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Informatik oder Sozialinformatik?


kurtchen

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Geschrieben

Hallo liebe Forumsteilnehmer,

ich interessiere mich für ein Fernstudium der Informatik und würde gerne einmal ein paar Meinungen von Studierenden hören, die an der Wilhelm Büchner Hochschule für den B.Sc. Informatik eingeschrieben sind.

Zu meiner Ausgangssituation: Ich bin 41 Jahre alt und arbeite seit 20 Jahren im sozialen Bereich. Habe ich bislang auch immer gerne gemacht, aber allmählich kommen mir Zweifel, ob ich in diesem Job bis 67 durchhalten kann. Hinzu kommt, dass ich mich nach einem Umzug aus familiären Gründen beruflich verschlechtert habe. Das spiegelt sich zwar nicht in meiner Bezahlung wieder, aber ich war vorher immer für eine eigene Gruppe verantwortlich und jetzt bin ich Springkraft mit befristetem Arbeitsvertrag. Leider sieht es in meiner neuen Region mit regulären Gruppenleiterstellen schlecht aus. Der natürlich nächste Schritte für jemanden in meiner Lage wäre es, eine Stelle als Leitung anzustreben. Dann würde ich mehr Zeit im Büro und mit Mitarbeiterführung verbringen. Das interessiert mich aber nicht so sehr.

Nun habe ich kürzlich etwas über einen Fernstudiengang Sozialinformatik an der HS Fulda gelesen. Die Idee dahinter: So wie der Wirtschaftsinformatiker Fachmann für den IT-Einsatz im Unternehmen ist, soll der Sozialinformatiker Fachmann für den IT-Einsatz in sozialen Einrichtungen sein, die natürlich einer anderen unternehmerischen Logik folgen. Ich halte das auch für micht ganz unplausibel. Nach meiner Erfahrung haben die meisten Mitarbeiter im sozialen Bereich einer große Distanz zu allem, was mit Technik zu tun hat. Gleichwohl spielt IT in der Sozialverwaltung natürlich inzwischen eine tragende Rolle. Ich war mal für die AWO tätig und da hatten wir einen Administrator, der die ganzen PCs und das Netzwerk betreute, die Mitarbeiter schulte und bei Problemen weiterhalf. So eine Tätigkeit könnte mich für die Zukunft reizen, wo ich meine Erfahrungen im sozialen Bereich mit Informationstechnik verbinden kann.

Das Studienangebot der Wilhelm Büchner Hochschule scheint mir noch etwas flexibler und serviceorientierter zu sein. Das wäre mir eventuell deutlich höhere Studiengebühren wert, weil ich es auch schaffen muss, meine Berufstätigkeit mit dem Studium zu vereinbaren.

Ich hatte damals im Abitur einen Mathe-LK und mochte Mathe immer sehr gerne. Darum habe ich vor der Mathematik eigentlich keine Angst.

Mit IT-Vorkenntnissen sieht es schlechter aus. Meine privaten Rechner laufen mit Linux, d.h. ich bin es gewohnt auch mal hinter die graphische Oberfläche zu schauen. Ich kann ein bisschen Python, nutze das aber eigentlich immer noch als strukturierte Sprache und nicht wirklich als objektorientierte Sprache. Früher mal in der 90ern, konnte ich ganz gut mit dBase umgehen.

Wie schaut es bei euch im Studium aus? Sind da vor allem Fachinformatiker und Leute, die schon im IT-Bereich arbeiten? Oder gibt es da auch Quereinsteiger wie mich? Und falls ja, wie kommen die zurecht?

Zum Teil wundere ich mich, wie wenig Zeit für bestimmte Themen eingeplant ist. Kann ich davon ausgehen, dass ich am Ende meines Studiums wirklich gelernt habe, z.B. eine SQL-Datenbank zu konzipieren und implementieren, einschließlich graphischen Userinterface zum Einpflegen und Abfragen von Daten? Kann ich wirklich JAVA? Bin ich wirklich in der Lage, ein Netzwerk zu administrieren? Oder bekomme ich eher einen kurzen Einblick in alle möglichen Themen und kann am Ende aber nichts wirklich gut, muss das also erst im Job lernen?

Habe ich überhaupt eine Chance, Projektarbeiten zu bearbeiten, wenn ich nicht schon in einem einschlägigen Beruf bin?

Konkrete Frage zum Modul "Fortgeschrittene Programmiertechniken". Da steht "C, C++, Java". Heißt das, dass man in dem einen Modul 3 Sprachen lernt? Oder sucht man sich eine aus?

Wie schätzt ihr generell die Chancen eines Quereinstiegs in meinem fortgeschrittenen Alter ein?

