ergebnis war ich sehr zufrieden. 

    September
    ...hat alles neu gemacht. Da mein Kleiner so begeistert von seiner Kita war, dass er gar keine ausgedehnte Eingewöhnungsphase brauchte, hatte ich nun den ganzen Tag bis 15 Uhr zur Verfügung. Ich schrieb ein paar Artikel für meinen Zeitungsjob auf Halde und sortierte mich neu: Ich wurde Student. Den ganzen Tag zum Lernen zur Verfügung zu haben, war etwas komplett Neues. Zu Hause nutzte mir das nichts - schnell ist es passiert, dass ich irgendwo zwischen Kaffee Nr.5 und YouTube hängen bleibe. Also ging ich wie jeder brave Student in die Uni vor Ort. Ich bekam eine Mensakarte und Internetzugang (was ich lieber habe bleiben lassen) und so eine Art Pseudo-Matrikelnummer sowie die Berechtigung zum Kopieren und Bücher ausleihen. Ich konnte so viel lernen wie noch nie und selten blieb etwas so gut bei mir hängen.
    An meinen Klausurnoten änderte das nichts - sie hatten sich mittlerweile im Mittelfeld eingependelt und blieben dort auch hängen . Früher hätte mich das enttäuscht. Heute bin ich auch dafür dankbar, denn "schlecht" definiere ich heute ganz anders. Mir gelang etwas Bemerkenswertes und sehr Nützliches: Sich von Perfektionismus freizumachen. 

    Oktober  
    Der letzte Präsenzblock stand an. Er wurde durch einen überraschenden Bombenfund, welcher relativ zentral war, in zwei Teile gesplittet: Vor der Entschärfung bei der PFH, während der Evakuierungsmaßnahmen an der Uniklinik, die wohl außerhalb des Evakuierungsgebietes stand. Da aber praktisch die ganze Stadt gesperrt wurde, mussten viele Kommilitonen ihre Hotels verlassen. Fernzüge für pendelnde Studis wie mich kamen gar nicht mal in die Nähe. Da haben wir alles mögliche versucht, sogar einen "Bombengruppe" haben wir in WhatsApp gegründet, um uns als abzustimmen, wie wir eventuell von allen Seiten an diesem Tag reinkommen könnten. Doch die Zustände erinnerten eher an Independence Day, als alle aus der Stadt flüchten (nun ja, so dramatisch war es nicht, aber ich stelle mir das logistisch ähnlich herausfordernd vor  ). Die Bahn lachte nur müde auf Nachfragen, ob man eventuell mit Schienenersatzverkehr eine Chance hatte. Andere Kommilitonen boten uns sogar an, uns mit dem Auto abzuholen von Bahnhöfen in der Pampa, die noch angefahren wurden. Letztlich aber doch zu viel Chaos. Zum Glück war es gar keine Bombe und somit ist auch nichts passiert. Ich fand es echt schade, dass die Seminare nun zu Ende waren, es war ein Abenteuer in einem Studentenleben, in dem man sonst eher an die eigenen vier Wände gebunden war. 

    November
    Hier verschickte ich erste Bewerbungen für KJP/PP-Ausbildungsinstitute und bekam so positives Feedback zurück. Es bereitete mir große Freude, mich mit dem Leben NACH dem Studium zu befassen. Ich recherchierte, fasste Bewerbungen zusammen und besuchte doch nochmal Göttingen zusammen mit einer Freundin aus dem Seminar, um dort an einem freiwilligen TAges-Seminar in multivariaten Verfahren teilzunehmen.  

    Dezember
    Die ganze Beschäftigung mit der Zukunft führte aber dazu, dass ich beinahe in der Gegenwart absoff: So setzte ich eine wichtige Klausur in den Sand und war mir sehr sicher, sie nochmal schreiben zu müssen.  Allerdings war das zum Glück nicht der Fall und die Note war so gut, dass ich immer noch hoffe, nicht verwechselt worden zu sein. Eine Verwechslung gab es vielleicht in einer ganz anderen Klausur, die ich zurückbekam: Sozialpsychologie. Das war die einzige Klausur in diesem Jahr, die wie am Schnürchen lief, aber die Note so schlecht, dass ich es kaum glauben kann. Sicherheitshalber habe ich Klausureinsicht beantragt und kann diese nun Mitte Januar durchziehen. Bin sehr gespannt, ob ich mich einem Fehler der Korrektur gegenübersitzen sehe oder der eigenen völligen Unfähigkeit, was ich mir aber in dem Fall ausnahmsweise nicht vorstellen kann. 
     
      ✭2020...?✭
    Im kommenden Studienjahr steht so viel auf dem Plan, wie noch nie: Praktikum (3 Monate), Masterarbeit, Kolloqium (aah), Ende des Studiums (September), hoffentlich ein Ausbildungsplatz (KJP) und vielleicht (HOFFENTLICH!!) dessen Start, was aber möglicherweise erst im Jahr 2021 der Fall sein könnte, da mein Master gegen Ende des Jahres ausläuft...ob das so hinhaut kann ich nicht absehen, ich plane lieber mittelfristig. Schon ein paar Haken, die man dransetzen könnten, wären wohl super. 
    Mein größter Wunsch ist, dass privat alles so bleibt, wie es ist: Denn nur die stabile Basis und die Gesundheit geben einem den Rückhalt, den man benötigt. 🙂
    Wünsche euch allen einen guten Rutsch, Spaß, Neugierde, neue Möglichkeiten und genügend Raum für alles im neuen Studienjahr!

    LG

    Feature Foto: cottonbro | pexels.com 
  13. Vica

    Erstkontakt
    *
    Der Herr im Anzug ist auf Station eine imposante Erscheinung. Nadelstreifen und Budapester da, wo Patienten sich üblicherweise notdürftig Bekleidung beim Sozialarbeiter ausborgen müssen. Herr X. weiß das. In der kurzen Zeit, die er hier ist, hat er schon alle genau gescannt. Nur der Chefarzt, der hat ihn trotz seines guten Aussehens noch nicht angesprochen. Das wäre ja der Normalfall gewesen. Vielleicht ein Versehen: Man könnt ihn mit einem Bewerber auf eine Oberarztstelle verwechselt haben. Dabei ist Herr X. eigentlich Anwalt. Also: Nicht wirklich. Er hat keinen Abschluss, kein Stück Papier, welches das bestätigen würde. Aber er kennt sich aus. Garantiert mehr als die meisten Anwälte. Er hat schon einige verklagt. Oder naja, vielleicht auch nur angezeigt. Aber hey: Zurecht. Er mag von Haus aus Handwerker sein. Das aber eigentlich nur, weil man ihn dazu gezwungen hat, da man seine Intelligenz nie erkannt hat. Juristisch begabt. Also auch Anwalt. Im Herzen. Das zählt genauso.

    Von der Pflege hält Herr X. bisher nicht so viel. Die sind für ihn wie die 7 Zwerge, während er lieber mit Schneewittchen sprechen will: Dem Chefarzt Wo ist der denn bloß? Zehn Mails hat er ihm gestern vom Handy aus geschrieben.  Und noch öfter hat er seine Nummer gewählt, die auf der Homepage steht. Aber Pech, da landet man ja nur beim Pförtner. Der Stümper will ihn nicht verbinden. Dabei können nur Höchstkompetente ihm helfen, hier wieder rauszukommen. Dass er hier ist, liegt an einer Verschwörung der Polizei gegen ihn. Der Chefarzt wird dies verstehen.

    Er hofft nur, dass er dem Chefarzt gewachsen ist. Was, wenn sich mal nicht so gut ausdrücken kann? Er ihn vielleicht am Ende nicht versteht? Eine Reihe von Befürchtungen bricht über ihn herein und er muss seinen Kragen lockern. Herzrasen und schon wieder diese verdammten Schwitzanfälle. Angst. Durchfall-Gefühl.  Flüchtige Gedanken an Wodka und Diazepam – der offizielle Grund, warum er hier ist. Außer Reichweite leider.

    Herr X. muss also doch zunächst von der ersten in die zweite Klasse umsteigen: Mal sehen, was Stationsätzte und Psychologin so machen. Die kommen ran an den Chefarzt. Doch: Was steht da aber an der Tür des Stationsarztes?

    Sprechstunde erst heute Nachmittag!

    Gut, aber für besondere Fälle wie ihn werden die eine Ausnahme machen. Die sind doch eh da.
    „Du! Mädchen!“ sagt er zu der 46jährigen Dame, als spreche er mit einem Äffchen, für das er eine Banane dabeihat. ,,Komm, schließ mir mal auf! Ich weiß, dass er Arzt da ist und ich muss da rein. Und du siehst aus wie jemand, der Ahnung hat. Weißt dich ja auch zu kleiden!“ Doch er hat sich in die Nesseln gesetzt. Statt sich geschmeichelt zu fühlen, faucht sie ihn an: ,,Herr X., wie oft soll ich es Ihnen noch sagen? Auf Station herrscht Maskenpflicht. Und die Sprechzeiten stehen dran! Sie zählen für alle!“
    Soviel zu dieser Idee. Blöde Ziege. Nachher mal beim Staatsanwalt anrufen und aufs Band sprechen, dass der mal seinen Hintern hierher bewegt.

    Kurze Zeit später steht er in der Tür der Psychologin und streckt ihr die Hand entgegen. Er sagt widerwillig: ,,Guten Tag! Ich bräuchte mal jemand Kompetentes, der mir weiterhilft.“ Widerwillig, weil er sie natürlich nicht für kompetenter hält als sich selbst. Aber er muss das ja sagen, anders hören diese Spinner hier ja nicht richtig zu. Dazu muss man schleimen. Ihn würgts, dass er das tun muss. Aber so läuft es im Leben – nur die Besten wissen, wie man es spielt. Denkt er.

    Verlassen kann man sich auf Leue nicht. Vertrauen kann man niemanden. Schwächen dürfen auch nicht sein, die machen einen SO angreifbar. Das hat er früh gelernt, in seiner Kindheit. Etwa als sein Vater ihm mit der Zange die Zähne rausdrehte, wenn er mit schlechten Noten nach Hause kam. Oder ein Brief von der Lehrerin kam, dass er heute schon wieder eingenässt hätte. Sei’s drum. Er ist es gewohnt, unterschätzt zu werden. Das hat nur abgehärtet.

