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Vica

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Blogbeiträge von Vica

  1. Vica

    Theorie-Ausbildung
    Am Ende war es ein kleines Sommermärchen: Die Theorie-Ausbildungsseminare fanden nach einem langen Online-Winter und Frühling wieder in Präsenz vor Ort statt. Es gab grünes Licht vom Landesprüfungsamt für Ärzte und PPs. Viele hat es sehr gefreut, alle wieder in Natura zu sehen. 
    Jetzt geht unsere Ausbildung aber wieder in den Lockdown, d.h.: Ende mit Präsenz - wir sehen uns online!
    Aber was machen wir da eigentlich genau, in dieser Präsenzzeit, bzw. was haben wir bisher gemacht?
    Ein kleiner Überblick nach fast 1 Jahr Theorie-Seminaren: 

    Wann?
    Der Rhythmus ist zweiwöchentlich, manchmal aber auch mal nur alle 3 Wochen oder - wenn man Glück hat und bisher keins verpasst hat - auch mal nur 1 im Monat. Da unser Ausbildungsinstitut kapazitätentechnisch im Moment aus allen Nähten platzt, wurden manche Kurse auch schon vor dem aktuellen Ausbildungs-Lockdown online abgehalten. 
    Seminare gehen von freitagmorgens oder bis Samstagabend oder bis zum Morgen des Sonntags.  Typische Zeiten sind: 9:30 bis 18:30 oder 11:00 bis 20:00. 
    ...so läuft das jetzt noch bis Ende 2023! 😅

    Ort:
    Unser Institut hat mehrere Ambulanzen, in dem auch Patienten empfangen werden, und in einem der 4 ist dann abwechselnd das jeweilige Seminar. Die Ambulanzen kann man sich wie normale Arztpraxen vorstellen. Manche sind mitten in der Stadt, manche außerhalb. In unserem Fall muss man auch erst tatsächlich am zum Teil sehr vollen Wartezimmer vorbei watten und stiefelt dann in einen hinteren Teil, der nur Mitarbeitern zugänglich ist. Hier befinden sich neben den Behandlungsräumen dann Seminarzimmer. Für jede Gruppengröße was dabei. Die Zimmer sind typische Seminarräume, wie sie häufig in Fortbildungen genutzt werden. 

    Wer doziert? 
    Es gibt ein Seminar zu ziemlich vielen Themen aus der Psychotherapie, aber auch Medizin (meisten Psychopharmakologie) und Rechtsthemen. Die Seminarleiter arbeiten quasi nebenher für das Institut und verdingen sich hauptberuflich in Praxen, Unis, Kliniken (meist aber nur die größeren, z.B. Charité) . Es sind fast immer Oberärzte, Professoren, niedergel. Psychotherapeuten, Chefärzte (in der Reihenfolge). In Rechtsseminaren sind es häufig Anwälte
    (davon häufig Syndikusanwälte). Rechtliche Seminar-Themen sind etwa: Arzthaftungsrecht, Schweigepflicht, aber auch Praxisgründung, Haftungsfälle usw. Diese Leute sind zum Teil auch für andere Institute und Ausbildungsverbände tätig. 
    Es handelt sich aber fast immer um Koryphäen auf dem jeweiligen Gebiet: Im Seminar um Suizidalität hatten wir z.B. eine Psychologin, Notfall-Helferin für ein gewisses Einzugsgebiet ist. Viele dieser Leute sind in ihrer Welt auch prominent, haben Podcasts bei großen Zeitungen, in der Forschung tätig und fast alle haben Literatur herausgebracht (wie viele Leben braucht man dazu wohl?).

    Ablauf eines Seminartages:
    Fast jedes Seminar beginnt mit einer Vorstellungsrunde. Heißt, man plaudert also reihum, wer man ist, wo man arbeitet und welche Fragen und Ansprüche man vielleicht im Vorfeld an das Seminar hat. Sich bei jedem Seminar erneut vorzustellen macht schon Sinn, weil wir keinen Dozenten zweimal haben und sich auch oft Gasthörer bei uns befinden (das sind Leute, die zu einem anderen Kurs gehören, aber dieses Seminar im Vorjahr verpasst haben und nun nachholen). 
    Die Fallstricke und Herausforderungen anderer in deren Kliniken sind auch sehr interessant.

    Nach der Vorstellungsrunde beginnt uneeeeendlich viel Theorie (Studien, Psychotherapieforschung, Medizin, viel Statistik, aktuelle Literatur <- keine Sorge, man hat NACH dem Studium und Prüfungsleistungen einen entspannten Bezug dazu). Das ist mal mehr, mal weniger interessant, je nach "Unterhaltungstalent" des Dozenten*der Dozentin. Ich habe gemerkt, dass ich mehr damit anfangen kann, wenn immer mal wieder kurz Zwischenfragen gestellt werden, wie man das findet.

    Nach dem Theorieblock geht es in den Praxisblock. Hier bilden sich Kleingruppen und fast immer wird das Folgende im Laufe des Tages abgedeckt:
    Flipchart oder Power Point Präsentation erarbeiten  Schauspielerische Einsätze. Einer ist Patient, der andere Therapeut, der dritte ist Beobachter, der am Ende Feedback gibt (ich spiele btw besonders gerne Patienten :-) Insgeheim bringe ich auch manchmal ein echtes Problem aus dem Alltag rein, hehe). Intensive Diskussionsrunden zu gewissen Fragestellungen (mag ich am liebsten) Arbeitsblätter ausfüllen und später vorstellen Exkursion, also z.B. in Kleingruppen spazieren gehen und sich da mal gewissen Herausforderungen stellen, um über die eigenen Grenzen zu gehen. Z.B. sich im Geschäft intensiv beraten lassen und dann doch etwas ablehnen usw. Wird weniger genutzt seit Corona. Die Kleingruppen finden in einem der anderen Räume statt, sofern da nicht gerade Therapien laufen. Der Dozent selbst rotiert zwischen den Räumen und gibt Tipps und Hilfestellungen. 

     
    Pausen:
    Die einzigen Fragen, die Leute zu Beginn stets haben, ist, wie die Pausenregelung so aussieht 😁 Oft haben wir mehrere 10-Minuten Pausen. Zum Mittag einigen wir uns oft auf 1 Stunde Pause, was etwas wenig ist, angesichts dessen, dass man eigentlich 2 Stunden hätte. Aber ihr ahnt es vielleicht schon, dafür kann man früher Schluss machen...
    Eine Pause kann aber unheimlich toll sein, z.B. wenn man die Zeit findet, mal Pizza essen zu gehen. Das bleibt auch lange in Erinnerung hängen. Oft schaffen wir das aber nicht, und großartig vorgekocht hat auch keiner, da er davor ja eine harte Arbeitswoche hatte. Also bleibt es oft bei: Brötchen und Sandwiche aller Art und alles, was Bäcker und Netto so herhalten...(meistens eher unbefriedigend, wenn man gerne Mittagstisch hätte, aber es geht).  
    Zwischen den Pausen kann man auch immer wieder rausgehen. Es stehen dutzende Kaffeemaschinen, Tee, Nervennahrung usw. bereit.

    Abschluss:
    Am Ende gibt es immer Feedback-Runden. Der Dozent will wissen, was gut war, was er besser machen kann usw. usf. Meistens will niemand der Erste sein, der sich meldet. Ich bin oft so durch am Ende eines Tages, dass ich keine Kapazitäten im Oberstübchen mehr frei habe, da viel zu sagen - ich bin aber meistens auch einfach zufrieden und äußere das so. Kritisch fällt mir oft auf, dass viele schlechte PPs erstellen: Anstrengendes Design (Blaumann-Blau als Hintergrund, weiß-rote Schrift, komisches Gedöns), vollgeschrieben ohne Ende und dann 200 Seiten Slides. Das wird aber auch schon immer ausreichend zurückgemeldet. 
    Es gibt fast immer massenweise Handouts mit: Tests, gebundene Booklets (auf Wunsch auch digital), Arbeitsblätter für Patienten oder Kopiervorlagen. Eine Literaturliste für Vertiefung gibt es ebenfalls. Bisher hab ich fast immer eines davon besorgt.  
    Ganz am Schluss gibt's dann die Unterschrift ins Ausbildungsheft (wehe dem, der es verliert!). 

    Hygiene-Konzept & Technik:
    In jedem Seminar gibt es einen Corona-Beauftragten, der offiziell auf die Lüftungsabstände achtet und die Fenster öffnet bzw. das Signal dazu gibt. Das ist jemand aus dem Kurs, vorher dazu auserkoren.  Klaro auch, dass die gesamte Tagesdauer Masken getragen werden müssen. Zugang ist nur 2G. 

    Außerdem wird immer jemand zum technischen Gehilfen gewählt. Falls der Dozent nicht weiterkommt. Bedeutet in der Realität: Beamer anstecken, PC neu starten, falls nix mehr geht, aufkommende Panik bei Bluescreens verhindern... Ist aber noch nie vorgekommen, dass das von Dozentenseite benötigt worden wäre.

    Nutzten im Alltag: 
    Ich persönlich finde die Theorieausbildung, die Seminare und Dozenten einfach brillant. Entsprechend HOCH ist der Nutzen auf der Arbeit. Aber  auch generell ist die Ausbildung so ein life-changing Ding. 


    ...ist aber alles schon wieder vorbei :-) Mit sofortiger Wirkung sind alle noch kommenden Ausbildungsseminare auf Online umgestellt worden. Das ist auch okay. Zum einen kann ich keinen Qualitätsabbruch feststellen. Zum anderen gibt es innovative Ideen, das ganze Online zu gestalten. Statt Kleingruppen dann Breakout-Räume, in die man einige Zeit geschickt wird. Anwesenheitslisten werden regelmäßig abgefragt, die Kameras bleiben an. 
    Manche haben sich schon sehr an online gewöhnt. Irgendwie scheint es effizienter zu sein, wie auch das Home-Office. 

    Dass die PP- und auch Ärzteausbildung im Theorieteil jeweils zum Fernstudium werden könnte, hätte man sich vor 2 Jahren nicht mal ansatzweise denken können.
    Ich habe zwar den Eindruck, dass es immer noch eine Notlösung darstellt, die man nicht gerne sieht; aber ich habe auch schon gehört, dass man gewisse Kurse auch noch Corona online beibehalten will. 

    Im Moment muss man ja hoffen, dass es mal ein "nach Corona" geben wird 
    Ich bin erstmal froh, dass die Kurse auf Online umgestellt sind. Mehr Zeit zu Hause, weniger Reisekosten und vor allem: Weniger Infektionsgefahr. Lange Zugreisen bringen ja doch eine gewisse Gefahr mit sich, und gerade in geschlossenen psychiatrischen Einrichtungen hat man da eine gewisse Verantwortung. In der Familie sind zudem viele Risikogruppen, die man nicht gefährden will - obwohl die zum Glück ihren Booster schon haben. 

    Bleibt gesund & haltet zusammen,

    LG

    Feature Foto: fauxels/pexels.com  
  2. Vica

    Praktisches Klinikjahr
    Der PCR-Test der Patientin kam positiv zurück - und das nicht zu knapp von der Virenlast her.  Als das rauskam, war das Kind schon längst in den Brunnen gefallen, denn der Schnelltest war falsch negativ und das PCR-Ergebnis kam wegen einer Panne des Kuriers verspätet aus dem Labor. Glücklicherweise waren dann alle unsere Patienten alle negativ, unsere Mitarbeiter auch. 

    Das Warten auf meine PCR-Ergebnisse fand ich ziemlich unangenehm. Man kriegt ein recht unentspanntes Verhältnis zu seinem Handy. Bemerkenswerte Erfahrung auch, welche Symptome man sich so einbildet - und wie schnell die wieder weg waren, als es nach dem zweiten Test endgültigh hieß: Alles coronafrei bei dir. 

    Es gibt auch weiteres Erfreuliches. Endlich sind unsere Stellen alle nachbesetzt und ich muss nicht mehr mehrere Stationen parallel machen. Die Neuen arbeiten mit Knebelverträgen, scheinen da aber kein Problem mit zu haben. Eine der Kolleginnen kommt von der MEU und wurde durch @Forensikers Blog hier inspiriert, den klinischen Master zu machen 😁 Steckt jetzt gerade in der PT1. Die Welt der Psychologen ist wirklich sehr klein  Sie erzählte mir dann ganz begeistert von seinen Blog-Einträgen, die ich natürlich schon kenne 😁. 

    Ansonsten ist noch schön, dass ich auf der Arbeit einen Praktikanten bekomme 😊 Er kommt von der Präsenzuni und macht sein psych. Pflichtpraktikum bei uns. Hat sich auch darum bemüht, bei mir mitlaufen zu dürfen und wir haben einen Plan erstellt. Das erinnert mich daran, dass ich vor knapp einem Jahr in genau der umgekehrten Position war und auch händeringend einen Mitlauf-Platz gesucht habe 😁 
    Da ich wirklich top-Therapeuten hatte damals und auch viel gelernt hatte, hoffe ich nun, dasselbe bieten zu können.
     
    Die Theorie-Wochenend-Seminare waren gerade erst wieder in Präsenz angelaufen; sind dann aber schnell wieder auf Online umgestellt worden, wobei mir das letzte Präsenz-Seminar Samstag + Sonntag noch bevor steht. Der Dozent hatte sich nicht rechtzeitig umstellen können. Bei den aktuellen Zahlen finde ich es nicht ganz entspannt, wirklich zu pendeln; aber es wird wohl das letzte Mal diesen Winter sein, dass etwas in Präsenz läuft.  Da lehn ich mich jetzt einfach mal aus dem Fenster. 

    Euch einen hoffentlich Corona-freien Herbst.
    ...und natürlich auch allen anderen Krankheiten, die bei uns nach 1 1/2 Jahren Ruhe plötzlich wieder als Mitbringsel nach Hause eingeschleppt werden: Scharlach, Hand-Mund-Fuß, Erkältungen aller Art...

    LG
    Feature Foto: cotonbro/pexels.com
     
  3. Vica
    ...alternativ auch Klon-Experten. Ein zweiter Kopf würde vielleicht auch reichen 
    Denn tatsächlich schneite schon gestern das begehrte Zusatzcurriculum für alle Psychotherapeut*innen rein, die auch zusätzlich Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen werden wollen. Dabei hatte ich gerade erst grünes Licht vom Landesprüfungsamt für die Doppelapprobation bekommen. 

    Jedes umfasst 16 Stunden, ich muss demnach nur noch 208 Stunden KJP-Theorie ableisten, weil der Rest im PP schon mit abgedeckt wird. Zeitlich müssen die KJP-Seminare natürlich zwischen meinen regulären PP-Seminaren liegen. 
    (In dieser Rechnung ist natürlich nicht die Praxis mit drin, also Supervision und das Kinderpsychiatrie-Jahr -> dazu ein andermal mehr). 