Vielen Dank und viele Grüße

Kurtchen

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Geschrieben

Hallo Kurtchen,

ich selbst bin erst im 2. Semester, habe jedoch schon einen Großteil der Informatik-Themen des Studienganges bearbeitet. Insofern kann ich nur auf diese Themen eingehen.

Soweit ich das bisher gesehen habe, kommt der Großteil der Studenten tatsächlich aus dem technischen Bereich und arbeitet auch in der Informatik-Branche, Quereinsteiger gibt es aber eigentlich immer und überall.

Auch ohne Vorkenntnisse kannst Du das Studium sicher schaffen, die zu investierende Arbeitszeit erhöht sich dann natürlich entsprechend.

Es wird zum einen natürlich das theoretische Wissen vermittelt (Algorithmen, Software-Engineering, ...), zum anderen wird auch praktisch in Hausarbeiten programmiert. Das Niveau ist hierbei allerdings selbstverständlich dem Workload der CPs angemessen - machst Du nur das nötigste (selbst wenn du OOP mit einer 1,0 bestehst) hast Du eine gute Grundlage - mehr aber auch nicht.

Die Projektarbeit ist überhaupt kein Problem. Hast Du kein Thema wird Dir von der WBH ein Standardthema gestellt. Hierbei geht es um die Konzeption und Phasen des Projektverlaufes und nur sekundär um die Realisierung. Diese kann man sogar komplett streichen (auch wenn ich das nicht empfehlen würde).

Bei Weiterführender Programmierung reißt Du alle drei Sprachen an. Ich glaube C war ein Studienheft, C++ zwei und Java nochmal eines.

Das ist "ganz nett" um mal in die Sprachen reinzuschnuppern, will man aber aktiv programmieren muss man sich entsprechend selbst reinhängen.

Deine Chancen richten sich nach Deiner Motivation: Als Quereinsteiger wirst Du natürlich wesentlich mehr lernen müssen als Berufserfahrene.

Dein Beispiel mit dem Administrator ist imho nicht kongruent zum Studium. Will man als Admin arbeiten macht - meiner Meinung nach - eine Ausbildung zum FiSi mehr Sinn.

Grüße

Steffen

Geschrieben

Hallo Steffen,

danke für deine Einschätzung. Im Grunde habe ich mir so etwas schon gedacht. Bei meiner Ausbildung im sozialen Bereich war es auch so, dass das schulische Wissen seinen Wert erst dadurch erhielt, dass man es auf praktische Erfahrung in den Einrichtungen beziehen konnte. Die gleiche Ausbildung ohne begleitende Praxis hätte viel weniger gebracht, vermutlich hätte ich vieles bald wieder vergessen, weil ich nicht verstanden hätte, wo und wie das relevant werden kann.

Am besten wäre also wohl, wenn man schon im Verlauf des Studiums die Möglichkeit hätte, etwas praktisches mit IT zu machen. Wo ich momentan arbeite, gäbe es dazu keine Chancen. Da müsste ich wieder zu einem viel größeren Träger, der eigene IT-Fachleute hat.

Deine Idee mit dem FISI leuchtet mir absolut ein. Das Problem: Das ist eine betriebliche Ausbildung. Ich kann es mir nicht leisten, die nächsten 3 (oder eventuell auch nur 2) Jahre von einer mageren Ausbildungsvergütung zu leben.

Vielleicht wäre dieser Studiengang Sozialinformatik in Fulda doch geeigneter. Da wären meine Mitstreiter vermutlich ebenfalls Leute aus dem sozialen Bereich oder zumindest Leute, die wie ich an IT-Einsatz in sozialen Einrichtungen denken. Vielleicht kann man sich da gegenseitig Tipps geben, wo die geeigneten Jobs sind und solche Sachen.

Ich habe gestern viele Stellenanzeigen durchgesehen und war etwas überrascht. Es wird ja immer behauptet, dass im IT-Bereich so eine starke Nachfrage nach Arbeitskräften ist, aber ich sehe dort eigentlich nicht mehr Stellenangebote als in meinem Arbeitsfeld. Zumindest in meiner Region. Das ist natürlich eine sehr gute Sache in meiner Branche, dass da zur Zeit und vermutlich auch für die absehbare Zukunft Jobs sind. Meine Frustation bezieht sich darauf, dass die regulären Stellen von älteren Mitarbeitern besetzt sind, die natürlich nicht mehr wechseln. Für Neueinstellungen muss man sich dann mit befristeten Verträgen, Springerstellen, Teilzeitstellen und so weiter zufriedengeben. Weil ich als Springer eingesetzt bin, habe ich keinen eigenen Arbeitsbereich mehr. Das macht es auch schwer, Beziehungen aufzubauen. Und das finde ich gerade im Umgang mit Kindern eigentlich nicht gut, dass ich sozusagen ständig auf der Durchreise bin. Ich hätte gerne wieder einen eigenen Arbeits- und Verantwortungsbereich. Mir ist aufgefallen, dass viele meiner Kollegen im sozialen Bereich in Punkto IT-Anwendung hilflos sind. Ich komme mit so etwas gut zurecht, und da habe ich mir gedacht, vielleicht könnte ich mich in dem Bereich irgendwie nebenberuflich qualifizieren und dann meine bisherigen Erfahrungen und meine neuen Kenntnisse so verbinden, dass ich wieder etwas eigenes habe.

