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Vica

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Blogbeiträge von Vica

  1. Vica

    Ambulanzzeit
    Jedem Anfang wohnt ja ein Zauber inne - und nun sind schon fast 4 Wochen ins Land gezogen, seitdem ich nun für zwei Tage die Woche in einer psychotherapeutischen Praxis angefangen habe. So ungefähr verläuft ein Beispieltag:

    Praxisarbeit
    Das Aufstehen ist entspannt. Den ersten Termin habe ich auf 8:30 gelegt und wenn man ansonsten mit den Hühnern aufsteht, ist das gefühlt ein Ausschlafen. Die Praxis ist ca. 10 Minuten weg, also muss ich nicht groß am Vortag planen, was man anzieht und mitnimmt, um auch bloß rechtzeitig wegzukommen. 

    Mein Arbeitsweg startet also auf dem Fahrrad, mein Lieblingsfortbewegungsmittel, und endet dann dank der zentralen Lage der Praxis recht schnell wieder :-). Die Stadt hat zwar noch nicht auf, wenn ich ankomme, aber trotzdem herrscht schon reges Treiben: Ladung, Verräumung, erste Bäcker öffnen. Dazwischen: Schulkinder. 
    Es erinnert mich an mein Masterpraktikum im Fernstudium an einer Privatklinik, wo ich auch diese Weg gegangen bin und was ebenfalls eine sehr gute Zeit war :-).

    Ich schließe die Praxis auf und schaue, wer schon da ist. Die älteren Sprechstundenhilfen - die schon zum Vorbesitzer gehörten - sind sowas wie die guten Seelen der Praxis. Sie sind immer früher da, als sie müssten. Sie lüften Räume durch, stellen Blumen auf die Fensterbänke, füllen Klopapier auf, achten drauf, dass Zeitschriften im Warteraum liegen. 
    Nach kurzem Smalltalk gehe ich dann in meinen eigenen Raum, verrücke die Stühle, öffne die Fenster und schaue, dass ich Laptop, WLAN, Praxissoftware und Kartenlesegerät zum Laufen kriege (was nicht ansatzweise ein Problem ist). 
    Außerdem schaue ich nochmal kurz in die Patientenakte.

    Der erste Patient ist pünktlich, ich hole ihn aus dem Wartezimmer ab. Er ist ordentlich nervös, darum lockere ich das Gespräch zunächst auf mit Smalltalk, was bei ihm immer sehr gut gelingt. Ich biete auch was zu trinken an, denn dies kann Spannungen lösen.
    Heute steht eine Testung auf dem Programm, die Differenzialdiagnose des Patienten ist noch nicht ganz klar. Ich erkläre dann nochmal, warum die Testung wichtig ist, was das mit der Krankenkasse zu tun hat und dass sich Fragen auch wiederholen können und das anstrengend ist. Ich entscheide mich für ein großes klinisches Interview. Den ersten Teil hatten wir in den Stunden davor schon angefangen.
    Der Haken an Ende: Mehrere Diagnosen passen und es ergibt  sich die Frage nach der so genannten Therapiehierarchie. Was wollen wir vordergründig bearbeiten? Ich belasse es nicht bei dem Interview, sondern mache noch zwei schnelle kurze Tests, um etwas gegenzuchecken. Die Patient:innen haben in Kliniken die Erfahrung gemacht, dass sie Diagnosen teilweise nach einem kurzen Gespräch fest eingetragen bekamen - und seitdem nicht mehr loswerden.

    Patient Nr.1 geht erschöpft, aber zufrieden. Er ist froh, dass man so genau versucht herauszufinden, was er hat. Die nächste Patientin kommt belastet an, sie kann sich auch nicht so recht auf Smalltalk einlassen. Darum setze ich hier eine Achtsamkeitsübung zur Entspannung um, bevor man die Sitzung überhaupt eröffnet. Nachdem sie sich wieder etwas entspannen konnte, machen wir heute eine biographische Anamnese. Ich will in erster Linie herausfinden, was die Biographie der Patientin zu ihrem Störungsbild beigetragen hat, welche Erziehungsmuster es gab und welche Problemlösestrategien es so gab. 
    Der nächste Patient ist neu und berichtet umfassend über sein Leiden. Während ich zuhöre, sind eigentlich zwei Köpfe aktiv: Der eine, der verbal und non-verbal zuhört. Der andere, bei dem sofort das große Hypothesen-Zahlrad angeht. Ich male erste kleine Ideen auf und wir versuchen, zusammen ein Störungsbild zu skizzieren, das aber nur eine erste Idee darstellt. Danach trage ich die Verdachtsdiagnosen ein, die jederzeit geändert werden können.

    Feierabend
    Nachdem alle Patienten für heute erschienen sind, packe ich alles zusammen, verrücke die Sessel wieder und schließe die Fenster. Auf dem Flur begegne ich zwei meiner approbierten Kollegen. Man begegnet sich bisher sehr selten, weil man ja stets andere Terminzeiten hat. Doch diesmal reicht es für ein kurzes sympathisches Gespräch. Es ist ein gutes Gefühl, nur approbierte Kollegen um sich herumzuhaben. Leute, die weiter sind als man selbst und von denen man lernen kann. Ich verabschiede mich dann auch von den Sprechstundenhilfen. 

    Nach der Praxis gehe ich in ein kleines Café gegenüber und trinke dort einen Milchkaffee oder futtere noch etwas. Das ist etwas, was mir seit Beginn des Fernstudiums brutal gefehlt hat: Sich einfach kurz eine solche Auszeit nehmen, ich mag es, einfach kurz in einem Café herumzuhängen 😁 Nachdem ich mich gestärkt habe und zum Schluss noch die WA-Nachrichten meiner Freunde beantwortet habe, geht es nach Hause. Hier dokumentiere ich in der Praxissoftware kurz den Studenverlauf und trage die Leistungen ein - dabei kann man auch stets sehen, welche Summen man dabei generiert. Der ganze Nachmittag gehört den Kids. 

    Supervisor treffen
    Am Abend packe ich wieder meine Sachen - ich muss zum Supervisor, ebenfalls 10 km mit dem Fahrrad, nur diesmal in eine andere Richtung. Alle Patient:innen müssen supervidiert werden. Der Termin ist Pflicht. Ich bespreche mit ihm heute den Patienten mit den vielen Diagnosen. Hier geraten wir fast aneinander, weil wir die Dinge unterschiedlich sehen, können uns dann aber doch einigen. Es bleibt noch Zeit für einen weiteren Patienten - hier besprechen wir den Antrag für die Krankenkasse. Er sieht soweit gut aus, aber einige Teile muss ich überarbeiten.
    Nach 45 Minuten ist auch schon wieder Schluss und es geht zurück nach Hause.  
     
    Tja, und die nächsten 3 Tage ist dann wieder Klinik + Pendeln angesagt. Ehrlich gesagt lässt sich die Klinikarbeit aber leichter aushalten, nachdem man zumindest zwei Tage diese erfüllende Praxisarbeit hat. 😁

    Bleibt gesund & haltet zusammen,
    LG
  2. Vica

    Ambulanzzeit
    Aus dem Weg, der Flow will durch: Nächste Woche ist Praxisstart 😀.  Und damit beginnt die Endphase der Ausbildung. Obwohl ich alle Formalitäten geklärt habe, mein Institut mit vielen Einzelfragen genervt, mittlerweile viele Seminare zum Thema Ambulanz/Praxisstart und alle Tutorials dazu (sowohl zum Thema: Krankenkasse, Praxissoftware, Dokumentation) durchhabe, fühle ich mich wie eine Baustelle. 😅
    Denn ein selbstständiger Ambulanzstart bedeutet auch, dass ich gefühlt 3 neue ,,Jobs" bekomme:
    Sprechstundenhilfe, Therapeutin und Buchhalterin in einem und vor allem im Alleingang.

    Die Sprechstundenhilfe
    macht Termine, telefoniert mit Patienten, plant ist telefonisch erreichbar für Absagen    muss die Krankenkarte auslesen  erhebt Krankenkassendaten der Patienten und pflegt diese in die Praxissoftware ein  kommuniziert mit dem Institut zwecks Daten- und Aktenpflege  verteilt Informationszettel an den Patienten  bereitet Krankenkassenformulare vor
      Die Therapeutin
    diagnostiziert  erstellt Störungsmodelle  therapiert (No shit, Sherlock!) schreibt Krankenkassenanträge für den Gutachter dokumentiert die Therapieinhalte Plant Interventionsmethoden + setzt diese um   trifft sich regelmäßig mit Supervisor (Einzel - + Gruppe)  
    Die Buchhalterin
    regelt die Entnahme des eigenen Honorars dokumentiert die genaue Zeit der Therapiestunden  trifft sich regelmäßig mit dem Institut zum Aktencheck  trifft sich mit Steuerberater  führt die Raummiete für die Praxis ab (an angefangene Therapiestunden gekoppelt)  
    Da der Punkt Sprechstundenhilfe und Buchhalterin sehr raumfordernd sein werden (vor allem die Buchhalterin habe ich total unterschätzt), hoffe ich nicht, dass die Therapeutin nicht zu kurz kommt. Denn schon bei seiner ersten Sitzung muss man den Patienten gleich mit Formalitäten für seine Patientenakte löchern. 

    Der Ambulanzstart ist ja doch ein Sprung ins kalte Wasser 😁 Es hat schon Vorteile, einfach irgendwo nur Angestellt zu sein. Aber im Hinblick auf eine gewünschte Niederlassung ist es Gold wert, so anzufangen. 

    Bammel vor dem Start hat die Therapeutin in mir übrigens nicht 😁 Da fühle ich mich mit fast 2 Jahren Klinik fit genug. Schiss haben aber die zwei anderen Parts, besonders vor dem Kleinvieh: Technische Probleme, die richtige Stelle in der Praxisoftware nicht finden, die  kostbare Zeit des Patienten vergeuden, hinterher erfahren, dass man was Wichtiges vergessen hat beim Dokumentieren  . 
    Naja, im Endeffekt kann man da noch so viele Tutorials lesen und Seminare besuchen, man lernt halt hier nur by doing. Und wahrscheinlich über viele Fettnäpfchen, in die man tritt. 
    Ich versuche mich darauf zu verlassen, dass mir als Ex-Fernstudi auch immer eingefallen ist, was im Notfall zu tun war, auch wenn ich vorher keinen Schimmer hatte. 

    Insofern: Augen auf und durch!

    Bleibt gesund und haltet zusammen,

    LG

    Feature Foto: Brett Sayles/pexels.com
  3. Vica

    Ambulanzzeit
    Manchmal wünscht man sich, man könnte einfach schneller warten. Das kennen alle, die auf Wartelisten von Psychotherapeut:innen stehen. Die Warteliste in meiner zukünftigen Praxis ist gigantisch (mitunter 1 Jahr), was vermutlich auch an ihrer exportierten Lage liegt. Es verwundert nicht, dass viele Leute es erst da versuchen, wo sie am besten hinkommen und nicht erst dreimal umsteigen müssen (nicht, dass die Wartelisten bei Ende-der-Welt-Praxen besser aussehen). 

    Ich hatte nun die Ehre, die Warteliste in meinem zu 95%-fertigen Therapiezimmer abtelefonieren zu dürfen  Damit habe ich mir meine ersten Patient:innen ausgesucht. Jeder aus der Liste kommt dran, in sofern bin ich zunächst nach Erreichbarkeit vorgegangen. In der Regel machen das die Sprechstundenhilfen, aber der Praxisbetreiber und ich fanden das besser, wenn ich direkt in Kontakt zu den Leuten gehe, denn da gibt es ja einiges zu erklären.

    Die Reaktionsweisen der Leute haben mich ehrlich überrascht. Ich hätte gedacht, dass man nach so langer Zeit entweder verärgert oder zumindest misstrauisch auftritt, oder dass man in der Zwischenzeit doch in einer anderen Praxis untergekommen ist. Nichts davon war der Fall. Unendliche Erleichterung tat sich auf, jede Uhrzeit war herzlich willkommen (auch bei: Kann nur abends usw. aus dem Vorgespräch). Zwei waren so erfreut darüber, zeitnah einen Termin bei mir zu bekommen, dass sie anfingen, zu schluchzen.

    Ich bekomme ein buntes Spektrum an Störungsbildern: Zwänge, soziale Phobie, Angststörung, Essstörung, Borderline. Die letzten zwei sind anspruchsvoller, aber ich denke, ich bin gut aufgestellt, auch durch die Klinikerfahrung. Alle Patient:innen können sich auf eine hochmotivierte Therapeutin freuen 😁 Aber natürlich ist es auch immer wichtig, Ziele realistisch abzustecken und Grenzen transparent zu machen. Und an den Gutachtern der Krankenkassen zwecks Zustimmung zur Therapie müssen wir natürlich auch vorbei. Aber Gutachten sollte ich mittlerweile gut schreiben können. Ganz schön stark, dass man diese Leute dieses und das ganze nächste Jahr begleiten wird. 

    Damit steht jedenfalls dem Ambulanzstart nichts mehr im Wege: Gekommen ist die Mitgliedschaft in der Psychotherapeutenkammer (hat 3 Tage gedauert nach Antrag), die Zugänge zum Institutsserver und der Praxissoftware sind da, mein Kartenlesegerät konnte per Fernwartung eingestellt werden, mein Zimmer ist fast komplett eingerichtet, Aktenschrank + Rohakten sowie Krankenkassenanträge sind da.

    Ein bisschen Nervosität ist durchaus da. Aber Herzensziele dürfen durchaus auch ängstlich und glücklich gleichzeitig machen. 

    Euch eine gute Woche!