    Herr X. betrachtet die Psychologin wie ein schlecht gebratenes Steak. In welchem Film ist er denn jetzt hier? Der sind gerade die Blätter aus der Akte gefallen. Der Stift, den sie hat, schreibt nicht, sie muss einen anderen holen. Ohje, denkt er. Ich seh schon, da muss ich aber mal für Ordnung sorgen.
    „Das ist ja ein ganz schönes Chaos hier, Fräulein!“ meint er und deutet auf den Aktenstapel auf dem Schreibtisch.

    Die Psychologin merkt tatsächlich Schamgefühl aufkommen: Für den Vorwurf, unordentlich zu sein. Den hat sie in ihrer Kindheit oft gehört. Da hängt viel Beschämung dran an solchen Erinnerungen, auch Gefühle von Kontrollverlust. Die werden noch krasser angezapft, als der Patient mit hochgezogenen Brauen loslegt: ,,Wir können das hier abkürzen, wenn Sie mir einfach den Chefarzt ranzitieren und ihm sagen, dass ich gehen kann. Denn mal ehrlich: Was soll das hier? Mal ehrlich: Würden SIE für sowas hier Krankenkassenbeiträge zahlen?“

    Da ist der Imposter in ihr angezapft, wie ihn Fernstudis oft haben. Sie spürt den Druck, Herr der Situation zu werden – weiß aber auch: Darum geht’s hier nicht wirklich. Der Chefarzt hat schon in die Akte geschrieben: F60.8. Keine klare Diagnose, ein Sammelbegriff für vieles. Aber jeder Kliniker weiß es, was gemeint ist: Narzissmus.

    Ja, der Chefarzt hat keine Lust auf ihn – sie weiß es aus der Nachtdienstübergabe. Und auch die Pflege will ihn nicht, und auch nicht die Patienten. Alle beschweren sich über sein manipulatives Verhalten. Dass er seinen Urin am Mitpatienten verkauft, abgepackt in die Duschgelflasche, damit sie ihn am nächsten Morgen für die Urinkontrolle nutzen können. Dass er sich Dinge nimmt, als gehörten sie ihm, ins Pflegezimmer marschiert und fordert ohne Ende.

    Aber: Sie kann nicht anders, sie muss ihn damit konfrontieren, dass er mit Rechtsbeschluss hier ist. Und nur der Richter das aufheben kann. Da gibt’s kein Halten mehr: „ Das ist ja das Dümmste, Unattraktivste, Inkompetente, was ich je gehört habe! Ein Drecksladen ist das hier hoch!“ brüllt er, steht auf und geht aufgebracht im Kreis hin- und her. Es folgt ein Schwall an Gemeinheiten und Wut. Nicht auf sie, auf alles. Er lässt sie nicht ausreden, unterbricht sie, kränkt bewusst.

    Er ahnt es, auch wenn er es verdrängt: Er ist ein schwieriger Typ. Man KANN ihn nicht aushalten, das ist ihm bewusst. Im Ansatz. Aber keiner darf das sehen. Oder erahnen.
    „Sagen Sie mal“, meint sie, „Sie sind doch ziemlich hochgewachsen, wie groß sind Sie eigentlich?“
    „Naja, so ungefähr 1,87. Eigentlich Standard…“ antwortet Herr X. verwirrt.
    „Aus meiner Sicht ist alles über 1,75m riesig“, sagt sie. „Seit Wochen bekomme ich das obere Kippfenster nicht zu. Darf ich Sie darum bitten, es einmal zu schließen?“
    „Aber sicher!“ antwortet Herr X. altväterlich und schließt es. Danach kehrt er zum Platz zurück.
    „Sehen Sie, ich verstehe, was Sie mit Drecksladen meinen. Selbst bei mir ist das manchmal so, dass ich so denke. Denn ich finde hier keinen, der mir mal kurz hilft, das Fenster zu schließen. Ich höre immer nur: Sorry, keine Zeit! Wissen Sie, was da in mir aufkommt? So ein Gefühl von Hilflosigkeit. Und wenn Sie sagen, dass sie schon so lange versuchen, den Chefarzt zu sprechen, weil sie ein Anliegen haben, aber alle Türen immer wieder zu sind, ist das im Grunde doch dasselbe. Aber ich arrangiere mich damit, ich ziehe mich etwas dicker an. Und wenn ich lese, dass Sie seit vielen Jahren obdachlos sind, aber aussehen wie ein CEO, denke ich, Sie müssten auch ein dickes Fell haben, richtig?“
     
    Die nächsten Tage kommt Herr X. häufiger zur Psychologin. Er fühlt sich beschwingt wie lange nicht.
    Die nächsten Tage nimmt die Psychologin Extra-Termine mit der Supervisorin wahr. Sie fühlt sich ausgebrannt wie lange nicht. Keine Ahnung, warum. Sie schläft schlechter, hat Kopfweh, fühlt sich irgendwie inkompetenter als sonst. Die Supervisorin nimmt sich die Zeit. Aus der Tasse Kaffee bei ihr wird ein Liter Kaffee und  Kuchen bringt sie auch mit. So sind sie, die Grünschnäbel. Immer diese Rettungsphantasien und den Anspruch, Patienten von allem heilen zu wollen. Es sind sehr intensive Gespräche.
    Aber sie werden der Psychologin viel bringen, die sich später sehr intensiv mit dem Thema Narzissmus auseinandersetzt.

    Wenige Tage später hat Herr X. erreicht, was er wollte: Er hat sein Chefarzt-Gespräch bekommen. Und ist wieder auf freiem Fuß. Nur 5 Minuten hat das gedauert. Gut, es lief anders, als geplant. Am Ende sprach er eine Morddrohung gegen den Chefarzt aus und bekam Hausverbot. Kann ich doch nichts für, dass der mich so weit bringt.
    Und Herr X.? Hat doch gleich gewusst, dass das nichts taugt. Sauladen.
    Ein bis zwei wertschätzende Erinnerungen gab es aber doch. Der Pfleger, der ihm Haargel lieh. Vielleicht auch die Gespräche mit der Psychologin. Die Putzfrau, die war wenigstens noch so menschlich. Dennoch: Sauladen. Hat er doch gesagt.

    ______________

    * Dies ist eine kleine Serie über meine Ersterfahrung mit gewissen Störungsbildern aus meiner Klinikzeit, über die ich damals nicht so gerne sprechen wollte. Es sind Störungsbilder und Situationen, die viele beim Wunsch, Psycholog:in bzw. Therapeut:in zu werden, nicht so auf dem Schirm haben. Wenn du Psycholog:in werden willst, denk dran, dass du auch mal damit konfrontiert wirst und mit Patient:innen, die man nicht immer ,,heilen“ kann. Heilung ist auch nicht immer das Ziel.  In regelmäßigen Abständen stelle ich euch meine Ersterfahrung mit Störungsbildern vor. Dabei beziehe ich auch mit ein, wie mir das (Fern)studium half. Die Patienten sind dabei oft ein Konglomerat aus verschiedenen Patienten.

    Bleibt gesund und haltet zusammen 😊.

    LG

    FEature Foto: Andrea Piacuquadio/pexels.de
  14. Vica
    Irgendwie hatte ich ein Gefühl, dass es diese Woche noch gute Nachrichten geben könnte, und: Es ist tatsächlich wahr geworden! Heute lag die begehrte Zusage für den PFH-Master im Briefkasten  Ich war bei dieser Bewerbung zwar viel optimistischer als anderswo - insbesondere, nachdem es bei jemand anderem auch geklappt hatte. Aber so richtig hüpft einem das Herz vor Freude natürlich dann, wenn alles unter Dach und Fach ist  Die Unterlagen lagen im Treppenhaus, als wir von einem 3-Stunden-Spaziergang zurückkamen und das ist war wirklich die Krönung dieses schönen Tages (zumal es bei uns gerade privat noch andere gute Neuigkeiten gibt). 

    Wie geht's nun weiter?
    Zunächst mal muss ich so schnell wie möglich aus Hagen raus, denn ich habe bis zum 3.September Zeit, des Master-Platz anzunehmen  Nach deutschem Hochschulrecht kann man nicht zweimal in denselben Studiengang eingeschrieben sein. Darum nehme ich direkt meinen Hut und sage: Tschüß, Hagen. 
    Der Master mit klinischem Schwerpunkt wird ab Oktober starten. Ich bin in der 6-Semester-Variante gestartet und muss dafür ca. 298€ monatlich locker machen. Als besonderes Gimmick kann ich allerdings 3 Monate umsonst studieren, weil ich mich in Elternzeit befinde  Dazu muss man mindestens 3 Monate studiert haben, also bin ich von Januar bis März kurz beitragsfrei. Ein tolles Angebot  

    Sehr toll, damit bin ich nach vielen Irr- und Umwegen und Plan-B-Tüftelei doch noch am Ziel angekommen  Nun muss ich mich nur noch auf den 1.Oktober freuen und bis dahin die Zeit genießen . 

    Gibt's eigentlich alkoholfreien Wein und schmeckt sowas? Suche eine stillfreundliche Anstoß-Alternative.  
  15. Vica
    Da war sie nun, die gefürchtete Endboss-Klausur, korrigiert und bereit zur Noteneinsicht im Online-Notenbereich. Irgendwie hatte ich heute sogar einen Riecher in die Richtung und checkte ständig mein Postfach. Irgendwann ploppte die Benachrichtigungsmail dann tatsächlich auf.  
    Angenehm kurz war die Bearbeitungsdauer. Für mich ein ziemlicher Augen-zu-und-durch-Moment, denn ich habe mich diese Klausur auf jeden Fall wiederholen sehen. Wer den Blogeintrag noch vor Augen hat, weiß vielleicht noch, wie blöde sie für mich verlief. In kurz: Die MC-Fragen hatten es echt in sich. Die Freitext-Fragen hingegen bezogen sich auf Störungsbilder, die ich ausgerechnet gar nicht gut drauf hatte. Und dann spalteten die sich in immer mehr Teilaufgaben, womit das Leiden sich auch noch verlängerte. 
    Da kann man nichts weiter tun, als sich um Kopf und Kragen zu schreiben. 