Ist sicher alles noch ein bisschen unausgegoren. Insofern werde ich mich jetzt auch nicht hopplahopp für einen Studiengang mit doch erheblichen Studiengebühren einschreiben. Aber ich will mich zumindest mal bis Sommer weiter in diese Richtung informieren.

Viele Grüße

Kurtchen

Geschrieben

Ich selbst habe nach einer kaufmännischen Ausbildung an der WBH Informatik studiert - damals noch auf Diplom und die Fachrichtung war Informations- und Kommunikationsmanagement. Mathe ist mir schwer gefallen, für die IT-Themen musste ich teilweise etwas mehr Zeit investieren, dafür hatte ich Vorteile in Fächern wie VWL/BWL und auch den "weichen" Fächern wie zum Beispiel Kommunikation.

Du bist in Mathe fit und hast auch im Teilbereichen der Informatik schon gewisse Vorkenntnisse (Betriebssysteme, Programmier-Grundlagen) etc. Ich kann mir vorstellen, dass du fachlich gut zurecht kommen würdest.

Was die praktischen Fähigkeiten angeht, werden im Studium eher die Grundlagen und dahinter stehenden Denkweisen zum Beispiel zur Entwicklung von Algorithmen vermittelt. Nur nach dem Studium ohne Einarbeitung und weitere Schulungen zum Beispiel als Datenbank-Administrator oder Programmierer zu arbeiten, halte ich für unrealistisch.

Meiner Meinung nach macht es immer Sinn, bei einer Neuorientierung (gerade im fortgeschrittenen Alter) auf das Vorhandene aufzubauen. Daher finde ich deine Überlegungen dich im sozialen Bereich den IT-Themen zuzuwenden durchaus sinnvoll. Ob es wirklich ein komplettes Studium sein muss, oder eventuell auch mehr praxisorientierte Kurse in Frage kommen könnten, ist sicherlich eine Überlegung wert.

Ich habe mich gerade mal etwas mit der Homepage zum Fernstudiengang Sozialinformatik unter http://www.hs-fulda.de/index.php?id=9760 beschäftigt und mir erscheint dieser Studiengang wie für deine Situation gemacht, da die ganzen Praxisanwendungen auf das soziale Umfeld ausgerichtet sind. Außerdem gibt es vom 4. bis zum 7. Semester jeweils ein Software-Projekt. Das erweckt auch den Eindruck, dass dem Praxisbezug großer Wert beigemessen wird.

Geschrieben

Da kann ich Markus nur zustimmen, das Studium scheint ideal zu sein für Deine Studienwünsche. Damit kannst Du sehr gut auf Deine vorhandenen Erfahrungen aufbauen. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass das Studium durch den konkreten Bezug zu Deiner aktuellen Branche und Tätigkeit Dir leichter fällt und mehr Motivation und Spaß bietet. Durch Deine fachlichen Kompetenzen und Kenntnisse, ergänzt um die durch das Studium erworbenen Kenntnisse glaube ich auch, dass Du mit dem Abschluss einen passenden Job finden kannst, z.B. an der Schnittstelle zwischen Fachbereich/Anwender und der IT.

Viel Erfolg für die Entscheidungsfindung!

Geschrieben

Danke, Markus.

Ja, das Angebot in Fulda klingt schon interessant. Dadurch bin ich nämlich überhaupt erst auf die Idee gekommen, vielleicht so etwas in der Art machen zu können.

Meine Kollegen interessieren sich meist eher für das "Schöngeistige". Malen, basteln, Handarbeit, Theater, Musik machen, solche Sachen eben. Das hat natürlich in der Arbeit mit jungen Menschen einen ganz hohen Wert. Aber ich hatte auch immer eine technisch-naturwissenschaftliche Seite, die ich in meinem Beruf nicht so entwickeln konnte.