    Die Seminare finde ich extrem interessant:
    (Im Master wurden die leider nur dezent angeschnitten):
    Kinderschutz und Jugendhilfe Hochbegabung und Intelligenzminderung  Psychotherapie im Säuglingsalter Diagnostik Eltern- / Familienarbeit Enuresis/Enkupresis ADHS Psychotherapeutische Interventionen bei Missbrauch Sprachstörungen   Bindungsstörungen Lernstörungen  Psychopharmakotherapie des Kindes- und Jugendalters  Autismusspektrumsstörungen  Freiwilliger Zusatz: - Transsexualität im KiJu 
    Allerdings gibt es ein Problem, nämlich können ich und die Mitstreiter aus meinem Jahrgang) erstmal nur 8 von 13 (nach Bedarf: 14) im ersten Jahr besuchen. Die anderen überschneiden sich leider mit meinen regulären Kursen. Ich hatte mir kurzzeitig schon absurde Ideen überlegt, wie z.B. mich auf 2 Seminaren gleichzeitig einzuloggen, in der Hoffnung, dass irgendwas hängenbleibt . Genügend Bildschirme hätte ich. Abgesehen davon, dass man dafür vermutlich wirklich zwei Köpfe bräuchte, sieht man, wie tief ich noch im Corona-Biedermeier verhaftet bin: Die Seminare finden bei uns wieder ausschließlich in Präsenz statt. 

    Somit bleibt nichts, außer zunächst ein paar KJPs sausen zu lassen, damit ich die Hauptseminare machen kann. Das ist ärgerlich, es werden nämlich die ersten sein. Zum Glück möchte bzw. kann ich erst Ende 2023 Prüfung machen und habe bis dahin Zeit, die KJP-Seminare nachzuholen. So war es ohnehin gedacht. Von mir aus könnte es gleich heute losgehen!! Ich wäre ja grundsätzlich geduldiger, wenn man dabei nicht so viel warten müsste 😁

    LG

    Vica, fortbildungssüchtig, kann grundsätzlich  nicht langsam mit den Pferden machen.  


    Feature Foto: 

    Ron_Lach/pexels.com
  4. Vica
    Um mal Patienten von 0 bis 99 behandeln zu können - und zwar nicht nur solche, die dies als Selbstzahlerleistung hinblättern müssen  - mache ich die Doppelapprobation. 
    Das stand von Anfang an so fest. Allerdings waren daran ein paar Bedingungen geknüpft. Die Plätze für diese Ausbildung sind nämlich beschränkt, was das Landesprüfungsamt so vorgibt. Letzteres wusste ich bis zuletzt nicht. Gut, dass ich keine Ahnung hatte, dass nicht alle den bekommen - ich bin echt gut darin, mich selbst (und Briefträger) bei sowas konsequent zu stressen   Mein Institut hat als Voraussetzung, dass die parallele KJP-Ausbildung erst ein Jahr nach Start der Erwachsenen-PP starten kann. Das wäre tatsächlich schon ganz bald. Und siehe da: Pünktlich wie Maurer lag mein Änderungsvertrag im Briefkasten. Was auch bedeutet:
    BÄM! DU HAST DEN PLATZ!!

    Die zusätzliche Ausbildung ist natürlich auch kompakter, da viele Inhalte mit dem Erwachsenentherapeuten deckungsgleich sind. 
    Es bedeutet aber auch:

    - Mehr Theorie-Seminare zwischen meinen eigentlichen Stunden, wobei diese zeitlich deutlich kürzer sind (Hier bin ich sehr neugierig!). 
    - Die KJP-Seminare sind interessanterweise eigene Seminare für PPler mit Doppelapprobation. Wir sitzen NICHT einfach in denen der KJPs. 
    - Ein Jahr in der Kinderpsychiatrie (darauf freue ich mich allerdings ziemlich 😁 - das ist übrigens kein echter Mehraufwand. Es wird nur ein Abteilungswechsel sein)
    - Mehr Kosten (das ist klar)

    Am Anfang hatte ich etwas Bammel, wie die sich das vorstellen. Ich hatte mich zuletzt auf der Arbeit mit dem Oberarzt in den Haaren, der findet, ich würde zu viel Arbeit an mich ziehen, und der mich daraufhin zwangsbeurlaubt hat (dazu bald mal mehr hier!).
    Aber es gibt meinerseits eben auch eine riesige Hingabe zu dem Thema. Eine Kollegin aus meinem Kurs hat ebenfalls den Platz bekommen und hatte dieselben Bedenken.  Mich mit ihr auszutauschen, hat sehr geholfen. Unser Institut hat uns diesbezüglich auch schon beruhigt: Man werde das definitiv hinkriegen. Ob das so ist, wird man dann sehen (nervös-kicher). Immerhin muss man sagen, dass sie da schon sehr auf uns achten. 

    Der Startschuss ist November. Wir werden ein maßgeschneidertes Curriculum bekommen, welches angeblich sehr gut mit unserer Erwachsenen-Version vereinbar sein soll. Na dann:  Der Berg ruft (und es ist nicht meine Wäsche ). 

    Bleibt gesund & haltet zusammen,
    LG

    Feature Foto: Pixabay/pexels.com 
  5. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Leben ist ja bekanntlich das, was passiert, während man dabei ist, andere Pläne zu schmieden. So sieht es aktuell bei mir aus, denn eines Morgens wachte ich auf und: War die einzige Psychologin in unserer gesamten Klinik - das heißt, für 6 Stationen. 
    So ganz überraschend kam das alles nicht :-) Auf die Kündigungen folgte die Fluktuationswelle. Auch das ist verständlich, Planungssicherheit sieht anders aus. Das betrifft nicht nur das psychologische Personal und jenes von der sozialen Arbeit, sondern auch die Stationsärzte. Viele Stationen haben keinen einzigen Arzt mehr. Die Leitung sagt: Probleme jibbet es nücht. Nachbesetzung? Bisher Fehlanzeige. Könnte aber kommen. Na dann. Challenge accepted.

    Echt alles peinlich den Patienten gegenüber. Zum Glück muss man sagen, dass der Redebedarf nicht riesig ist in der Psychosen-Klinik. Viele Patienten kommen aus Akutsituationen, manche sind ofW und noch sehr produktiv wahnhaft oder ganz zugedröhnt. Für viele ist die Medikation hier das A und O, dann die Sozialarbeit, dann kommt erst der*die Psycholog*in. Um die psychologische Versorgung zumindest halbwegs abzudecken, arbeite ich momentan stationsübergreifend. 
    Akutpatienten gehen vor, danach die Nicht-Akuten, dann machen wir Gruppenstunde. Für alle, die übrig bleiben, biete ich ganz kurze Gespräche an, Marke: Wie geht's, wie läuft's, Stationskonzept erklären, Behandlungsplan erklären, Tipps dalassen (die Infoblätter tippe ich zu Hause anschaulich). Das reicht vielen schon, da seit Jahren keiner mehr mit ihnen gesprochen hat. Bei Stationen mit anderem psychologischen Konzept wäre das kein Stück ausreichend, z.B. bei affektiven oder Angststörungen oder bei den Borderlinern. Bei zB Essstörungen wäre es eine Vollkatastrophe, wenn man nicht alle Patienten im Blick hat. 

    Diese Art zu arbeiten hat was von einem Boot, das auf hoher See ein Leck hat. Da man leider auch die Paddel verloren hat, muss man mit den Händen rudern und hoffen, dass man irgendwann an Land kommt. Die Chancen stehen schlecht. Ein Erlebnis ist das nicht. Es geht nur darum, nicht unterzugehen. 
     
    Mein Institut ist nicht glücklich damit, wie das  bei mir läuft. Um genau zu sein ist die Ausbildungsleitung sehr sauer deswegen und rief bei meinem Chefarzt an - dort kam sie aber nicht weiter, da dieser vor kurzem selbst vor die Tür gesetzt wurde ;-). 

    Neben den Nachteilen für die Patienten sind es auch andere Dinge, die mir aufstoßen: Ich vermisse die Kollegen. Den fachlichen Austausch. Eine Führung. Man fühlt sich "übriggeblieben". Aber ich bereue es auch nicht, da zu sein + auch geblieben zu sein. Ich mag diese Klinik unheimlich gerne :-) Weiß aber auch, dass das vielen so ging, die nun weg sind. 

    Bei den Bedingungen muss man froh sein, wenn nicht irgendwann der komplette Laden geschlossen wird. Das hat man durchaus schon gehört! Bei unserer internen Kommunikation erfahren wir das vermutlich erst, wenn wir irgendwann vor verschlossener Türe stehen. Auch das gab es schon. Sind die Tage unserer Psychiatrie gezählt? Man weiß es nicht. Eine neue wird bereits gebaut, mitten im Zentrum mit modernster Ausstattung und Fertigstellung im Dezember. 

    Mal sehen, was so kommt. Beruflich orientiere ich mich jetzt erstmal Richtung Urlaub. 

    LG

    Feature Foto: Humphrey_Muleba/pexels.com 
  6. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Thema des letzten Blog-Eintrags war eine Abwerbung durch eine Privatklinik. Sie waren bei einem öffentlichen Vortrag auf mich aufmerksam geworden und konnten sich gut vorstellen, mich mit ins Team zu holen. Ich fühlte mich gebauchpinselt, weil diese Klinik so eine Traumstelle gewesen wäre (früher) und ich als Fernstudi damals dachte, dass dies sowieso nie was wird. Nun kam gerade dieses Haus zu mir. Im Vorfeld des Vorstellungstermin hatte ich mich trotzdem nicht unbedingt mit Ruhm bekleckert (beispielsweise war ich recht zaghaft in der Kontaktaufnahme). 
    Dennoch kam der Termin zustande. Er war - obwohl dort ein ganzes Team an Leuten abgestellt war - auch sehr angenehm, eher vergleichbar mit einer Runde, die sich zu einem Feierabend-Bier getroffen hatte 😁 Die Zusage war natürlich erfreulich, aber nicht so verwunderlich, wenn man ja explizit ins Team eingeladen wurde.
     
    Dennoch bleibe ich meiner alten Klinik treu. Ich verdiene dort wesentlich schlechter, die Stimmung ist auch im, naja, Enddarm, und die Personalstrategie derzeit intransparent, so dass man morgen vor der Tür stehen könnte; leistungsunabhängig. Ausbildungskosten und Fahrtkosten übernimmt mein AG auch nicht. 
    Aber es gibt auch viel Gutes bei uns; das tolle Team, der leicht schrullige Oberarzt, meine kreativen Projekte - im Endeffekt auch die Patienten und die Störungsbilder bei uns, die mich mehr reizen. Auch die Verantwortungsposition ist etwas, was mir besonders gefällt. Vor allem ein gewisser Entfaltungsspielraum; obwohl ich mich neulich zu sehr aus dem Fenster gelehnt habe und mir ein blaues Auge vom Oberarzt geholt habe, indem ich für die Patienten eine Broschüre schreiben und in Druck geben wollte - aber das ist ok, da auch mal begrenzt zu werden. 😅

    Will man Karriere machen, ist die andere Klinik deutlich besser. Erst Recht vom Lerneffekt. Wäre ich Patient, würde ich mich auch nur dort hingehen wollen. 
    Aber auch zu Karriere-Bedingungen, arbeitszeittechnisch. Da mein gesamtes Tun und Machen aber auch immer an der Familie ausgerichtet ist, wäre das nichts für mich. Ist man single, kinderlos oder anderweitig flexibel, ist das sicher eher eine Funktion. :-) 
    Kids und meine bessere Hälfte waren ein wenig enttäuscht über meine Entscheidung 😄 Sie sind meine größten Fans und das hätten sie mir auch gegönnt. Dennoch ist mir die Zeit mit denen zu kostbar. 
    Meine Arbeitskollegen halten mich sogar für komplett irre, das auszuschlagen 😅. Viele möchten ja weg, aber schaffen den Absprung nicht. Vererben kann ich den freien Platz leider nicht, weil die Stelle eigentlich nicht vakant ist (das wurde auch direkt klargestellt).  

    Ich denke auch, dass sich der Wechsel so relativ "kurz" nach der Einstellung in meiner Klinik nicht sonderlich gut im Lebenslauf macht. Das sieht ja auf den ersten Blick aus wie Probezeit nicht überstanden, illoyal oder hält nix lange durch.

    Ich halte es daher für gut, zu bleiben und daran mitzuarbeiten, es bei uns etwas wertvoller machen. Zu tun gibt es ja viel.

    Bleibt gesund & haltet zusammen.

    LG

    Feature Foto: Jim_Richer/pexels.com
  7. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Am anderen Ende der Leitung meldete sich ein Mensch, der sich mir als Headhunter vorstellte. Im ersten Moment wusste ich nichts damit anzufangen. Spontan dachte ich an Boba Fett, Samus Aran oder den Predator und konnte mir nichts darunter vorstellen. Es war dann aber doch sehr wenig außerirdisch: Der werte Mensch rief im Auftrag des Personals einer ziemlich tollen Privatklinik an - er ist auch gleichzeitig der Chefpsychologe dort. Dort hatte ich mich auch mal beworben letzten November, dann aber nichts mehr von dort gehört, was mich bei den Voraussetzungen an die Stelle auch nicht wunderte. 
     
    Die haben zwar eine tolle Ausstattung und super interessante Ausrichtungen (Online-Rollenspiel-Sucht!), aber elitäre Ansprüche, die nur wenige erfüllen (ich jedenfalls nicht!). Er erläuterte recht überzeugend nochmal das Klinikkonzept, und auch noch alle anderen Vorteile dieses Ladens, den meine Klinik nicht erfüllt: Ungefähr doppelt so hohes Gehalt, Übernahme der Ausbildungskosten (kreisch), Intervision und einen festen, aktiven Bezugspsychotherapeuten, der die Ausbildung vor Ort in Abstimmung mit meinem Institut in die Hand nimmt.
    Noch so'n Vorteil, den er nicht wissen kann, da mittlerweile umgezogen: Der Standort gerade mal 20 Minuten zu Fuß von meiner Wohnung weg. Das ist schon was anderes als mit den Hühnern aufzustehen und dann erstmal mit 2 Zügen + 2 Bussen 30 Minuten zu pendeln. 

    Und meine alte Bewerbung habe man praktischerweise auch wieder gefunden. Ohnehin werde nur 1x im Jahr rekrutiert, und angeblich stehe ich auf dem Listenplatz 1. Was ja der Super-Jackpot wäre, weil diese Klinik mitten in der Stadt ist und als solche deutschlandweit mit Bewerbungen geflutet wird. Wie kommen die nun auf mich? Und woher wissen die, wo ich arbeite? So ganz wollten die das am Telefon nicht erläutern, aber sie scheinen eines meiner Webinare, das ich im Auftrag meines Chefarztes online gehalten habe, angeschaut zu haben. Wenn ich mein Interesse bekunde, würden sie auf jeden Fall am Folgetag anrufen und den Termin abstimmen, wie er bekundete. 

    Das hat mich ganz schön durcheinander gebracht. Ich war zudem auch misstrauisch, da ich dachte, man wirbt nur große Tiere ab, aber auch bei den kleineren Stellen scheint es Personalmangel zu geben. Ich überlegte lange, ob ich mich mit einem Wechsel anfreunden könnte.