    LG

    Titelbild: Bruno_Cantuaria/pexels
  4. Vica

    Theorie-Ausbildung
    Es war so weit, die große "Abenteuer"-Selbsterfahrung stand an. Es war keine Überraschung, es ist so ein Termin, der lange rot umkreist im Kalender steht...erst kommt er langsam näher und plötzlich ist er halt da. Und man fragt sich: Mist, wie ging das nun doch so schnell. 
    Das grob vorgegebene Thema: Kontrolle abgeben. Leider nicht in den üblichen Räumlichkeiten einer Großstadt, sondern: In einer dafür angemieteten KJP-Praxis mitten in der Pampa. Das war einer der Gründe, warum ich - abgesehen von der Dauer von fast 1 Woche - da wenig Lust drauf hatte.
    Auch komplett zuwider war mir eine so lange Trennung von meiner Familie. Da kommt einem das Heulen. So ging es aber auch den anderen Kursteilnehmerinnen, und somit war man auch eine Leidensgemeinschaft. 

    Logistisch war das Dorf unheimlich schwer zu erreichen. Auch die nächste Stadt wäre von mir aus nur mit 3 komplizierten Umstiegen in nicht so gut greifbare Nähe gerückt. Gerüchteweise gibt's dort auch eine Buslinie, die wohl so ca. 2x täglich das Dorf anfährt. Hab' ich aber nirgends auf Fahrplänen dort gefunden. 

    Also war klar, dass man sich hier von vornerein anders organisieren musste und so gründeten wir eine Fahrgemeinschaft dorthin. Das ließ sich sehr gut machen. Auch buchten wir alle dasselbe Hotel, welches allerdings in der nächsten Stadt lag - im Dorf selbst gibt's keine Übernachtungsmöglichkeiten. 

    Irgendwann kam man dann nach einem unbeschreiblich heißen Vormittag, gefühlt komplett dehydriert am Seminarstandort an. Da wir 10 Minuten zu spät waren, gab es auch keine Möglichkeiten, sich nochmal von der Fahrt zu erholen - wir wurden gleich reingewürfelt in den Kurs und es wurde gleich gepowert.

    Schnell wurde uns klar, warum wir die Straße nicht mal auf dem Navi gefunden hatten:

    Dorf? - Auslegungssache. Eigentlich eine Straße mit links Wohnhäusern, rechts Bauernhöfen. 
    Straße? - Kann man so sehen, ist aber eigentlich ein Feldweg, den man sich auch mit Hühnern, Traktoren und ordentlich Wildwechsel teilt, ungefähr so breit wie man selbst, trotzdem Gegenverkehr. 
    Tanken, Aldi, Bäcker, Mäckes? - Haben wir alles! Also 4 Dörfer weiter...
    Geldautomat? - Hatten wir definitiv früher mal...guckt mal, ob der noch da ist. (Nope btw)
    Wie merkt man, dass Wochenende ist? - Na, am Feuerwehr-Alarm (3x), eine alte Fliegersirene. 
    Kaffee zum Seminar? - Wird schwierig, ist ne Privat-Kaffeemaschine, die gehört euch nicht! 
    Eigentlicher Chef im Dorf: Der Hahn. Er läuft den ganzen Tag die einzige Dorfstraße auf und ab. Wenn er kommt, wechselt alles die Straßenseite. Kräht alle 15 Minuten zuverlässig.

    Die Frage, die ich mir stelle: Wie finden Patienten denn in diese Praxis?!
    Ohne Auto und Rumfragen ist man komplett aufgeschmissen. Parken kann man überall, wo man will. 
    Die Praxis an sich: Ein umfunktioniertes Wohnhaus mit 2 Etagen und Keller. Man erkennt deutlich die Strukturen der alten Wohnbereiche. 
    Und dann ging es los: Lebensgeschichte vorstellen, wohlwollendes Hypothetisieren der Gruppe, emotionale Aktivierung, Interaktionsanalyse, Selbstmodifikation, ressourcenorientierte Explorationssitzung, berufsethischer Katalog und und und. 
    Plakate erstellen, diskutieren, Hypothesenfindungen, vortragen, vorspielen etc. 
    Es wurde reingepowert, von 9:30 bis 20:00 Uhr. Maximal anstrengend. 

    Abends ging es dann per Fahrgemeinschaft zum Hotel zurück, Das hatte auf Booking gruselige Bewertungen, war aber das einzige in der Nähe. Zum Glück hatte nichts davon gestimmt: Es war sehr gemütlich, außergewöhnlich und fantastisch ausgestattet. Der Chef (92 J.) machte noch persönlich Rundgänge und fragte, ob alles in Ordnung sei. 

    Und dann waren da die schönen Seiten: Zusammen in Gruppen ausgehen. Gut Essen gehen. Cocktails schlürfen. Viele Fotos und Videos nach Hause schicken. Mal wieder  herzhaft über Belangloses lachen. Jeden Tag vom Rückweg träumen. 

    Schließlich kam der Tag, wo man sagen konnte: Haken dran! Es ist vollbracht! Einer der schwierigsten Termine in der ganzen Ausbildung ist abgehakt, da ist die Unterschrift, das kommt nicht wieder. Besser geht's nicht. Dieser riesige Stolz, den Kraftakt gemeistert zu haben. Und mitgenommen haben wir SEHR, SEHR VIEL. 

    Der Standort war natürlich nicht umsonst außerhalb der bequemen Großstadt gewählt.
    Hinterher kam mir schon, wie nötig das Thema "Kontrolle abgeben können" auch bei mir war: Hotelbewertungen durchlesen, Wege bis auf den kleinsten Meter durchplanen wollen, erstmal Supermärkte etc. abchecken und das alles von zu Hause aus...letztlich musste man alle Planung eh über Bord werfen. 

    Und man stellt fest: Man kann sich wunderbar auf sich selbst verlassen. 

    Bleibt gesund und haltet zusammen.
    LG

    Feature Foto: 
    A_Koolshooter/pexel.com 
     
  5. Vica

    Praktisches Klinikjahr
    Aus dem Urlaub und prompt Endzeitstimmung auf Station. Es sieht so aus, als würde man unsere Station schließen. Grund dafür ist der extreme Personalmangel in der Pflege und dadurch mangelhafte Versorgungsqualität. Bewerbungen gibt es zudem auch nicht. Die Stimmung ist gereizt und gekennzeichnet von Sündenbocksucherei. Da der Pflegedirektor nicht direkt greifbar ist (offenbar antwortet er nicht oder ist immer irgendwie unpässlich), wird die Wut stellvertretend auf andere gelegt. Zwar gab es schon mehrere Betriebsratinterventionen; geändert hat sich aber wohl nichts. Leider konzentriert die Pflege insgesamt die Energie des angestauten Frust nicht auf Dinge, die Fakten schaffen: Überlastungsanzeigen etwa, auf die man rein rechtlich reagieren MUSS. Nein, stattdessen haben sie mittlerweile ein Mobbingnetz ausgebaut. Es gibt da zwei Lager. Das Mobbing richtet sich hauptsächlich gegen das andere Pflegelager und ansonsten gegen unsere beiden Assistenzärzte. 

    Ein großes Problem ist, dass wir seit einem Jahr keinen Kapitän mehr haben, denn unser Chefarzt wurde ja gefeuert. Alle Jubeljahre gibt's auch mal eine Bewerbung auf die Chefarztstelle, aber kein einziger nimmt sie an. Mittlerweile hat man aufgegeben. Der kommissarische Unterschriftenleister ist kein Ersatz für eine Führung, 
    Durch die nun fehlende Hierarchie kommt es zu Kommunikationsproblemen, Deutungsspielräumen und falschen Entscheidungen.  Das hat fatale Folgen: Übergriffe von Patienten auf das Personal (ich habe auch was abbekommen), zuletzt auch ein sehr schwerer Zwischenfall bei einem Patienten. 

    Darum ist die Stationsschließung offenbar ein probates Mittel - anders ist der Personalmangel nicht zu bewältigen. Das bedeutet natürlich nicht, dass das Personal entlassen wird. Aber es wird  auf andere Stationen aufgeteilt, ebenso wie die Patienten. Auch für mich würde das eine neue Station bedeuten. Da ich ohnehin über einen Versetzungsantrag nachgedacht hatte (der aber idR 3 Monate und länger bis zum Bescheid braucht), ist das für mich selbst eine gute Lösung.
    Nicht davon berührt ist die Leitung meines kleinen Arbeitsteams, weil das stationsübergreifend ist. 

    Ich nehme für mich aus der Sache mit, dass der Pflegekräftemangel etwas ist, das auch die Arbeit als Psychologe beeinflusst und auch stark behindern kann. Wenn auch nur indirekt, durch sehr schlechte Stimmung. Das sind Faktoren, die man nicht ändern kann und darum auch nicht immer auf dem Schirm hat. Das ist im Mittel für den Patienten auch sehr beschissen. 

    Mal sehen, wie es weitegeht. Innerhalb eines zerstrittenen "Teams" zu arbeiten, ist jedenfalls auch für die Patienten nicht das Gelbe vom Ei. Ich kann sagen, dass ich froh darum bin, dass ab Herbst/Winter meine Klinikzeit hier zu Ende geht. 

    Bleibt gesund und haltet zusammen,
    LG

    Feature Foto:  
    Etienne_Marais/pexels.com
  6. Vica

    Ambulanzzeit
    Mein Praxisstart steht unmittelbar bevor und die Ausbildung geht in eine heiße Phase: Die Ambulanzzeit. Es ist sozusagen die Königsdisziplin, denn nun geht's an's Eingemacht und man macht: Psychotherapie. Es wurde alles Nötige mit den Inhabern besprochen und klargemacht. Ich habe jetzt den Termin und auch alle meine Patient:innen zusammen. Sie wissen noch nichts von ihrem Glück, dass sie von einer langen Warteliste (1 Jahr aufwärts) jetzt auf die Turboliste gekommen sind 😅. Vorgespräche müssen allerdings immer mit dem Praxisinhalber geführt werden. Denn die Patient:innen müssen natürlich wissen, dass sie von jemandem behandelt werden, der PiA ist und müssen natürlich zustimmen.  Sie werden jetzt die Tage von der Sprechstundenhilfe kontaktiert, die dann Termine ausmacht - in dem Fall mit mir.  Auch den ersten Dienstplan habe ich mir zusammengestellt. Die Zeiten und Pausen kann ich wöchentlich neu anpassen und dann der Sprechstundenhilfe mitteilen. 

    Der Praxisstart war ein unglaublicher Aufwand an Papier- und Verwaltungsakten. Noch immer warte ich auf mein Kartenlesegerät und den Zugang zur Praxissoftware. Wahrscheinlich wird es 5 vor 12, bis das eintrifft. Rohakten sind hingegen schon gestern durch das Institut hier eingegangen. Jede:r meiner Patient:innen bekommt eine eigene. Drinnen befinden sich zunächst: ...noch mehr Anträge 😁
    Die sehen u.a. so aus:

    Und ja, wir haben tatsächlich in langen Seminaren gelernt, wie man diese Teile ausfüllt :-D. Eine besonders harte Nuss ist der Bericht an den Krankenkassen-Gutachter. Dieser wird auf Basis dessen, was ich schreibe, entscheiden, ob er eine Psychotherapie bewilligt oder nicht. Hier kann man sehr schnell patzen und prompt kommt der Antrag ohne Bewilligung zurück. Ein gewisser Druck ist da schon, aber ich traue mir das durchaus mittlerweile gut zu, obwohl wir das bisher natürlich nur theoretisch gemacht haben. Außerdem bekommt man hier anfangs noch durch einen Supervisor Hilfe.

    Auch einen Supervisor hier in meiner Heimatstadt konnte ich klarmachen. Mit diesem muss ich mich regelmäßig treffen, um die Fälle zu besprechen. Er untersteht dem Institut.  

    Meine ersten Patient:innen haben Störungsbilder wie Ängste, Depression, Zwänge, somatoforme Störungen (diese sind gut behandelbar idR), aber auch Verdacht auf Borderline und Schizophrenie ist dabei. Letztere habe ich in der Klinik ja tagtäglich, aber nun kann ich sie ganz anders behandeln als bei uns. 

    Wie so häufig, wenn der Start von etwas Großem ansteht, bin ich ganz hibbelig und kann kaum stillsitzen. Vor allem die angenehme Atmosphäre im stationären Bereich. Ich hoffe, dass der Praxisstart eine Art Ausgleich vom zuletzt doch sehr düsteren Klinikalltag darstellt, in welchem sich momentan die Mitarbeiter mangels Führung aktuell selbst zerlegen und regelrecht bekriegen. Bis Winter wird die Praxis neben meinem Klinikjob laufen, aber vielleicht wird es so einfacher, die Abläufe dort eben einfach zu akzeptieren. 

    Bleibt gesund & haltet zusammen,
    LG

    Feature Foto: Pixabay/pexels.com 
  7. Vica
    In meiner Welt sind die Karrieren meiner Kollegen (Ärzte + Psychologen) relativ eindeutig:
    - Abi 1,0, Bachelor 1,0, Master 1,0. Auslandsjahr im Gymnasium (Landessprache dort gleich mitgelernt), Auslandssemester woanders (üblicher Psychologen-Bildungsweg hier). 
    - Klassenbester, Abi 0,7, Physikum sehr gut, Hammerexamen Sehr gut - gut, sämtliche Tätigkeiten nebenher wie z.B. Rettungssanitäter etc., Berufserfahrungen überall auf der Welt gesammelt und daher mal locker 5 Sprachen sprechend (üblicher Arzt-Bildungsweg bei uns).