    Keine Ahnung, woran es nun lag, aber ich habe die Klausur mit einer echt guten Note bestanden!  Mein Notenspiegel wird nun sogar wieder leicht angehoben. Der helle Wahnsinn. Brauchte echt kurze Zeit, da zu registrieren. 

    Offen gesagt ist das immer noch nicht ganz bei mir angekommen  So viel Glück das auch gewesen sein mag, war es auch ein ziemlicher Knall vor den Bug, auch mehr auf Kleinigkeiten beim Lernen zu achten und sich nicht nur auf die "großen" Themen zu versteifen. 

    So, nun können die Festtage kommen. Glaube ich. Seltsam, aus dem Anspannungsmodus raus zu sein. Als hätte man sich in einer Grillzange befunden, die einen nun einfach fallen lässt. Puuuh.

    Euch allen schöne Weihnachten 

    Feature Foto: athree23| pixabay.com
     
  16. Vica
    Mensch, das war ja eine richtige kleine Heimat-Bildungsreise, als wir am Wochenende alle zusammen in die Pampa getuckert sind, um den Paketshop im Nachbardorf aufzusuchen. Die Leute mal rauszukriegen aus den großen Städten und wieder für die Wirtschaft im Umland zu begeistern, scheint der Sinn zu sein, warum Paketdienste Kooperationen mit Shops eingehen, die so weit weg liegen. In die Gegend verschlägt es uns sonst nämlich nie, und tja, so hat man mal was Anderes gesehen. Das Dorf bestand aus einer Hauptstraße, mit links und rechts einer Häuserreihe und immerhin einer Bushaltestelle (stündliche Abfahrzeiten).  Der Kiosk, indem sich mein Paket befand, war so groß wie ein durchschnittliches Badezimmer, offenbar sowas wie das Einkaufszentrum des Dörfchens, aber schon zur Hälfte bis unter die Decke vollgestopft mit Paketen. Die Bedienung außergewöhnlich freundlich, das gäb's hier in der Stadt tatsächlich weniger. 
    Ich war aber schon recht enttäuscht, als die Dame zu einer Nische mit Stapeln ging, wo nur sehr kleine Pakete lagen. Und so konnte ich mein Paket, ca. Größe S, entgegennehmen. 
    Der Inhalt: Eine kostenlose Zeitschrift, die ich vierteljährlich bekomme, mit sozialen Themen, etwa vergleichbar mit den Infozeitschriften, die man von der Versicherung erhält. In 5 Minuten gelesen und genau so schnell wieder vergessen. Diesmal allerdings mit "Extra", einem pummeligen Sonderbüchlein zum Thema "Altersvorsorge", offenbar dadurch zu dick geworden für den Maxibrief, in dem die Zeitschrift sonst immer kommt. 
    Meine Enttäuschung war nicht in Worte zu fassen. Meine bessere Hälfte musste mich richtig trösten. Ich hatte so gehofft, am Wochenende frische Lehrbriefe-Luft zu schnuppern - die Hefte durchzublättern, Überblick verschaffen, einen Plan aufzustellen (den man später meistens wieder anpassen muss, weil er an der Realität scheitert). Alle anderen hatten die Lehrbriefe bereits. Bei sowas bin ich furchtbar ungeduldig, mir wächst regelrecht ein Bart beim Warten auf Studienunterlagen. 
    Der Studienservice hatte es allerdings ausdrücklich gesagt: Ankommen kann alles auch noch am 1.10.! 

    Am Sonntag dann die nächste Schlappe. Ausgerechnet am Wahltag hatten wir einen Totalausfall, der uns informationstechnisch in die Steinzeit zurückkatapultiert hat: Kein Internet, kein Telefon, kein TV, kein erreichbarer Service. Wow, das war wie in den 80ern! 
    Aber mit neuem Modem ist auch das nun behoben. 
     
    Und dann, wenn man schon beschließt, gar nicht mehr zu warten, dann passiert es. Heute Morgen kam mir mein DHL breit grinsend entgegen. Er weiß schon, dass ich auf heißen Kohlen sitze. Er hatte ein DIN A4-breites Paket dabei, bei dem ich mir aus der Ferne nicht sicher war, ob das passen könnte oder nicht. Aber siehe da:

     
    Das hat sich angefühlt, als wäre Santa Claus durch den Kamin gehüpft  Mit anderen Worten: Ich bin erstmal beschäftigt und werde bald berichten, was da so alles drin ist!  
     
    LG
  17. Vica

    KJP - Zusatzausbildung
    Mein neues Büro ist lila, pink und apfelgrün. Statt dicker Wälzer wie ICD-10, AMDP-Befunds-Hilfen und anderer Nachschlagwerke, tummeln sich im Regal jetzt "Maxi und die Gefühlshelfer" oder "Ein Dino zeigt Gefühle". Keine schweren und klobigen Testbatterien auf Persönlichkeitsstörungen, die so umfangreich sind, dass sie in Koffern herumstehen - stattdessen stehen in meinem Schrank jetzt: Mensch-ärger-dich-nicht, Dobble, Halli Galli, Lotti Karotti oder natürlich UNO.  Und anstelle 70er-Jahre-Möbelhausromantik (Bild mit Sonnenuntergang etc.) ist die Wand jetzt gesäumt von echten Kinderkunstwerken. Alles, was kleine Patientin in einer Stunde so hinterlassen. Einige davon sind sogar schon für mich. 
    Das einzige, was mich hier an mein altes Büro in der Psychiatrie erinnert, ist ein PC aus der Steinzeit und Praxis-Software aus dem Urkambrium. Eine ganz nette Zeitreise - sowas hätte ich eher ins Museum verortet, aber nie gedacht, dass man sowas überhaupt noch zum Laufen kriegt. 😁

    Ein Tag in der KJP startet im Nachmittag. Ganz klar, denn Kinder haben vormittags Schule oder Kindergarten. Ich habe noch keine Patienten 2x gesehen. Es sind so unglaublich viele, dass der Ablauf im Grunde mit einer Arztpraxis zu vergleichen ist - dadurch sind aktuell nur wenige Termine im Quartal für jeden möglich, aber sie helfen wohl, denn alle kommen wieder: Manche Patienten kamen in der Grundschulzeit und machen nun bald Abi. Und es ist mehr als nichts! 

    Meine Software zeigt mir immerhin an, wer im Wartezimmer sitzt, so dass ich mich erst dann da hinbewege, wenn der/diejenige eingetroffen ist. Die Zeit davor verbringe ich damit, in gefühlter 1,25x Geschwindigkeit die Krankenakte zu überfliegen. Was haben die Ärzte gesagt, was haben Diagnostiker herausgefunden? Oft bleibt keine Zeit, alles zu lesen - aber das muss auch nicht. Das Alter meiner neuen Patienten reicht aktuell von 0 bis 18.

    Der Tag startet zum Beispiel mit einem Achtjährigen, der ADHS-Symptomatik hat. Seine Mutter kommt mit rein, wie in 80% der Fälle. Meine Vorgängerin ist noch nicht lange weg, viele wollen einfach wissen, mit wem sie es zu tun haben. Ich möchte gerne auch von dem Jungen selbst hören, wie es ihm geht und welche Wünsche er hat. Die Mutter verbessert viel von dem, was er sagt. Auch mich lässt sie oft nicht aussprechen. Ich habe den Eindruck, er kann das nicht so frei sagen, wenn Mama dabei ist. Die Mutter konkretisiert ihre Wünsche zu dem, was fast alle Eltern hier sagen: Sie will exakt wissen, was sie tun muss. Auffallend ist, wie offen und toll konzentriert er mit mir Das verrückte Labyrinth spielt, nachdem die Mutter sich nach 20 Minuten ins Wartezimmer gesetzt hat. 

    Der nächste kleine Patient wird ebenfalls von der Mutter begleitet. Er hat eine Lese-Rechtschreib-Schwäche und hat zusätzlich Ergotherapie. Für die Verordnung bedarf es nun einmal im Quartal meine Beurteilung. Er habe wieder abgebaut und schreibe schlechter. Ich lasse ihn ein paar Sätze schreiben und kann nicht viel Pathologisches finden. Auch die Zeugnisnote ist toll, das Schriftbild findet sich nicht in der Kritik wieder. Schnell stellt sich heraus, dass die Mutter sich eher von der Lehrerin persönlich angegriffen fühlt. Und auch hier wurden die zuvor vereinbarten Schreibübungen nicht weitergeführt. Ich empfehle einen Schreiblernstift, wie ich ihn kenne, den ich google und natürlich weiter zu üben. Statt langweilige Wörter wie "Schule" oder "Haus", spricht nichts dagegen, eine Reihe "Darth Vader", "Lego" oder "Mario und Luigi" zu schreiben. Dafür kann man sich direkt begeistern. 

    Als nächstes kommt eine Dreijährige. Die kann man natürlich nicht befragen, sondern beobachten. Also gehen wir in eines der Spielzimmer. Da Autismus vermutet wurde, achte ich besonders auf die Interaktion, kann sie in andere Rollen schlüpfen, Objektpermanenz, Theory of Mind etc. Alles Paletti an der Stelle, aber um die Mutter mache ich mir Sorgen. Sie ist total am Anschlag, darum führen wir ein entlastendes Erwachsenen-Gespräch.  

    Die nächsten zwei Patienten sind Geschwister, die in die Stunde kommen. Sie haben richtig krasse Angst vor Gespenstern, Monstern, Vampiren, Hexen und alles weitere, was nachts unterm Bett lauern könnte. Das Verhalten ist relativ neu. Sowas passiert schnell, wenn gerade besondere Phasen sind: Trennung, Schulübertritt, Freunde ziehen weg, Todesfälle. Wir machen eine Malstunde. Die Aufgabe ist, die Monster, die so auftauchen, mal zu malen. Dann verpassen wir  denen eine Geschichte. Warum ist die Hexe eigentlich so hässlich und so gemein, dass sie nachts Kinder erschreckt? Hat die kein Zuhause? Die muss ja ganz schön einsam sein. Während wir den Spukgestalten so Biographien verleihen, entsteht eine Menge Spaß. Wir stellen fest, dass die Monster gar nicht so anders sind. Aber zur Sicherheit gestalten wir noch eine Helfer-Figur für jeden, damit die Monster demnächst lieber zu Hause bleiben. Als Hausaufgabe sollen sich die zwei noch die Monster-AG + Uni anschauen. 