    Ja, meine Klinik ist irgendwie ein wenig gammelig, schmeißt aus heiterem Himmel Leute raus und das Gehalt ist sogar noch 25€ niedriger als die eigentliche Sittenwidrigkeitsgrenze. Ob ich hier wirklich zum Abschluss komme, weiß ich gleich gar nicht, obwohl ich aktuell davon ausgehe, dass ich einen Stein im Brett habe bei der Chefetage. Und wirklich gehen? Naja, nicht wirklich...wie soll man denn 5 Monate im Lebenslauf erklären? Das riecht sehr nach "ausprobiert, aber hat nicht funktioniert" und so ist es eigentlich nicht. Ich hänge zudem unheimlich an unserer Station. Sowohl den Patienten als auch den Kollegen. Und auch dem manchmal gemeinen Oberarzt, der meine Arbeit heimlich fördert. 

    Andererseits ist sowas wie die Privatklinik besser für die Work-Life-Balance. Gerade wenn man Kinder hat, deren Schule und Kita dort quasi nebenan stehen, rechnet man da auf. Und das blöde Bahnabo von 200€ im Monat wäre ich mit einem Schlag los. 

    Ich grübelte und grübelte und kam zu dem Schluss, unverbindlich zum Vorstellungsgespräch zu gehen. Im Kopf formulierte ich dann schon Ausreden vor, wie ich mich zu dem Zeitpunkt von der Arbeit stehlen könnte. Bei der aktuellen Klinik zu bleiben wäre dann sowas wie eine Herzensentscheidung. Darf man auch mal treffen. Daher müsste die Privatklinik wirklich gute Bedingungen haben, beschloss ich. Das beinhaltete Entwicklungsmöglichkeiten, Probezeit und Verantwortung.  

    ...tja, aber dann wurde mir die Entscheidung abgenommen:
    Dieser Mensch rief nie wieder an :-) Nicht am Folgetag und auch sonst nicht. 
    So ist sie, die wundersame Welt der Kliniken. 
    Muss man nicht verstehen. Sagt aber viel. 

    Aber letztlich eine gute Erfahrung. Es schmeichelt natürlich einerseits. Andererseits muss sich wieder etwas mehr auseinandersetzen mit der Frage, was man eigentlich will. Und was einem fehlt. Sollten die sich doch nochmal melden, werde ich wohl gelassener bleiben. 

    Puh...es ist noch kein Jahr her, dass meine Fernstudien-Odyssee zu Ende gegangen ist. Wenn ich mal bedenke, welche Erfahrungen ich seitdem so mache, denke ich oft, wie behütet und chillig und strukturiert die Studienzeit war. Für mich keine Kopfgeldjäger mehr. Immerhin könnte ich jetzt mal unserem Oberarzt was entgegensetzen, der nicht müde wird zu betonen, dass er trotz aller attraktivster Angebot jederzeit Abwerbungen ausschlägt, um bei uns sein Dasein zu fristen 😁 Ob ich einfach mal "Been there, done that" antworte?

    Bleibt gesund & haltet zusammen,
    LG

    Feature Foto: Monstera_pexels.com
  8. Vica

    Kinder- und Jugendbuchautor*in
    Mein Laudius-Ordner hat mittlerweile stolz an Umfang gewonnen. Während ich mit sehr dünnen Kapiteln und wenig Lehrheften den Kurs startete, hat er nun die Stärke eines typischen Kontoauszüge-Ordners, der im Keller sein Dasein fristet 😁 Futter hat der Ordner genug bekommen. Das neue Fernlehrbrief-Material wurde immer pünktlich quartalsmäßig nachgeschickt. Es kam stets im DIN A4 - Umschlag, bereits gelocht und konnte nachgeheftet werden.

    Aber, ups: Im März ging ja meine PT1 los (das praktische Klinikjahr der Psychotherapeuten) und seitdem hatte ich es nicht mehr wirklich geschafft, mich diesem schönen Kurs zu widmen. Das machte mich ganz schön unzufrieden von kreativer Seite her. Auch abgesehen vom Job kam bei uns ordentlich was obendrauf - ein Umzug während Corona stellte sich als logistische Meisterleistung heraus. Während des Umzugs war aber klar, dass eine Lernecke gleich fest mit eingebaut wird (sowas habe ich in unserer alten Wohnung generell vermisst). Und siehe da, schon am Tag des Einzugs fischte ich meinen blauen Ordner aus den Umzugskisten. Ich bin nun etwas im Rückstand, aber ziemlich optimistisch, dass ich das recht schnell wieder aufhole. So wirklich Zeitdruck hat man ja nun auch nicht. Die Lernhefte werden zwar zunehmend anspruchsvoller. Aber es ist kein Problem, an einem Abend 3 bis 5 Kapitel wegzulesen. 

    Unkreative Phasen habe ich immer mal wieder, nicht erst wie jetzt seit März. Trotzdem fühlen sie sich für mich ziemlich unnatürlich und auch schwierig an. Oft habe ich dann das Gefühl, dass mir ein Werkzeug zum Verarbeiten von Sinneseindrücken und Alltagserlebnissen und ein gewisser Freiraum einfach fehlt. Eine Weile kann man noch damit umgehen, aber im Dauerzustand rächt es sich. Aber irgendwie kommt man nicht dagegen an, dass man zu müde ist, eine Seite mit selbst erdachtem Inhalt zu füllen. Manchmal hat es etwas vom Prokrastinieren aus der Studienzeit, man schiebt es hinaus. Und wird durch den ganzen Druck immer unzufriedener. 



    Die Beschäftigung mit diesem Kurs ist auch ohne schreibend aktiv zu werden eine spannende Reise zu alten Klassikern und irgendwie auch der eigenen Kindheit. Dadurch bringt er auch nur von theoretischer Seite her genügend Vergnügen mit. Trotzdem plagt mich seit den letzten Jahren das Problem, dass sich mein Denken immer mehr theoretisiert hat und mir die Fantasie flöten ging, die ich vor allem früher hatte. Das ging mit Schreibblockaden einher.

    Aber wie kam es dazu?
    Was hat mir die Fantasie abspenstig gemacht?
    Warum drängt sich stattdessen immer wieder akademisches Geschwurbel dazwischen - so ziemlich die Antithese zu Fantasie?
    Vermutlich die 1001 Hausarbeiten, die ich in den letzten Jahren geschrieben habe. Stress und Druck, z.B. bei Klausurphasen. Permanente Perfektionsansprüche wie in Bewerbungsschreiben. Und so viel Fremdbestimmung durch äußere Umstände.  Und Erfindungsreichtum, eigene Standpunkte und Freitexte waren im Studium auch so gar nicht gefragt. All das blockiert den kreativen Fluss sozusagen. 

    Meine große Hoffnung ist ja, mittels diesem Kurs den kreativen Flow wieder zu finden - oder besser gesagt, mehr zulassen zu können. Ich bin echt froh, gerade in einem Kapitel gelandet zu sein, welches sich dieser Art Schreibblockaden widmet. Und auch, dass sich der gesamte Kurs immer wieder mit den Themen Selbstzweifeln beim Schreiben, Fantasieverlust etc. auseinander setzt. Kognitiv wird man dabei auch aktiv an die Hand genommen, indem man als Übungen z.B. angeleitete Imaginationen zu Ende führt oder ein paar Szenen schreiben soll, die klar die eigenen Grenzen überschreitet. 

     Ich merke schon, dass die verstaubten Zahnräder im Oberstübchen wieder ins Laufen kommen...😁 Langsam, aber da geht was. Durch die Arbeit in der Psychiatrie habe ich zudem ein ganzes Füllhorn an Storyideen bekommen. Ich denke auch, dass meine Charaktere hierdurch an Tiefe und Brennschärfe gewonnen haben. Jetzt muss das noch zu Papier. 
    Naja, soll. Und ein Jugendbuchformat muss natürlich auch noch draus werden.
    Alles ist verbunden 😁
     
    Bleibt gesund und haltet zusammen.
    LG

    Feature Foto: Francesco_Ungaro/pexels.com
    Hochgeladene Bilder: Privat 
  9. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Wir sind eine Station, deren Patientenklientel man leicht zusammenfassen kann: Wahnhafte Psychosen, Schizophrenie, Abhängigkeitserkrankungen. Diese Störungsbilder werden im (Fern-)Studium zwar gut durchgekaut, trotzdem bestehen hier wenig praktische Berührungspunkte. Meine Erfahrung ist, dass im Studium meistens Depressionen und Angsterkrankungen mehr Raum kriegen,  weniger die schweren Störungen; vielleicht, weil man sie ganz gut erforschen kann, die Patienten sind ja zugänglich. Meine Kollegen von den Präsenzunis teilen den Eindruck. 

    Bei Wahn sind recht viel Stigma und Vorurteile im Umlauf. Die meisten haben den Joker, Amokläufer oder irgendwelche Bösewichte aus Videospielen im Kopf. Damit wird oft völlige Unzurechnungsfähigkeit und Unberechenbarkeit verbunden. Ich war auch nicht sicher, was mich diesbezüglich erwarten würde und hätte mir das wirklich anders gedacht. Am meisten überraschte mich, dass diese Patienten ganz normale Tagesabläufe haben. Sie stehen, wie du und ich, zum Frühstücken auf, helfen manchmal den Pflegern beim Kochen oder spielen Tischfußball mit ihnen. Gehen früh ins Bett, haben Hobbies wie Lesen, Zeichnen, Klavierspielen. Sie sagen Guten Morgen und Tschüss, viele sind Absprachefähig. Manche haben auch ein kleines Projekt, z.B. sich um die Pflanzen der Station zu kümmern oder etwas Kreatives. Sie gehen ganz normal zur Gruppentherapie oder den 50-minütigen Therapiegesprächen. Natürlich befinden sie sich aber auch unter Medikation. 

    Trotz allem haben sie in erster Linie eine falsche Vorstellung von der Realität, von der man sie auch so nicht abbringen kann. Das heißt wiederum nicht, dass sie permanent schreien, jemanden angreifen oder den Kopf gegen die Wand hämmern. Stattdessen haben sie ein permanentes Misstrauen innewohnen, das über Verschwörungstheorien oder normale Kritik weit hinausgeht:  Dazu gehört z.B. Angst, Sorge und Stress, von der Regierung oder Außerirdischen überwacht zu werden. Vieles wird falsch interpretiert und dann werden darin "Zeichen" gesehen. Rechtschreibfehler in Behördenbriefen seien z.B. Versuche der Behörden, die Person zu diffamieren. Manche glauben, dass die Betäubungsspritze beim Zahnarzt neulich Nanobots enthalten habe, die jetzt den Körper übernehmen. Natürlich kann Wahn auch sehr bizarre Formen haben, und fast immer hat es etwas mit Verfolgung oder angeblicher feindlicher Haltung gegen den Patienten zu tun. 

    Erstaunlich häufig (unabhängig von Geschlecht, Bildungsgrad, Alter und Herkunft) wird der Teufel gesehen. Es ist auch erstaunlich, wie sehr sich die Beschreibungen ähneln. Er kommt meistens nachts und kündigt sich mit komischen Geruch und Pferdehufen an. Viele unserer Patienten haben dann richtig Todesangst vor der kommenden Nacht. Sie verstecken sich dann im Schrank oder unter der Decke. 
    Der Teufel kann aber auch die Gestalt eines Menschen annehmen, meistens Autoritätspersonen wie der Noch-Chefarzt. Manchmal aber auch: Blonde Menschen. Traurig ist, wenn Mütter kommen, die z.B. in ihren kleinen Kindern den Teufel erkannt haben. Oder ihren Partnern, besten Freunden. 
    Einige sitzen bei mir und berichten darüber völlig ruhig, als würden sie sich über einen unliebsamen Sachbearbeiter reagieren. 

    Natürlich kann eine wahnhafte Psychose auch komplett aus dem Ruder laufen. Indem manche glauben, dass sie komplett in der Hölle sind und dann von Dämonen umgeben sind. Diese werden auch angegriffen. Bei uns ist es aber extrem selten, und meist ein Zeichen von schlechter/falscher Medikation. Aber dennoch ist generell Vorsicht geboten bei Menschen mit Realitätsverzerrung. Eine gewisse Gefahr bleibt; da diese Patienten oft sehr fassadär sind, ist Wahn nicht oft zu erkennen. Es braucht einen echten Spezialisten (unser Chefarzt ist da 1A drin!), um ihn zu erkennen. Darum ist das Abklären von Eigen- und Fremdgefährdung bei uns auf Station großgeschrieben. Dazu arbeiten wir auch mit der Justiz zusammen, von Richtern haben wir hier tagtäglich Besuch. 

    Kann man diese Menschen noch psychotherapeutisch erreichen?
    Ja, in der Tat gibt es Gesprächsmodelle für solche Patienten. Es geht dann nicht darum, alles zu entkräften; andererseits darf man sie natürlich auch nicht validieren. Absolutes Verständnis für die empfundenen Ängste steht im Vordergrund. Vielen reicht es schon, dass man ihnen mal wieder zuhört. Die Verwandten und ihre restliches Umfeld hat das längst aufgegeben, bei einigen schon seit Jahren (auch das ist irgendwo verständlich). Dennoch brauch die Therapie dann eine Richtung - ein roter Faden ist wichtig, den man aus der Biographie und den gegenwärtigen Problemlösestrategien herausarbeiten muss. Zunächst verbringt man auch einfach positive Zeit zusammen. Dann finde ich es gut, wenn man Ressourcenförderung betreibt, also die Talente und positiven Aspekte des Charakters findet und herausstellt (denen wird oft keine Beachtung geschenkt). Das Zusammensein in der Gruppe hilft auch vielen Patienten. Solche Gruppen muss man allerdings gut führen. 

    Für manche Patienten kann man nicht viel tun; zu lange und zu tief sitzen die Probleme. Ich arbeite dann mit dem Sozialarbeiter zusammen, z.B. wenn es um eine Heimunterbringung geht, da gibt es Auflagen, denen der Patient nicht nachkommt. Ich manche dann mit ihm Ambivalenzarbeit und wir versuchen, die guten Seiten einer Heimunrerbringung zu finden. Oder ich versuche, ihnen die Angst vor dem Chefarzt oder Misstrauen gegen Tabletten zu nehmen. Dazu gehört immer die Betonung, dass alles ja auch nur ein Versuch ist, kein Zwang, und man selbst die Entscheidung hat. Letztere Erkenntnis bringt das Eis fast immer zum Brechen. 

    Fazit: Ich arbeite sehr gerne mit diesen Menschen zusammen und möchte momentan nirgendwo anders hin. Ich fand bisher jeden einzigartig und bereichernd. Es gibt natürlich auch mal unangenehme Patienten, das ist klar. 

    Trotzdem: Keine Angst vor der Wahn/Psychosenstation, solltet ihr im Rahmen des Fernstudiums die Möglichkeit bekommen, da ein Praktikum zu machen. :) 

    Bleibt gesund & haltet zusammen,

    LG

    Feature Foto: Ivan_Siarbolin/pexels.com  
     
  10. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Im Fernstudium hatte ich  - vor allem während meiner Bachelorzeit - die üblichen Studijobs: Kaffee, Burger, Drogerieregale. Die Personalfluktuation dieser Jobs ist ja bekanntlich vergleichbar mit einer Drehtür; da bekamen auch mal die etwas höheren Tiere wie z.B. Schichtführer, aus dem Nix eine Kündigung. Hat keinen gewundert, und ebenso schnell fand der Gekündigte was Vergleichbares und die Stelle war schnell nachbesetzt.