    Mittendrin: Ich 😅 Mit solchen Karrieren kann ich nicht Schritt halten. Anfangs war mir das unangenehm und ich bin nicht gerade hausieren gegangen mit meinen Fernstudien-Anteilen. Die Befürchtungen gingen schon dahin, dass Leute auf "üblichen" Wege so etwas als minderwertig betrachten könnten. Genauer genommen natürlich: Einen selbst.  
    Dabei zeichnete sich schon früh ab, dass das nicht so ist. 
    In verschiedenen Bewerbungsgesprächen zeigte sich, dass die Chefärzte so gut wie nie auf das Fernstudium eingehen. Die paar, denen es auffiel, meinten dazu allerdings Folgendes: ,,Gut, dass es heute diese Möglichkeit gibt. Es hätte mir viel erspart, wenn ich das hätte so machen können." Mein Oberarzt (eher so der Montag unter den Menschen), ebenfalls anwesend meinte: ,,Naja, ich weiß nicht. Dazu scheint es mir eigentlich noch mehr Disziplin zu benötigen. Uns hat man an der Uni ja gesagt, was wir tun müssen und man hat uns regelmäßig auf die Pfoten gehauen. So ganz von zu Hause, ohne Prof, das ist schon wirklich hart." 😁

    Irgendwann, als ich sicherer wurde und merkte, dass ich meiner Arbeitsleistungen und Person wegen geschätzt wurde, erzählte ich auch vom Fernstudium. 
    Feststellung:
    - Meine ärztlichen Kollegen kannten so etwas nicht. Durch die Bank finden es alle spannend. Fragen sind häufig, ob man auch Medizin im Fernstudium studieren könne. Oder ob es vielleicht Weiterbildungsstudiengänge für ihre  Facharztausbildung gibt. Drei davon studieren jetzt selbst im Fernstudium  Es sind interessanterweise informatische + BWL- Studiengänge geworden. Wie auch immer die das bei dem Workload machen.

    Meine approbierten Kollegen (psychol. Psychotherapeuten) fanden spannend, dass wir auch mal jemanden an der Klinik haben, der einen komplett anderen Weg gegangen ist und damit zum Ziel kam. Der Respekt dafür geht durch die Decke. 

    Meine Mit-Kollegen (Pias/Psychologen im Klinikjahr) interessieren sich nicht dafür, auf welchem Wege man hierher kam. Sie haben selbst zwar Top-Referenzen, aber nutzen das weder zur Selbstdarstellung, noch zur Abwertung anderer. Erwähnt man das Fernstudium, finden sie das eher spannend und fragen, die mal kommen sind: "Wie hast du das alles zusammen geschafft, mit Kindern usw.?"

    Mein Ausbildungsinstitut hatte kein Problem mit meinem Campus-Master, der Fernsudium-Bachelor wurde hingegen etwas kritisch beäugt - das lag aber daran, dass der Abschluss aus England kam und die sehr guten Module der OU leider teilweise etwas VHS-Kurs-artige Namen haben. Das Landesprüfungsamt für Ärzte + Psychotherapeuten guckt natürlich genauer hin bei der Zulassung. Sobald etwas Ausländisches dabei ist, wird näher hingesehen. Aber das gilt für jede Art Abschluss 😁

    Das nur mal so am Rande, wie stark leistungsfixierte Berufsgruppen ein Fernstudium sehen können. Die üblichen Vorurteile (Bettlägerig, faul, Angst vor Menschen, generelle Verwechslung mit VHS-Kursen) habe ich überwiegend vor 10 Jahren zu meinem Beginn gehört, und dies betraf ausschließlich Nebenjobs zum Brötchenerwerb. Ich glaube, dass das daran lag, dass ich per se damals nicht so selbstbewusst wirkte und es halt irgendwelche Fragen im Bewerbungsgespräch geben musste. Als Studi hatte ich ja sonst nicht viel zu bieten im Lebenslauf. 
    Seitdem hat sich aber auch eine Menge getan. 

    Was ich ebenfalls beobachte: Die Zahl der Fernstudi-Absolventen scheint zuzunehmen vor allem im Institut sehe ich das. Hier MEU, da PFH, dort SGD; aber auch reine Präsenz-FHs und Privat-Hochschulen sind dabei. 
    Und seit Corona scheint das Thema "Bildung mit Abstand" generell positiver bewertet zu werden.  Insgesamt ist es wohl noch zu früh, Trends zu beobachten, aber ich bin gespannt, wie sich das mit ein paar Jahren Abstand darstellen wird.  

    Das heißt natürlich andersherum nicht, dass man nur noch ein Fernstudium machen muss und dafür auf Knopfdruck respektiert wird. Man muss natürlich auch persönlich überzeugen. Aber das gilt für alle Berufsabschlüsse und -gruppen. 

    Trotzdem muss ich sagen, ist der Impostor in mir immer noch da ist und ich habe den Eindruck habe, dass er bei vielen Fernstudis irgendwo im Nacken sitzt. Viele haben ja noch immer das Gefühl, dass ihr Abschluss nichts bewirken würde und bewerben sich erst gar nicht, was schade ist.
    Mein Gefühl ist auch, dass die eigene Sicht auf sich selbst da eine Rolle spielt. Auch ich denke häufig noch, dass ich mindestens 2x so viel geben muss als andere, um meinen Nicht-Elite-Uni-Abschluss irgendwie auszugleichen. Oft zu Lasten der Selbstfürsorge. Aber man arbeitet dran und Erkenntnis ist ja oft der erste Schritt 

    Bleibt gesund & haltet zusammen,

    LG

    Feature Foto: shvets_production/pexels.com  

     
  8. Vica

    Theorie-Ausbildung
    Seit April hatte ich nun jedes Wochenende Seminar. Es war absehbar, dass diese Nadelöhr-Phase kommt. Und doch fiel sie mir mal weniger, mal mehr schwer, überwiegend letzteres 🤪 Zwar sind die Themen immer extrem spannend und interessant. Dennoch gab es zuletzt Schwierigkeiten mit so einer Seminarfülle bei mir. Selbst wenn ich irgendwie die mentale Power aufbringe, das durchzuziehen und aktiv mitzuarbeiten, bekomme ich ein Problem mit der Filterung der Informationen. Es blieben weniger Eindrücke und Informationen hängen, als wenn etwas Abstand zwischen den Seminaren lag. 

    Dieses Nadelöhr konnte entstehen, weil im Augenblick auch viele KJP-Seminare sind, die sich zwischen meine Erwachsenen-Seminare gequetscht haben. Mein Gedanke ist auch stets: "Mehr Gas geben und die Fortbildungspunkte zusammenkriegen, um schneller zu approbieren = hinten raus mehr Zeit." 
    Bis 2023 muss ich Seminare absolvieren. Je früher man alle absolviert hat, desto mehr Freizeit hat man später zwischen letztem Seminar und Examen. 80% sind bereits geschafft! 

    Tja. Aber ich merke so langsam auch, wie sich so eine gewisse Müdigkeit beim theoretischen Lernen einstellt. Ich bin fast ununterbrochen seit 2012 in der Weiterbildung. So langsam sehnt man sich danach, nach dem Feierabend einfach die freie Zeit zu genießen. Und auch die freien Wochenenden. Urlaub planen, ohne auf Seminatermine Rücksicht nehmen zu müssen.  Ich komme auch nicht umhin zu denken: "Ist gut jetzt, ich wende schon alles in der Klinik an. Wenn ich noch was wissen will, dann kann ich es auch einfach selbst nachlesen." 

    Ich merke interessanterweise bei Entspannungsübungen - Yoga- oder Meditationsversuche - wie müde und verkrampft ich mittlerweile bin. Und zudem sprechen mich Leute sogar schon von außen an, ob ich nicht ein bisschen viel mache momentan. Dazu gehören z.B. der Oberarzt, meine Supervisorin, der leitende Psychologe und nun sogar das Institut. Diese Entwicklung gefällt mir nicht. Und: Es wichtig, das sehr ernst zu nehmen und hier was zu ändern.  

    Was kann man konkret machen?
    Mein erster Anlaufpunkt ist immer, mit anderen drüber zu reden. Nicht nur Familie und Supervisoren, auch aktiv auf Kursteilnehmer zugehen. Es geht vielen tatsächlich auch so. Insbesondere den Eltern im Kurs. Aber auch die ungebundenen Singles ächzen. Daraus kann man Schlüsse ziehen. Man muss auch mal das Unangenehme beim Namen nennen: Steuert man auf einen Burnout zu? 

    Mein zweiter Anlaufpunkt war, mal meinen Präsentismus genauer unter die Lupe zu nehmen. Woher kam nochmal der Anspruch, immer und überall dabei sein zu müssen? Steckt da am Ende ein Fear-of-Missing-Out dahinter? Was soll der Perfektionismus - wie sympathisch sind mir denn bisher selbst perfekte Leute? Was hindert mich denn daran, ein Seminar mal zu einem späteren Zeitpunkt zu verschieben, machen andere ja auch. Ja, man muss um etwas bitten - wirklich so schlimm? Es ist ganz interessant, sich solchen Fragen mal zu stellen, egal wie unbequem sie erscheinen mögen.  

    Ein sehr wichtiger Punkt war, sich zu fragen, was alles angenehme Aktivitäten sind. Bei mir ist das die Family Zeit, die zu 1000% Kraftspender ist, kleine Dinge wie an freien Tagen irgendwo im Straßencafé Cappuccino trinken, Lieblingsserien schauen, gärtnern etc. :-) 
    Die Family litt zuletzt nicht unter den Seminaren, weil wir seeeeehr ausgeprägte Familien-Sonntage und Samstag-Abende machen und unter der Woche nach Feierabend genug Zeit bleibt. Trotzdem würde es mir persönlich besser gefallen, wenn man schon unter der Woche weiß, dass man sich auf ein Familien-Wochenende freuen kann, anstatt erst ein Seminar absolvieren zu müssen. Das hilft doch auch anderen, wenn ich entspannter zur Arbeit gehe. 

    Und natürlich muss man Nägel mit Köpfen machen. In nächster Zeit stehen viele Feiern bei den Kindern an: Musikaufführung, Ballett, die Schul-AG stellt sich vor, Kita-Kaffee-und-Kuchen-Nachmittag, Kids-Geburtstage...
    Es bedurfte gar keiner Überlegung, dass ich die Seminare, die da drauflagen, natürlich absage. Und so war der Anfang gemacht! Also habe ich sämtliche Seminare auf Herbst und Winter verschoben (dann als Gasthörer). 
    Das Gute ist, dass dann auch überwiegend wieder Online-Varianten stattfinden. Und schön entzerrt. 

    Einige Kursteilnehmer haben mitgezogen. Sie empfanden das so, dass unsere Diskussion darum das Gewinnbringendste in der letzten Zeit war. Und so kam es, dass im letzten Seminar tatsächlich nur noch 9 Leute saßen, statt 22. 😄 Alle anderen haben sich in eine Sommerpause zurückgezogen.

    Fazit:
    Ich hoffe, der Beitrag macht auch ein paar Fernstudis Mut, die ebenfalls dazu neigen, sich konstant zu überarbeiten. Man studiert und arbeitet ja nicht deswegen, um später teure Burnout-Therapien zu bezahlen 🤪


    Bleibt gesund & haltet zusammen


    Feature Foto: Tara_Winstead/pexels.com 
     
  9. Vica

    Theorie-Ausbildung
    Gibt es bei uns am Institut sowas wie Lehrbücher oder Pflichtlektüre, die wir können müssen? Kennt man ja zu gut aus dem Fernstudium.
    Tatsächlich ist die entspannte Antwort: Wir nutzen - zumindest bei uns - keine Kursbücher, sondern ausschließlich die Power Point Unterlagen der Dozent:innen. Mit dabei sind häufig Studien, an denen sie auch oft selbst beteiligt sind, und  manchmal wird eine Studie vorab geschickt, weil sie relevant für das Seminar sind. 

    Ansonsten ist man selbst dafür verantwortlich, welche Literatur man sich so besorgt. Natürlich auch finanziell :-) Man bekommt nichts vergünstigt oder gar finanziert, außer man ist Mitglied bei den Verbänden, da könnt ihr dann ein paar Euros rausschlagen. 

    Ich habe hier mal ein paar Bücher aufgelistet, die sich im Laufe der Zeit wirklich "herauskristallisiert" und zu Dauer-Favoriten gemausert haben, in denen ich also immer wieder lese. 