    Dann kommt eine Jugendliche mit Verdacht auf Borderline. Stattdessen ist sie allerdings selektiv mutistisch und sagt kein Wort - außer über das Thema Anakin Skywalker, da wird sie lebendig und erzählt. Gut, dass ich da etwas mitreden kann. Im Hinterkopf laufen die Hypothesen heiß: Warum ausgerechnet diese Figur? Ich frage mich, ob die Themen vielleicht Unterschätzt werden, verborgene Talente, nicht gesehen werden oder anders als die anderen sein könnten. Aber oft ist es auch der Wunsch nach einem Beschützer oder selbst stärker zu sein als andere. Den Anakin können wir jedenfalls als Avatar verwenden: Wie fühlt der sich so? Ist er eher traurig und was für Struggles hat er so? Auch Musik können wir hier zum Einsatz bringen, wenn Kinder stumm sind. Bist du heute ein hohes F? Ein mittleres C? Oder ein tiefes A? Sie will nichts Negatives besprechen in der ersten Stunde. Also widmen wir uns schnell ihren Stärken, die wir auf einem Poster festhalten. Dazu schlüpfe ich schnell in Anakins Rolle. 

    Als nächstes steht eine Telefonsprechstunde auf dem Programm. Eine Lehrerin meldet sich bei mir, die meine Vorgängerin terminiert hatte. Leider kenne ich den Fall dazu noch nicht, aber ich führe das Gespräch, da es sich anders nicht einrichten lässt. Schnell wird klar: Das besteht echte Wut auf die Mutter. Das gesamte Kollegium sieht das so. Ratlos lese ich in den Akten mit und gebe zu bedenken, dass solche Fights auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden, oft auch unbewusst. Ich reime mir schnell was aus der systemischen Paartherapie zusammen: Welchen Kompromiss wäre man bereit, einzugehen? Schon für das Kind? Was wäre sie maximal bereit zu ertragen, was am wenigsten? Zähneknirchend lässt sie sich drauf ein, ist aber sichtlich nicht begeistert. 

    Zum Abschluss muss ich zum Konsil ins Krankenhaus fahren. Hier liegt eine Jugendliche, die suizidal geworden war. Wir machen ein entaktualisierendes Gespräch über das, was vorgefallen ist. Wiederum bastele ich mit ihr ein Stärken-Poster und einen Notfallplan, wenn mal wieder solche Gedanken kommen. Die Eltern sind leider nicht gekommen - es wäre wichtig gewesen, sie auch zu instruieren! 

    Zwischen den Patienten bleiben mir exakt 15 Minuten zum Dokumentieren + mich in den nächsten Patienten einlesen. Das mache ich dann mit 2,0x 😄 Den Rest sollen sie mir überhaupt lieber selbst erzählen. 

    So sehen sie aus, die neuen Nachmittage, und ich merke, dass ich gerade ganz schön viel dazulerne, was auch einer der Hauptgründe war, so einen Job zu machen. Die Arbeit mit Kindern ist deutlich abwechslungsreicher, erfordert viel Kreativität. Das Schöne an Kindern ist, dass sie noch nicht so verfestigte Verhaltensmuster haben. Ein richtiger Knackpunkt ist die Zusammenarbeit mit den Eltern. Denn Eigen- und Fremdurteil zwischen Kids und Eltern geht hier sehr stark auseinander. Was mir im Bezug auf Eltern auffällt, ist dass sie im Alltag häufig keinen mehr haben, den sie fragen können - die Großeltern kommen gerade im Bezug auf Medienkonsum nicht mehr mit, es gibt auch keine guten Freunde, Tanten, Verwandte, Ältere, die man mal fragen könnte in unterschiedlichsten Erziehungsfragen. Entsprechend hoch ist die Verunsicherung, aber auch die Pathologisierung. Und eine unfassbare Erschöpfung seitens der Eltern fällt mir auf, die oft Mehrfachrollen auskleiden. 
    Schnelles Switchen zwischen den Störungsbildern ist ebenfalls gefragt, man hat keine Zeit, zwischendurch mal eben lange nachzuschauen. Wie gut, dass mir da der Erwachsenen-PP sehr hilft. 

    Bleibt gesund und haltet zusammen,
    LG

    Feature Foto: 
    Juan Pablo-Serrano-Arenas/pexel.com 
     
  18. Vica
    Ja, und während wir alle mit gespitzten Bleistiften auf das Eintreffen der Fallakte für die Hausarbeit von MM2 warten, um uns die nächsten 3 Wochen ins Schreiben zu stürzen, sitze ich natürlich am Lernen - und Aufholen -für MM1. MM1 besteht im Wesentlichen aus Statistikkursen (2) und einem etwas mysteriösen Kurs über Evaluation in der Psychologie. Abschließen wird das Modul mit den üblichen Multiple Choice Klausuren. 
     
    Ich habe relativ spät (Mitte Januar) angefangen, mit Altklausuren und Probeklausuren zu lernen, was daran lag, dass ich es erst über Beziehung in die entsprechenden Lerngruppen geschafft habe, für die die Anfrage schon seit November lief. Das war zu dem Zeitpunkt, wo ich dachte, dass die Theorie einigermaßen sitzt (obwohl ein Kurs noch gar nicht abgeschlossen ist). Als ich aber zum ersten Mal eine Probeklausur gesehen habe, hätte ich mich am liebsten den ganzen Kram aus dem Fenster geworfen.
    Die Art und Weise, wie diese Klausurfragen gestellt sind, finde ich schon harter Tobak. Das muss auch der Grund sein, warum sich selbst die, die als Fachinformatiker tagtäglich mit Statistik zu tun haben, ziemlich die Zähne an den Fragen ausbeißen und immer und immer wieder darüber hitzig diskutiert wird. Gefühlt nützt da erstmal die beste theoretische Vorbereitung nichts. Now talking about Durchfallquoten...

    Vom Wesen her sehen die Fragen in etwa so aus:

    "Nachdem sich im Westen ein Hochdruckgebiet eingestellt hat, klart der Himmel auf und die Sonne scheint. Was passiert?" (Maximal 3 Antworten möglich)
    (a) In Folge des vermehrten Sonnenscheins lassen tendenziell mehr Menschen den Regenschirm zu Hause
    (b) Im Handel ist ein signifikanter Rückgang an Gummistiefel-Verkäufen zu verzeichnen, während parallel die Nachfrage an Sonnenschutzmitteln steigt 
    (c) Menschen mit hohem Hautkrebsrisiko suchen jetzt vermehrt schattige Stellen auf 
    (d) Das Hochdruckgebiet wird sehr bald wieder von einem Tiefdruckgebiet abgelöst, welches mit flüssigem und festem Niederschlag wie Graupel, Hagel und Schnee einhergeht. 
    (e) Donald Trump legt sein Amt nieder 

    Oft genug sitze ich davor und denke: ,,WTF?! Nichts davon?!" Oder auch: ,,Alles??" Und liege doch verkehrt mit dem, was ich auswähle - manchmal aber auch mysteröserweise richtig, ohne zu wissen, warum genau. 

    Bei einer solchen Willkür aus Auswahlmöglichkeiten sieht doch selbst ein Statistik-Professor alt aus. Der echte "Feind" ist also nicht das Fach selbst, sondern die eigenartige Struktur dieser Klausuren. 
    Ich habe nun aber festgestellt: Je mehr man davon abarbeitet, desto mehr steigt man hinter diese seltsame Konstruktion. Man gewöhnt sich also daran. So allmählich werden meine Kreuzchen auch "richtiger", wobei ich mir zum Teil immer noch nicht erklären kann: Wieso, weshalb, warum. Aber so geht es allen.

    Ursprünglich habe ich schon damit geliebäugelt, MM1 in's nächste Semester zu verschieben. Aber ich hasse Aufschieberitis wie die Pest, wenn sie nicht gute Gründe hat (Angst ist sicher keiner davon).  Ich liebe das Gefühl der Leichtigkeit, das sich einstellt, wenn man einen Angstgegner bezwungen hat. Und man getrost endlich wieder....nun ja, alles machen kann, was man während der Klausurenphase auch schon gemacht hat - nur diesmal ohne schlechtes Gewissen. Dazu gehört zum Beispiel, statt zu lernen, mal wieder deutsches Qualitätsfernsehen zu schauen, wie z.B. "Rosins Kantinen"  
    Zumindest ist der Gegner vorerst bezwungen, bis es dann ein paar Monate später heißt: Jeden Tag könnten die Ergebnisse kommen und man bei jedem Moodle- oder FB-Foreneintrag im entsprechenden Modul einen halben Herzinfarkt hat, weil man den Satz: ,,ERGEBNISSE ONLINE!!!" fürchtet wie nix. 

    Kenne ich noch aus OU-Zeiten. Ging aber immer irgendwie gut aus. 
    Also einfach weiter vom Besten ausgehen. Und Altklausuren machen.  
     
  19. Vica
    Meine Güte, was hat in den letzten Wochen die Gerüchteküche gebrodelt. Irgendjemand aus meiner Master-Lerngruppe hatte am Telefon erfahren, dass unsere liebe Hochschule bald eine Alternativlösung für alle anbieten wird, die wegen des ausbleibenden klinischen Schwerpunkts nun in der Bredouille sind, im Anschluss keine Approbationsausbildung zum PP/KJP machen zu können 🙂 (Ärgerlich, wo man sich doch extra dafür dort eingeschrieben hatte)
    In "1-2 Wochen" sei die Info spruchreif, erfuhren andere, die auch anriefen. Das wurde zwischendrin so spannend, dass ich auch mal den Hörer geschwungen habe. Leider hatte ich nicht so viel Glück, bei mir hieß es: ,,Tut uns leid, aber da hat sich nichts geändert. Es ist noch immer alles beim Alten. Wenn es irgendwann was Neues gibt, werden Sie das im internen Bereich zuerst sehen."
    So weit, so schlecht.

    Aber nur 1 Tag später gab es endlich die erhoffte Mail mit der Alternativlösung. 
    Demnach ist der klinische Schwerpunkt für alle aktuell eingeschriebenen schön möglich. 

    ABER. Dickes ABER.