Und weil ich meist der einzige Mann im Team bin, ist das auch eine Sache, die im Job immer wieder mal an mich rangetragen wird, wenn z.B. mal der Computer streikt oder was zu reparieren ist oder solche Sachen. Ich bin es auch gewohnt, von Leuten umgeben zu sein, für die der Computer ein unheimliches, böswilliges Ding ist, das es auf sie abgesehen hat. In solchen Situationen kann ich ganz gelassen bleiben.

Jedenfalls sehe ich für mich ein paar Möglichkeiten, was ich mit den entsprechenden technischen Fähigkeiten anfangen könnte:

- Leute beraten, wie sie Informationstechnologie in ihrem Alltag in der sozialen Arbeit einsetzen können.

- Technische Probleme lösen, die diese Mitarbeiter nicht selber lösen können.

- Mitarbeiter schulen, wie sie bestimmte Software einsetzen können.

- Evtl. Informationsangebote im Netz für bestimmte Zielgruppen entwickeln, wo man sozusagen die Perspektive soziale Arbeit braucht, um das ganze inhaltlich betreuen zu können, aber eben auch technische Kompetenz, um es erstellen und pflegen zu können.

- Sehr interessant finde ich auch Projekte wie Girls who code, wo es darum geht Mädels dafür zu interessieren, was mit Computern zu machen. Aber ich glaube, so was gibt es in Deutschland noch nicht so viel.

Ob es für so etwas tatsächlich eine Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt gibt, kann ich im Moment noch nicht beurteilen. Aber ich will das mal weiter verfolgen.

Viele Grüße

Kurtchen

Geschrieben

Hallo schwedi,

du hast "IT im Gesundheitswesen" studiert. Machst du jetzt beruflich etwas entsprechendes?

Viele Grüße

Kurtchen

Geschrieben

Ich sehe eine gewisse Diskrepanz zwischen dem, was du machen willst und den Zielen eines Studiums in der Richtung.

Du willst:

Sysadmin für bestehende Probleme -> macht ein FISI

Anwendungsbetreuung -> first level Support, oft ungelernt oder Informatikkaufmann

Anwendungsschulung -> macht jemand nebenbei

Kurse im Bereich IT geben -> Lehramt/Erwachsenenbildung etc

Websites mit Angeboten/Informationen -> technischer Redakteuer

Ich denke, ein reines IT-Studium passt da nicht wirklich hin.

Welche Stellenangebote gibt es denn in deiner Region und was sind dort die ausgeschriebenen Anforderungen?

Meine Idee: mit gezielten Kursen eventuell den Einstieg schaffen.

Geschrieben

Hallo paulaken,

danke für deine Einwände. Das sind eben genau die Fragen, die ich mir zur Zeit stelle. Lohnt sich der Zeit- und Geldaufwand? Gibt es einen Bedarf für das, was man da lernt?

Das kenne ich leider aus dem pädagogischen Bereich zu genüge, dass Weiterbildung zwar grundsätzlich gern gesehen ist, aber letztlich hat man beruflich keine Vorteile gegenüber denen, die nix gemacht haben. Und auf so was hab ich keine Lust mehr.

Darum will ich mich auf jeden Fall noch weiter damit beschäftigen, was denn Absolventen eines solchen Studienganges tatsächlich machen.

Ich hab schon Lust auf die Inhalte, aber das ganze muss am Ende auch mir und anderen Menschen etwas nützen.

Viele Grüße

Kurtchen

Geschrieben
Zu meiner Ausgangssituation: Ich bin 41 Jahre alt und arbeite seit 20 Jahren im sozialen Bereich.

Ich studiere nicht an der WBH, aber...

Um welche Ausbildung handelt es sich genau? Wäre es nicht naheliegender, etwas zu studieren, was auch im sozialen Bereich angesiedelt ist, wie zB Soziale Arbeit (gibt es auch im Fernstudium)? Oder wie wäre es, mit Studiengängen, die auf deinen Berufszweig aufbauen und auf mittlere Führungspositionen vorbereiten? Wenn du zB Alten- oder Heilerziehungspfleger bist, wäre vielleicht Pflegemanagement, Sozial- und/oder Gesundheitsökonomie, Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt auf das Gesundheits- und/oder Sozialwesen oder Soziologie das passende Studienfach.

Jedenfalls würde ich dir dazu raten, in einigen Bereichen, wie z.B. in wirtschaftlichen und technischen Studiengängen, auch noch den Master draufzusetzen, da Bachelor-Absolventen für viele Unternehmen, mehr oder weniger gerechtfertigt, als "nicht fertig studierte Hochschulabsolventen" gelten. Aber alles Schritt für Schritt.

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