    Unter Sektion 1 ist das einzige Buch gefasst, welches ich aus der Studienzeit mit rübergenommen habe:
    Wittchen, Hoyer: Klinische Psychologie & Psychotherapie Das war unser Kursbuch für die Klinische an der PFH. Jeder klinische Psychologie kennt den Wittchen&Hoyer. Er bietet einen guten Überblick über die gängigsten Störungsbilder und wie man sie behandeln kann. Trotz seines massiven Umfang ist es jedoch immer nur ein kleiner Abschnitt; eben sehr "basic", darum kann es auch von Laien aus Interesse gelesen werden. Im Berufsalltag bringt es mir nichts, aber ich schaue manchmal ganz gerne rein, wenn ich noch kurze und knappe Infos für Power Point Folien etc. brauche. Ansonsten verwende ich es gerne, um den Laptop draufzustellen, es hat die optimale Höhe für bessere Kameraperspektiven. 😄 

    Unter Sektion 2 sind sämtliche Bücher, die über den Tellerrand hinaus zum Nachdenken anregen.
    J. Flieger und andere: Verhaltenstherapie - Was sie kann und wie sie geht. Ein Lehrbuch. (ist gar kein Lehrbuch, sondern enthält Fachaufsätze, u.a. sind da einige unserer Dozenten am Werk)  Klaus Grawe: Psychotherapie im Wandel - Von der Konfession zur Profession (Grawe ist sowas wie der Verhaltenstherapie - Papst. Das Buch ist eher aus therapiehistorischem Interesse zu lesen) Hartmund Rosa: Resonanz  (Das intellektuellste Buch, das ich besitze, darum kam ich hier nur langsam . Ist nicht psychologisch, sondern soziologisch, wie geht der Mensch in Beziehung mit seiner Umwelt, welche Faktoren hindern ihn und machen ihn krank?) Wilhelm Schmid: Schönes Leben (Das beste Buch zum Thema radikale Akzeptanz der Dinge) Laotse: Tao Te King (Für angehende Stoiker, ich lese viel darin und denke über die Spruchzeilen nach)
    Sektion 3 enthält Bücher über Kunstgriffe für Fallstricke, die direkt im Therapiegespräch auftreten können:
    Miller, Rollnick: Motivierende Gesprächsführung (geeignet für Patienten, die sehr gering motiviert sind und schnell abbrechen und wie man nochmal richtig empathisch-wertschätzender auf diese eingehen kann. Mein Chefarzt hat es mir damals geschenkt, meinte aber: "Ihre Berufsgruppe brauch das eigentlich nicht...". So ist es. Ich empfinde es eher für Ärzte geeigneter sowie grundsätzlich für alle Mitarbeiter einer Sucht-Station. Manfred Prior - Mini Max Interventionen. 15 minimale Interventionen mit maximaler Wirkung. (Für die richtige Wortwahl in der Therapie  - wird wohl auch gerne von Führungskräften aller Branchen gelesen.)
    Sektion 4 ist für die Approbationsprüfung:
    Kandale, Rugenstein: Repetitorium - Lehr & Lernbuch für die schriftlichen Abschlussprüfungen zum PP und KJP (ist darüber hinaus ein fantastisches Psychologielehrbuch, hilft aber gleichzeitig auch im Berufsalltag!)  
    Sektion 5 sind die "Ohne uns geht nix auf Station" - Bücher:
    Das  AMDP - System (Zum Verfassen psychopathologischer Berichte unerlässlich. Für Laien nicht zu gebrauchen!) ICD-10 (Für die Diagnose-Erstellung dringend. Online nützt euch das nichts, wenn ihr gerade mit dem Ärzteteam die Kurvenvisite macht und eine Diagnose erstellt. Also auch das Büchlein haben! Bitte nur lachsfarbene Ausgabe. Nein, die ICD-11 spielt noch keine Rolle im Klinikalltag) Klein & Klein, Willenborg: Mein erster Dienst - psychiatrische Fälle (deckt alles ab, womit man auf Station konfrontiert wird, Fallberichte, Medikation, Dialogvorschläge, Auswege aus Fixierungssituationen, Screeningfragebögen etc. Kleines Buch, riesen Wirkung (+Preis).  Irivine D. Yalom - Im Hier & Jetzt (Autor ist zwar Psychoanalytiker, Buch war trotzdem nicht als Manual, sondern eher bellestrisch geplant. Witzigerweise aber der größte Schatz zum Thema Gruppentherapie, den man finden kann und das einzige gute Buch in diesem Bereich)  Gall-Peters, Zarbock: Praxisleitfaden Verhaltenstherapie (brauche ich für die Therapieplanung für einzelne Störungsbilder) Surall, Zarbock: Berichte an den VT - Gutachter (Textvorschläge für die Berichte an die Krankenkasse, die ausschlaggebend für die Kostenzusage sind. Seeeehr wichtig) Farrel & Shaw: Schematherapie in Gruppen bei Borderlinern (Gibt Besseres m.E., aber es gab nur wenige Bücher zum Thema Gruppen mit Borderlinern)  Friedmann Schulz von Thun: Miteinander reden (Nur für Patienten, sie schlagen immer gut auf die von ihm vorgestellten Modelle an)  
    Sektion 6: Blaue Reihe 
    Enthält Manuale zu den unterschiedlichsten Störungsbildern. Sie sind Gold wert und existieren zu fast jeder Störung. Reihe wird auch ständig erweitert. Ich habe ziemlich viele. Meiner Meinung nach die besten Bücher zu Psychotherapie überhaupt. (Achtung: Bei KJPs ist es die Gelbe Reihe.
    Sektion 7: Zeitschriften 
    Sie enthalten neben Studien das neueste aus der Psychotherapieforschung, Ausbildungssituation, Berufsordnung etc. pp. 
    Verhaltenstherapie & Psychosoziale Praxis: Gibt's nur im Abo für PiAs Report Psychologie: Die Zeitschrift des BDP, gibt's im Abo für PiAs, PP/KJPs und auch für Psychologie-Studenten, sofern der Bachelor/Master den Vorgaben des BDPs entspricht.  Psychotherapie Aktuell: Gibt's im Abo der Deutschen Psychologen Vereinigung, für mindestens PiAs.   
    Das ist also so meine persönliche Bücherkiste. Sie kann bei jedem unterschiedlich sein, da es in jedermanns eigenem Ermessen liegt, was er sich so anschafft. Das hängt natürlich auch davon ab, welche Störungsbilder auf Station gefragt sind und in welche Richtung man sich später vielleicht vertiefen will. 

    Für den KJP mache ich mal einen eigenen Bücher-Beitrag :-). 

    Bleibt gesund & haltet zusammen,
    LG


    Feature Foto: Privat 
  10. Vica
    Ein für Außenstehende eher unsichtbarer Teil der Psychotherapeutenausbildung ist die sogenannte Selbsterfahrung. Während man im Theorieteil alles über Störungsbilder, Interventionen oder auch mal Diagnostikschulungen etc. macht, geht es bei der Selbsterfahrung um Folgendes:
    Förderung der Toleranz und Offenheit ggü den Patienten Förderung der Empathie ggü den Patienten Reduktion der eigenen Verletzlichkeit (wegen dysfunktionalen Emotionen, die hier auftreten können, z.B. auf Kritik gekränkt reagieren, falsche Stimmlagen des Patienten als persönliche Abwertung missverstehen etc. pp.)
    welche Einflüsse z.B. meine Biographie auf meinen Berufswunsch hat und wie diese das Patient-Therapeuten-Verhältnis beeinflussen können. Und auch, was den oben genannten Punkten im Weg stehen kann. Das kann so aussehen:

    - Wer alkoholkranke Eltern hatte, wird vielleicht in der Sucht von einem Alkoholiker selbst getriggert
    - Wer aus einem behüteten, leistungsorientierten und distinguierten Elternhaus kommt, hat vielleicht Probleme damit, Interventionsmethoden für eine analphabetische, substanzabhängige Patientin zu finden, die seit Jahren ohne festen Wohnsitz ist.
    - Ein Therapeut, der in seiner Kindheit nie Anerkennung und emotionale Vernachlässigung erlitten hat, will sich selbst heilen, indem er andere heilt. Damit das Leben doch gerecht verläuft. Häufige Folge sind Rettungsfantasien und Burnout, weil sich das nie erreichen lässt. 
    Und und und.

    Die Verhaltenstherapie geht davon aus, dass Empathie an sich kein stabiles Konstrukt ist und mit der Zeit nachlassen kann, eine Empathieermüdung stellt sich ein. Das soll im Patientenkontakt aber nicht passieren. 

    Deswegen müssen wir uns in der Selbsterfahrung immer und immer wieder den dunklen und blinden Flecken unserer Vergangenheit stellen. Die Schale muss platzen. Nicht nur alles, was kränkt und gekränkt hat, muss raus, sondern auch jedes Vorurteil bekommt Raum. 
    Und das ganze vor versammelter Mannschaft, also 20+ Kursteilnehmern sowie 1-2 erfahrenen Psychotherapeuten. 

    Die  Selbsterfahrung nimmt viel Raum ein, häufig fängt sie Donnerstag an und hört am Sonntagnachmittag auf. Es soll jeder zu Wort kommen, das dauert. Sie kann auf unterschiedliche Weise stattfinden:
    Anfangs besteht sie aus Gruppentherapie für jeden Teilnehmer. 
    Dann wird es intensiver und hat meist viele gestalttherapeutische Inhalte. 
    Manche fortgeschrittenen Kurse fahren ein Wochenende ins Kloster in den Bergen und kommunizieren dort ein Wochenende, ohne jemals einen Ton zu reden! (nein, nicht über Telepathie 😄). 
    Es gibt da keine direkten Grenzen, wie man solche Selbsterfahrungen gestalten kann. 

    Aber auch Körperwahrnehmung, ein Gespür für eigene Grenzen und die Möglichkeit der Modifikation von Bewusstseinszuständen wird erprobt. Dadurch nimmt man als Therapeut nicht nur Patientenperspektive ein und erfährt, wie schwer es eigentlich ist, über gewisse Dinge zu reden, sondern betreibt auch Selbstfürsorge und Burnoutprophylaxe.  

    Auf diesem Weg wird auch vermieden, dass man es bei Therapeuten mit Leuten zu tun hat, die nur nach Schema F Fragebögen abfragen, das ganze als Leistungsding betrachten ("Guckt mal, ich hab's bis hierher geschafft!") oder sich den ,,drei therapeutischen Teufeln" hinzugeben: Neugierde, Macht, Selbstheilung.  

    Ich persönlich mag es eigentlich gerne, meiner Bio mal Raum zu geben, aber vor einem Selbsterfahrungs-Wochenende habe ich doch immer Respekt. Ich merke manchmal auch, wie ich mich dagegen dezent sträube und im Seminar selbst wird mir dann klar, welchen Grund das hat.
    Bewreut habe ich es noch nie und ich habe generell noch niemanden gehört, der sagt, er habe nicht davon profitiert. Am Sonntag geht es stets zurück - maximal erschöpft, aber befreit. 😊

    Bleibt gesund und haltet zusammen,
    LG

    Feature Foto: Cottobro/pexels.com

     
  11. Vica

    Alumna - Dasein
    Wenn ich was aufräume: 1% Aufräumen, 99% an wiedergefundenen Sachen hängenbleiben und schwelgen!
    So war es auch gestern beim Platte-Entrümpeln. 😁 Eine kleine Zeitreise in die Vergangenheit war das, die irgendwie noch gar nicht so lange her ist. Und doch fühlt es sich so an, als wäre mein Studium mindestens ein Jahrzehnt her! Toll finde ich, wie nostalgisch ich darauf zurückschauen kann. Obwohl überwiegend Fernstudium, habe ich sehr schöne Erinnerungen dazu im Kopf.

    Zum Beispiel...


    ...diese wunderschönen Studienbücher der Open University im Bachelor Psychologie (leider nur kleine Auswahl hier). Was war das für eine Freude und Aufregung, wenn das lang ersehnte Großbritannien-Paket hier eintraf. Es kam via Royal Mail hierher. Meine Study Mates in Großbritannien hatten es logischerweise schon nach 1-2 Tagen. Bei uns Festland-Europäern dauerte es aber locker schonmal bis zu 8 Wochen. Zusammen mit einer Kurs-Freundin aus Schweden und einigen Exil-Briten in Deutschland (meist Soldat:innen oder deren Ehefrauen) machten wir uns jeden Tag Mut, dass es sicher bald kommt.


    Das Paket ging sehr mysteriöse Wege durch Luxemburg, Belgien etc.  Es kam dann in einem sehr seltsamen blauen "Santa Bag" und war für mich das größte Überraschungsei.
    Ich habe nie wieder so tolle Studienbücher erlebt. Die gab's anbei auch als Digital-Ausgabe im Onlinestudienzentrum. 



    ...der Vorlesesaal im ersten Master-Semester der FernUni Hagen. Was für ein Bau, was für ein Feeling! Und zum ersten Mal ein Studium auf Deutsch, das Gefühl war schon...anders 😁


     
    ...der erste Kaffee in Göttingen. Ich weiß noch, dass der umsonst war, weil die Zubereitung so lange dauerte. Dabei hatte ich damit gar kein Problem, weil ewig Zeit!. Ich hatte meine erste Zugverbindung nach Göttingen so gewählt, dass ich 3 Stunden vorher ankomme, um mich zu orientieren. Die PFH ist 700 Meter vom HBF Göttingen entfernt. Aber bei mir weiß man ja nie 😅 
    Und die Suche nach dem Gebäude der PFH...😄 Ich weiß noch, dass ich zunächst nicht glauben konnte, dass es so unspektakulär einfach über einem Café war. Ich hatte einen futuristischen Prachtbau à la Fernuni Hagen erwartet. 
    Später habe ich das natürlich im Schlaf gefunden. 


    Ein bisschen was Gesundes vorkochen für die Woche Block-Seminare in Göttingen....😁 (Dann aber schon vor der Mittagspause alles verputzen, um dann später doch mit den anderen zu Vapiano oder in die Mensa zu gehen). 



    Wenn das Baby die Karteikarten verschönert...



    Der Notfallplan, wenn deine Hochschule mitten im Evakuierungsgebiet nach einem Bombenfund steht. 


       
     
      
    Meine Lernunterlagen waren damals ziemliche ,,Kunstwerke". Das lag wahrscheinlich auch mit daran, dass ich neben dem Studium keinen kreativen Hobbys mehr nachgehen konnte. Also habe ich sozusagen beides vereint bzw. versucht, zu vereinen. Das war dem Lernen damals sehr zuträglich 


      

    Nachdem die Masterarbeit an der PFH genehmigt wurde, hatte ich genug Bedingungen zusammen, um mich an der Uni Münster als Gast-Student einzuschreiben, konnte deren Seminare, Bibliotheken und Mensa nutzen (+Vorlesungen, sofern man wollte), Bücher ausleihen etc. 
    Da fühlte ich mich nochmal richtig wie ein Student. Morgens mit vielen anderen zum Schreiben kommen, mittags in die Mensa, abends nach Hause. Allen anderen ging es auch so 😄

    Das sind natürlich nur kleine Ausschnitte und viele andere Bilder kann ich nicht zeigen, weil sie die Kommilitonen und Profs zeigen. 
    In Erinnerung kommt mir das ganze sehr unbeschwert vor, aber ich weiß, dass es sehr viel Arbeit war und viel Kraft gekostet hat, das Studium durchzuziehen. 

    Aber ich finde es schön, so positive Erinnerungen daran behalten zu haben.