    Dass aber auch berufliche Schwergewichte wie Chefärzte eine Kündigung nach demselben Muster wie in oben genannten Branchen auf dem Tisch bekommen können, hätte ich nicht gedacht. Um ehrlich zu sein, hätte ich vieles für möglich gehalten, aber nicht, dass man den Chefarzt vor die Tür setzt.

    Das ist eine Katastrophe sowohl für Team als auch für Patienten, denn ohne Chefarzt fehlt dem Schiff der Kapitän. Die Mannschafft kann nun kräftig paddeln, um nicht unterzugehen, aber eine qualitativ hochwertige Schifffahrt sieht anders aus. Es geht damit auch ein echter Mentor. Für die Patienten ohnehin das schlimmste Übel.

    Damit kamen auch sofort ein paar Fragen auf: Ist die PP-Ausbildung noch möglich, wenn derjenige geht, der die Weiterbildungserlaubnis hat? Das war in der Klinik davor nicht so. Hier aber immerhin schon. 
    Der Chef nimmt es gefasst. Er ist deutlich gelöster, als zuvor. Natürlich wird hier die gesetzliche Kündigungsfrist gewahrt, und dass er ALG beantragen muss, halte ich mit solchen Berufen auch eher für unwahrscheinlich.

    Ob die Stelle nachbesetzt wird, hängt davon ab, ob die Kündigung wegen der Sparmaßnahmen erfolgte oder andere Gründe hatte. Bei ersterem würde sie natürlich nicht nachbesetzt, dann gibt es nur einen kommissarischen Chefarzt, den wir vermutlich nicht zu Gesicht bekommen werden. In letzterem Fall würde jemand nachfolgen. Dann gibt es natürlich auch die Möglichkeit, dass sich Dinge auch mal verbessern. Wer weiß. 

    Ratlose Grüße
     
    Feature Foto: Andrea_Piacquadio/pexels.com 
  11. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Vergangene Woche hieß es: Koffer packen und ab in das schöne Ländle Schweiz. Denn: An der Uni Bern stand der große Sommerworkshop (Auftakt des dort startenden Psychotherapie-Masters) für Verhaltenstherapeuten aus ganz Deutschland an, der als Kooperation mit meinem Institut lief. 
    ...leider coronabedingt nur virtuell, und so blieben die Koffer eben stehen, dafür liefen die Leitungen (und Kaffeemaschinen) heiß. 

    Natürlich hätte ich die Gelegenheit gerne genutzt, die mir noch gänzlich unbekannte Schweiz zu erschließen. Allerdings wurden gleich zur Einführung auch ein paar coronaunabhängige Argumente genannt, warum es gut ist, dass wir nicht in Präsenz erschienen sind 😁 Dazu gehörten z.B. eine unerträgliche Hitzewelle und keine Kühlungsmöglichkeiten in den Hörsälen.
    Dennoch muss ich sagen, dass die Hörsäle so wunderhübsch-ehrfürchtig aussahen, wie ich es sonst nur von den britischen kenne. Sehr stylisch und da kam sofort Wehmut, dass man da eben doch nicht in real sitzen kann. 

    Zum Auftakt gab es eine virtuelle Stadtführung durch Bern - ich bin eigentlich nicht so der Typ für sowas, war aber interessanterweise sofort ganz verliebt. Ich finde Einblicke in schweizer Kultur oder gar ihre Städte sehr rar. Die Profs der unterschiedlichen Workshops waren natürlich ebenfalls in der Mehrzahl Schweizer, so dass bald etwas aufkam, was ich noch keinem einzigen Online-Workshop bemerkt habe:
    Schweiz-Feeling 😁
    Es fühlt sich jetzt, im Nachhinein, so an, als wäre man echt da gewesen und hätte gegenüber anderen da einen Wissensvorsprung, wie gerade aus dem Urlaub gekommen. Am Ende der Woche waren wir sogar alle einstimmig für die Fußballmannschaft. 
     
    Aber nun auch kurz die Punkte zum Inhalt:
    Es handelt sich um den Start eines Psychotherapie-Masters. Das ist in etwa vergleichbar mit dem Psychotherapie-Direktstudium, wie es das jetzt neuerdings in Deutschland gibt. Die Noten meiner Zwischenprüfungen aus dem Institut werden hier als Prüfungsleistung angerechnet, so dass nur noch die Masterarbeit geschrieben werden muss. Die Präsenzphase war verpflichtend, somit natürlich auch Anwesenheitspflicht (die Kamera musste daher auch anbleiben!)  Während der Woche konnte man aus einer ganzen Reihe von Vorlesungen sich selbst seine Workshops aussuchen Meine Kurse z.B.: das Berner Modell (Psychotherapeutischer Ansatz), Besonderheiten und Herausforderungen bei der Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter, Blended Psychotherapie, Generalisierte Angststörung bei hoher Komorbidität, Focusing, Prozessuale Problemaktivierung und Ressourcenaktivierung... Alles jeweils von 9 Uhr bis 12:30 Uhr und dann von 15 Uhr bis 18:30 Uhr  
    Fazit:
    Ich hätte das gar nicht so erwartet, aber die Weiterbildung war unheimlich bereichernd und vom Niveau sehr, sehr hoch angesetzt. Auch die verwendeten Materialien fand ich sehr gut. Sie waren von Anfang an interaktiv, d.h. recht schnell ging es los mit Gruppenarbeiten, die man dann auch nutzen konnte. Aus allen konnte ich etwas Wertvolles mitnehmen, was ich im Prinzip direkt morgen schon in die Arbeit mit einfließen lassen könnte.
     
    Ein sehr schöne Erfahrung (trotz vituell) und ich hoffe, irgendwie mal auf anderen Wegen in die Schweiz zu kommen. Vielleicht zur Master-Zeugnisverleihung in ca. 2 Jahren. Mal sehen 😄

    Bleibt gesund & haltet zusammen,
    LG

    Feature Foto: narya/pixabay.com
  12. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Das Studium klinische Psychologie war lang und hart, das Einschreiben in den Schwerpunkt mit zusätzlichen Hürden verbunden. Viele belegen das Fach, weil es Voraussetzung für die Psychotherapeutenausbildung ist. Dabei lernt man erstaunlich wenig darüber, was man in der Zwischenzeit so als klinischer Psychologe überhaupt tut 😁 Das kann natürlich von Klinik zu Klinik auch variieren, aber ich merke bei meinen "Mit-Azubis" aus dem Kurs, dass es sich doch überall überschneidet. 
     
    Zusammenarbeit mit den Ärzten
    Meine direkten Teampartner sind die Stationsärzte (nein, es gibt keine Hierarchien!). Sie brauchen meine Meinung z.B. hinsichtlich Suizidalität, Konsumverhalten oder dem Vorhandensein von Störungsbildern, um die Medikation anzupassen. Kurzum: Die Ärzte unternehmen nichts ohne mich und ich wiederum nichts ohne sie. Hört ein Patient z.B. Stimmen, schicken sie ihn zu mir. Ich kläre es ab und verweise wiederum auf die Ärzte, wenn es um die Medikation geht. Diese Teamarbeit macht mir großen Spaß und umgekehrt ist es genau so. Man fühlt sich wie eine Forschergruppe. Sind wir tatsächlich alle ratlos, wird noch der Oberarzt und/oder der Chefarzt hinzugezogen. 
     
    Explorieren
    Hier wird mit qualifizierter Gesprächsführung herausgefunden, wie sich gewisse Sachverhalte beim Patienten darstellen. Konsumiert er? Eigen- oder Fremdgefährdung? Suizidal? Wahnhaft? Usw. Sehr wichtig ist dabei eine guter Zugang als Therapeut. Wir orientieren uns dabei an einem Erfassungssystem für den psychopathologischen Befund, das AMDP-System, welches im klinischen Schwerpunkt auch Thema war. 

    Fremd-Explorieren
    Das ist Explorieren mittels Hilfe von Angehörigen, wenn der Patient nicht in der Lage ist, sich zu äußern. Dazu muss eine Schweigepflichtsentbindung vorliegen. Wenn nicht, ist sie sehr schwierig durchzuführen; man muss hoffen, Informationen zu bekommen, ohne gleichzeitig zu sagen, wofür. Zum Glück seltener Umstand. 
     
    Testdiagnostik 
    Ich führe regelmäßig Testungen durch auf psychische Krankheiten, z.B. das Korsakow-Syndrom, Dissoziative Persönlichkeitsstörung, schwere Depression, aber auch auf ADHS, Intelligenzminderung usw. Darauf wird man in Testtheorie vorbereitet, es lohnt sich schon während des Studiums hier sehr sorgfältig zu lernen. Die Tests sehen unterschiedlich aus. Manche sind Testbatterien, bestehend aus Fragebögen, Merkfähigkeitsaufgaben, aber auch z.B. Muster legen. Die dauern mitunter Stunden. Andere sind Screeningfragebögen, da geht es um die Selbsteinschätzung der Patienten. In der Regel sind sie skaliert. Testergebnisse sind wichtig für die Krankenkasse und die Anschlussperspektive, so z.B. auch für den Sozialarbeiter. 
    (Und ja, die Auswertung erfolgt statistisch!) 
     
    Therapeutische Gespräche
    Diesen Part lernt man im Studium nicht, dafür während der PP-Ausbildung. Sie dauern idR 25 oder 50 Minuten, je nachdem, was die Kasse für die Störungsbilder eurer Station so vorsieht. Therapieintensive Stationen haben auch 100 Minuten. Je nachdem, welches Krankheitsbild der Patient hat, sind die Gespräche mal sehr niederschwellig, mal fordernder (z.B. Situationsanalysen). Ich empfinde das als schönsten Teil der Arbeit und musste sehr drum kämpfen, diesen weiter auszubauen. 
     
    Aufnahmegespräche
    Mit dem Stationsarzt zusammen. Direkt nach Einlieferung geht es dann ins Untersuchungszimmer. Der Arzt untersucht körperlich, der Psychologe stellt Fragen zur Anamneseerhebung und beschreibt den Zustand des Patienten. 
     
    Spontane Krisenintervention
    Bedeuten bei uns z.B. Selbstmorde verhindern. In heiklen Situationen, wo ein Patient sterben möchte, greift man ein. Zum Glück gibt es auf einer geschlossenen Station natürlich nicht viele Möglichkeiten, dies auch umzusetzen. Dennoch versucht man, hier einzugreifen. Ich habe diese Deeskalationsaufgabe noch um "Fixierungen vermeiden" erweitert. Häufig lässt sich eine Fixierung/Sedierung doch noch verhindern, wenn man ruhig zuredet (aber natürlich nicht immer). 
     
    Gruppentherapie
    Gab es auf meiner Station nicht mehr, habe ich daher eingeführt. Mit ziemlichen Erfolg. Hier führen wir Psychoedukation (Aufklärung über Krankheiten) durch oder machen daraus offene Runden. Häufig gibt es ein Thema, z.B. Abstinenzmotivation und wir sammeln gemeinsam. Hier sind ein wenig Entertainer- und Lehrpersonal-Qualitäten gefragt. Ebenfalls ein sehr schöner Teil der Arbeit. 
     
    Anhörungen mit Richtern 
    Regelmäßig haben wir Richter auf der Station, die darüber entscheiden, ob eigen- und fremdgefährdete Personen mittels Unterbringungsbeschluss bei uns verweilen. Sie müssen aber auch Fixierungen/Sedierung zustimmen. Die Runde besteht dann aus den Ärzten und mir, zuvor auch aus dem Patienten, da die Richter ein persönliches, medizinisches und psychologisches Urteil wollen. Diese Gespräche gestalten sich oft etwas schwierig, weil Richter keinerlei psychiatrische Kenntnisse haben und z.B. bei sehr fassadären Krankheitsbildern (z.B. Schizophrenie) Schwierigkeiten haben, die Fassaden zu unterscheiden. Insgesamt habe ich hier aber nur gute Erfahrungen gemacht. Es wurden in meiner Zeit hier noch keine leichtfertigen Urteile gefällt. 
     
    Psychopathologischer Befund und Entlassbericht diktieren
    Für mich der schwierigste Teil der Arbeit. Hier wird der ganze Behandlungsverlauf anhand der Akte zusammengefasst. Man hat nie Zeit dafür, zudem fehlt mir das Wissen über Medikamente so sehr, dass ich viel Zeit brauche, um alles nach zu recherchieren. Ich teile mir die Briefe mit den Stationsärzten auf. Kontrolliert werden sie vom Ober- oder vom Chefarzt. Ist was falsch, kriegt man es gnadenlos um die Ohren gehauen. Bei uns achtet der Oberarzt auch auf Ausdruck, Grammatik usw. Ich bekam anfangs viele wieder zurück. Mittlerweile gelingen sie mir sehr gut. Ich war so frei, sie sogar um einen Punkt zu ergänzen, nämlich die psychologischen Interventionen. Hat keinen gestört, im Gegenteil 😁 Wir hatten während der PFH solch ein Schreiben als Projektarbeit, doch leider hatte ich bis dahin den Großteil wieder vergessen. 
     
    Übergabe (2x täglich)
    Hier redet das gesamte Team (inkl. Pflege, Sozialarbeiter usw.) über jeden Patienten auf Station. Es geht um Beobachtungen, Medikation. Psychologenmeinungen waren hier eigentlich nicht so gefragt. Das habe ich direkt geändert und trage nun auch meine Arbeit vor, was sehr gut ankam.  
     
    Vorträge auf Klinikkonferenz 
    Na, wer hat gedacht, dass er keine Präsentationen mehr halten muss, wenn das Studium vorbei ist? 😁 Wir müssen regelmäßig unsere Stationsarbeit vorstellen, und zwar vor dem versammelten Rest aller Klinikmitarbeiter. Häufig sind diese Präsentationen direkt aus der Hölle. Ich hingegen trage erstaunlicherweise recht gerne vor und fühle mich da durch die extrem häufige Anwendung bei der PFH mittlerweile routiniert. Das Ganze findet wieder am Podium in einem riesigen Zuschauersaal statt. Das mach mir keine Angst (mehr). Bammel habe ich meistens vor technischen Dingen. Bisher ging aber alles gut. 
     
     
    Ein kleiner Abriss der Arbeit, die man so tut; nicht mit einbezogen habe ich Tätigkeiten wie Konferenzen, Sondersitzungen, Dokumentation aller Gespräche, die Verhandlung von Verlegungen, meine eigenen Fallberichte für die Ausbildung etc. pp. Wie gesagt ist das überall anders, aber in etwa könnt ihr erwarten, dass euch auf Station ähnliche Aufgaben erwarten.