    So sieht sie aus:

    - Man wird vom "Fernstudent" zum Campusstudent umgeschrieben (Im Campusstudium haben die nämlich klinische) - die Studiengebühren erhöhen sich auf 700€/Monat
    - Das passiert am Ende des Studiums, nachdem man den Schwerpunkt wählt
    - Das bedeutet, dass man vor Ort 4 Blockseminare machen muss. Die gehen je eine Woche und  sind in unterschiedlichen Monaten, nicht am Stück. Kosten je Block: 300€ (also x4)
    - Um den Schwerpunkt "Klinische" zu wählen, gelten folgende Bedingungen:
    Man braucht zuvor abgeleistete 15 ECTS an klinischen Modulen aus dem Bachelor Es muss eine wissenschaftliche Ergänzungsprüfung für einige Module aus dem Fernstudium geleistet werden, die so nicht 1:1 für das Campusstudium anerkannt werden können Man muss sich zunächst einem Auswahlverfahren stellen. Bestehend aus: Auswahlgespräch UND Aufnahmetest - Wer die 15 ECTS aus dem Bachelor nicht hat, muss sie zuvor nachholen. Dazu muss man zwei Module separat finden, von dem ich nur das eine finde, und allein dieses kostet schon 1000€. Denke nicht, dass das zweite billiger ist. Geschätzte Zusatzkosten so ca 2000€. 

    So sieht sie nun aus, die Übergangslösung 😉

    Selbst für den Fall, dass man zwischenzeitlich Millionär geworden ist und neben diesen ganzen Beträgen auch noch Unterkunft und Verpflegung in Göttingen bezahlen könnte, ist damit noch lange nicht gesagt, dass man auch den Aufnahmetest besteht. Und selbst wenn, so kann man noch am Auswahlgespräch scheitern  

    Wie soll man das finden?

    Hier schon mal der Soundtrack zum Blogeintrag 😂
  20. Vica
    Es betrifft mich als Master-Student zwar nicht, allerdings steht ja immer mal wieder zur Debatte, wie weit man mit einem Bachelor kommt, insbesondere wenn er von einer FH oder fh-artigen Institution ist. Für viele Unis ist dieser Bachelor ja immer noch ein großes Fragezeichen, erst recht der elitäre Schwerpunkt "Klinische" im Präsenz-Master an sämtlichen Universitäten. Es ist oft schon für Bachelor-Absolventen "normaler" Universitäten kniffelig, in diesen Bereich zu kommen. Mit fehlenden Fächern oder dem falschen Schnitt ist die Tür oft schon zu. Aus dem Fernstudien-Bereich hört man selten - nur oft vereinzelt - dass es jemand geschafft hätte, hier Fuß zu fassen.

    Umso toller, dass ich in einer Facebook-Gruppe gelesen habe, dass eine Kollegin  mit dem PFH-Bachelor (Schnitt 1,4) ohne Wenn und Aber in den klinischen Master in Jena angenommen wurde und auch bei einigen anderen Universitäten Einladungen zum Eignungstest oder Vorstellungsgespräch bekommen hat. Der klinische Master ist u.a. Voraussetzung für die PP-Approbationsausbilung. 
  21. Vica

    Lernen & Lehren
    @Markus Jung hatte mir noch freundlicherweise ein Exemplar zur Verfügung gestellt, welches dann recht schnell gelesen und rezensiert war. Allerdings hatte ich vergessen, die Rezension auch hochzuladen 🫢. Hier ist sie nun, nach einigen Feinschliffen und nun auch bebildert 😁 Enjoy!



    Es ist 2023, Leute! Als ich vor mehr als 15 Jahren erstmals mit dem Thema Fernstudium/Fernunterricht in Kontakt kam, wäre kaum jemand auf die Idee gekommen, Fernstudenten ein Buch zu widmen.
    Das Lernen im Fernstudium selbst bestand damals aus Fernlehrbriefen mit ,,Frontal-Fakten". Besonders in meiner Anfangszeit fehlte es mir an Struktur, Selbstmanagement und allem, was dazugehört: Eine vernünftige Zielsetzung, Umgang und Einsatz der eigenen Ressourcen. Gesundheits- und Stressmangement und und und. Wer sowas wollte, musste damals Lernratgeber kaufen, die sich an Präsenzstudenten und Präsenzschüler richteten. Sicher, das war ein erster Anlaufpunkt, aber diese betonten stets das Lernen und Zusammenarbeiten mit Mitschülern, Lehrern, Profs usw. Und Tipps gegen Panik vor Prüfungen an weit entlegenen Plätzen ohne jegliche Ortskenntnis oder Mitstreiter gab es gleich gar nicht. 
    Wie schön, dass @Markus Jung und Tim nun ein Buch auf den Markt gebracht haben, das sich ausschließlich der Lernherausforderung für Fernstudis widmet. 

    Eckdaten:
    Es handelt sich um die Erstauflage aus dem August 2022 aus dem Studienscheiss-Verlag (ich feier dieses Label, hehe). Autoren sind Tim Reichel und @Markus Jung. Es ist 172 Seiten stark und liegt mir als Softcover-Variante vor.

    Optik/Haptik:
    Das Titelbild ist ein Farbverlauf in verschiedenen Violett-Tönen, was es durch die knallige Farbe durchaus zu einem Hingucker im Regal macht. Zu sehen sind außerdem etwas schlichtere Cliparts von Studenten, jeweils mit Laptop und Tablet ausstattet, was die digitale Anbindung des Thema Fernstudiums gleich hervorhebt. Es ist zwar kompakt, aber insgesamt leicht und passt super in kleine Rucksäcke oder größere Handtaschen. 

    Preis:
    Für 19,99€ wandert die Softcover-Ausgabe in euren Besitz über. 

    Die Für-Jeden-Widmung am Anfang fand ich wirklich nett.

    Inhalt:
    Wie der Titel schon sagt, handelt es sich bei dem Buch um eine Art ,,Gebrauchsanweisung für das Fernstudium", wobei es  sich insbesondere verschiedenen Lerntechniken widmet, die sich für Fernstudenten hilfreich  erweisen, die ja insgesamt noch etwas mehr Selbstmanagement aufbringen müssen. Dazu beleuchten die Autoren insgesamt 28 Methoden, wovon jede auf 4 Seiten dargestellt wurde.  Ihr erhaltet dabei eine Schritt-für-Schritt-Erklärung und praktische Alltagsbeispiele. Ihr sollt das Buch aber nicht nur im Strandkorb lesen, sondern auch aktiv damit arbeiten, darum gibt es konkrete Aufgaben zum Ausprobieren. Die vorgestellten Techniken gliedern sich kapitelweise in Herausforderungsbereiche, die insbesondere (aber nicht) nur Fernstudis bekannt vorkommen: Das Warum z.B. beschäftigt sich mit motivationalen Strategien, der Plan mit sinnvoller Struktur, der Tag beherzigt Zeitmanagement. Im Fokus-Kapitel geht es dann um Taktiken zu sinnvoller Prioritätensetzung. Im Kapitel Produktivität begegnen wir Selbstorganisations-Techniken, die eben genau diese verbessern können, z.B. die Pomodoro-Taktik aber auch der Einsatz von Pausen ist hier ein Thema. Kapitel 6 widmet sich Themen rund um die Starthilfe, z.B. Deadlines oder Anti-Perfektionismus werden hier aufgegriffen. In Kapitel 7 geht es dann ausschließlich um das Thema Motivation. Kapitel 8 ist ein Trouble-Shooting-Guide für den Umgang mit Rückschlägen und allem, was einen in einen erfolgreichen Lern-Marathon in die Parade grätschen kann. 
    Am Ende finden wir Autorenprofile, Literaturhinweise und natürlich den Link für die Bonusinhalte wie Arbeitsblätter. 

    Für wen ist dieses Buch geeignet?
    Aufgrund der Fülle des Buches und dem starken Fokus auf der Struktur und Selbstmanagement sind meiner Meinung nach insbesondere Neulinge im Bereich Fernstudium angesprochen, ganz besonders, wenn diese von anderen Herausforderungen des Alltags stark beansprucht werden, z.B. sämtliche Menschen mit Mehrfachrollen, Mütter/Väter und Leute, die viel Struktur benötigen und diese weniger in Form von Lerngruppen, strengen Vorgaben etc. haben. Alte Hasen können das Buch für die Selbstoptimierung nutzen, z.B. um nochmal Noten zu verbessern oder Stress zu reduzieren. Grundsätzlich sind die vorgestellten Techniken natürlich nicht für das Fernstudium erfunden worden und können daher freilich auch von anderen Fortbildungsteilnehmern oder Präsenzstudenten genutzt werden. Ein Kapitel daraus konnte ich z.B. für die Therapie mit einer Patientin  mit starken Lernängsten nutzen, weil deren Ängste vor allem auf einem Mangel an Zeitmanagement und Anti-Panik-Methödchen wie Bulimielernen beruhten. Insofern können auch Leute, die im Coaching, Therapie oder Beratung Lernängste behandeln, das Buch nutzen und die Techniken an der Flipchart darstellen sowie den Patient:innen das Buch weiterempfehlen. (Das zählt auch für den KJP-Bereich, auch wenn man es dann vereinfacht z.B. bei Lernängsten nutzen kann).  


    Schreibstil:
    Der Schreibstil ist in simpler Sprache gehalten. Man wird nicht zugeballert mit Endlos-Theorie-Abhandlungen über Studien, was ich sehr praktisch finde. Denn Leute, die dieses Buch lesen, befinden sich vielleicht schon unter Zugzwang. So kann man direkt loslegen - eben wie in einer echten Anleitung.  Kurz und knapp und einige ,,Wenn...dann...."-Aussagen, womit es mich grundsätzlich an ein Coaching erinnert. Das stärkt das Gefühl des Lesers, an die Hand genommen zu werden. Besonders unsichere Kandidaten wissen das zu schätzen. 