    Ich bin sehr gespannt, was von der Weiterbildung hängenbleiben wird 😁

    Bleibt gesund & haltet zusammen,

    LG

    Feature Foto:  周 康/Pexels
    Artikelbilder: Privat 
  12. Vica

    Ambulanzzeit
    Freude, Freude über die kommende Praxis-Zeit! Schon gegen Mitte/Ende des Sommer kann es losgehen und ich kann hier meine ambulanten Stunden sammeln. Aber: Zunächst läuft das neben meinem Klinikjob, wo mein Vertrag bis Ende des Jahres geht, das lässt sich nicht vermeiden, da ich ja auch auf meine Klinikstudenten kommen muss. 

    Die Praxis und meine Räume habe ich jetzt schon mehrmals besichtigen können und auch am ersten Teamtreffen durfte ich mich beteiligen und schon Ideen einbringen. 

    Mein Institut hat mir eine To-Do-Liste geschickt. 

    Folgendes ist vorm Start zu tun:
     
    Mitglied in der Psychotherapeutenkammer werden (Der Punkt, der mich am meisten erstaunt! Ich dachte, das geht nur bei Approbierten. Wegen der horrenden Beiträge kam ich schon ins Schwitzen. Aber zum Glück ist das Ganze in der Ambulanzzeit noch kostenlos! Sogar die Beiträge ins Versorgungswerk kann man jetzt schon freiwillig leisten, wenn man möchte). 
      Dienstnummer + Dienst-Smartphone (auf eigene Kosten natürlich. Ein Smartphone deswegen, weil einige Patienten auch definitiv Messenger nutzen wollen für Terminabsprachen etc., z.B. solche, die Angst vorm Anrufen haben. Ich nehme wohl einfach den günstigsten Tarif, den ich finde). 
       Kartenlesegerät des Instituts beantragen (diese werden dann am Ende des Quartals ans Institut geschickt und kommen dann wieder rechtzeitig zurück). Blöd: Man muss zunächst auf die Warteliste dafür. 
      Ein Starter-Paket "Ambulanz" beantragen (Sozusagen eine Wundertüte des Instituts. Drinnen sind aber Handbücher, Anträge auf Kurzzeit- und Langzeittherapie für die Krankenkasse, andere Formulare und vielleicht gibt's auch sowas wie 'nen Kugelschreiber dazu 😅
      Ordner für Patientenakten beantragen (k.A., wie man sich das vorstellen soll, da bin ich mal einfach offen)
      Terminbuchungs-Software + Lizenz dafür (Oha...ich hoffe, ich komme damit zurecht. Schluck.)
       Ein spezielles Antragsseminar besuchen (um alles über den theoretischen Hintergrund der Ambulanzzeit zu erfahren. Ohne darf man nicht anfangen! Hoffentlich gibt es eine Einweisung in die Software)
      Nachweis über eine vollständige Masern-Impfung/Genesung von Mastern/ausreichend Titer (das Gesetz ist noch neu, aber ein sehr intensiver Streitpunkt für viele. Ich bin hier versorgt, musste das aber schon vor der Arbeit in der Klinik nachweisen)
      Sich einen Steuerberater suchen (der Verdienst ist dermaßen umständlich zu versteuern, erst recht, wenn es eine Nebentätigkeit neben der Klinik ist. Mit einem Steuerberater hatte ich noch nie zu tun, mir ist es absolut recht, wenn da ein Profi drüber schaut :-) ).  
      Optional: Visitenkarten + Onlinepräsenz (die Gestaltung solcher Punkte macht mir am meisten Spaß, ist aber der unwichtigste Posten 😅).  
    Es gibt also noch ein bisschen was zu tun. Das ist aber die Art Besorgung, die ich gerne mache und fällt für mich unter sowas wie "Vorfreude-Shopping". 

    Bleibt gesund & haltet zusammen,
    LG

    Feature Foto: Karolina Grabowska/pexels.com
  13. Vica

    Ambulanzzeit
    Mit der bestandenen Zwischenprüfung komme ich in den kommenden Monaten in eine andere Phase der Ausbildung, die Ambulanzzeit. Während dieser arbeitet man als Psychotherapeut:in einer Praxis (allgemein das, was viele Leute unter  Psychotherapeut:innen verstehen). Für mich geht es damit ans Eingemachte, denn eine Praxis ist schließlich auch mein Endziel. 

    Jedes Ausbildungsinstitut hat eine eigene "Praxis" (die Institutsambulanz), in der man sich als Patient auch ganz normal behandeln lassen kann. Da ist ein Platz garantiert. Aber auf mein Institut bezogen das kommt nicht in Frage, da dieses viel zu weit weg ist und ich schlecht 250 km anreisen kann für Patiententermine, die 1-2 Stunden gehen und weit auseinanderliegen können. Mit Bus + Bahn ist das auch sehr unüberschaubar, ob ich wirklich zum besagten Termin ankomme. 

    Wenn man nicht im Umkreis wohnt, muss man selbst eine Praxis finden. Mit der Zwischenprüfung hatte ich dann das Okay, loszulegen mit der Bewerbung. Ich habe direkt eine Praxis ins Auge gefasst, die hier vor Ort ist. Schon seit dem Studium komme ich immer wieder an ihr vorbei (liegt zentral) und ich denke immer wieder: Was für ein Träumchen, wenn man dort eine Stelle hat. 

    Der Impostor in mir hat sich direkt zu Wort gemeldet: Das kann man vergessen, da werden sich viele melden, Leute aus den hiesigen Ausbildungsinstituten gehen bestimmt vor. Außerdem hatte ich keine Lust auf schlechte Nachrichten, wie z.B. Absagen und die damit verbundene Neuorientierung. Zusätzlich ist die Erreichbarkeit so einer Praxis schwierig, oft gibt's gerade mal eine einzige Telefonstunde am Tag. 

    Das waren dann Dinge, die mich zunächst zögern ließen...aber letztlich habe ich dann doch mal eine Anfrage geschickt, ob es überhaupt Kapazitäten gibt...

    Tja, und: Lange Rede, kurzer Sinn: Es gab dann ein Telefonat - und es hat geklappt  Und das Paradoxe: Nicht nur ich habe mich darüber gefreut, sondern auch der Betreiber. Es ist ein junger Psychotherapeut, der die Praxis gerade erst übernommen hat und dort mit einem Team weiterer Therapeut:innen eingezogen ist und davon träumt, daraus eine neue Art der Lehrpraxis zu machen. Und freut sich, nun eine PiA zu haben. Interessanterweise hat er etwas Ähnlichkeit mit unseren Forenbetreiber @Markus Jung. 😂 
    Nächste Woche treffen wir uns schon zur Absprache, wer wie viele Patient:innen übernimmt.
     
    Für euch heißt das: Auch wenn man selbst etwas für ,,aussichtslos" erklärt, lohnt es sich trotzdem, da einfach anzufragen. Es gibt nichts zu verlieren und oft sind das nur wieder die eigenen Impostor, die sich da melden. 

    Für mich heißt das: Endlich ein Job vor der eigenen Haustür, an einem schönen Ort, nämlich in der Heimat! 😍 Und anfangen kann ich schon im Sommer, an den Tagen, wo ich nicht in der Klinik bin mit erstmal 3 Patient:innen (bis Winter muss ich noch die Klinikzeit laut Vertrag zu Ende machen). 
    Ich liebe es, wenn solche Sachen geklärt sind. Auch lange im Voraus! Na klar gibt's viele Unbekannte. Aber damit wird man zu gegebener Zeit dann umzugehen wissen.

    Bleibt gesund & haltet zusammen,

    LG

    Feature Foto: Engin_Aykurt/pexels.com

     
  14. Vica

    Theorie-Ausbildung
    Mittlerweile kam das Ergebnis der Zwischenprüfung reingeschneit. Für einige war das ein richtiger Nervenkrimi, denn die Bescheide kamen stoßweise.  Der eine hatte was, der nächste noch nichts. Das zog sich über eine Woche. Die Massenpanik in WhatsApp habe ich ratlos verfolgt. Ich war ehrlich gesagt weniger nervös. Von einem Bestehen ging ich aus, der Rest ist eh egal, so wie ich mich auch jetzt schon nicht mehr erinnere, wie gut oder schlecht ich bei den meisten Klausuren im Studium abgeschnitten habe. 
    Mein Ergebnis war unter den letzten Sendungen. Ich konnte es wegen eines technischen Problems einen weiteren Tag nicht abrufen, aber auch das fand ich nicht weiter schlimm. Bis dahin war schon viel Diskussion in WhatsApp: Die Ergebnisse waren zum Teil wirklich nicht gut, insbesondere im Bereich der psychopathologischen Gutachterberichte ( @TomSon: Vom Prinzip sowas wie die Hausarbeit in einem der ersten zwei Mastermodule der FernUni Hagen). 
    Nachdem, was ich so gelesen habe, habe ich dann auch nicht mehr sooo viel erwartet bezüglich der Bewertung. 

    Mein Ergebnis war aber gut - und ist -zusammen mit einer anderen - das Beste im Kurs, sagte die Dame am Telefon, mit der man das Ergebnis bespricht. 😇 Das ist schön, ein Kursbester war ich bisher noch nie. Allerdings verheimliche ich diesen Umstand in unserer Runde lieber, da viele dort einfach down sind wegen ihrer schlechten Ergebnisse. 

    Mir ist auch aufgefallen, dass dies die zweitletzte Prüfung in meinem Leben gewesen sein dürfte. Interessanterweise habe ich sie am wenigsten von allen Prüfungen vorbereitet. Jetzt kommt nur noch die Approbation. 
     
    Mir fällt auch auf, dass es mir schwieriger fällt, darüber echte Freude zu empfinden - es ist mehr ein "Zur Kenntnis Nehmen eines freudigen Ausgangs", ungefähr wie ein bewilligter Urlaubsantrag. Das war mit den Klausuren im Studium anders, da habe ich über jedes Ergebnis Freudentänzchen aufgeführt. Ich glaube, ich bin mittlerweile Prüfungs- und Prüfungsergebnismüde.   Vielleicht gibt's aber auch zu viel Störrauschen für Freude: Arbeit en masse, viele Seminare und zwei Fachvorträge mit viel Vorbereitung ☠️ Auf den Urlaub freue ich mich da mehr. 

    Bleibt gesund & Haltet zusammen,
    LG

    Feature Foto: Ylanite Koppens/pexels.com
  15. Vica

    Ganz normaler Klinik-Wahnsinn
    ...die aktuell noch im Studium sind.
    Ich wünsche mir oft zurück, dass ich im Studium bei gewissen Dingen noch vertiefter reingegangen wäre, andererseits vergisst man leider viel, wenn man es nicht braucht. Daher ein paar Tipps von mir, welche Dinge im klinischen Alltag besonders wichtig sind. 
     