    Bleibt optimistisch & haltet zusammen,
    LG

    Feature Foto:
    Gustavo_Fring/pexels.com 
     
  13. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Auch auf die hat das Studium klinische Psychologie nicht im Geringsten vorbereitet 😁 Dabei wäre tatsächlich ein Exkurs im Thema "Stationsablauf" gar nicht so übel, um mal einen groben Überblick zu bekommen. Für alle angehenden (klinischen) Psychologen hier also ein kleiner Überblick, wer auf Station wer ist. 
    (Natürlich nur wieder auf uns bezogen, variiert überall leicht) 

    Klinikleitung
    Die Klinikleitung ist jemand, den man nur aus Sagen und Legenden kennt. Sie trifft alle Entscheidungen für jede Station und die Zukunft des Hauses, hat aber überhaupt gar keine Bodenhaftung zur Station. Viele wissen nicht mal den Namen der Leitung und wer überhaupt dahinter steckt. Nicht mal wo sein Büro ist ist bekannt, und seine Telefonnummer kennt nur die Verwaltung. Ist nur in seltenen Fällen ein Arzt, häufig eher betriebswirtschaftlicher Lebenslauf.
    Hat bei uns so in etwa den Rang einer Sagengestalt à la Loreley. Gibt es ihn wirklich? Einige haben ihn mal gesehen, aber kann man das glauben?...

    Direktor
    Sozusagen der Chef aller Chefärzte. Der Direktor ist zwar nie auf Station, dennoch omnipräsent. Er veranstaltet und leitet Klinikkonferenzen und verschickt regelmäßig Rundmails, wo z.B. wichtige Dinge wie Kündigungen, Stationszukunft oder Dienstpläne angesprochen werden -  wodurch alle an seinen Lippen hängen. Er gibt auch regelmäßig Zeitungsinterviews und ist überhaupt das mediale Gesicht der Klinik. Ist wie gesagt Arzt, auf den Stationen sieht man ihn hingegen aber nie. 
    Hat sowas wie den Status von Gott, manche erstarren richtig in Ehrfurcht, wenn sie ihm zufällig begegnen. 

    Chefarzt
    Dem Chefarzt unterstehen alle Stationen eines Klinikteils (z.B. Allgemeinpsychiatrie, 4 Stationen oder Suchtklinik, 5 Stationen etc.). Er ist auch ein wenig sowas wie Gott. Wenn er seinen Besuch ankündigt, fangen alle nervös an, aufzuräumen etc. Hat so eine gewisse Autoriät, die er vor sich herschiebt, ist wissenstechnisch brillant, aber gefürchtet für seine Kritik. Auf Station ist er eher selten zu sehen, aber immerhin zum Fixtermin, nämlich der Chefarztvisite. Er ist sowas wie der direkte Vorgesetzte der Psychologen + Stationsärzte und untersteht nur dem Direktor. Heißt: Krankmeldungen, Kündigungen etc. gehen alle an ihn. Anders als der Direktor schlüpft er manchmal aber dennoch in die Rolle eines Stationsarztes, z.B. um den Oberarzt zu vertreten. Kommt gut aus mit anderen Ärzten, hält aber nicht so viel auf die Meinung der anderen Stationsmitarbeiter.  

    Oberarzt 
    Ist sozusagen der Kopf aller Stationsärzte einer Station. Ist ein Facharzt und als solcher höhergestellt als die normalen Stationsärzte, Der Oberarzt ist freilich kein Chefarzt, aber die Grenzen verschwimmen total. Er ist direkter Teampartner des Chefarztes, doch letzterer ist zu selten da, um wirkliche Teamarbeit zu leisten. Sieht sich aber auch als direkter Vorgesetzter der Psychologen. Ein Posten mit viel Aktivität, aber im Gegensatz zum Chefarzt sehr nahbar. Der Oberarzt ist immer zugänglich. Er macht neben Visite auch Kurvenviste, Entlassungsplanung, spricht regelmäßig auch Patienten, aber nicht so oft wie z.B. Stationsärzte.  Greift auch aktiv in die Ausbildung des Psychologen ein, hilft, verwaltet und organisiert. Hält viel von der Meinung anderer Stationsmitarbeiter. 
     
    Stationsarzt
    Ärzte, die noch jung und noch "unverbraucht" sind, es gibt aber welche, die auch 50+ sind. Arbeiten unglaublich hart und effizient. Haben dasselbe Aufgabengebiet wie der klinische Psychologe, bloß dass er medikamentös vorgeht und keine psychologischen Interventionen anbietet. Arbeitet als direkter Teampartner des klinischen Psychologen. Fehlt einer von beiden, wird es für den anderen schwierig. Ist auch sehr eng mit der Pflege; sind optisch oft nicht von der Pflege zu unterscheiden, da sie dasselbe tragen. 

    Psychologische Psychotherapeuten (Approbierte)
    Haben ähnliche Kompetenzen und Zuständigkeitsbereiche wie der Oberarzt. Ihre Arbeit ist im Gegensatz zum Psychologen mehr therapieintensiv, also auf Patientengespräche und Gruppen ausgerichtet, weniger das Drumherum wie psychopathologische Befunde und überhaupt die ganze Diagnostik. Leiten bei uns Supervisionen, also die "Therapie" für die Psychotherapeuten in Ausbildung. 
    Direkter Vorgesetzter und direkter Teampartner ist der Chefarzt; kommen aber besser mit dem Oberarzt klar.  
     
    Psychologen
    Was genau ein klinischer Psychologe macht, habe ich hier etwas intensiver beschrieben:

    Sozialarbeiter
    Meistens der Held/die Heldin der Station. Hat unglaublich guten Draht zu Patienten, Pflege UND ärztlich-therapeutischen Personal. Für die Patienten der greifbarste Mitarbeiter, da diese natürlich viele Angelegenheiten regeln, mit denen der Patient nicht mehr klarkommt: Pflegegrad, Heimanbindung, Geld, Langzeittherapiemaßnahmen. Besichtigt auch noch Unterbringungen mit Patienten und organisiert Veranstaltungen. Löscht nebenher noch kleine Brände, z.B. Teamkonflikte, setzt sich wie ein Anwalt für Mitarbeiterbelange beim Chefarzt an. Braucht regelmäßig psychologische Gutachten. Hat besonders guten Draht zum Pflegepersonal und ist skeptisch gegenüber Psychologen.
    Es lohnt sich, sich mit dem Sozialarbeiter gut zu stellen und gleich mit ihm ein Team zu bilden!  

    Pflege
    Tragen die gesamte Station auf ihren Schultern. Leisten Übermenschliches vom Arbeitspensum. Haben oftmals unglaublich breites medizinisches Wissen, haben Präsentationstalent (Übergabesituationen) und sind die größten Arbeits-Organisationstalente, die ich kenne. Haben einen sehr kumpelhaften Draht zu den Patienten und in Krisensituationen immer eine Lösung. Erscheinen gegen Ekel absolut immun und sind vor allem bemerkenswert mutig. Sind im Grunde dauerüberlastet, machen trotzdem Überstunden bis zum Mond. Eine ganz faszinierende Gruppe, von der man selbst viel lernen kann. 
    Sind skeptisch gegenüber Ärzten und Psychologen (gut stellen sehr wichtig!). Werden vom Chefarzt leider nicht ernst genug genommen und daher oft nicht gut auf diesen zu sprechen. 

    Pflegeleiter
    Ist sozusagen der Chefpfleger der Station, aber nicht deren Vorgesetzer, sondern ein Primus Inter Pares. Hat ein unglaubliches Organisationstalent und bildet eine kommunikative Brücke zwischen allen Stationsangehörigen. Kann auch gut mit allen Arztversionen und Psychologen. Kümmert sich und ist ein absoluter Macher. Setzt Belange aller Mitarbeiter beim Betriebsrat durch.  
       
    Putzpersonal 
    Meine Hochachtung vor allen, die im Krankenhaus putzen. Gerade bei Patienten, die keine Kontrolle mehr über ihre Körperausscheidungen haben, sind sie sehr häufig im Einsatz. Mit dem Putzpersonal am besten gleich gut stellen. Ich mache manchmal Pause mit ihnen. Haben sehr guten Draht zu den Patienten. 

    Richter & Polizei
    Sind keine wirklichen Mitarbeiter unserer Station, aber mehrmals täglich bei uns, so dass man häufig per Du ist. Sie haben gar kein Wissen über psychische Erkrankungen, entsprechend distanziert ist natürlich der Patientenkontakt.  


    Dies  also mal als "kleiner" Überblick aller wichtigen Organe, die eine Station zusammenhalten. Bestehende Hierarchien sollte man meiner Meinung nach ignorieren und jeden auf Augenhöhe betrachten und entsprechend ernst nehmen. Das gilt auch für das Putzpersonal. So erreicht  man nicht nur die beste Stimmung, sondern auch die effektivsten Ergebnisse. Und das kann der Station schonmal den Hintern retten, wenn sie von der Schließung bedroht ist. 

    LG 

    Feature Foto: Tima_Miroshnichenko/pexels.com 
  14. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Erstmal zu den guten Seiten - ich bin nun durchgeimpft. Auf dem Weg zum Impfzentrum habe ich mich gleich 3x verlaufen - dass ich es zuletzt gesehen habe, ist ja auch 3 Monate her. So lange braucht ein Vektor-Impfstoff, bevor die zweite Runde starten darf.  Vom ersten Geimpften im sozialem Umfeld wurde ich so der Letztgeimpfte. An dem Tag hatte es im Impfzentrum geschlagene 32 Grad (drinnen wie draußen!) und ich hätte gedacht, dass es Methoden gibt, Sporthallen entsprechend zu kühlen. Speziell, wo die mRNA-Impfstoffe ja bei antarktischen Temperaturen aufbewahrt werden müssen.  Ein Feuerwehreinsatz zur Gebäudekühlung erklärte sich daher von selbst!  (und ich dachte erst, dass das Impfzentrum abbrennt, Gott verhüte!)
     
    Ich wurde arbeitgeberfreundlich zum Wochenende geimpft, was auch gut war: Die Nebenwirkungen fielen stark aus und ich tat mich echt schwer damit, durch den Tag zu kommen. Schmerzmittel halfen hier nur ca. 1 Stunde, danach schlug dann alles wieder mit voller Härte dazu. Dazu gehörten diesmal: Lähmungen in der linken Seite (Arm + Bein), verschwommenes Sehen, Nackenunbeweglichkeit, Fieber 39,9. Am Abend des nächsten Tages flauten sie aber lawinenartig ab, quasi innerhalb einer Stunde waren sie weg und kamen nicht wieder. Ich versuche, sowas ja immer über die Einstellung zu bewältigen: Immerhin zeigt mein Immunsystem eine Reaktion, wird also den Feind erkannt haben.
     
    Die "nicht ganz so knorke" - Seiten:
     
    Allerdings war meine Immunpolizei wohl auch abgelenkt, was ein anderer Eindringling genutzt zu haben scheint: Ich habe Scharlach  Nach über 1 Jahr krankheitsfrei dank Pandemiemaßnahmen merkt man nun wieder, dass mit den Lockerungen auch wieder mehr Bakterien und Viren im Umlauf sind. (Bei so einem Scharlach würde ich gerne wieder mit den Impfnebenwirkungen tauschen btw)

    Auf der Arbeit wurde indes fröhlich weiter gekündigt, aber auf anderen Stationen, mit denen ich nichts am Hut habe und die nicht mal bei uns im Haus sind. Es ist zum Mäusemelken: Unsere Berufsgruppe wird mehr gebraucht denn je, die Belegzahlen steigen, es gibt Beschwerden über ausbleibende psychologische Gespräche - aber die Psychologen und die Ärzte reduziert man, weil die Belegzahlen in 2020 schlecht waren (wie kann eigentlich eine Arztstelle in einem Krankenhaus überflüssig sein??)
     
    Zuletzt war ich auch noch Krankheitsvertretung für 2 Stationen (die verbliebenen Psychologen waren gleichzeitig krank), was heißt, ich hatte 3 in einem halben Tag zu überblicken und konnte mich von Chaos und Frust dort live überzeugen. Der einzige, der dort für die Patienten noch da ist, ist der Sozialarbeiter. Ihm kündigt man aber nach zwei Jahrzehnten, was auch heißt, dass diese Station keinen Sozialarbeiter mehr haben wird.  
     
    Ich dachte, es handelt sich vielleicht um ein Problem unseres Mutterkonzerns. Aber in einem anderen Klinikverbund wurde eine Kurs-Kollegin von mir nun sogar in der PT1 vor die Tür gesetzt (wohlgemerkt: uns gibt's dank Refinanzierung für die Klinik umsonst, und wir sind auch nur zeitlich begrenzt da!). Dasselbe passierte einer weiteren Kurs-Kollegin, ebenfalls PT1, in einem ganz anderen Teil Deutschlands. 
     
    Aber immerhin: Die gekündigten Psychologen-Kollegen von uns haben immerhin neue Stelle bekommen. Teilweise ist damit ein Umzug verbunden, aber es ging dann doch fix (ca. 3 Wochen seit Kündigung) und die sind auch nicht gebunden.
     
    Tjoah, demnächst wird im Oktober Bilanz gezogen. Bis dahin läuft ja noch viel Wasser den Rhein runter. Aber dann werde auch ich erfahren (spätestens!), wie es bei mir weitergeht. 
    Jedenfalls war es echt ein Irrglaube, dass nach dem Erreichen des großen Ziels (PP-Ausbildung!) keine Hürden mehr kommen, die noch schwieriger sind. 
     
    Ich habe erstmal zwei riesige Projekte mit zwei Vorträgen, einer davon ist für das Fortbildungscurriculum der Ärzte. Ist denke ich ein Zeichen von Wertschätzung, dass man eine Berufsanfängerin von 3 Monaten Einstellung damit betraut, doch setzt es mich auch etwas unter Druck, dass ich das besonders gut hinbiegen muss. 
     
    Morgen und am Wochenende noch Seminar. Zwar noch im HomeOffice, aber mit Scharlach, puh...

    Bleibt optimistisch & haltet zusammen,

    LG 
     
    Feature Foto: Quan_Nguyen_Vinh/pexels.com
  15. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Wenn man nach dem Wochenende eine Aufforderung auf dem Schreibtisch liegen hat, man möge sich bitte ins Personalbüro bequemen, kann einem schon ein wenig anders werden, wenn es - wie zuletzt - eine Kündigungswelle gab.
    Ich sah mich schon wieder mühselig Bewerbungen schreiben und überlegte schon, ob ich vielleicht so lange im Kindergarten jobben könnte, wenn die nächste PT1-Stelle dann so ca. 2022/23 frei wird.

    Zum Glück ging es dann aber um so eine Pillepalle wie Vertretungspläne. Obendrein gab's noch Lob dafür, die Einnahmen unserer Station um 32% gesteigert zu haben  So wirklich verstanden habe ich es nicht, aber es ist wohl durch die Prüfung einer Abrechnungsstelle aufgefallen. Alle Gespräche, Testungen, Gruppenarbeit mit Patienten usw. sind abrechnungsfähige Leistungen. Da ich sowas auf dieser Station überhaupt erst eingeführt habe, hat dies wohl ein dickes Plus generiert. Allerdings war das kein von mir anvisierter, sondern eher ein Zufallserfolg - es ist für mich völlig intransparent, wie viel Euros genau wobei herumkommen. 
    Zur Stationsarbeit und wie genau ich dabei noch vom Fernstudium zehren kann demnächst mal mehr. 