    Kritik/Verbesserungen:
     Das Buch ist sehr stark kognitiv ausgerichtet. Was mir persönlich etwas fehlte, wäre noch eine Prise Humor, stellenweise fand ich den Stil etwas steif. Grundsätzlich ist dabei anzumerken, dass es dabei ja auch wie eine Anleitung funktioniert und auch so verfasst ist - müsste es aber gar nicht. Ein bisschen Lockerheit entschärft möglicherweise nochmal den doch sehr anstrengenden Lernprozess der Studis. Persönlich gefiel mir auch Kapitel 8 - Trouble Shooting am besten, weil dieses weniger Anleitungscharakter hat und für mich einfach am "nächsten dran" am Menschen ist.
     Da sehr viele Taktiken dargestellt werden, besteht die Möglichkeit, dass man sich schnell etwas verliert in den vielen Möglichkeit, und zusätzlich mit dem Lernpensum des Fernstudiums an sich könnte das zu einem gewissen Flooding führen. Die optische Aufmachung des Textes könnte noch ein wenig mehr herhalten, finde ich, es erinnert mich teilweise etwas an ein trotz der Infografiken eher an ein Word-Dokument - aber ich denke, so ist das Ganze auch einfach besser auf digitalen Geräten darzustellen. Der Einsatz von Farbe und Bildern oder klar abgegrenzter Bereiche wäre noch eine Überlegung wert (auch wenn in der Prinzausgabe damit der Preis steigen würde). Da es ein Arbeitsbuch ist, wäre Raum für Notizen in Form von "Das möchte ich mir merken" etc. nicht schlecht. 

    Bewertung: 
    Informationswert: 5/5 - Es wird kaum etwas ausgelassen, was helfen könnte.
    Verständlichkeit: 5/5 - Durch simple Sprache und kurze Sätze sowie den Verzicht auf zu viel Theorie 
    Lernzuwachs: 4/5 -  Leichter Abzug, weil die 28 Techniken eventuell zu erschlagend rüberkommen können. 
    Außengestaltung des Buches (Umschlag): 4/5 - Finde die Farbgestaltung catchy 
    Innengestaltung des Buches (Bilder, Überschriften): 2/5 - Da würde ich mir etwas mehr wünschen, ggf. auch Farbe
    Schreibstil: 4/5 - Ist okay gemessen daran, dass es ein Ratgeber ist - könnte an manchen Stellen etwas lockerer sein :-). 

    Frage am Rande: Habe ich etwas gelernt?
    Mit der Approbation ist es noch ein bisschen hin, aber ich werde das Buch auf jeden Fall in der Lernzeit einsetzen. Werde mir aber nur gezielt welche heraussuchen - bei mir ist z.B. Kapitel 3 - der "Tag" besonders angesagt.  Ich nutze es aktuell im Patientenkontakt und auch als Informationsquelle über die verschiedenen Selbstmanagement- und Lerntechniken. 

    Gesamtfazit:
    Ich gebe auf jeden Fall eine Kaufempfehlung und würde mir mehr Bücher über Fernstudis wünschen :-). Toll fände ich, wenn es neben diesem Ratgeber noch einen gebe, der sich mit anderen Herausforderungen von Fernstudis stellt. Z.B.:
    Wahl der richtigen Hochschule, Prüfungsangst, Anreisen zu fremden Prüfungsorten, Pendelstress, Bewerben als Fernstudi, Umgang mit Vorurteilen usw. 

    Bleibt gesund & haltet zusammen,
    LG
  22. Vica
    Ok, das erste Semester ist um. Hier liegen noch Berge vom Hausarbeits-Krempel herum, den ich unbedingt einmotten will, am besten ohne etwas davon zu lesen. So langsam realisiere ich: Es gibt tatsächlich mal wieder sowas wie Freizeit im Leben  Zumindest bis April, wo es wieder rund geht. So lange mal ein kleiner Rückblick über dieses doch sehr intensive Semester als Vollzeitler:
     
    Welche Fächer?
    MM1:
    - 2x Statistik (Multivariate Verfahren)
    - Evaluation 
    MM2:
    - Gutachtenerstellung
    - Testkontsruktion (im Grunde noch mehr Statistik) 

    Zeitraum:
    Oktober bis 6.März 

    Arbeitsaufwand:
    Die Fernuni veranschlagt zwischen 38 und 40 Stunden für VZler.

    Tatsächlich bewältigter Arbeitsaufwand: 
    Da ich erst ab 20:00 eine Kinderbetreuung habe und dann bis 22 Uhr gelernt habe, meistens nicht mehr als 2 Stunden am Tag, also 10 Stunden die Woche und am Wochenende nochmal 4 pro Tag = 8, macht etwa 18 Stunden die Woche. Das heißt, ich habe weniger Zeit hingebogen bekomme als ein TZler (20 Stunden)  Teilweise klappte es aber erstaunlich gut, damit auszukommen. Beim Lernen und beim Lesen bin ich zum Beispiel relativ schnell. Wo man merkt, dass Zeit fehlte, war bei Zeugs wie Notizenmachen, Onlinevorlesungen oder generell dem Schreiben (z.B. für die Hausarbeit)
    Zum Glück wird das ab nächstem Semester ganz anders, daher wusste ich, dass ich hier eben nunmal in den sauren Apfel beißen musste. 

    Meinung zu den Fächern:
    Mir haben alle Fächer recht gut gefallen und ich merke deutlich, dass ich mich in vielem weiter entwickelt habe, sowohl von der Denkweise, als auch vom Rede- und Argumentationsstil. Außerdem habe ich gelernt, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. in sofern war eigentlich das ganze Semester eine Bereicherung. 
    Ich denke mal, der Gutachten-Kurs war mein Liebling, auch wenn ich hier gnadenlos verkackt haben dürfte (Zeitmangel, da parallel zur Prüfungsvorbereitung!). Er machte inhaltlich am meisten Spaß. Schade drum. 
    Die Statistik-Kurse gefielen mir ebenfalls vom Inhalt, hier habe ich eine Menge dazu gelernt. Nur blöd, dass ich während der Vorlesungen das Gefühl hatte, ALLES verstanden zu haben - dann aber so blöde MC-Fragen in den Klausuren dazu gestellt werden, dass man wie ein blutiger Anfänger da steht. Methodisch würde ich diesen Kurs auch ummodeln, denn 2-Stunden-Vorlesungen sind einfach zu lang. Die, die 30 Minuten gingen, blieben besser hängen. Außerdem wäre ein Studienbrief was dazu.
    Evaluation war ein etwas merkwürdiger Kurs. Eher geeignet für Leute, die sowas schon mal gemacht haben. Für alle anderen las er sich wie die Anleitung zu einem Küchengerät, welches man noch gar nicht besitzt. Stellt euch vor, ihr lernt Funktionsweise zu einer Küchenmaschine, wie diese aufgebaut ist, welche Techniker daran beteiligt waren und welche Theorien es so über ihre Nutzung gibt....aber ihr habt sie nie im Leben in den Händen gehabt, geschweige denn irgendwo gesehen. Heraus kommt das, was dieser Kurs ist. Prinzipiell ist das Thema nicht uninteressant, aber nicht greifbar.
    Testkonstruktion ist der Kurs, der mir am wenigsten etwas gesagt hat.Eignet sich finde ich besser, wenn man wirklich an Fragebögen und psychometrischen Tests arbeitet und Literatur zu Rate ziehen muss. Rein für theoretisches Hintergrundwissen ist das eher nichts, finde ich. 
    Grundsätzlich war es interessant, in alles mal reinzuschnuppern. 
     
    Wirkung des Studiums auf den Charakter/gewonnene Skills (neben Fachwissen):
    - Mehr Eloquenz im Alltag durch die viele Leserei
    - Ich bedenke große Themen wieder von mehreren Seiten 
    - Ich bin allgemein logischer in Entscheidungen geworden. 
    - Auch irgendwie objektiver
    - Ich kann wieder schneller schreiben (handschriftlich)
    - Wurde von anderen bestätigt 
     
    Highlights im Semester:
    - Die PV in Hagen 
    - Eigentlich auch die MM1 Prüfung im Studienzentrum. Wirklich sehr angenehm gewesen die Umgebung!
    - Viele neue Leute kennengelernt, viel Kontakt zur Außenwelt 

    Tiefblicke:
    - Ständig, wirklich schon seit Ende Oktober krank und bis heute kein Ende in Sicht  
    - Oftmals am Rande der totalen Erschöpfung 
    - Fehlende Zeit frustet 
    - Literatur teilweise nicht vorhanden, schwer zu bekommen oder kostenpflichtig zu beziehen. Sehr viel "Pflicht-Literatur" gar nicht wirklich hilfreich, da in Wahrheit bestenfalls "Vertiefungsliteratur" 
    - Keine Freizeit und damit keine echten Erholungsphasen. Aber so ist das Studium. 
    - Hausarbeit so mies abgeliefert, gar nicht mein ganz eigener Standard  
     
    Stoffauswahl:
    Ich fand es ehrlich gesagt zu viel bei MM1. MM2 erschien mir sehr ausgewogen, viel Gutachten und etwas von der Testkonstruktion, das war okay. MM1 verlangte aber zum Teil, dass man Sachverhalte an bloßen Formeln identifizieren oder wortwörtliche Aussagen von Forschern zu irgendwelchen Themen kennen musste. Also viel Auswendiglernerei - weniger nützlich war das bloße Verstehen. Allerdings wird MM1 auch gerade überarbeitet und demnächst anders präsentiert. 

    Prüfungen-Schweregrad:
    - MM1: Ultra! Eher was für Gedächtniskünstler. Glück muss einem hier leider Hold sein. 
    - MM2: Sehr machbar. Man braucht aber Zeit, weil das Schreiben sehr intensiv ist. Ob einem nun die Vollzeit zur Verfügung steht oder nicht, 3 Wochen sind nicht viel. Man darf nicht vergessen, dass die HA auch mitten in der Erkältungszeit fällt, und mit einem Infekt ist man schnell mal eine Woche außer Gefecht gesetzt. Schnell sind es dann nur noch 2, und wenn man in denen auch noch intensiv die Prüfung vorbereitet, bleibt fast nur noch Schmalspur-Schreiben übrig  Das ging auch meinen anderen VZ-Kollegen so, die kein Kind und keinen Job haben. Man sollte nicht unbedingt erwarten, dass die Worte nur so aus einem heraussprudeln. Das dauert auch nochmal ein paar Tage, bis man da in Fahrt kommen kann. Man kann im Prinzip die HA auch aufschieben, muss dies aber umständlich über Krankschreibungen nachweisen und auch dann ist es Kulanz, ob es Aufschub gibt.
     