    ICD-Codes für Diagnosen lernen
    Ich fand diesen Punkt im Studium ziemlich anstrengend und nervig. Da sie in vielen Klausuren abgefragt werden, besteht schnell die Gefahr, dass man in kurzfristiges Auswendiglernen verfällt. ICD-Codes sind allerdings Dinge, die im klinischen Alltag alltäglich gebraucht und auch aus dem Stehgreif heraus in den Kurvenvisiten mit dem Chefarzt bzw. Oberarzt diskutiert werden. Und ihr selbst vergebt sie schließlich auch! Kliniken werden vermutlich überwiegend mit dem ICD-10 arbeiten, wovon für uns vor allem das Kapitel V wichtig ist. Natürlich muss man nicht jede Codierung kennen, aber die Gliederung sollte man draufhaben, z.B. dass man Wahnhafte Störungen unter F20-F29 findet, affektive Störungen unter F30-F39 usw. Da man nicht alles auswendig wissen kann, empfiehlt es sich, bei den Visiten immer einen ICD-10 dabei zu haben. Man kann sich nicht darauf verlassen, dass die Klinik einen stellt, somit würde ich mit einen eigenen anschaffen (lachsfarbene Ausgabe).  
      Kommunikation
    Dieser Punkt klingt vielleicht erstaunlich, aber man sollte lernen, im und mit dem Team zu diskutieren. Im klinischen Bereich arbeiten multiprofessionale Teams und insbesondere der Chefarzt oder Oberarzt ist nicht immer einer Meinung mit Stationsarzt und Psychologen, obwohl die beiden letzteren viel näher am Patienten dran sind. Auch die Pflege hat oft ganz andere Vorstellungen davon, wie ihr euren Job machen solltet. Darum gibt es nichts Wichtigeres als: Auch mal - höflich - widersprechen. Respektvoll und freundlich bleiben, aber sich auch abgrenzen. Neue Ideen reinwerfen. Auch mal riskieren, dass man verbal einen Kopf kürzer gemacht wird (das verschafft mehr Respekt, als man denkt und verbessert auf Dauer den Team-Zusammenhalt). Aber auch akzeptieren, wenn das Team zu einer anderen Vorgehensweise kommt und man selbst seinen Plan verwerfen muss.
    Diese Fähigkeiten beherrschen weniger, als man denkt, man lernt auch nichts über solche Verhandlungen im Studium. Viele sitzen dabei wie stille Mäuschen, sind regelrecht schüchtern und zeigen vor allem eins nicht: Eigeninitiative. Wichtig finde ich, dass man nicht nur Ideen reinwirft, sondern auch sagt, wie man sie umsetzt, also z.B. ,,Ich habe bei Patient XY den Verdacht einer paranoiden Schizophrenie. Also mache ich einen [entsprechenden Test, z.B. ESI] mit ihm." 
      Vernünftig dokumentieren 
    Das Dokumentieren von Therapiegesprächen, Patientenkontakten, Gruppen, besonderen Vorfällen etc. ist das A und O in einer Klinik. Es soll eigentlich direkt nach jedem Gespräch passieren. Das klingt nach zu viel verlangt, aber Ärzte im ambulanten Setting schaffen es auch. Es gilt so die Waagschale zwischen Zeitmanagement und krankenkassenkonformen Dokumentieren zu finden. Das heißt: Keine Romane schreiben, wichtig ist, dass eines drin ist: Behandlungsauftrag und Behandlungsziel. Denn der MDK (medizinische Dienst der Krankenkasse) liest die Dokus mit und wird überprüfen, ob die Kosten für den Klinikaufenthalt hier wirklich gerechtfertigt sind.
    Das ist eine Sache, die schon gleich am Anfang mit Anleiter oder Oberarzt geklärt werden sollte, wie hier das Dokumentierschema ist. 
      Das AMDP - System 
    Das wurde bei uns im Studium nur kurz angerissen und ist unerlässlich für den psychopathologischen Befund in vielen Kliniken. Das so genannte "Manual zur Dokumentation psychiatrischer Befunde" von der Arbeitsgemneinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie. Unbedingt empfehlen würde ich euch, das Manual von Hogrefe anzuschaffen. Die Erläuterungen und Beispiele zu Begriffen wie "Gedankenentzug", "Wahneinfall" oder "abends besser" sind oft völlig anders, als man denken würde. Außerdem erwarten Ober- und Chefarzt meistens, dass man sie einigermaßen drauf hat. Es gibt auch Fragebögen-Sheets, die ihr zum Kurz-Screening bei der Diagnostik verwenden könnt. 
      Selbstfürsorge und aushalten, dass andere einen doof finden
    Letztlich etwas, was gerade Anfänger nicht können, sowohl Psychologen als auch Stationsärzte. Tatsächlich tappt man leicht in die Überstundenfalle. Psychologen haben zudem oft falsche Allmachtsfantasien wie z.B. Patienten retten zu müssen oder um jeden Preis ihr Problem zu lösen.
    Ansonsten ist man schnell im Hamsterrad, das keine Feierabenduhr kennt:  Hier noch ein Patient, hier noch eine Krisenintervention, noch nicht zu Ende dokumentiert, für Urlaub keine Zeit, Pause mache ich auch nicht etc. Ach, und die Präsentation mache ich doch gleich zu Hause....Selbstfürsorge im klinischen Bereich ist unbeschreiblich schwer. Niemand schützt euch vor Überarbeitung, aber auch niemand verurteilt meiner Meinung, die sich hier selbstfürsorglich abrenzen - außer vielleicht man selbst. Ich arbeite selbst noch mit meiner Supervisorin daran. Zum Glück habe ich auch einen Oberarzt, der mir keine Überstunden genehmigt. 
    Also achtet auf euch. 
    Pause ist NICHT, beim Dokumentieren zu essen!
    Krankwerden bedeutet NICHT, dass man ein schlechtes Gewissen haben muss.
    Urlaub ist NICHT anderen gegenüber egoistisch. 
    Dass der Oberarzt am Telefon kurz angebunden ist, bedeutet NICHT automatisch, dass er euch eure Krankmeldung übel nimmt. 
      Psychologische Tests kennen
    Jaaa, die allseits nicht so beliebte Testdiagnostik war im Studium wie das Erlernen einer Bedienungsanleitung für ein Gerät, welches man gar nicht besitzt und noch nie gesehen hat. Eure Klinik stellt euch alle Tests zur Verfügung, auch Batterien. Es macht Eindruck, wenn ihr bei der Kurvenvisite wisst, welchen Test man mal ansetzen könnte. Setzt euch daher am besten schon im Studium sehr gut mit Tests auseinander, besonders die Aussagegrenzen sind wichtig und die Voraussetzungen. Ober- und Chefarzt haben die nicht unbedingt auf dem Schirm. Es macht z.B. keinen Sinn, einen produktiv wahnhaften Patienten an einen Intelligenztest zu setzen. Manuale zu den Tests hat idR jede Klinik, also keine Panik.   
     Natürlich immer sehr subjektiv, aber diese Punkte scheinen sich auch mit anderen Ausbildungsteilnehmern zu decken :) 

    Bleibt gesund & haltet zusammen,
    LG

    Feature Foto: Thirdman/pexel.com
  16. Vica

    Theorie-Ausbildung
    So, nun kann ich auch einen Haken an die Zwischenprüfung setzen. Sie bestand aus zwei schriftlichen Teilen und einem mündlichen, der in einer spontan zusammengewürfelten Gruppenarbeit abgehalten wurde und dann in 30 Minuten vorgetragen wird (Fallvignette, zu der man dann einen Behandlungsplan erstellt und ihn begründet). Der schriftliche Teil bestand aus MC-Fragen und einigen Zweizeilern. Das fand ich insgesamt nicht zu anstrengend, was auch daran liegt, dass ich durch den Berufsalltag viel mit diesen Themen zu tun habe. Es gab auch einige Fragen zum Psychotherapeutengesetz, die ich kniffeliger fand, aber letztlich kam ich dann doch drauf. 
    Dann gab es noch einen Hausarbeits-Teil, für welchen man zwei Wochen Zeit hat. Bestehend aus einer Fallvignette, für die ein Gutachter-Bericht an die Krankenkasse verfasst wird und ein Behandlungsplan und Prognose, sowie weitere berufsrechtliche Fragen zur Arbeit in einer Praxis.
    Nun ist alles abgegeben. Wie ich bestanden habe, erfahre ich dann in spätestens 2 Wochen. Ich gehe ehrlich gesagt davon aus, dass es schon ganz gut gelaufen ist, zum Bestehen wird es auf jeden Fall reichen. Die Note fließt in meinen Berner Master ein. 
     
    Kaum zu glauben, dass die Hälfte der Ausbildung damit schon vorbei ist. Danach beginnt die PT2 und kurze Zeit später die Ambulanzzeit, in der man dann in der Praxis eines Psychotherapeuten Patienten behandelt. Für die, die damit nun gar nichts anfangen können und sich fragen, was mir das Bestehen bringt: Ich werde von der 1. in die 2. Klasse (von 3 Klassen) versetzt 😄 
    Und nein, ich habe noch keinen Platz in einer Praxis und auch mit der Bewerbung (für Winter) noch nicht angefangen. Ich bin aber durch die neue Arbeitsgruppe sehr motiviert, das jetzt zu starten. Die Priorität lag aber zunächst auf der Prüfung. Heute Morgen gab's vom Institut schon eine Mail mit einem Starter-Set (Krankenkassenantrags-Formulare etc., Benutzer-Handbuch für die Kartenlese-Software usw.) für die Ambulanzzeit. K.A. ob das so sporadisch gemacht wurde, aber ich gehe jetzt einfach davon aus, dass das ein gutes Zeichen im Bezug auf die Prüfung ist (Wunschdenken darf auch mal sein) 😅

    Bleibt gesund & haltet zusammen,
    LG

    Feature Foto: Johannes Plenio
     
     
  17. Vica

    Theorie-Ausbildung
    Zwangsweise mussten ein Kollege und ich uns eine neue Arbeitsgruppe suchen. Die sind vom Institut aus verpflichtend, die Zeit, in der man Seminare nacharbeitet fließt in die Ausbildungszeit.  Nun hat sich unsere Arbeitsgruppe nicht mehr bei meinem Kollegen und mir gemeldet. Eine Erklärung dafür haben wir auch jetzt nicht - aber ich denke mal, dass man das auch aushalten kann. Die 3 kennen sich schließlich seit dem Bachelor (also von jetzt aus seit 7 Jahren) und hingen schon da untrennbar zusammen. Noch dazu sind sie extremst introvertiert. Mein Kollege und ich kamen als Fremde von außen in diesen Kreis sozusagen. Da wir irgendwann ein Zeitproblem bekamen und auch nicht fachlich weiterkamen, haben wir mit Leuten aus dem Kurs gesprochen, mit denen wir uns sehr gut vertragen. Und haben schließlich beschlossen, als Gruppe zu fusionieren 😄

    Mein Kollege hat auf die Ghosting - Geschichte etwas verärgerter reagiert und ist kommentarlos aus der alten Keine-Antwort-Gruppe ausgetreten. Ich habe dann nochmal eine Erklärung dagelassen, warum wir ab jetzt getrennte Wege gehen wollen. Daraufhin kam - oh Wunder! - dann tatsächlich eine Reaktion, wo sich für die tolle Zusammenarbeit bedankt wurde. Tja, die fand zwar kaum statt...aber so war es dann ein versöhnliches Ende der Geschichte.
    Dachte ich zunächst. Mein Kollege hat nämlich mit anderen Leuten im Kurs über den Vorfall gesprochen, die sich jetzt alle mit ihm echauffiert haben. Insofern geht gerade ein wenig ein Riss durch den gesamten Kurs. Die 3 stört's auf den ersten Blick nicht - sie hatten auch vorher schon wenig Anschluss, bemühen sich aber andererseits auch nicht darum. Alles was sie brauchen, scheinen sie mit ihrem 3er Team zu haben. Trotzdem ist es schon schade so. 

    Ich glaube, hier ist es schwierig, dass so viel Theorie bisher in Online-Form stattfand und es somit schwer ist, "familiär zusammenzuwachsen", wie es ein Grundsatz bei unserer Ausbildung ist. In den Jahrgängen davor hat das immer prima geklappt. 

    Das Gute ist, dass es die Beste Idee war, eine neue Arbeitsgruppe zu suchen. Zum einen sind wir ständig im Austausch und hatten bereits viele Arbeitsgruppentreffen, bei denen ich tatsächlich etwas gelernt habe. Da das Klinikjahr bei uns bald zu Ende geht, haben wir auch schon viel auf die Beine gestellt für die Zeit danach. Das ist die Ambulanzzeit, wenn man in einer psychotherapeutischen Praxis arbeitet. 
    Die neue Arbeitsgruppe bringt so viel frischen Schwung in den gesamten theoretischen Ausbildungsteil.  

    Tja, nun muss nur noch die Zwischenprüfung geschafft werden. 😄

    Bleibt gesund & haltet zusammen,

    LG

    PS: Gesundbleiben ist gar nicht so einfach. Corona kommt gefühlt von allen Seiten. Arbeit, Kindergarten, Schule...überall Positive! 

    Feature Foto: Yun Krukov/pexels.com
  18. Vica

    KJP - Zusatzausbildung
    Auf dieses KJP-Seminar habe ich mich am meisten gefreut und war daher froh, dass es so relativ weit am Anfang stattfand (Pandemiebedingt noch immer per Zoom, sehr zum Dozentenleid) 😁 Denn erstens finde ich dieses Alter spitze, zweitens sind Säuglinge eine schrecklich vernachlässigte Gruppe in der Psychologie, wenn es nicht gerade um Bindung geht.  Kaum einer scheint sich wirklich für sie zu interessieren, daher gelten sie als Special Interest. 
    Ich könnte mir aber wahnsinnig gut vorstellen, irgendwann mal eine Babysprechstunde anzubieten. 

    Aber was kann ich mir unter dem Konzept Psychotherapie mit Säugling nun vorstellen? Mir fiel erstmal nichts ein, was nicht eine Hebamme, Säuglingskrankenschwester, Kinderärztin oder Erzieherin nicht auch kann. Und die haben den Dreh da schon sehr schnell raus und Kinder fassen sehr schnell Vertrauen zu ihnen. Das sind auch die Berufsgruppen, die mir als Laie zuerst einfallen würden, wenn ich mir bezüglich eines Babys Hilfe suchen würde. Ob Laien da wirklich auch Psychotherapie auf dem Radar haben? Eher nicht. Insofern: Fraglich, wie gut sowas frequentiert ist.  

    Welche Ansprüche hatte ich an so ein Seminar und wo ging meine Fantasie da so hin?
    Ich merkte schnell, dass ich die Hoffnung hatte, dass es vielleicht etwas gibt, was den Selbstwert eines Säuglings wieder aufbauen kann, welcher einen nicht so guten Start ins Leben hatte...oder auch aktiv misshandelt/traumatisiert wurde.
    Auf meiner Station gibt es häufiger mal Mütter, da hat vorher entweder eine Inobhutnahme stattgefunden. Oder sie sind schwanger und Substanzabhängig. Was kann man für solche Kinder aktiv tun? 
    Das waren so Vorstellungen/Wünsche, die ich im Vorfeld hatte - häufig vermischen sie sich etwas mit den Angeboten aus der Sozialen Arbeit. 

    So war das Seminar dann wirklich:
    Zunächst hatten wir jemanden (KJP!), der nur aus der Praxis erzählte und weniger mit Studien + Fachliteratur um die Ecke kam. Das war ein sehr großer Gewinn. Nichts gegen Studien, aber bei einigen Themen ist es wichtig, sehr nah am Menschen zu bleiben. Es gab viele Videos  zu sehen, die verschiedene Beratungssituationen, aber auch Elternverhalten zeigten: Wie Eltern ihr Kind füttern, wie sie interagieren mit ihren Babys, wie sie ihre Kinder zu Bett bringen und das Verhalten des Kindes im Anschluss, ab wann gewisse Situationen kippen, oder welche Strategien ein Säugling tatsächlich schon anwenden kann. Darauf wurde dann auch hirnorganisch eingegangen. Hier war ich zum Teil wirklich überrascht; zusätzlich war das ganze recht unterhaltsam 😅
    Selbstregulationsmöglichkeiten von Babys waren ein großes Thema. 
    Und auch, dass es nicht darum geht, die optimale und ultimative Beruhigung des Kindes zu finden, weil man ansonsten zu sehr darauf ausgerichtet ist, seinen Alltag durchzustrukturieren. Bei einigen Eltern geht das wohl so weit, dass nur noch um 12:00 gegessen wird, auf keinen Fall um 12:03. Dass das Kind abends vorm Schlafengehen genau 3x gestreichelt wird, aber nicht 5x. Und sich Versagensgefühle bei den Eltern einstellen, wenn die "Strategie" dann doch nicht hinhaut. 
    Auch auf Kinder, deren Eltern selbst psychopathologisch auffällig sind, wurde dann eingegangen, was ich sehr erhellend fand. 