    Die Motivation ist derweil wieder gewachsen, weil ich ein neues Projekt auf unserer Station gewagt habe und sofort den Oberarzt dafür gewinnen konnte.
    Schön ist auch, dass 4 Kollegen zurückkamen - die Kündigungen waren ungültig und mussten zurückgenommen werden. Sie bekommen allerdings ziemliche miese Positionen und auch zum Teil ganz woanders. Immerhin mit der theoretischen Aussicht, bald wieder auf ihre Stationen zu kommen.
    Die sind allesamt unglücklich damit. Aber immerhin erstmal Arbeitslosigkeit abgewendet. Ich denke, sie werden sich wegbewerben und die verbleibenden Psychologen sind auch so dermaßen unzufrieden, dass ihre Kündigung wohl nicht lange auf sich warten lässt, sobald was Besseres in Aussicht steht.  

    Bezüglich theoretischer Ausbildung kann ich sagen, dass ich habe heute den Termin für die erste Zwischenprüfung auf dem Weg zum PP erfahren und die ist bereits März '22. Das klingt nach weit weg, kann aber je nachdem ziemlich knapp sein.

    Es gibt auf dem Markt - von den üblichen akademischen Anbietern, die auch schon Studienzeugs anbieten - jede Menge Prüfungsliteratur mit Prüfungsfragen für die erste Zwischenprüfung. So ziemlich jeder Verlag ist mit vertreten. Ich frage mich echt, wie man da eine Auswahl treffen soll. 

    Bleibt gesund & haltet zusammen,
    LG

    Feature Foto: Skitterphoto/pexels.com
  16. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Unluststimmung - dieses witzige Wort aus der Psychologie (das auch im englischen Sprachgebrauch so belassen wurde und regelmäßig für babylonische Sprachverwirrung sorgt) beschreibt die Atmosphäre auf der Arbeit gerade am besten. Die Mundwinkel hängen am Boden, es wird viel Dienst nach Vorschrift gemacht und erschreckend wenig gelacht. Es gibt nur ein einziges Thema zwischen allen Stationen - die Kündigungswelle. Vom Pförtner bis zum Oberarzt bangt jeder um seinen Job. Niemand weiß, ob an seinem Stuhlbein gesägt wird und wie er das beeinflussen soll.
    In jeden Bereich wurde jemand abgesägt, selbst Ärzte, vor ca. 8 Wochen erst eingestellt. Von oben: Keine Aussage, Erklärung, Ankündigung. Fest steht nur, dass diese Entscheidungen in der Verwaltung des Mutterkonzerns getroffen wurden. Irgendwie ist auch ein wenig durchgesickert, dass unser Haus massiv - und zwar besorgniserregend - überschuldet ist. Und das nicht erst seit gestern. Warum man unter den Voraussetzungen dann um Fachpersonal überhaupt geworben hat? Tjoah. 
     
    Ich habe übrigens durchaus Verständnis für Stellenstreicherungen, erst recht seit Corona. Niemand brauch das wohl in einer Zeit wie jetzt groß persönlich zu nehmen. Enttäuschend finde ich aber, dass die Kündigungen nirgends thematisiert werden aus unserer Leitung. Auch keine Solidarität. 
     
    Was bedeutet das für mich? Für's Erste schaut es so aus, als sei man Platz nicht weg. Der Grund dafür dürfte die schon von @Muddlehead  Kostengünstigkeit fürs Haus sein, die meine Stelle mitbringt. Jedoch haben meine Chefs (auch nur mittelgroße Fische im Haus) mir auf mein Nachfragen hin erklärt, dass sie nicht sicher sagen können, wie die Situation in 3 Monaten aussieht, da die Entscheidungen vom Mutterkonzern nur mitgeteilt, aber nicht begründet würden. 
    Es ist demnach gar nicht sicher, ob ich das Klinikjahr hier zu Ende machen "darf". 
     
    Ich finde es ehrlich gesagt schwer, damit umzugehen, dass die Stelle eventuell immer wackelig sein wird und von etwas abhängt, auf das ich keinerlei Einfluss habe. Andererseits merke ich auch, dass da vieles wieder an meiner Einstellung hängt; schließlich war der Weg vom Studium bis in die Ausbildung und letztlich hierher so schwer, steinig und beinahe unmöglich - wenn man diesen Berg erstmal bestiegen hat, dann kann doch danach nur noch das Happy End kommen? Die Rechnung habe ich ohne die Realität gemacht, die sich durch Privatisierung im Gesundheitswesens  zeigt. Sowas hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm.
     
    Letztlich gibt es ja auch gute Nachrichten. So mussten zum Beispiel auch Kündigungen zurückgenommen werden. Meine Chefs scheinen mir zu trauen, sie planen Projekte mit mir. Die liegen in der Zukunft. 
    Schlussendlich muss man sagen: Die Arbeit und das Haus für sich, mit allen aktiven Mitarbeiterin, Patienten, Station und die Möglichkeit, die meine Stelle bietet, ist spitze. Das motiviert, zunächst mal weiterzumachen. Ich werde aber sehr genau beobachten, was die nächsten Wochen passiert. 
     
    Jetzt ist erstmal das ganze Wochenende voll mit Seminaren; ein ganz schön zusätzlicher mentaler Kraftaufwand bei dem Chaos. 

    Bleibt gesund & haltet zusammen,

    LG

    Feature Foto: Matthis_Volquardsen/pexel.com 
  17. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    In unserem Hause ereignen sich gerade gruselige Dinge: Eine Kündigungswelle geht um. 6 (!) meiner psychologischen Kollegen (von 10...) hat es eiskalt erwischt. Schon in 2 Wochen soll für sie Schluss sein. Da sie ihren Urlaub noch nehmen müssen, werde ich viele gar nicht mehr sehen. An einem Tag noch hatten wir gemeinsam an einem Projekt gearbeitet und uns überlegt, ob wir einen Fahrservice gründen könnten. Am nächsten hatten sie die Kündigung auf dem Tisch liegen. 
    Das kam plötzlich und irgendwie auch wieder nicht. Tatsächlich macht das Haus - wie viele andere auch - seit einiger Zeit rote Zahlen. Das kam mit der Coronazeit, wo die Leute sich lieber 2x überlegen, ob sie sich ins Krankenhaus begeben oder nicht, erst recht bei psychischen Erkrankungen. Allerdings stiegen die Zahlen wieder, parallel zu den sinkenden Coronazahlen . Sparmaßnahmen hatte es genug gegeben: Von abgesagten Fortbildungen, Gruppen bishin zu Renovierungsstau klang das alles noch ganz entspannt und entbehrlich.
    Kurzarbeit hat man lange verneint. Nun direkt die Kündigungswelle, ohne Ankündigung und Hinweis. 
     
    Und das ist nur die Psychologenseite. Ich will gar nicht wissen, was das auf Ärzte-, Pfleger und Sozialarbeiterseite heißt. Ich kann allerdings sagen: Alle diese 6 haben phänomenale Arbeit geleistet und waren eine große Inspiration, hatte Überstunden und haben auch privat keine Kosten gescheut. Dass gute Arbeit demnach ein Schutzfaktor ist, kann man hier klar ausschließen. Erschreckend daran ist diese kühle Willkürlichkeit, mit der die Sache beschlossen wurde, ohne vorzuwarnen, dass es Entlassungen geben wird. Kein Ton darüber von der Leiterin in der Konferenz, und 1 Tag später passiert das ganze! 
    Manche Stationen werden jetzt keinen Psychologen mehr haben. Wie das gehen soll, kann ich mich mir weniger gut vorstellen.
     
    Bedeutet kurz gesagt: Wir sind, im gesamten Haus, nur noch 4 Psychologen. Ich bin offenbar einer der 4, der bleibt - aber nur gerüchteweise. Und auch nur abgezählt, aber ich verzähle mich leicht.  Mir erscheint das auch generell wackelig, zumal ich in der Probezeit bin. Eine Kündigung ist hier besonders leicht.
    Natürlich hoffe ich, dass ich bleiben kann. Auf eine PT1-Stelle kommen aktuell 300 Bewerbungen, munkelt man.  Klarheit darüber kommt wohl erst nächste Woche. Ich stelle mir das so vor, dass die Stimmung da wohl krass im Eimer sein wird. 

    Irgendwie auch eine krumme Sache, dass die Kündigungen nach Corona kommen.  Tja, man kann definitiv besser ins Wochenende starten. Aber was soll man tun, außer abzuwarten und das Beste zu hoffen. Für meine 6 Kollegen tut das mir das dennoch wahnsinnig leid. 
    Passend dazu habe ich gleich Wochenendseminar über Panikattacken (Ironie off!). 

    Bleibt gesund & haltet zusammen 

    LG

    Feature Foto: Anna_Tarazevich/pexels.com 
  18. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Vielleicht erinnern sich einige noch, dass sich ein Teil meiner PP-Ausbildung auf die Uni Bern verlagert, in Form eines beruflichen Weiterbildungs-Masters. Der Hintergrund dazu hier:
    Kurz und unkompliziert ist dies ein Vertiefungsmaster, der in Kooperation mit dem Institut läuft. Die Leistungen am Institut fallen in die Benotung mit ein, zusätzlich zu leisten sind eine Präsenzphase, wenige Hausarbeiten sowie die Masterarbeit. Über kurz oder lang macht der Master die PP-Ausbildung international auch noch wasserdicht, denn die Approbationsausbildung ist im Ausland recht nichtssagend (Das ändert sich nun mit den Direktstudiengängen in D). 
     
    Der Standort Bern hängt damit zusammen, dass Klaus Grawe, für Verhaltenstherapeuten ein wenig das, was Freud für die Tiefenpsychologen ist, dort seinen Lehrstuhl hatte, und an ebendiesem kann man sich nun einschreiben.  
    Das ganze ist ein freiwilliges Angebot. 

    Zunächst gestaltete sich das Reinkommen schwer, da mein Institut mir und meinen Mitstreitern die Zugangsdaten nicht weiterleitete. Zwischendrin liefen sowohl Accounts als auch wichtige Fristen ab, darum regelte ich das unkompliziert mit der Uni Bern über den Direktweg. Nur 2 Tage später kam Post aus der Schweiz mit Ersatz-Accounts und ich war schließlich mit an Bord (meine Mitrstreiter ebenfalls). 

    Erstmal bestand die Hauptaufgabe darin, mir das Uninetzwerk einzurichten. Die Schweizer setzen dabei auf eine so genannte SWITCH-edu-ID. Als Student einer schweizer Universität erhält man damit einen Zugang zu diesem Anbieter, bei dem alles mit einem Login geregelt werden soll: Immatrikulationen, Bibliothekenzugang, Hochschulcommunity, Lernplattformen, Cloud-Dienste. Das klappt soweit mal problemlos.

    Für die anstehende Präsenzphase setzt die Uni Bern ILIAS ein, eine zentrale Plattform mit Unterlagen für Onlinekurse oder Buchungen von Veranstaltungen. Es befinden sich jeweils Ordner mit Material zu jeder Disziplin gleich mit dabei.


    Aus Neugierde habe ich auch mal in die Ordner der anderen Fakultäten reingeschaut, hehe :-)

    Zur Präsenzveranstaltung, die verpflichtend ist, habe ich mich gleich in diesem Jahr angemeldet. Denn nur in diesem wird sie - dank Corona - online sein. Ich habe zwar nichts gegen eine Woche Schweizurlaub. Hätte ich furchtbar gerne gemacht, aber so ist es mit Job und Family doch besser zu bewältigen, da ich von der Klinik her in diesem Zeitraum auch nicht fehlen kann (2 Präsentationen stehen an, die ich mit halten soll ). 

    Die Präsenzveranstaltung wird aus halbtägigen Vorlesungen bestehen, welche man sich frei wählen konnte. Ich habe mich jetzt für welche zum Thema Trauma entschieden. Ob das durchgeht, oder ich woanders  zugeteilt werde, werde ich noch sehen. Ist mir aber eigentlich egal, da die Themen alle interessant waren (leider kann ich mich nicht an alle erinnern). Nach Abschluss der Veranstaltung wird dazu eine Hausarbeit geschrieben. 

    Das Semester ist zwar schon aktiv, aber richtig was zu tun gibt's erst im Juli. So lange ist das ganze ein wenig wie die FernUni Hagen zu betrachten. Obwohl dies vom Prinzip her kein Fernstudium ist, so wie die Uni Bern auch keine Fernhochschule ist  - in sofern gibt's auf den Uni Accounts auch fast nichts zu sehen außer den eigenen Daten.  

    Ich bin erstmal ziemlich zufrieden damit, wie unkompliziert das läuft - freue mich aber auch, dass ich Mitstreiter aus dem Institut habe, mit denen ich mich über technische Dinge etc. austauschen kann. 

    Bis Juli lasse ich mich überraschen.

    Bleibt gesund & haltet zusammen

    Feature Foto: Andrea_Piacquadio|pexels.com 
  19. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Mein Ex-Fernstudi-Kollegen haben, wie sie etwas vorsichtig ausdrücken, "Respekt" davor, dass ich auf einer geschlossenen Station arbeite und da auch explizit hin wollte (dass es im Endeffekt geklappt hatte, ist natürlich Zufall bzw. Volltreffer).  Meine psychologieabstinente Familie und Freunde erschrecken sogar. Sei das nicht am Ende gefährlich? Ich kriege auch manchmal WAs mit "Pass gut auf dich auf!". Mal in die Runde gefragt, was sie denn überhaupt mit diesem Ort verbinden, kamen diese Dinge dabei heraus:
    Die Station würde sich demnach optisch sehr stark abheben von anderen. Konkreter: Da gäbs keine Fenster und/oder Gitterstäbe, Panzertüren, schlecht verputzte Wände, Rohre, die rausschauen und flackendes Licht. Die Pfleger hätten Kampfsportausbildung oder seien bewaffnet. Die Patienten würden entweder wie Willenlose über die Station gespenstern (im Stationsnachthemd) oder würden in ihren Zimmern eingesperrt werden und/oder nur Fluchtversuche unternehmen. Die Rede ist auch oft von Zwangsjacken oder Gummizellen; eine Verbindung mit Besserungsanstalt bzw. Strafanstalt war  auch oft da (was Psychiatrien im vorletzten und letzten Jahrhundert tatsächlich noch waren). 
    Kurzum: Eine "geschlossene" Station ist in den Köpfen vieler sowas wie das Arkham Asylum. 
     
    Ich weiß nicht, wie es auf anderen geschützten Stationen, wie sie richtig heißen (fort folgend auch so verwendet) so zugeht, aber große Unterschiede gibt es in den Leitlinien eigentlich nicht, darum mal eine kleiner Rundgang bei uns 

    Das gröbste Vorurteil ist, dass alle unfreiwillig da sind. Es gibt tatsächlich welche, die qua Beschluss da sind, da wurde richterlich (zumeist über den rechtlichen Betreuer) die Unterbringung erwirkt, etwa bei Menschen mit sehr schweren psychischen Erkrankungen oder Suizidgefährdete. Die können tatsächlich auch nicht raus und müssen warten, bis der Beschluss abläuft. Viele haben einen vorläufigen Beschluss und werden von der Polizei gebracht, wurden z.B. voll intoxikiert aus einer Schlägerei geholt. Ebenfalls sehr viele sind freiwillig da und haben sich selbst ein geliefert. Ausgang kann fast jeder bekommen, außer Eigen- und Fremdgefährdete. 
    Der einzige optische Unterschied von außen ist, dass die Stationstür abgeschlossen ist. Es ist keine Panzertür oder sonst was, es gibt auch keine Schleuse mit Gittertüren. Geht man rein, ist das erste, was auffällt, der Kaffeeduft aus dem Pflegezimmer. Finde ich persönlich immer sehr angenehm.  Für viele erstaunlich: Die Station sieht optisch genau so aus wie alle anderen auch. Es gibt tapezierte Wände, viel Licht, Bilder an den Wänden und auch Pflanzen. Die Patienten laufen frei auf der Station herum und zwar in ihren Alltagsklamotten. Einzelzimmer sind sehr selten, meistens sind sie zu dritt. Ein großer Unterschied besteht bei der Verglasung der Fenster. Diese sind quasi unzerstörbar und für Patienten auch nicht zu öffnen. Das ist wichtig, da in akuten Wahnphasen manchmal Stühle etc. dagegen geworfen werden.  Sie haben vier Freizeitzimmer: Eine Kantine, wo natürlich gegessen wird (Kaffee, Tee, Snacks + Getränke stehen dazwischen bereit), einen Sportraum, einen Fernsehraum und ein Raucherzimmer. Normalerweise gibt es Gruppenangebote, aber die fallen wegen Corona leider flach, wodurch sich natürlich Langeweile einstellen kann. 