    Wann begonnen mit Prüfungsvorbereitungen?
    - MM1: Etwa Ende Dezember/Anfang Januar. Richtig effektiv dann Anfang Februar. (Prüfung am 03.03.)
     
    Kommunikation mit Kommilitonen:
    Fand ich super. Schnell haben sich Lerngruppen geschlossen und ich habe nun viele neue Kontakte. Allesamt sind auf sehr hohem Bildungsniveau, da muss ich mich echt immer ranhalten, um mitzuhalten. 
     
    Kommunikation mit Betreuern:
    Ich nutze die Moodle-Foren nicht und kann daher nichts dazu sagen. Nach dem, was ich da sehe, kriegen die Leute aber immer sehr schnell Antwort. 
     
    Was ich anders machen würde:
    - Fairere Prüfungen, weniger verwirrende Fragen zu Sachen, die am Rande der gefühlten 1000 Folien mal nebenbei angesprochen wurden, evtl. mehr Praxisbezug?
    - Prüfungstermine sollte man im Krankheitsfall besser verschieben können. Zum Beispiel 1-2 Wochen später, statt ein ganzes Semester zu warten. So müsste man sich nicht selbst vom Krankenbett in die Prüfungsbank zerren und halb im Delirium mitschreiben. 
    - Statistik 1 + 2 brauchen einen vernünftigen Studienbrief, vielleicht eine Art Manual, wo nochmal alles zu den Vorlesungen erklärt wird, anstatt dass man 1000 Seiten Eid für die Notation durchblättern muss.
    - Definitiv keine 2-Stunden-Vorlesungen mehr. Weniger ist mehr!
    - Zum Teil klarere Aussagen, weniger verwirrende Doppel-Verneinungen bei Statistik 
    - 6 Wochen Hausarbeit für ALLE, nicht nur für TZler, wenn jemand VZ macht und das mit einer Prüfung zusammenläuft. 
    - Bitte mehr Pflichtliteratur auch wirklich vorhanden haben
    - Im Falle des Durchfallens einfach diese Klausuren an die Klausuren der nächsten Module mit dran heften, anstatt dass man dann gar keine Prüfungszulassung für die neuen Module bekommt. 
    - Für mich selbst: Nächstes Mal Word im vollen Umfang nutzen. Literaturverzeichnis von Anfang an anlegen, wenn ich Hausarbeiten schreibe. 
     
    Im Übrigen freue ich mich auf das neue Semester!!  
  23. Vica

    Ganz normaler Klinik-Wahnsinn
    Die Blätter färben sich bunt, es schneit, die ersten Tulpen und Krokusse blühen...tja, und irgendwie ist man immer noch ohne psychologischen Nebenjob neben der ambulanten Praxis 😅 Aber man muss ja immer positiv bleiben. Also: Weiter geht's im Bewerbungsroulette. 

    Stelle Nr. 7: Schulpsychologin (für 1 Schule)
    Voraussetzung: Master in Psychologie, Erfahrung mit pädagogischer Arbeit, gerne Schwerpunkt pädagogische Psychologie, aber auch kognitiver oder klinischer Schwerpunkt okay, soziale Psychologie als Modul im Studium gab "Sonderpunkte". 
    Beschäftigungsart: Als Elternzeit-Vertretung ausgeschrieben, im Endeffekt aber doch Befristung mit Verlängerungsoption. 
    Aufgabenbereich: Beratung von Kindern und Eltern, Lehrern sowie pädagogischem Personal, Diagnostik (z.B. Hochbegabung,  Dyskalkulie, Legasthenie) Hilfe bei Lernschwierigkeiten, Gruppenkonflikten, Mobbing, sonstigen Schwierigkeiten und und und. 
    Schwierigkeit, hier genommen zu werden: Keine Ahnung, aber in der Regel beliebt. Meinem Gefühl nach aber häufig ausgeschrieben. 
    Ausgang: 😎

    Diese Stelle hat mich überrascht, da sie - anders als die erste Schulpsychologen-Stelle - nur spezifisch für eine Grundschule galt. Diese war zwar im sozialen Brennpunkt, und wenn der Bedarf besteht kann eine Schule durchaus eigene Sozialarbeiter und Psychologen haben, aber hier in der Stadt und drumherum kenne ich das so noch gar nicht. Man arbeitet eigentlich fürs Jugendamt und wird  dann auf entsprechende Schule verteilt. Allerdings finde ich es so mit einer festen Zugehörigkeit zur Schule wesentlich besser! 
    Ich habe die Einladung sehr schnell bekommen und bereits 1 1/2 Wochen später konnte ein Termin gefunden werden. Da allerdings Erkältungshochzeit war und alles erkrankt war, fand das Gespräch allein mit der Sozialarbeiterin statt, die mich anbei noch herumführte. Das fand ich herrlich angenehm und ungezwungen. Ebenfalls gefiel mir die Schule sehr gut und auch das Konzept fand ich toll. Ernüchterung aber dann leider bei der Anzahl der Stunden - die war für mich zu hoch (38,5). Das schaffe ich nicht zusammen mit der Ambulanz. Ausgeschrieben gewesen waren 26! Und schon bei denen hatte ich mir vorgenommen, diese herunterzuhandeln. Schnell wurde auch klar, dass zwei Stellen zusammengelegt worden waren. Es sah so aus, als würde ein Sozialarbeiter fehlen, weswegen Teile von dessen Aufgabe in die Psychologenstelle mit reingeschrieben wurden. Das empfinde ich überhaupt gar nicht als Problem, da die Sozialarbeiterin auch sicher eine gute Ansprechpartnerin ist. Dass man extrem eng zusammenarbeitet, kenne ich schon aus meiner Klinikzeit. 
     
    Stelle Nr. 8: Bezugstherapeutin für Essstörungen (Privatklinik)
    Voraussetzung: Master in klinischer Psychologie mit fortgeschrittener Psychotherapieausbildung 
    Beschäftigungsart: Unbefristet 
    Aufgabenbereich: Einzeltherapie, Gruppentherapie, Spiegeltherapie, Psychoedukation, Begleitung u. Miteinbeziehung + Beratung der Angehörigen, Begleitung des Essens etc.   
    Schwierigkeit, hier genommen zu werden: Höher, Privatkliniken meistens konservativer, legen zumindest tendenziell etwas mehr Gewicht auf Notenspiegel, angefangen beim Abitur. 
    Ausgang: 😎

    Dass ich hier eine Einladung bekam, hat mich auch überrascht, ich bekam aber gleich in der Einladungsmail gesagt, dass ich unter den Top 3 bin 🫢. Das Gespräch fand noch per Zoom statt, da sich einige Gesprächspartner in anderen Bereichen der Welt befanden. Mit Klinikdirektion, chefärztlichem Leiter, leitendem Psychologen sowie leitendem Oberarzt insgesamt ein ziemlich teurer Vorstellungstermin. Bei so viel gebündelter intellektueller Power wurde ich zudem leicht panisch. 🤐 Tage vor dem Gespräch habe ich mich gefühlt wie vor einer Prüfung. Nur meine einstudierte Präsentation gab mir etwas Hoffnung. . Ich hatte schonmal so ein Gespräch, wo ebenfalls die gesamte Prominenz der Klinik anwesend war, und auch da ging es um Essstörungen, und witzigerweise auch per Zoom! Trotzdem hat das meine Nervosität nicht geschmälert.
    Allerdings waren die Sorgen unbegründet, es war insgesamt mit das lockerste all dieser Gespräche. Essstörungen konnte ich mir nach einem extrem guten Seminar übrigens sehr gut vorstellen, die Dozentin hatte uns damals extrem gute Konzepte an die Hand gegeben und uns wirklich hervorragend an das Thema rangeführt. Nachteilig an dieser Stelle waren Nachtschichten (war gar nicht ausgeschrieben) und tendenziell ebenfalls eine etwas höhere Stundenanzahl. 
     
    Stelle Nr. 9: Psychologin für traumatsierte Kinder (Psychosozialer Dienst)
    Voraussetzung: Master in klinischer Psychologie, optional Psychotherapeutenausbildung oder KiJu-Ausbildung oder beides. Traumatherapie-Weiterbildung muss absolviert werden. 
    Beschäftigungsart: Unbefristet 
    Aufgabenbereich: Einzel- und Gruppentherapie, Öffentlichkeitsarbeit, Seminare geben 
    Schwierigkeit, hier genommen zu werden: K.A., (glaube aber, ist nicht der beliebteste Bereich )
    Ausgang: 😎

    Es war ein endloser Bewerbungsprozess mit oft verschobenen Terminen, kranken Mitarbeitern und Durststrecken im Kontakt, außerdem kam es zu mehreren Vorstellungsgesprächen. Zwischendrin war ich mir auch sicher, ich bin raus. Gerne hätte man sich noch mit der Klinik ausgetauscht, aber dort ließ sich kein Kontakt herstellen, niemand fühlte sich verantwortlich. Ein Arbeitszeugnis hatte ich mal von der Klinik erhalten, allerdings extrem fehlerhaft, weswegen es sich in der Korrektur befindet. Vor Weihnachten wird es sicher nicht eintreffen. Schließlich waren sich aber alle sicher: Brauchen wir eh nicht, kennen wir so 😁 Von dieser Art Arbeit träume ich übrigens schon lange. Erstaunlicherweise aber gelang es mir nicht, das glaubhaft darzustellen 😬Die 2 Klinikjahren haben mich zu förmlich werden lassen. Ein gewisser Zweifel blieb auch an mir, denn ich sei "deutlich überqualifiziert" - da müsse die Motivation schon klarer hervortreten, denn viele Leute hauen schnell wieder ab, die Arbeit mit traumatisierten Kindern bringt viele an ihre Grenzen. 
    Auch hier: Bedenken wegen der Stunde. 38,5 waren ausgeschrieben. Würde ich die echt auf 20 runterhandeln können?
     