    Die Psychotherapie mit dem Baby war dann natürlich immer im Kontext mit den Eltern zusammen. Es ging also nicht darum, nur das Baby als Patienten zu sehen, zu validieren, zu beruhigen etc.
    Sondern: Wie gehen die Eltern auf das Kind ein und umgekehrt. Dann werden Hypothesen abgeleitet + Verbesserungsmöglichkeiten hervorgehoben. Klar, dass in so einem Kontext unheimlich viel Videofeedback zustande kommt, heißt, die Eltern werden gefilmt und können sich selbst dann anschauen (da scheint Eigen- und Fremdwahrnehmung oft Lichtjahre auseinander zu liegen). 
    Dass das alles klappt...da hatte ich so meine Zweifel!
    Aber wir haben Vorher-Nachher-Videos angeschaut und ich war verblüfft. 

    Der Vorteil von diesem Bereich ist: Man sieht den Erfolg sofort, denn das Baby wird sich nicht verstellen und sich sozial erwünscht verhalten, damit endlich die Therapiesitzung zu Ende ist 😄 
    Oft reicht schon 1 Sitzung mit Eltern aus, nur selten kommt es wohl bis zu 5 Sitzungen. Therapeutisch super; betriebswirtschaftlich für Klinik oder Praxis aber schnell eine Kostenfalle. Das war insgesamt die größte Überraschung für mich; man stellt sich das Einrichten so einer Sprechstunde oft romantischer vor, als es in der Realität ist. 

    Spannend war noch, dass unsere einzelnen Stress-Grenzen getestet wurden, indem schreiende Babys eingeblendet wurden. Gestresst davon waren überwiegend die Nicht-Eltern im Kurs. Und auch solche Gefühle waren willkommen! 

    Mein Wunsch nach der Baby-Sprechstunde wurde bekräftigt; aber ich glaube, dass ich da so 50/50 zehren würde vom Seminar-Input, aber auch meinen eigenen Erfahrungen als Mutter und generell mit Kindern, vor allem was den Draht zu Kindern angeht. Die Nicht-Eltern konnten sich dementsprechend auch nicht so gut vorstellen, Babys in ihr Programm später mit aufzunehmen. Als Begründung wurden zu hohe Stresslevel vom Schreien und wenig Selbstvertrauen in Abgrenzung zu somatischen Problemen genannt.

    Ansonsten war es schön zu sehen, dass mal wieder ein KJP-Seminar so besonders gut war. Das Wochenende werde ich jetzt aber dazu nutzen, in Ruhe zu Ende zu prokrastinieren, denn ich habe keine Lust, weiter auf Zwischenprüfungsvorbereitung zu setzen 😅

    Bleibt gesund & haltet zusammen,

    LG

    Feature Foto: Burst/pexels.com
  19. Vica

    Theorie-Ausbildung
    Sätze, die so anfangen, können eigentlich kein gutes Ende nehmen, oder?  Dabei begann alles so harmlos. Meine Adresse hat sich geändert und irgendwie war es technisch nicht möglich, sie ins Onlinestudienzentrum des Instituts einzutragen. Also schickte ich das ganze noch postalisch zur Zentrale. Von dort kam bald eine Bestätigung über die Adressänderung, aber auch etwas anderes 

    Beim Durchblättern der Akte sei aufgefallen, dass.....ich hatte schon die Befürchtung, nun gäbe es Probleme mit dem klinischen Master (obwohl ich kognitiv weiß, dass die Ersten damit schon approbiert sind -> aber wie das halt immer so ist, wenn sich Panik breit macht, dann traut man seinem Oberstübchen nicht mehr so 😁).
    Tatsächlich war dem Institut nochmal mein ausländischer  Bachelor ins Auge gefallen: Nicht, dass das Landesprüfungsamt sich am Ende daran stößt und ich nach einer teuren Ausbildung dann nichts zum Staatsexamen zugelassen würde, weil doch nicht alle Bedingungen erfüllt waren. 
    Dass der Bachelor ein Problem sein sollte, hat mich erstaunt: Ausschlaggebend ist alleine die klinische Ausrichtung im Master, entsprechende Urteile liegen dazu vor. Davon abgesehen ist mein Bachelor ein rein psychologischer und von einer Universität. Natürlich war in D vollumfänglich anerkannt, sonst hätte es auch kein Masterstudium geben können. 
    Institut: Naja, ok, stimmt, sicher ist aber eben sicher. Ich sollte mir das nochmal in vollem Umfang bestätigen und eine rechtsverbindliche Bescheinigung anschaffen.

    Eigentlich kein Problem, oder?
    Dennoch hatte ich Bammel, dass es plötzlich heißen könnte: Nööö, doch nicht.  Dann kann man nicht nur 1 Jahr Ausbildung begraben, sondern auch alle Zukunftspläne in diese Richtung. Wenn man wie ich unheilbar am 
    Imposter Syndrom leidet, sieht man da einige Felle wegschwimmen 

    Doch zum Glück kam die Antwort vom Landesprüfungsamt nach nur 3 Tagen und bestätigte mir nochmal, dass alle Bedingungen erfüllt sind. Puuuh, dann war das letzte Jahr also doch nicht umsonst. Umsonst war die Prüfung der Rechtsverbindlichkeit auch nicht: Sie haut mit 100€ rein. 

    Hinterher habe ich erfahren, dass jeder diese Prüfung machen muss, weil die Institute - anders als in anderen Bundesländern - dies bei der Anmeldung nicht automatisch tun. Bei ein paar Leuten (mir inkl.) fehlte das noch. 

    Die Story ist schon eine Weile her, trotzdem fand ich interessant, welche Komplexe noch aus der Studienzeit noch so aktiv sind: Dort änderten sich ständig Bedingungen rund um die Zulassung, so dass der Weg in die geplante Ausbildung abwechselnd blockiert, dann möglich, dann wieder blockiert, dann unter Bedingungen möglich war. Meistens kamen solche Verkündungen aus dem Nichts heraus, was sehr bedrohlich wirkte. Irgendwie erinnerte mich das schon stark an diese Zeit. 
    Und es scheint kein Einzelphänomen zu sein: Die anderen, die diese Prüfung auch noch einholen müssen, hatten dieselben (irrationalen) Ängste. 

    Zum Glück hat man als Pschotherapeut:in in Ausbildung wöchentliche Supervision (Einzel-Psychotherapie für mich selbst) an der Klinik sowie Selbsterfahrung (Gruppenpsychotherapie am Institut), so dass man solche Themen aufgreifen kann.  

    Ich sehe es zudem positiv, nun hat man eben absolute Rechtssicherheit. Vielleicht sollte ich mir die gerahmt an die Wand hängen. 😅 

    Feature Fori: Andrea_Piacquadio/pexels.com 
  20. Vica

    Ganz normaler Klinik-Wahnsinn
    Ich habe mich klinikintern auf eine kleine Führungsposition beworben und sie überraschenderweise bekommen. Mein Profil passte schon - ein Psychologe in der fortgeschrittenen PP-Ausbildung oder Arzt in fortgeschrittener Facharztausbildung waren die Mindestvoraussetzungen. Es ist trotzdem eher ungewöhnlich, dass solche Leute die Stelle besetzen und so bleiben meistens doch die Höheren aus der Hierarchie, die hier (zähneknirschend) nachfolgen (Approbierte; Oberärzte etc.). Als ich die Stellenausschreibung gelesen habe, hatte ich sofort 2 Millionen Ideen im Kopf. Ich kenne die Leute aus dem Bereich sehr gut und weiß auch, wo es da hakte. Nun habe ich ein Team aus Psychologen + Ärzten. Die alte Leitung ist sicher einer sehr fähige Person, dennoch war sie bei der Kündigung schon sehr amtsmüde und so war einiges an Potential liegengeblieben, was die Leute frustriert hat. 

    Nun ja, viel Konkurrenz hatte ich bei der Bewerbung sicher nicht 😁 Bei uns ist eigentlich alles bei 3 auf den Bäumen, sobald es darum geht, etwas zusätzlich zu machen. Ich verstehe sowas eigentlich nie. Aber natürlich war das auch genau die Frage: Würde sich die Position mit meiner regulären Arbeit als Psychologin dort verbinden lassen? Oder kommt da zu viel obendrauf? Das musste man natürlich abklären. Freizeit ist wertvoll. 
    Erstaunlicherweise ist das zeitlich sehr gut machbar. Die zwei Bereiche können sogar fusionieren. Das Ausbildungsinstitut rechnet dies sogar auf die Ausbildungsstunden mit an (die so genannte Freie Spitze - Dinge, die man u.a. zusätzlich für die Klinik tut). Darum hatte ich gar nicht gebeten, aber das Angebot ist natürlich toll.

    Allerdings musste ich mich in Themen rund um Personalführung rein arbeiten. Wie gut, dass ich einen langen Pendelweg habe, den ich dazu nutzen kann. Zwei Webinare dazu fand ich jetzt weniger hilfreich; ich orientiere mich schon länger an den Klinikkonferenzen, die vom Chef gehalten werden, und ergänze den Stil quasi mit ein paar meiner eigenen Ideen. 
     
    Jetzt ist einige Zeit vergangen und ich muss sagen, besser könnte das nicht laufen. Es macht mir unheimlich Spaß, solche Teamleader-Aufgaben zu übernehmen: Projekte zusammen ausarbeiten, Problemlösungen finden, Diskussionen anregen, durchsetzungsfähig und gleichzeitig verständnisvoll sein. Die unterschiedlichen Typen im Team. Genauso viel Spaß macht das Drumherum: Outputs basteln, Konferenzen gestalten, kleine PPs erstellen. 

    Weniger Spaß macht mir, z.B. Konferenzräume zu buchen 😁. Das geht bei uns über die Kliniksoftware und ist ziemlich kompliziert, ich komme damit so halbwegs zurecht, weswegen es schon peinliche Schnitzer gab (z.B. lautstark in eine Chefarzt-Konferenz zu poltern, die den Raum zuvor gebucht hatten). Da dann kein Raum mehr spontan aufgebracht werden konnte, mussten wir u.a. schon mal im Verwaltungs-Flur campieren. 

    Im Moment läuft das Klinikjahr echt gut und könnte ruhig bis zum Schluss im November so weiterlaufen.
    Allerdings steht im März ja auch noch die Zwischenprüfung an. Nun ja, Augen zu und durch 

    Bleibt gesund und haltet zusammen,

    LG

    Feautre Foto: Miguel Á. Padriñán/pexels.com 
  21. Vica
    Die ersten KJP-Seminare sind gelaufen. Wir sind ein eigens dafür zusammengestellter Kurs aus angehenden Erwachsenen-Psychotherapeut*innen, die zusätzlich Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen (im Folgenden KJPs genannt) werden wollen. Dieser Verbund bleibt bis zum Ende aller Seminare so bestehen und läuft parallel zur PP-Ausbildung. 
    Witzig war, hier wieder ein paar alte Bekannte von der PFH zu treffen, von denen ich nichts mehr gehört hatte 😁 Aber das nur am Rande. 

    Ich hatte jetzt einiges zu Diagnostik, Kinder- und Jugendschutz, Geschlechtsidentität und Transgender und muss sagen: Etwas läuft aus meiner Sicht noch besser in den KJP-Seminaren. Es ist nicht so, dass die Erwachsenen-Seminare nicht hoch interessant sind. Ich würde aber die KJP-Seminare eindeutig als "näher am Menschen dran" bezeichnen. Auch sind die Kurse einfach lockerer, extravertierter und mehr auf Kommunikation aus. In der Gruppe wird mehr diskutiert über Fragen, es gibt viel mehr Interesse an Meinungen. Jeder sachliche Diskussionsbeitrag ist dabei willkommen und es wird mehr akzeptiert, wenn man Dinge anders betrachtet. Auch fällt mir auf, dass sowohl die Dozenten einfach humorvoller, lockerer sind. Sofort ist man beim Du (bei den PP-Dozenten ist das überhaupt nicht so). Ebenfalls gibt es hier mehr Erfahrungsberichte aus dem Berufsalltag. Aber auch Erfahrungen von z.B. Eltern im Kurs werden immer als besonders wertvoll betrachtet. 

    Eine Weile habe ich überlegt, woran das wohl liegt. Aber mein Eindruck ist, dass die KJP-Dozenten an sich einen größeren Querschnitt durch die Bevölkerung bilden. Anders als die Erwachsenen-Psychotherapeuten (klinische Psychologen + Ärzte), konnten bisher wesentlich mehr Menschen, z.B. aus sozialen und erzieherischen Berufen, als KJP approbieren (was sich in den nächsten Jahren leider ändern wird). 

    Dozent 1 ist neben KJP auch PT-Heilpraktiker und Sozialarbeiter. 
    Dozentin 2 ist Erzieherin und Lehrerin mit Psychologie-Bachelor.
    Dozent 3 war vor der Approbation im ersten Leben Kinder-Intensivpfleger, dann Kinderarzt. 

    Das bringt in der Summe einen großen Erfahrungsschatz mit rein in die Kurse und man so ganz andere Herangehensweisen lernt.

    Im Vergleicht dazu sind die Erwachsenen-PP-Seminare etwas direktiver und zudem hoch-akademisch. Es kommt mir dort manchmal so vor, dass sich die Leute mehr in Modellen und Theorien verlieren, obwohl es eigentlich um rein anwendungsbezogenes Wissen geht. Das ist natürlich nicht schlecht, weil jedes praktisches Wissen auch einen Hintergrund haben muss. Aber wie zuletzt z.B. in unserer Gespenster-Lerngruppe (zu denen demnächst mehr) merkt man, dass die Leute sich mehr darum bemühen, die Theorien auswendig zu lernen um gute Noten zu bekommen, als das  Wissen wirklich an den Patienten zu bringen. 

    So waren die KJP-Termine also sehr kurzweilig, was auch gut ist, da sie neben der Erwachsenen-Ausbildung laufen. Aufgrund der Corona-Situation findet zunächst alles online statt. Falls es wieder in Persona geht, man aber nicht anwesend sein kann, kann man sich online zuschalten lassen. Elternfreundlich eben 

    Ich bin also wirklich froh, die Zusatzausbildung mitzunehmen. 😁 (Wobei "mitnehmen" etwas euphorisch klingt, da man hier noch ein eigenes Staatsexamen ablegt). 