    Was ist alles geschlossen? Neben der Stationstür auch die Fenster, Büros, Behandlungszimmer, Schränke, Pflegerzimmer und Mitarbeitertoiletten. Leider auch der Fluchtweg, darum ist ein besonders gut geschulter Brandschutzhelfer auf Station Pflicht (3x dürft ihr raten, wer das nun ist 😄 Aber dazu ein andermal mehr).
     
    Unsere Patienten gelten als sehr herausfordernde Fälle und teilweise als therapieresistent (wurden von Therapeuten und Familie aufgegeben). Dennoch kann man zu vielen davon einen erstaunlich guten Draht bekommen. Manche sind natürlich misstrauisch, weil sie außerhalb nur Ablehnung sammeln. Eher noch sind sie vermehrt ambivalent: Sie wollen unbedingt Hilfe, können aber im nächsten Moment in eine Wahnphase fallen und sich von allen angegriffen fühlen (z.B. indem sie plötzlich denken, in der Hölle zu sein und alle Pfleger und andere Patienten als Dämonen wahrnehmen). 
     
    So kann es dann eben auch sein, dass der Stationsalltag auch anstrengend sein kann. Es gab und gibt Übergriffe auf Pfleger, einer davon ist vor Jahren fast tödlich verlaufen (klar werden Patienten gefilzt, aber sie sind sehr kreativ darin, sich Waffen zu bauen). Dann droht die Sedierung, die alle gerne vermeiden wollen - eine extrem unschöne Angelegenheit, für Pfleger, Patient und alle Anwesenden. Zum Glück kommt das so gut wie nie vor und die wenigen, die ich gesehen habe, haben mir echt gereicht.
     
    Anstrengend bzw. besonders herausfordernd finde ich die administrative Arbeit: Falldokumentation, Rückfallprotokolle, mit Krankenkasse, Familienangehörigen und Betreuern verhandeln. Noch dazu habe ich erheblich viel Therapeutenarbeit, dazu gehört Programme ausarbeiten, Kopiergedöhns, Recherche usw. Eigentlich bräuchte ich doppelt so viele Stunden. 😄 Hat das Studium einen darauf vorbereitet? Nöp, aber welches tut das schon 😄 Trotzdem merke ich die offensichtlichen PFH-Vorteile meines Studiums in Vergleich zu anderen.
     
    Was ich damit meine und wie der Alltag mit Patienten so aussieht beim nächsten Mal. 

    Kurzum:
    Viele Vorstellungen von der geschützt geführten Psychiatrie kommen aus dem Fernsehen und vermischen sich mit Forensik, Sicherheitsverwahrung oder dem Gefängnis. Ich finde, dass man viel Stigma abbauen könnte, wenn es ein paar mehr Berührungspunkte mit der Öffentlichkeit geben würde. Das käme vor allem den Patienten zugute. 

    Bleibt gesund & haltet zusammen 

    LG

    Feature Foto:
    drmakete_lab/pexels.com
     
  20. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Mittlerweile sind ja einige Tage ins Land gezogen  Darum mache ich es @Azurit nach und fasse die Ereignisse lieber stichpunktartig zusammen.
     
    Stationsarbeit Mittlerweile  ist die Dame, die mich eingearbeitet hat - die alte Stationspsychologin - weg, da sie jetzt in einer Praxis anfängt. Sie war wirklich klasse und hätte ich sie nicht gehabt, hätte ich mich wohl nie so gut zurechtgefunden. Dennoch möchte ich einen etwas anderen, viel wertschätzenderen Ton gegenüber den Patienten einführen und auch mal wieder viel mehr psychotherapeutische Methoden anbieten, die diese entlasten. Dazu gehört auch, dass die Gesprächsräume mal wieder einladender hergerichtet werden, dass möglichst alle Patienten Termine bekommen, man überhaupt mal wieder Gesprächszeiten an die Tür hängt und den Patienten Material mitgibt für Tage, wo ich nicht da bin. Ich habe gemerkt, dass das extrem gut bei den Patienten ankommt. Ein entsprechendes Gespräch meinerseits mit Klinik- und Pflegeleitung wurde da sehr positiv aufgenommen. Außerdem mache ich noch einen klinikinternen Fortbildungskurs in Notfallpsychologie, wo es um Deeskalation geht. Langzeitziel ist, die Fixierungen zu minimieren. Vieles müsste nicht sein, wenn man mal geduldiger rangeht. Leider kam der Kurs bisher aber schon zum zweiten Mal nicht zustande, weil der Dozent dauernd absagt . 
    Ansonsten bin ich super zufrieden mit dem Job - das Schönste ist für mich zu sehen, wie es den Patienten von Sitzung zu Sitzung besser geht, wie sie auf einmal wieder Pläne für eine Zeit danach machen oder Verwandte kontaktieren. 
    Am Rande merke ich während der Stationsarbeit, dass ich enorm von dem Wissen aus dem klinischen Master an der @PFH Göttingen zehre. Ich war selten so froh, noch die Störungsmodelle und alle Lösungsstrategien dazu im Kopf zu haben, wie in den letzten Tagen. 
     
     
    Psychotherapie-Seminare Sie finden aktuell online statt. Irgendwie habe ich mich daran gewöhnt und finde das hier sehr gut und stressfrei zu kombinieren mit meinem Alltag. Einen Tag nach der AstraZeneca-Impfung hätte ich z.B. auf gar keinen Fall ins Seminar fahren können. So war es aber möglich, sich in entspannter Umgebung sogar noch aktiv über zwei Tage zu beteiligen. Natürlich ist das immer schröpfend, zwei volle Tage am PC zu kleben, aber ich gestalte das interaktiv: Zeitgleich tausche ich mich mit meiner Lerngruppe über WA aus (wir diskutieren das Besprochene dort via Chat). Ich finde die Seminare qualitativ wirklich bombig, man lernt eine Menge. 
     
    Kurssprecher-Aktivität Wie ich mal erwähnt habe, bin ich auch Kurssprecherin. Aktuell bedeutet das ziemlich viel Vermittlungsarbeit zwischen Institut und Kurs, die hauptsächlich die Pandemie-Maßnahmen betreffe. Was wird abgesagt, wie läuft es online, was wird verschoben etc. Da besteht ziemlich viel Chaos. Auch will unser Institut eine Impfflicht für PiAs, aber andererseits nur die selbst impfen, die im 3. Lehrjahr sind. Da krasserweise nicht jede*r PiA über seine Klinik geimpft wird, sind dies aber Dinge, die man ja gar nicht in der Hand hat. Das sind aktuell so die Arbeiten für den Kurs. 
     
    Master in Bern Im April sollte es ja losgehen mit dem parallel laufenden Masterprojekt unseres Instituts. Das heißt, alle Zugangsdaten sollten eintreffen. Nun, bisher ist nichts passiert - bei keinem. Der April hat natürlich noch ein paar Tage. Merkwürdig in dem Zusammenhang ist, dass jeder andere Infos bekommen hat. Die einen hatten gleich nach Einschreibung eine Zahlungsaufforderung für das letzte (!!) Semester bekommen, sollten die Zugangsdaten aber erst im April (also im nächsten bekommen). Ohne offizielle Immatrikulationsbescheinigung oder Einschreibebestätigung würde ich ja wirklich nie was zahlen und dann im Ausgleich keine Zugangsdaten zu kriegen geht ja gar nicht.
    Ich selber habe so eine Aufforderung nicht bekommen, ein paar andere gar nichts gehört. Bin mal gespannt, wie das wohl ausgeht. Ich bin gerade etwas skeptisch. 
     
    Umzug Auch wir ziehen um. Es hat nun endlich geklappt, eine tolle Bleibe zu finden. Aber so ein Umzug während der Pandemie ist echt nicht ohne, weil alle Handwerker in Kurzarbeit sind und die Möbel erst in guten 12 Wochen kommen. Dabei fiel mir wieder auf, wie sehr ich es vermisse, einfach mal durch einen Ikea zu schlendern, Köttbullar zu essen und Krimskrams einzukaufen, den man nicht braucht, aber trotzdem glücklich macht. Naja, aber wieder etwas, was man nicht ändern kann  - die Freude wird umso größer, wenn der Pandemiemist ein Ende hat. 
     
    Impfung Die erste AZ-Dosis hat mich schon etwas umgehauen. Fieber oder Kopfweh hatte ich keins, aber Gelenkschmerzen; auch nicht wie bei Grippe, sondern wie nach einem Tag Fitnessstudio, bei dem man total übertrieben hat. Etwa 1-2 Tage hielt das an, aber mit Ibu war es sehr gut in den Griff zu kriegen (jedoch leider nur für ungefähr 3 Stunden, danach ließ die Wirkung nach...). Nach der Impfung war ich ziemlich froh, denn wir haben immer wieder COVID-Positive Leutchen auf Station. Diese haben z.B. in Krankenhäusern oder Heimen randaliert und werden dann zu uns abgeschoben, obwohl wir gar keine Isolierstationen haben (also muss man improvisieren, z.B. Zimmer links und rechts räumen). Der direkte Kontakt zu diesen Leutchen ist trotzdem nicht zu verhindern. Die zweite Impfung im Juni hat sich dann ja erledigt und wird nun wohl ein m-RNA-Impfstoff, wenn bis dahin nicht wieder alles umgeschmissen ist. 

    Soweit von den momentanen Abenteuern einer PiA. 

    Bleibt gesund und haltet zusammen.
     
    LG

    Feature Foto: Gustavo_Fring/pexels.com 
     
  21. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Wie einige schon wissen, habe ich relativ zügig eine Stelle für das Klinikjahr  (bzw. zum Glück direkt für beide davon) gefunden und war damit ja wirklich over the moon vor Erleichterung 😁 Ich bin nun in einer riesigen Klinik angestellt und dort genau wo ich hinwollte, nämlich in einem "geschützten Bereich", sprich einer Geschlossenen. Meine Praktikumsklinik war eine Privatklinik und hatte keinen geschützten Bereich. Da dort nur Selbstzahler waren, war der Patientenkreis natürlich sehr eingeschränkt. 
     
     Dass das nun so geklappt hat, ist mega! War aber natürlich auch Zufall und damit ein Volltreffer. Hierher kommt alles: Selbsteinweisung, Zwangseinweisung, die Polizei, die jemanden von der Strafe aufgelesen hat, Leute mit richterlichem Beschluss, besorgte Betreuer, die keinen anderen Weg für ihre Klienten finden - jedes Alter oberhalb der 18 ist vertreten, mit so ziemlich jeder Lebensgeschichte. 

    So gemischt wie die Patienten, so gemischt auch das Team: Chefarzt, Oberarzt, Stationsärzte noch mehr Pfleger, Sozialassistenten, Physios und ich bin nun die Stationspsychologin dort. Mit eigenem Büro, welches gleichzeitig für die psychotherapeutischen Sitzungen gedacht ist. Das hatte ich nicht erwartet. Natürlich kann man da aber nicht gleich von Null auf Hundert starten, darum werde ich gerade von der alten Stationspsychologin angelernt, die bald in eine andere Abteilung wechselt (eine ganz engagierte, tolle!). 
     
    Ich habe in den ersten Tagen bereits alles gesehen: Verschiedene Patienten, Fixierungen, Sedierungen, Notfall-Knöpfe, Alarm-Knöpfe, die Pfleger gedrückt haben (da kommt ein ganzes Sondereinsatzkommando an Sicherheitskräften angerückt, die einfach aus dem Nichts erschienen!). Aber natürlich auch viele angenehme Situationen. 

    Die ersten Tage dienten dazu, die Teams und Patienten besser kennenzulernen. 26 Neuaufnahmen führten aber dazu, dass man eigentlich kaum Zeit hat, auch nur eine Tasse Kaffee zu füllen. Ich finde es sehr schön, wie sehr hier alles auf Augenhöhe läuft und Pfleger, Ärzte, Sozialdienst und Psychologen alle auf Augenhöhe sind (das war in der Privatklinik sehr anders, wobei es da nur 2 Ärzte + Rest Therapeuten gab).  Auch muss ich mich in neue Programme einlernen. Dazu gehört, Protokolle zu führen und Entlassungsberichte zu schreiben. Das fällt mir noch schwer; hatten wir zwar an der PFH im Rahmen von Hausarbeiten. Aber wofür man früher einen Monat Zeit hatte, habe ich jetzt 20 Minuten Zeit. 

    Zu meinen Aufgaben gehört natürlich auch das Explorieren der Patienten, also gezieltes Befragen; Wahn und besonders Suizidalität müssen erörtert werden.  
    Die Ausdrucksweise ist sehr psychiatrisch und dadurch eher medizinisch. Hier hab ich ganz schönen Aufholbedarf. 
     
    Es gefällt mir wahnsinnig gut, doch hat der Tag zu wenig Stunden. Man fängt um 8 an, macht einige Dinge und prompt ist es 16 Uhr. 
     