     
    Tja, und nun? 😅
    Den Ausgang habe ich bewusst offen gehalten...😁
    Tatsächlich haben alle 3 oben genannten Stellen eine Zusage gegeben. 
    Stelle Nr. 7 konnte aber leider die Stundenanzahl von 38,5 nicht reduzieren. Schon die ausgeschrieben 26 wären deutlich zu viel geworden. Insofern musste ich hier leider absagen, was schade war - die Stelle erschien mir sehr gut. 
    Bei Stelle Nr.8 habe ich lange überlegt. Letztlich sind Privatkliniken immer etwas stärker strukturiert, es ist wenig Raum für Leute, die ständig mit neuen Ideen ankommen, wie ich. Das wäre mir vermutlich schwerer gefallen. Aber ausschlaggebend, mich nicht zu melden, war im Endeffekt die Tatsache, dass mich eine Stelle mehr interessierte, die es dann geworden ist: 
    Stelle Nr.9.  

    Aber dazu bald mehr, sonst wird aus dem Beitrag hier wieder ein Buch. 

    Nur ein kleines Fazit für euch:
    - Ich merke, dass einige von den Berichten entmutigt worden, Stellen zu suchen. Dazu muss ich sagen: Wir sind ein Ballungsraum! Vieeeele viele junge Psychologen ohne Kinder. Es hat generell einen Grund, dass keiner meiner Freunde hier in der Stadt arbeitet, und das sind Lehrer, Anwälte, Ärzte + Psychologen. 
    - Es erweckt den Anschein, als käme man schwer an Stellen. Es handelte sich aber gerade mal um 9 Bewerbungen, und von allen gab es Rückmeldung! 
    - Es hat sich gelohnt, dranzubleiben. 🙂


    Bleibt gesund & haltet zusammen, 
    LG

    Feature Foto: Rodnae Productions/pexels.com 
  24. Vica
    Liebe Leser.

    In letzter Zeit häuften sich im Kindergarten seltsame Vorfälle. So wurde ich nicht weniger als 5 mal innerhalb kurzer Zeit angerufen, um mein gesundes Kind vorzeitig abzuholen. Die Gründe dafür reichten von: "Kind ist müde" über "Kind sagt, ihm sei heute langweilig" bis hin zu "Ich hat sich mit seinem besten Freund gestritten, ist traurig und will jetzt nichts mehr mitmachen!" Wenn ich ankam, traf immer nur auf ein lachendes und zufriedenes Kind, das von nichts weiß. Die anschließenden Klärungen ergaben, dass das Kind zum Teil verwechselt worden sei und man die falsche Mutter angerufen habe oder man die Situation einfach falsch eingeschätzt hätte. 
    Dann hatte ich einige Zeit Ruhe, bis es dann neben einer Reihe von ärgerlichen kleinen Unzulänglichkeiten wirklich noch zusätzlich probiert wurde, einen Vertragsbruch zu bewirken bezüglich der Betreuungszeit.

    Natürlich habe ich versucht, zu erörtern, woran das liegt. Nachwuchs Nr.1 ist im Kindergarten sehr beliebt und unkompliziert, wurde sogar "Pate", um kleinere Neulinge einzuführen und bringt immer Schwung in den Laden. Ich selber stehe eigentlich auch nicht schlecht dort, zumal wir bisher immer aus- und mitgeholfen sowie -organisiert haben. Dazu kommt das Mitwirken im Förderverein usw. Die Erzieherinnen sind mir alle sehr sympathisch gewesen und auch umgekehrt, denke ich.
    Dadurch konnte ich einen persönlichen Hintergrund dieser Geschichte ausschließen. 

    Fakt ist aber: Es nervt nicht nur das Kind, wenn es dauernd verfrüht abgeholt wird, sondern auch mich, weil ich die Kindergartenzeit für das Fernstudium dringend brauche. Bei uns sieht es so aus, dass ich am Morgen (schon in Anwesenheit des Kleinsten) versuche, meine Sachen abzuarbeiten, während der Mittag dann nach Abholung von Nachwuchs Nr.1 voll und ganz uns dreien gehört. Wir gehen dann wandern, turnen, in die Stadt, einkaufen oder treffen andere Kinder. 

    Da ist zwar der Fakt, dass unser Kindergarten massiven Personalmangel hat und trotzdem sogar neulich die beste Frau im ganzen Laden entlassen werden musste, um Geld zu sparen. Aber ich habe mich mit anderen Müttern beraten und denen geht es nicht so, dass sie dauernd angerufen werden. 
    Schnell stellte sich der gemeinsame Nenner heraus: Die sind arbeiten (außer Haus), ich nicht.

    Und es kam noch dicker, denn wir konnten die Ursache ausmachen:
    Ich habe, ohne es zu merken, ein Z auf der Stirn.   (stellt euch an dieser Stelle den Jingle aus "Der Weiße Hai" vor)
    Ein "Z" für Zuhause! 
    Das ist die schlimmste Brandmarkung eines Elternteils mit Kindergartenkind, denn Zuhause bedeutet ja, mal simpel übersetzt: "Die Olle sitzt doch zu Hause und hat Zeit. Sie kann doch das Kind selber betreuen. Wieder eins weniger, und wir haben hier mehr Ruhe!"
    Das immerhin schien einigen anderen Müttern auch schon mal so gegangen zu sein (denen, die entweder bei ihren Männern arbeiteten (was auch nicht gilt) oder im Home-Office sind). 
    Irgendwie muss das mit dem Fernstudium durch den Buschfunk gegangen sein. 

    Als ich vor 1 Jahr verzweifelt Kita-Plätze in der Stadt gesucht habe, sagte mir eine Leitung immerhin sehr ehrlich:
    ,,Ihr Heimstudium würde ich besser nicht erwähnen bei der Suche. Sagen Sie lieber, dass Sie arbeiten, das ist das einzige, was zählt."
     
    Ich frage mich aber ehrlich, wie das mit dem Fernstudium bis zur Leitung durchdringend konnte. Ich meine, wir reden hier von einem 35-Stunden-Platz. Das ist das Minimum, welches die Kita anbieten kann. Heiß begehrt sind natürlich die 45-Stunden Plätze, wo ich es gar nicht erst versucht habe. Das ist (mit Nachweis!) den Eltern vorbehalten, die beide Vollzeit arbeiten, und das ist auch okay so. Hier hat wohl neulich jemand der Leitung anonym gesteckt, dass sie bei einem 45-Stunden-Elternteil verdächtig oft den PKW vor der Haustür parken würden. Das könne ja nicht sein, wenn man Vollzeit arbeitet 

    Heute ist (nachdem letzte Woche schon 2 davon waren und davor 3 1/2 Wochen Ferien) mal wieder Betriebsausflug, daher keine Möglichkeit, etwas zu klären. Morgen werde ich an der Beseitigung des Vertragsbruchs arbeiten müssen. Das wird sicher eine Diskussion werden. Einfach nervig so was.

    LG



     
  25. Vica
    In der letzten Woche schien unser schöner Arbeitsplatz vom Sommerloch verschluckt worden zu sein. Da jetzt die coronabedingten Notstände langsam abgebaut werden, ist die Mithilfe der Praktikanten wenig bis gar nicht gefragt 🙂 Leider ist unser eigentlicher Bereich der diagnostischen Ambulanz immer noch für Externe geschlossen, und so müssen wir hoffen, dass ein Stationspatient mal zum ADHS-, Autismus- oder Intelligenztest geschickt wird, den wir dann abnehmen. 

    Da wir viele Neuaufnahmen hatten, verirrten sich tatsächlich einige davon zu uns 🙂 Das ist eine Sache, die wir auch alle generell gerne machen:
    - Patient abholen
    - Patient ins Wartezimmer setzen 
    - Bogen ausfüllen lassen
    - Den Vorgang erklären 
    - Test durchführen
    - Vorgang nachbesprechen und Patient entlassen 

    In dieser Woche waren aber auch schon die Therapeuten überbesetzt, und da die jeden Schritt (im Gegensatz zu uns) abrechnen können, delegieren sie natürlich nicht viel an uns.  Gruppen, die wir selber leiten durften (wenig Risikobehaftetes wie Rollenspiele, Achtsamkeit oder Sportgruppen) sind komplett gestrichen worden. Trotz des traumhaften Wetters will offenbar auch kein Patient spazieren gehen, wozu eigentlich immer ein Praktikant eingespannt wird. 

    So war das Spannendste, was in dieser Woche passierte, war tatsächlich ein Rohrbruch  Aber was für einer! Und einfach mal so aus dem Nichts heraus. Offenbar begann es damit, dass es einer Therapeutin während einer Sitzung auf den Kopf tropfte. 

    Letztlich verbrachten wir die Zeit damit, unseren Bereich zu optimieren: PCs aufpeppen, Achtsamkeitstexte vom Audio abtippen, für künftige Praktikanten ein Tutorial schreiben, was zu tun ist, wo was liegt, Insidertipps, kopieren, obwohl genug Kopien da sind usw.  
    Man findet letztlich immer was...
     
    Ein Vorstellungsgespräch mit einem Institut habe ich nun auch gehabt  Das verlief per Zoom und besser, als ich gedacht hätte. Zoom hat eine Test-Gespräch-Funktion, die ich am Abend davor noch genutzt habe. Während der Sitzung selbst war dann doch alles anders und alle meine Voreinstellungen futsch...aber das war dann im Handumdrehen erledigt. Ist ja doch irgendwo idiotensicher.
    Da das Gespräch zunächst auch eine Infoveranstaltung war, freute ich mich sehr, da auch eine Freundin von der PFH zu sehen 
    Eine Zusage kann ich übrigens wenn dann erst erhalten, wenn ich den Vertrag schriftlich eingeschickt habe, was ich natürlich im Rekordtempo erledigt habe. 
    Jetzt einfach mal abwarten, was zurück kommt 🙂
    Hui, spannend. Klar hoffe ich das Beste  

    Für die Zeit nach dem Praktikum habe ich auch schon etwas geplant. So freuen sich meine Eltern-Freunde auf Kaffeeklatschrunden mit Anekdötchen zum Praktikum. Sport steht groß auf dem Programm, ich habe seit Januar weniger Sport gemacht, als ich Finger an zwei Händen habe und bin schrecklich aus der Form. Natürlich wird die Masterarbeit das bestimmende Thema. Aber die Landung in meinem alten Alltag nach den intensiven Wochen wird sicher eine ziemliche Umstellung. 

    Euch schöne Pfingsten & natürlich: Gesundheit!!

    LG

    Feature Foto: MabelAmber | pixabay.de
     
×
  • Neu erstellen...