    Bleibt gesund & haltet zusammen

    Feature Foto: 
    Jaroslaw_Mis/pexel.com 
  22. Vica

    Theorie-Ausbildung
    In unserer Lerngruppe kriselt es. Ja, noch schlimmer: Drei unserer fünf Mitglieder sind zu Gespenstern geworden...
    Kurzer Exkurs: 
    Lerngruppen, das sind  Arbeitsgruppen, die den theoretischen Inhalt jedes Seminars nacharbeiten. Das ist kein freiwilliger Zusatz für Ehrgeizige, sondern Pflicht und wird auf die Ausbildungsstunden angerechnet. Dazu müssen Protokolle geschrieben werden - die werden hinterher geprüft und bewertet. Da wir über ganz Deutschland verteilt sind, geht das Treffen nur über Zoom, was durch die Pandemie auch vom Institut abgesegnet ist (ausnahmsweise, vor Corona war Präsenztreffen Pflicht). Die Sitzungen kann man selbst gestalten. Sie gehen so 45 Minuten bis 2 Stunden und gleichen Study with me oder auch mal angeregten Diskussionen über den Lernstoff. 

    Unsere Gruppe besteht aus 5 Leuten. Das ist Minimum, darunter geht nicht. 
    Wir sind zu fünft und haben uns immer prima verstanden. Person 1-3 kennen sich seit dem Bachelor, seitdem waren sie immer zusammen. Ich + Person 5 sind sozusagen von außen dazugekommen. Es hat nie Probleme gegeben und man hat sich gut verstanden. Doch dann fingen Person 1-3 von heute auf morgen an, nicht mehr mit Person 5 und mir zu reden. Es gibt keine Antworten mehr in WhatsApp. Ein Haken, zwei Haken, zwei blaue Haken: Keine Nachricht.
    Person 5 und ich haben dann folglich einiges versucht: Kontaktaufnahmen, Nachfragen, ob alles ok ist, Terminvorschläge bishin zur Bereitschaft, dass wir alle Protokolle schreiben. Keine Reaktion. Sie lesen zwar, was wir schreiben, erwidern aber nichts - beteiligen sich aber demonstrativ in anderen Gruppen an anderen Themen. Also an mangelnder Zeit liegt es nicht. Auch andere Kontaktwege, E-Mails oder Anrufe liefen wenig überraschend ins Leere.

    Letztlich muss man das Ganze beim Namen nennen: Wir werden geghosted. 

    Anfangs denkt man noch, dass das Zufälle sind oder vielleicht gerade privat was schief läuft bei den anderen oder dass man irgendwie überinterpretiert. Nach einigen Wochen wird aber klar: Das kann nur persönlich gemeint sein. Auch dann will man es nicht glauben. Schon in der Unterstufe macht man ja die Erfahrung, dass man in Gruppenarbeit manchmal drüber weggehen muss, dass ich Fritzchen oder Lieschen nicht so gerne mag. Am Ende muss das Ergebnis stimmen. Ausgerechnet Leute, die Therapeuten werden, sollen das jetzt nicht hinkriegen?

    Es gab viel Kopfzerbrechen, Erklärungsversuche und Kontaktaufnahmen von Person 5 und mir. Jedoch wurde uns irgendwann klar: Die wissen, wo wir sind, falls sie reden woll(t)en. Klar ist das ein Scheißgefühl. Das macht ja auch etwas mit einem, man zerbricht sich den Kopf. Besprachen das Ganze mit Außenstehenden. 
    Ghosting kennen vielleicht einige von euch im Zusammenhang mit (idR vielversprechenden) Vorstellungsgesprächen, nach denen sich der AG nie mehr meldet. Besonders viel Aufmerksamkeit bekommt es im Bereich Dating. 

    Letztlich halte ich aber nichts davon, sich stets über Zustände oder was nicht ist zu beklagen und suche doch lieber Lösungen, mit denen man gezielt was verändern kann. Zu akzeptieren, dass man wohl keine Erklärung für das oben gewählte Verhalten bekommen wird, ist da schonmal ein wichtiger Schritt. Letztlich müssen wir auch vorankommen und den Rückstand aufholen. 
    Letztlich kann man dazu vielleicht auch nur sagen: Wenn die Tür nicht aufgeht, war es vielleicht nicht unsere. 

    Wir hatten das Glück, von einer anderen Lerngruppe "adoptiert" zu werden, die noch Platz für uns hat. Mit der neuen Gruppe haben wir ein total gutes Gefühl. Ob das ganze offiziell möglich ist, müssen wir jetzt mit dem Institut abklären.  Denn sowas kommt nur selten vor. Und eigentlich sollen die Arbeitsgruppen bis zum Ende zusammen bleiben. Hoffen wir das Beste. 🙂

    LG

    Feature Foto: Monstera/pexels.com
  23. Vica

    Theorie-Ausbildung
    Prüfungsphasen kommen ja immer so plötzlich 😁 Schon im Februar geht es los, dann steht die erste Zwischenprüfung am Institut an.
    Besteht man sie, kann man einen Haken hinter die PT1 (praktische Tätigkeit) setzen und sich nahtlos in die PT2 begeben, sozusagen der zweiten Phase im Klinikjahr 😁
    Der ganze Spaß besteht aus einer mündlichen Prüfung (ARG) und zudem einem Fallbericht im März, den man zugeschickt bekommt und für den man zwei Wochen Zeit hat. Das wird sowas wie ein psychopathologischer Befund sein, wenn man so will.  Fachfremde können sich das ganz entfernt wie eine Hausarbeit vorstellen. Da es zu meinen Aufgaben an der Klinik gehört, regelmäßig psychopathologische Befunde zu schreiben und dafür auch positive Rückmeldung kriege, denke ich, dass das ganz gut über die Bühne gehen sollte. Ich denke, es wirkt sich hier positiv aus, dass der Oberarzt hier vor 1 Jahr, während ich damit anfing, sehr streng mit mir war, so dass ich da schnell in Routine kam. Aber natürlich soll man den Tag nicht vor dem Abend loben. Ich versemmele mit beängstigender Quote Dinge, bei denen ich glaube, dass sie mir liegen 👻.

    Was mündliche Prüfungen angeht...sowas ist eher gar nicht mein Fall 😬 Wobei ich nach 1 Jahr Psychotherapieausbildung auch sagen kann: Reden ist mein Ding geworden. Vielleicht kann ich mich im schlimmsten Fall um Kopf und Kragen reden  (allerdings sind die Prüfer ebenfalls Psychotherapeuten...*nervös lach*). 

    Nun denn.
    Seit einiger Zeit habe ich hier ein Lernbootcamp à la "Gute alte Zeiten im Fernstudium" aufgebaut:
    - Schöne, bunte Stifte
    - den richtigen Block
    - Schnellhefter in hübschen Farben (ich liebe Schreibwaren und habe gerne Ausreden, welche zu kaufen, wozu auch Prüfungsphasen gehören) 
    - Kaffee
    - Noch mehr Kaffee

    Was dran kommt, ist übrigens nicht klar umrissen. Insgesamt wird es wohl Stoff aus allen Seminaren in den Kursen aus dem letzten Jahr sein. Ich denke, ich bin verhältnismäßig gut aufgestellt, weil ich ja über  die Arbeit ziemlich in Kontakt mit dem Stoff bin. Der Stresspegel ist dementsprechend ziemlich gering. Erstaunlich finde ich, dass wirklich schon ein Jahr rum ist. Die Zeit bleibt eben nicht stehen - außer natürlich Freitag nachmittags, zehn Minuten vor Feierabend im Büro 😌.  

    LG  

    Feature Foto: Towfiqu_barbuiya/pexels.com 
  24. Vica

    Ganz normaler Klinik-Wahnsinn
    Ein kaum bekannter, aber schöner Teil der Arbeit ist die Öffentlichkeitsarbeit. Will sagen:
     
    Interviews (Lokalzeitung, Radio + Fernsehen) Webinare Vorträge (Intern, Tagungen, usw.) Podcasts  Werbeaktionen  Manchmal auch Beiträge in überregionalen Nachrichtenformaten (Chefärzte only)
    Das machen alle Kliniken in irgendeiner Weise. Ziel ist natürlich auch immer, Patienten und Fachkräfte für sich zu gewinnen, aber auch die Hoffnung auf Förderer und wiederum vorhandene Förderer behalten etc.  
    Themen dafür sind z.B. typische Krankheitsbilder bei uns, Behandlungskonzepte oder aktuelle Studienlage. Eigentlich ist das Sache der Klinikleitung und Chefärzte, ich bin als Psycholog*in vom Dienst in Sack und Pack dabei und beleuchte die psychologische Seite. Ich mache das relativ gerne, obwohl es für PiAs ungewöhnlich ist, diese Arbeit zu übernehmen. 

    Auf diese Weise kommt man aber mit ziemlich spannenden Leuten in Kontakt und kann sich gut vernetzen. Es ist natürlich aber auch etwas Mehr-Arbeit, vor allem das Erstellen von Präsentationen. Theoretisch soll das in der Arbeitszeit geschafft werden, aber das ist schlichtweg unmöglich. 
    Schwierig finde ich das Lampenfieber; wobei jetzt, einige Zeit später, so eine Art Routine reinkommt - doch etwas Restnervosität bleibt als eine Art Hintergrundecho vorhanden. Hilfreich war vor allem zu Beginn, dass ich schon im Fernstudium einige Erfahrung mit Präsentationen gesammelt hatte. Zurückblickend hatte es mich damals eher genervt, welche zu erstellen und vorzutragen; heute weiß man das zu schätzen 
    Was auch manchmal zusätzlich stresst: Dass Termine für öffentliche Beiträge relativ schnell reinkommen können. Manchmal hat man weniger als 1 Woche, um etwas vorzubereiten. 

    Letzteres ist nun der Fall. Aber nur noch ein Kraftakt, dann steht Weihnachtsurlaub an. 
    Ich bin froh, dass dieses Wochenende außerdem kein Theorie-Seminar stattfindet. Die dritte Spritze haut mich sehr viel mehr um, als ich gedacht hätte . 

    Bleibt gesund & haltet zusammen,
    LG

    Feature Foto: cottonbro/pexels.com 
  25. Vica

    Ganz normaler Klinik-Wahnsinn
    Ich merke gerade, dass ich auf der Arbeit erlahme. Es liegt nicht an den Patienten und auch nicht an der Station. Noch immer würde ich nicht wechseln und auch nicht tauschen wollen und halte meine Kollegen für die besten im ganzen Laden. Schuld daran ist vor allem ein strukturelles Chaos, das sich so bemerkbar macht: Personalmangel auf allen Ebenen und dadurch ziemlich krasse Pannen im Ablauf. Noch dazu kommen immer mehr Impfdurchbrüche und immer mehr positive Patienten. Wir nehmen nun unter anderem auch Quarantänebrecher auf, die bereits anderswo randaliert haben und mit denen sich, gelinde gesagt, niemand mehr befassen möchte. Mit diesen Patienten Gespräche zu führen, ist ziemlich schwierig - sie externalisieren sehr stark. Kaum hat man mal Zugang zu einem gefunden, ist er dann aber auch wieder verlegt. 
    Dann hatten wir viele Fehlbelegungen, weil andere Stationen voll sind. Und so hatten wir dann Patienten, auf die wir stations- und personaltechnisch nicht adäquat reagieren können. Dazu gehören zum Beispiel hoch aggressive Patienten aus der Forensik. Ich hatte Warnungen verfasst, dass sich das nicht mit unseren üblichen Patienten verträgt, aber das wurde ignoriert. Und so kam es, dass das Pulverfass explodiert ist und es ein paar sehr unschöne Vorfälle mit Gewalt gab, auch uns als Personal gegenüber. Leider.

    Nichts aber ist so schlimm wie der Defätismus der mittleren Führungsebene. Man könnte fast meinen, die haben komplett aufgegeben und wollen den Laden irgendwie bewusst gegen die Wand fahren. 
    Wir haben aber auch eben immer noch keinen Chef, was das Hauptproblem ist. 
    Von den neuen Kollegen haben alle bis auf einen direkt in den ersten zwei Wochen gekündigt. 

    Die Gefahr einer Infektion ist auch immer da wie ein Damokles-Schwert über einem. Es ist ein Wunder, dass sich bei uns noch niemand durch einen Patienten infiziert hat. Ich habe richtig Bammel vor dem Test, der 2x in der Woche abzulegen ist. Mir geht da ein richtiger Horrorfilm durch den Kopf, was das für meine Menschen zu Hause bedeuten könnte, wenn der positiv ist. 

    Es gibt natürlich auch ein paar Lichtblicke: 
    - Wie man ein sinkendes Boot über Wasser hält, selbst wenn nur alle mit den Händen rudern 
    - Der eine neue Kollege ist ein echt angenehmer Typ und entlastet direkt schon sehr viel
    - Ich habe einen Booster-Termin. Darum mussten wir uns extern bemühen, und der gesamte Umkreis war ausgebucht. 
    - Die Theorie-Ausbildung findet bis März komplett online statt. Das ist angenehm und gibt mir ein paar Good-Old-Fernstudium-Vibes 😅 

    Ansonsten muss ich mal mehr in mich gehen und überlegen, welche Schlüsse man daraus ziehen könnte. Im Moment warte ich noch, wie es unter dem neuen Chef werden wird, mit dem angeblich schon Gespräche geführt werden. 
    Meine Erfahrung mit der Vergangenheit ist, dass sich, ganz getreu Dalai Lama, alles neu sortiert, wenn es droht, auseinander zu fallen. 

    Bis dahin:
    Wort halten, Hand halten, zueinander halten (+gesund bleiben!).

    LG

    Feature Foto: cottonbro/pexels.com
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