    Anekdötchen:
    Am zweiten Tag kam ich aus der Mittagspause auf Station zurück. Zunächst wunderte ich mich, warum das Personal so anders aussieht. Offenbar haben die zur Mittagspause gewechselt, das kann ja mal sein. Erst, als in meinem Büro ein anderer saß, fiel mir auf, dass ich mich in der Station geirrt habe und meine eigentlich ein Stockwerk drüber ist 
      Das ist ein dezenter Nachteil: Alles, wirklich alles in diesem Krankenhaus sieht zu 100% gleich aus. Jeder Flur, jede Stationstür etc. 
      Klar, dass ich mich in den ersten zwei Tagen auch nur verlaufen habe und den Ausgang nicht mehr fand ...alleine über diese Story könnte man einen Film drehen (alias Maze Runner Teil 4). 
      Ich brauche mein Fittnesstudio nicht zu vermissen. Ich bin mir sicher, in den ersten 2 Wochen mindestens 20 kg zu verlieren 😁 Und das liegt nicht daran, dass man im Grunde wenig Zeit hat,  zu essen - sondern an dem unglaublichen Gerenne. 5 Stockwerke hoch, 5 runter. Oh nein, Geldbeutel vergessen, wieder 5 hoch, erneut 5 runter. Nach der Pause: 5 hoch. Sitzfleisch hat man auch so nicht. Schnell noch dies in der Abteilung holen, schnell noch zum Pförtner, zum Schlüsseldienst, zum Schreibdienst...wo sind die? Am komplett anderen Ende. Das ganze Gelände hat übrigens 3 Bushaltestellen.
      Das Pendeln kann einen arm machen. Ich bin zwar nur 20 Minuten unterwegs, doch leider ist das echt teuer. Auch geht es zu den Bahnhöfen nur mit dem Bus, wenn man nicht 35 Minuten laufen will, was man auch mal machen kann. Darum will ich bald auf Fahrrad umschwenken, sowohl hier wie da, wo ich mir eins von Swapfiets ausleihen werde für 16€ im Monat (besser als 5€ Bus pro Tag!). Vermutlich kann ich dann im Jogging-Anzug anreisen und mich dort erstmal umziehen, denn die Klinik steht auf einem Berg . Ich schätze, ich sehe am Ende der 2 Klinikjahre eher wie ein Sportstudent aus. Aber nebenher fit werden ist natürlich nicht im Geringsten ein Nachteil   

    Bleibt gesund & haltet zusammen,

    LG

    Feature Foto: Cedring_Fauntleroy/pexels.com
     
     
  22. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Unsere damalige klinische PFH-Gruppe hat sich in alle Winkel Deutschlands verstreut, um - überwiegend - die therapeutische Ausbildung zu machen. Von der Institutsseite her geht das immer noch nur in Niedersachsen, Baden-Württemberg und (vermutlich) auch in Sachsen-Anhalt (kenne leider keinen von da). Weitere Versuche, sich in Berlin, NRW, Bayern und Hessen anerkennen zu lassen, sind bei anderen gescheitert, auch wenn Institute grundsätzlich bereit waren und sich sogar bei den Landesprüfungsämtern für die Absolventen einsetzten. 
     
    Die praktischen Klinikjahre dürfen wir allerdings deutschlandweit machen. Für viele ist eine deutschlandweite Suche für einen Klinikplatz auch obligat, da wenig Plätze, viele Bewerber. In Ballungszentren kommt es zu einem Überhang, auf dem Lande in der Provinz wird (so die Legende) händeringend gesucht. 

    Wenn man ortsgebunden ist, muss man gute Pendel-Nerven zeigen. Aber selbst wenn die Klinik noch in relativer Pendelnähe steht, ist es manchmal ein Ding der Unmöglichkeit, sie zu erreichen, wenn man auf Öffis angewiesen ist. Bei einer Freundin steht sie im Umkreis von läppischen 50 km, aber dazu sind nicht weniger als 5 Zugverbindungen notwendig und ein Bus fährt da auch nur pro Stunde 1x zumindest in die Nähe (man stellt sich die Frage, wie man da als Patient überhaupt hinkommt ). Und so bleibt oft doch nichts als Umziehen oder Ferienwohnung. Ich kenne nun schon zwei, die jetzt eine Wochenend-Ehe führen. (Das käme für mich gar nicht in Frage und war daher auch nie Teil des Plans)

    Eine gute Freundin von der PFH hat ewig gesucht und nun in der tiefsten Provinz etwas gefunden. Dort ist sie dann auch hingezogen. Da haben sich ihre Wege mit einem guten Freund von uns gekreuzt, der ebenfalls aus unserem PFH-Kurs stammt und aus einer ganz anderen Ecke des Erdballs kommt 😁 Witzig, dass man aus völlig anderen Teilen der Welt kommt und sich nun dort wieder trifft, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. 

    So ging es wiederum einer anderen Freundin aus unserem Jahrgang, die vom hohen Norden in den Süden Baden-Württembergs gezogen ist und dort gleich auf 2 weitere Mädels traf, die ebenfalls Teil unserer Gruppe waren. 

    In meiner PP-Gruppe ist auch jemand von der PFH, was ich aber vorher schon wusste. 
    Besonders witzig finde ich aber, dass meine Tischnachbarin in unserem Institut (sofern wieder in Präsenz stattfindend), die in Realo bei mir um die Ecke wohnt und deswegen auch im gleichen Zug zu den Seminaren fährt, eine Kommilitonin von @Forensiker aus DIPLOMA Zeiten ist (deckungsleiche Erzählungen und Abschlussjahrgang lassen diesen Schluss zu ).

    Es sieht so aus, als hätten sich die erste Generation der Teilnehmer der gleichgestellten Studiengänge in alle Windrichtungen verteilt und sind nun erfolgreich untergekommen. Witzig finde ich, dass man sich deutschlandweit wieder begegnet und somit weiterhin Berührungspunkte hat.  Man sieht sich halt immer 2x im Leben, auch im positiven Sinne 

    Bleibt gesund & haltet zusammen,
    LG

    Feature Foto: Ryutaro Tsukata/pexels.com
     
  23. Vica

    Kinder- und Jugendbuchautor*in
    Wie gut, dass so ein Thema schon gleich am Anfang aufkam: Frustrierende Situationen beim Schreiben, Blockaden, falsche Vorstellungen und Gründe, warum man beim Schreiben stets nicht weiterkommt und letztlich jedes Projekt doch wieder in den Wind schießt.

    Das ist nämlich auch eines meiner Hauptprobleme, nicht nur beim kreativen Schreiben, auch beim akademischen. Der ständige Kampf gegen den Drang, alles abzublasen und alle damit verbundenen Komplexe. Sein Schreiben abzubrechen verschafft auf längere Sicht nämlich keine Erleichterung, sondern noch mehr Frust: Neben offensichtlicher Mangelbegabung ist man jetzt nicht mal in der Lage, was zu Ende zu führen. Die Idee bleibt trotzdem da, reift, aber findet keinen Weg hinaus. 

    Ich fand erstmal beruhigend zu wissen, warum das ein Problem vieler Autoren ist. Das wusste ich auch schon vorher, weil viele ja das ja auch berichten. Noch interessanter fand ich an der Stelle aber, was überholte Vorstellungen vom Schreiben damit zu tun haben und dass man gewissen Klischees aufsitzt, wie ein Autor zu sein hat. Auf mich traf folgendes zu: Ich hatte tatsächlich ein gewisses Persönlichkeitsbild von Autoren im Kopf, Landhaus, Kaminzimmer, schwerer Sessel, gewisse Autorensoftware, die sich dann für Stunden einschließen und schreiben während sie gerade Inspiration haben etc. pp. Damit einher ging meine Vorstellung, dass es ohnehin nur solche Berufs-Autoren schaffen, wirklich etwas aufs Papier zu bringen, was brauchbar ist, denn die haben ja die optimalen Bedingungen.
    Wie soll das dann erst Otto-Normalfernstudi schaffen, der schon mehrere Herausforderungen hat?
     
    Dass Autoren aber eben einen anderen, ganz gewöhnlichen Hauptjob haben, auf Ikea-Stühlen oder mangels Arbeitsplatz auf der Couch sitzen und auch mal in Word oder LaTeX tippen, während sie nebenher noch Kinder betreuen oder den Haushalt/Sport/Freizeit machen, entsprach tatsächlich keiner meiner Vorstellungen von diesem kreativen Umfeld. Und dennoch geht es dem Großteil so. Für mich war das sehr befreiend zu wissen, warum und wie genau das den Schreibprozess keinen Abbruch tut und die meisten Bestseller oder liebgewonnen Geschichten so entstanden. Es wurden dann auch noch Autorenbeispiele aufgeführt, die unter den widrigsten Umständen tolle Sachen schreiben konnten. 

    Die Verabschiedung solcher Vorurteile hatte dann tatsächlich Initialzündung: Ich habe diese Woche so viel getippt wie noch nie und blieb jeden Tag dran. Der übliche "Ist doof! Alles Mist! Abbrechen!" - Kritiker im Kopf lässt sich zwar nicht ausschalten, aber ganz verschwinden muss er ja auch nicht, weil er mahnt, kritisch zu bleiben. 

    Tatsächlich könnte das mal wieder der Auftakt sein, wieder in die tägliche Schreibroutine reinzufinden. Fühlt sich gerade sehr gut an und ich bin gespannt, wie lange das anhält. 

    Bleibt gesund & haltet zusammen,

    LG

    Feature Foto: Ketut_Subiyanto/pexels.com 
     
  24. Vica

    Psychotherapie Ausbildung
    Mich erreichte eine Einladung zur Einstellungsuntersuchung beim Betriebsarzt vom neuen Arbeitgeber. Natürlich ging ich davon aus, dass das VOR Arbeitsantritt passiert, und entsprechend machte ich den Termin sehr frühzeitig aus. Da die Untersuchung im Hause stattfinden würde, war das die Generalprobe, alles kennenzulernen: Pendelweg, Haus, Stimmung.   Der Tag kam und ich war so aufgeregt, als würde ich zu einer Hochzeit gehen, bei der man den Bräutigam noch nicht kennt. Denn leider konnte mein Einstellungsgespräch ja nur via Onlinekonferenz stattfinden. Hospitationen und kleine Praktika sind wegen Corona auch tabu . 

    Andererseits hatte ich aber auch ein dezent mulmiges Gefühl. Was ist das wohl, eine Einstellungsuntersuchung für die "körperliche Eignung am Arbeitsplatz"? Sämtliche Corona-Schweinehund-Bestürzungen brachen über mich herein. Bekam ich jetzt die Quittung für mein Lockdown-Couchpotato-Dasein? Würden die Blut abnehmen und vielleicht zu hohe Cholesterinwerte finden? Musste ich auf die Waage, wurde vermessen, geröntgt, musste in Becher pinkeln etc.? Würde man mir meine Masterarbeit-Kilos um die Ohren hauen? Mache ich vielleicht einen zu unsportlichen Eindruck und kriege am Ende kein Foto einen Aktenvermerk "völlig ungeeignet für den Job"? Überhaupt: Kann man bei sowas überhaupt "durchfallen" und bekommt am Ende wirklich den Job nicht? Ich kenne tatsächlich niemanden, der das je berichtet hätte. 

    Bei meiner Praktikumsklinik gibt es das normalerweise auch, die so genannten Einstellungsuntersuchungen durch den Betriebsarzt. Da musste ich aber nicht hin, da diese Untersuchungen in schlimmsten Corona-Zeiten abgesagt waren. Es gab stattdessen nur ein Telefoninterview mit dem Arzt, der meinte, dass sie nach dem Lockdown nachgeholt werden kann, wozu es ja aber nicht mehr kam. 

    Typisch ich: Obwohl ich nur kurz pendele (maximal 30 Minuten insgesamt), war ich wieder bepackt wie ein Bergsteiger. Man weiß ja nie, wie lange es dauert, bis ich den richtigen Zug und Bus erwische. Aber das klappte so reibungslos, dass ich es selbst nicht fassen konnte  Die Klinik und ihr Standort gefielen mir sehr gut. 

    Während ich mir unter Betriebsarzt irgendwas zwischen Dr.House, Frankenstein und meinem Mathelehrer Klasse 5 bis 10 vorstellte, war es in Wahrheit eine sympathische und humorvolle Dame in meinem Alter. Wir waren uns sofort sympathisch und per Du. Das fand ich entspannend! 

    Tatsächlich sah die Einstellungsuntersuchung nun so aus:

    - Aufklärung über Risikofaktoren, was man sich am Arbeitsplatz für Krankheiten holen kann
    - Viel Coronagedöhns 
    - Der Impfpass wurde durchgeschaut, ob man eventuell noch was auffrischen könnte/sollte. 
    - Besonders bei der Masernimpfung wurde geschaut, ob sie da ist. Die muss man dem Arbeitgeber auch nachweisen, anders darf man nicht mehr arbeiten. 
    - Angebot, ob man ein kleines Blutbild braucht 
    - Gewicht und Größe (Okay, da muss man durch). 
     
    Es konnte also ausgeschlossen werden....
    - ...dass die Stelle mich körperlich gefährdet 
    - ...dass ich selbst eine Gefahr für andere bin, z.B. Infektionen (Corona, Masernschutz!)
    -...dass ich innerhalb der nächsten 6 Monate arbeitsunfähig sein könnte 

    Es besteht übrigens Schweigepflicht. Der AG bekommt nur die Eignung mitgeteilt, aber nicht die Details bzw. Ergebnisse. 

    Nun denn, ich glaube, ich habe bestanden  Ich habe mal gegooglet und gesehen, dass das sehr unterschiedlich laufen kann. Manche Ärzte machen nur Aufklärung, andere das volle Programm: Bluttests, Urintests, Leberwerte, Entzündungswerte, Diabetestest, Seh- und Hörtest. Kann also auch anders laufen. Gut, dass ich das nicht vorab gegooglet habe...
     
    Auch mal wieder eine interessante Erfahrung!

    Bleibt gesund & haltet zusammen,

    LG 

    Feautre Foto: daisy_anderson/pexels.com
  25. Vica

    Kinder- und Jugendbuchautor*in
    So in etwa eine Woche habe ich gebraucht, um das erste Lernheft samt Einsendeaufgabe durchzubekommen. Trotz der geringen Seitenanzahl habe ich mir das schön in kleine Häppchen verpackt. Ein Anliegen meinerseits war ja, die Freizeit nicht nur mit Auf-Der-Couch-Rumliegen, Fernsehen, Smartphone etc. zu verbringen, sondern mal wieder etwas zu machen, was auch weiterbringt UND Spaß macht. Das hat schonmal sehr gut geklappt.
     
    Das erste Heft drehte sich um klassische Heldenreisen und wie erfolgsversprechend diese sind. Ich bin sicher, dass euch partout sämtliche Filme und Bücher einfallen, wo dieses Konzept greift. Insbesondere bei den Klassikern. Ich finde ja sogar, dass man auch manche Biographien unter diese Entwicklungsphasen zusammenfassen kann, und damit meine ich jetzt nicht mal nur Prominente. 

    Weiterhin wurden einige Kinderbuchklassiker vorgestellt, z.B. Harry Potter und Pipi Langstrumpf und es wurde analysiert, was hier im Wesentlichen zum Erfolg dieser Bücher beigetragen hat. Aber auch ein paar "Überraschungserfolge", wie z.B. Moby Dick, wurden betrachtet. Es ging dann darum, was genau hier Kinder anspricht und warum das auch konstant bis heute geblieben ist, obwohl heutige Kids ja von ganz anderen Dingen berührt werden als die damaligen.
     
    Bei der Einsendeaufgabe tat ich mich etwas schwer - nicht im dem Stoff, aber im Stil. Das eine war eine simple Erklärung zu einem Modell, das andere mehr eine Kreativaufgabe. Man konnte im Rahmen der Arbeit sein eigenes Schreibprojekt vorstellen, wenn man wollte. Interessanterweise fiel mir das zunächst schwer. Es sind kleine, wohl behütete Schätze, die ich eigentlich nur für meine Kinder schreiben wollte - sie für den Start gleich zur Schau zu stellen, widerstrebte mir noch etwas. Darum habe ich erstmal "allgemein" geantwortet und warte mal so ab, wie die Zusammenarbeit mit dem Fernlehrer generell so verläuft 

    Bleibt gesund & haltet zusammen,
    LG

    Feature Foto: Mike/pexels.com
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